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Archiv "Vom Nebeneinander zum Miteinander: 100 Jahre Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge" (08.05.1980)

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Aufsätze • Notizen

Kassenärztliche Bedarfsplanung

nachfolgendes Bild, wobei nöch ein- mal darauf aufmerksam gemacht werden muß, daß die Erhebungszeit- punkte nicht einheitlich sind.

Ein Zusatzbedarf wird sich auf Bun- desebene bei der eher abnehmen- den Gesamtzahl der Bevölkerung vorläufig nicht ergeben, das bedeu- tet jedoch nicht, daß ein solcher Zu- satzbedarf in einzelnen Planungsbe- reichen entstehen kann, so bei- spielsweise dann, wenn neue Wohn- gebiete, neue Stadtteile entstehen.

Statistische

Ausscheidetabellen

Für die Ermittlung des Ersatzbedarfs gibt es sogenannte statistische Aus- scheidetabellen, das heißt, Berech- nungen darüber, wie viele' Ärzte in der kassenärztlichen Versorgung unter Berücksichtigung ihres Le- bensalters aufgrund von versiche- rungsmathematischen Berechnun- gen nach fünf oder zehn Jahren noch tätig sind. Hinsichtlich der Al- tersstruktur der Ärzte ist bekannt, daß das Durchschnittsalter der All- gemeinärzte/praktischen Ärzte hö- her ist als das der Fachärzte.

Die Statistik zeigt jedoch heute, daß das Durchschnittsalter aller Ärzte ständig leicht abnimmt. Es betrug 1975: 53,5 Jahre; 1976: 53,1 Jahre;

1977: 52,7 Jahre; 1978: 51,8 Jahre.

Auch wenn, wie aus Tabelle 4 er- sichtlich, der höhere Anteil der unter 35jährigen Ärzte bei den Allgemein- ärzten liegt, wird der Ersatzbedarf an Allgemeinärzten in den nächsten Jahren noch beträchtlich sein, denn 1978 waren immerhin 50 Prozent der Allgemeinärzte über 56,6 Jahre alt;

diese Zahl betrug bei den Fachärz- ten 48,6 Jahre.

Ausblick

Die ersten Ergebnisse der vorliegen- den Bedarfsplanung in der kassen- ärztlichen Versorgung sind noch so lückenhaft, daß zur Zeit nur Trends sichtbar werden. Auch die Anwen- dung der Bedarfsplanungs-Richtli-

nien kann noch keineswegs ab- schließend beurteilt werden. Es ha- ben sich jedoch bereits einige Schwerpunkte herauskristallisiert, die der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen bei seiner Über- prüfung der Richtlinien zu beraten haben wird. Er selbst hat sich zur Aufgabe gestellt, im Abstand von drei Jahren zu prüfen, inwieweit die Leistungsanteile, die bei der Einbe- ziehung anderer Facharztgruppen gelten, zukünftig noch vertretbar sind.

Dieses Verfahren ist im Bundesaus- schuß von vornherein als eine soge- nannte Hilfslösung angesehen wor- den, eine notwendige Hilfslösung, weil die Zahl der Allgemeinärzte zur Zeit nicht ausreicht, um eine flä- chendeckende allgemeinärztliche Versorgung durch Allgemeinärzte sicherzustellen.

Ob jedoch diese Hilfslösung rechne- risch nicht auch dazu beiträgt, eine ausreichende allgemeinärztliche Versorgung mit Hilfe von Fachärzten nachzuweisen, und damit zur Dauer- einrichtung wird, ist eine Frage, die sich der Bundesausschuß sicherlich demnächst stellen muß.

Es wird zu prüfen sein, ob auch im Rahmen der Bedarfsplanung Anrei- ze gegeben werden können, Allge- meinarzt zu werden.

Die Statistiken über die Arztdichte zeigen, daß es bisher nicht voll ge- lungen ist, eine flächendeckende kassenärztliche Versorgung in allen ärztlichen Fachgruppen zu errei- chen.

Auch hier wird also überlegt werden müssen, ob das Instrumentarium zur Erreichung dieses Zieles verbessert werden soll.

Anschrift des Verfassers:

Diplom-Volkswirt

Hanns-Joachim Wirzbach Geschäftsführer der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung

5000 Köln 41 (Lindenthal)

THEMEN DER ZEIT

Vom

Nebeneinander zum

Miteinander

100 Jahre Deutscher Verein für öffentliche

und private Fürsorge

Das inzwischen so selbstverständli- che Miteinander von Fürsorge und Sozialpolitik, also von privaten und öffentlichen Trägern sozialer Arbeit, ist ein wesentliches Verdienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. Er feiert in diesen Tagen in Frankfurt sein hun- dertjähriges Bestehen.

1880, als er als „Deutscher Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit"

in Berlin gegründet wurde, herrsch- te noch ein uneinheitliches und wi- derstreitendes Nebeneinander zwi- schen diesen beiden Seiten, ent- sprechend den unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten des neu- gegründeten Deutschen Reiches.

Der Wille zur Einheit prägt auch heu- te noch den Zusammenschluß aller öffentlichen und privaten Träger so- zialer Arbeit in der Bundesrepublik.

Die Zielsetzung des Deutschen Ver- eins hat im Laufe der 100 Jahre sei- nes Bestehens nichts von ihrer Ak- tualität verloren. So wie am Anfang die Bemühungen der führenden Ar- menpfleger des Deutschen Reiches standen, eine einheitliche Armen- pflege und Wohltätigkeit zu errei- chen anstelle der drei armenrechtli- chen Systeme, die seit der Zusam- menführung der nord- und süddeut- schen Länder zum Deutschen Reich galten, woran Einzelpersonen, Kom- munen, Kommunalverbände, Ar- menverwaltungen, milde Stiftungen, Wohltätigkeitsvereine und -anstal- ten als Vereinsmitglieder mitarbeite- ten, so ist es auch jetzt eine seiner

1268 Heft 19 vom 8. Mai 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aufsätze • Notizen

Öffentliche und private Fürsorge

wesentlichen Funktionen, Plattform für die Abstimmungen zwischen staatlicher und privater Fürsorge zu sein.

Parallel zur

historischen Entwicklung

Die Entwicklung des Vereins ist eng verbunden mit den historischen und sozialen Veränderungen Deutsch- lands. Die Arbeiterfrage, die medizi- nische und soziale Unterversorgung der Landbevölkerung, verwahrloste Kinder, benachteiligte Frauen waren am Ende des vorigen Jahrhunderts die sozialen Aufgaben aller enga- gierten Kräfte, von Bismarck bis zum letzten Mitglied des Deutschen Ver- eins.

Für die soziale Sicherung der Arbei- ter, die Reform des Landarmenwe- sens, aber auch für ganz konkrete gesundheitliche Fürsorge etwa für Epileptiker, für die Reform der Ge- burts- und Wochenbetthygiene, die Kranken- und Hauspflege auf dem Land und die armenärztliche Tätig- keit setzte sich der Verein ein.

Bis auf die Jahre zwischen 1935 und 1946, als er durch das Regime „kalt- gestellt" wurde, konnte sich der Deutsche Verein immer weiter ent- wickeln. Seine Namensänderung im Jahre 1919 — dem Jahr, als er seinen Sitz von Berlin nach Frankfurt am Main verlegte — in die heutige Form entsprach der Entwicklung des So- zialwesens, dessen Schwerpunkt sich immer mehr von der Versor- gung zur Vorsorge verlagerte.

Auch die Mitgliederzahlen sind stän- dig gestiegen, in ihrer Zusammen- setzung sind die Mitglieder jedoch von Anfang an vergleichbar geblie- ben.

Heute sind es 2547, gut zur Hälfte Einzelpersonen, aber ebenso gehö- ren der Bund, die Länder, die über- örtlichen Sozial- und Jugendhilfeträ- ger, die kreisfreien Städte und Land- kreise, kreisangehörige Gemeinden und Ämter, die Spitzenverbände der freien Wohlfahrt und ihre Landes- verbände, Einrichtungen von öffent-

lichen und privaten Trägern, Sozial- leistungsträger, Selbsthilfeverbän- de, Ausbildungsstätten, Institutio- nen aus Forschung und Wissen- schaft dazu. Erstaunlich, daß ein so heterogen zusammengesetzter Ver- ein, dessen Mitglieder aus den ver- schiedensten ideologischen, kon- fessionellen und politischen Lagern stammen, überhaupt so lange Be- stand hat und zu einschlägigen Ar- beitsergebnissen gekommen ist. Die Unparteilichkeit in der Arbeit, die Sachkompetenz der Mitarbeiter und Mitglieder des Vereins in den Aus- schüssen wie in der Geschäftsstelle sind es, die seinen Erfolg garan- tieren.

Weites Aufgabenfeld

Schwerpunkte seiner Arbeit sind die gegenseitige Aufklärung der in der sozialen Arbeit Tätigen, Anbahnung und Beeinflussung von Reformbe- strebungen, Förderung der Wissen- schaft des Fürsorgewesens, gut- achtliche Tätigkeit für das Sozial- recht, Verbreitung gesunder Grund- sätze in der Praxis der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege. Da- durch beeinflußt er die soziale Ent- wicklung des Landes, zunehmend aber auch die über Landesgrenzen hinausgehenden sozialen Aufgaben.

Denn über den Deutschen Landes- ausschuß des Internationalen Rates für soziale Wohlfahrt, die für die in- ternationalen Beziehungen des Deutschen Vereins verantwortliche Abteilung, ist er an der Arbeit inter- nationaler Gremien beteiligt und hat Kontakte zu vergleichbaren Institu- tionen über die ganze Erde ange- knüpft.

Die internationale Arbeit zu intensi- vieren wird eine der wesentlichen Zukunftsaufgaben des Deutschen Vereins sein, lassen sich doch sozia- le Probleme weniger . denn je inner- halb nationaler Grenzen lösen.

Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt für die Zukunft wird die Fortbildung von Fachkräften der sozialen Arbeit sein. Ständig kommen neue Aufga- ben auf den Deutschen Verein zu

bei der Entwicklung allgemeiner Schwerpunkte der Sozialpolitik und bei der Lösung spezieller Fragen.

Er kann und will keine sozialen Re- volutionen einleiten, was ihm — auch aus den eigenen Reihen — den Vor- wurf einträgt, alt, verstaubt und seit hundert Jahren nutzlos zu sein und seine Kompetenzen nicht voll auszu- schöpfen. Aber er wird weiterhin sei- nem Grundsatz treu bleiben, sich für das Recht aller Bürger einzusetzen, damit neu auftretende Bedürfnisse mit in die Überlegungen der Sozial- politik einfließen und sozialer Fort- schritt nicht mit finanziellen Gegen- argumenten verhindert wird.

Nach außen hin tritt der Name des Deutschen Vereins kaum in Erschei- nung, er ist weniger bekannt, als es ihm gebühren würde. Denn kein so- ziales Gesetzeswerk wäre ohne die intensive Mitarbeit der Fachkräfte dieses einmaligen Zusammen- schlusses zustande gekommen, als Beispiel sei das Jugendhilfegesetz erwähnt.

Falsche Bescheidenheit oder Unfä- higkeit zur Öffentlichkeitsarbeit?

Wohl keins von beidem, denn das, was zählt, ist ernsthafte Arbeit, wie für jeden zugängliche Veröffentli- chungen von Tagungs- und Arbeits- ergebnissen und die alle drei Jahre unter großer Beteiligung Interessier- ter aus dem In- und Ausland stattfin- denden Fürsorgetage zeigen.

Der 69. Deutsche Fürsorgetag (vom 23. bis zum 25. April) ist als Hundert- jahrfeier in den Frankfurter Messe- hallen unter dem Motto „Soziale Ar- beit — soziale Sicherheit" veranstal- tet worden, ein Thema, das für Ken- ner der Geschichte des Vereins viel Raum für Gedanken an die vergan- gene Entwicklung, aber ebenso an die Weiterentwicklung in Zukunft läßt.

Anschrift der Verfasserin:

Gisela Rieck Bergweg 6 6240 Königstein 2

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 8. Mai 1980 1269

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