• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Schul- und Komplementärmedizin: Miteinander statt nebeneinander" (16.11.2007)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Schul- und Komplementärmedizin: Miteinander statt nebeneinander" (16.11.2007)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A3148 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 4616. November 2007

P O L I T I K

K

omplementäre und alternati- ve Heilmethoden (CAM) werden bei den Deutschen immer beliebter. Griff 1970 gerade einmal ein Drittel der Bevölkerung auf un- konventionelle Behandlungsverfah- ren und Produkte zurück, tun dies mittlerweile knapp 60 Prozent.

Beliebt sind CAM vor allem bei Rücken- oder Kopfschmerzen, Er- kältungen, Magen- und Darmbe- schwerden sowie Allergien. Zahl- reiche Patienten suchen aber auch bei Schlafstörungen, Herz-Kreis- lauf-Beschwerden oder rheumati- schen Erkrankungen Heil in der

„sanften“ Medizin.

Dialog für Pluralismus in der Medizin

Entsprechend hoch sind die Umsät- ze, die Anbieter von CAM machen.

Rund neun Milliarden Euro geben die Deutschen pro Jahr für nicht schulmedizinsche Verfahren aus.

Fünf Milliarden Euro davon zahlen die Patienten aus eigener Tasche.

Vier Milliarden Euro erstatten die Krankenkassen. 40 000 Ärzte bieten entsprechende Therapien an. „Viele Patienten müssen sich häufig zwi- schen konventionellen Behandlun- gen und CAM entscheiden“, so Pro- fessor Stefan Willich von der Berli- ner Charité auf einem internationa- len Forum in Brüssel. Bei dem Tref- fen diskutierten 125 Gesundheitsex- perten aus 15 Ländern darüber, wie sich das Zusammenwirken von Schulmedizin und CAM in Europa fördern lässt.

Denn komplementär- und alter- nativmedizinische Richtungen kämp- fen nicht nur in Deutschland um Anerkennung. Fast überall in der Europäischen Union (EU) werden CAM mangels wissenschaftlicher Beweise nicht ausreichend ernst genommen. Die Folge: Nur in we- nigen EU-Ländern sind alternati-

ve und ergänzende Heilmethoden Teil der staatlichen Gesundheits- versorgung.

„Medizin ist jedoch mehr als nur eine reine Naturwissenschaft“, machte der Präsident der Bundes- ärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg- Dietrich Hoppe, in Brüssel deutlich.

Die strikte Trennung zwischen Schulmedizin und CAM aufzuhe- ben, ist daher das Ziel eines von Willich und Hoppe initiierten euro- päischen „Dialogs für Pluralismus in der Medizin“.

Immerhin vertrauen inzwischen weit über 150 Millionen Europäer komplementären und alternativme- dizinischen Richtungen. Beliebt sind vor allem Akupunktur, Naturheil- kunde, Homöopathie und Chiroprak- tik. EU-weit bieten rund 150 000 Ärzte entsprechende Verfahren an.

Allerdings gibt es große Unter- schiede zwischen den einzelnen Ländern hinsichtlich der Integrati- on der Verfahren in die schulmedi- zinische Praxis.

Als Vorbild gilt Italien. In der Toskana beispielsweise gelten Aku- punktur, Pflanzenheilkunde, Homöo- pathie und die sogenannte manuelle Medizin als anerkannte Heilverfah- ren, die wissenschaftlichen Prüfun- gen ausreichend standhielten, so Dr.

Elio Rossi, Berater des toskanischen Gesundheitsministeriums. Sie sind somit Teil der regionalen Gesund- heitsversorgung.

Hiervon sind die skandinavi- schen Länder noch weit entfernt.

Zwar befürworten beispielsweise rund 70 Prozent der schwedischen Bevölkerung CAM. Auch verfügt das Land über die bislang einzige anthroposophische Klinik in ganz Skandinavien. Dennoch sind CAM in Schweden nicht als staatliche Gesundheitsleistungen anerkannt.

Ähnlich sieht es in Großbritannien aus. Auch der staatliche britische

Gesundheitsdienst (NHS) setzt nach wie vor vornehmlich auf konventio- nelle medizinische Heilmethoden.

„Viele Ärzte, die alternative Heil- methoden anbieten, sind zudem of- fiziell überhaupt nicht registriert“, so der Medizinische Direktor des Royal London Homoeopathic Hos- pital (RLHH), Dr. Peter Fisher.

Das RLHH ist jedoch zugleich der Beweis, dass sich der NHS allmäh- lich den unterschiedlichen medizini- schen Richtungen öffnet. So behan- deln die Ärzte des RLHH Krank- heitsbilder wie Allergien, Krebs, das chronische Müdigkeitssyndrom, rheumatologische Beschwerden und Depressionen mit einer Kombinati- on aus schulmedizinischen und er- gänzenden Verfahren. Zahlreiche Betten sind dabei NHS-Patienten vorbehalten. Insgesamt jedoch müs- sen britische Patienten CAM immer noch überwiegend aus eigener Ta- sche bezahlen.

Qualitätsmanagement gefordert

Auch in Frankreich decken die ge- setzlichen Versicherungen nur gut ein Drittel aller CAM-Verschrei- bungen ab. Gleichwohl sind homöo- pathische und naturheilkundliche Diagnose- und Therapieverfahren sowie die Akupunktur bereits fes- ter Bestandteil der Medizinerausbil- dung.

Den Schlüssel für eine flächen- deckende Integration von Schulme- dizin und CAM sieht Dr. Claudia Witt vom Berliner Institut für So- zialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitswirtschaft in einem um- fassenden Qualitätsmanagement.

Nur so könne sichergestellt werden, dass Patienten überall in der EU auf ein breites Angebot an gesicherten und effektiven Versorgungsmög- lichkeiten zugreifen können. n Petra Spielberg

SCHUL- UND KOMPLEMENTÄRMEDIZIN

Miteinander statt nebeneinander

Mehr als 150 Millionen Europäer schwören auf alternative Heilmethoden. In der staatlichen Ge-

sundheitsversorgung spielt die „sanfte“ Medizin jedoch noch immer eine untergeordnete Rolle.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Sie ist in Deutschland derzeit in Form von 400 Stunden Kursen für Ärzte mit zwei Jah- ren manualmedizinischer Erfahrung oder als berufsbegleitende Fünfjahres- ausbildung

Nur weiß heute nie- mand mehr, dass diese sich vor noch gar nicht allzu lan- ger Zeit ohne jegliche Wei- terbildung nach dem Studi- um als praktischer Arzt nie- derlassen durften..

Nach Erhebungen der Bundesärztekammer wird die Zahl der aus Altersgründen ausscheiden- den Ärzte zurückgehen; bereits heu- te sind 45,8 Prozent aller tätigen Ärzte zwischen 40 und

Für die soziale Sicherung der Arbei- ter, die Reform des Landarmenwe- sens, aber auch für ganz konkrete gesundheitliche Fürsorge etwa für Epileptiker, für die Reform der Ge-

Pfleger trat in einem sogenannten Uhrenhandicap gegen zwölf hoch motivierte Berufskollegen an, die auf einen Sieg gegen den Internationalen Großmeister hofften.. Pfleger hatte

Kurse (mit Zusatzgebühren): Qualitätsmanagement in der Arztpraxis (Dr. Beimert, München); Akupunktur für Dummies (Prof. Bayer, Wien); Einführung in die Ganzheitsmedizin im Alter

Für eine Annäherung zwischen den Vertretern von Schulmedizin und komplementären Verfahren kann es hilfreich sein, wenn sich der Diskurs auf der Grundlage praktischer Fall-

Für den Allgemein- arzt, so folgt aus der ZI-Studie, so- weit Sewering sie referierte, habe es sich im Grunde also kaum ge- lohnt, eine allgemeinmedizinische Weiterbildung