Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Homöopathie
scheinbar die schädigende Umwelt ist, daß aber eigentlich das nicht mehr kontakte Immunsystem des In- dividuums die Schuld an der Erkran- kung trägt.
Jetzt aber scheiden sich die Geister.
Während die Schule massiv gegen die von außen drohende Gefahr (Er- reger, Toxine, Noxen) vorgeht oder versucht, geschwächte oder ausge- fallene Organfunktionen durch Sub- stitution auszugleichen, ist das Ziel der Homöopathie, Fehler im Regula- tionsmechanismus aufzudecken.
Der homöopathische Arzt verschafft sich eine genaue Kenntnis der ge- störten Reaktionslage des betreffen- den Patienten dadurch, daß er durch gezielte Fragen dessen Semiotik studiert und so in die Lage versetzt wird, durch Einschaltung entspre- chender Medikamente die Abwehr zu aktivieren und so wieder normale Verhältnisse zu schaffen ...
Dr. med. H. V. Müller Arzt für Allgemeinmedizin Lindenthalgürtel 46 5000 Köln 41
Nicht Konfrontation, Synthese wird gesucht
Nachdem nun das DEUTSCHE ÄRZ- TEBLATT die Diskussion um pro und contra in Sachen Homöopathie freigegeben hat, möchte ich, auf der Suche nach dem „missing link", mich der Mahnung von Frau Dr. Ve- ronika Carstens anschließen: „Su- chen wir nicht die Konfrontation, sondern die Synthese beider Rich- tungen; der Schulmedizin und der Erfahrungsheilkunde (indem sie das Gebiet der Homöopathie einge- schlossen hat). Beide haben ihre Be- rechtigung, beide sollten dem Arzt bekannt sein und dem jeweiligen Krankheitsbild entsprechend ausge- wählt und angewandt werden". Der Chemiker und Arzt, Samuel Hahne- mann, hätte schon längst seine der- zeitigen Anhängef ermahnt, sich eindeutig von jenen Opportunisten, Heilpraktikern, die in Ultrakurzaus- bildung sich Homöopathen nennen, abzugrenzen, denn das Gebiet der
Homöopathie ist ein ewiges Lernen und setzt Erfahrung und ärztliches Wissen voraus .. .
185 Jahre nach Hahnemann setzt sich langsam und in großen Umris- sen die Erkenntnis wieder durch, daß Konstitution und Disposition des Menschen bei der Entstehung einer Krankheit und beim Thera- pieerfolg wichtig sind. Dem Umfeld der Krankheit und dem Umfeld der Medikamentenwirkung wird in Zu- kunft mehr Beachtung geschenkt werden müssen. Im Brennpunkt der Therapieformen der Jahrtausend- wende werden die Naturstoffe ste- hen. Die Anregungen holen sich die Chemiker aus dem Laboratorium der Natur, bei den Naturstoffen. Die in biologischen Systemen wirksa- men Regulationsstoffe, Liganden, Rezeptoren, oder Informationsträ- ger, arbeiten als Teil dieser Systeme optimal. Sie wurden über Jahrmillio- nen hinweg im Organismus selek- tiert. Nicht nur, daß biologische Sy- steme mit diesen Stoffen bestmög- lichst funktionieren, sie enthalten auch entsprechend wirksame Rege- nerationsmechanismen . .
Das Grundgesetz jeden ärztlichen Handelns „Primum nihil nocere"
wird — wie auch der hartnäckigste Gegner der Homöopathie zugeben muß, in der Homöopathie in gerade- zu idealer Weise erfüllt.
In Anbetracht der unübersehbaren, zum Teil noch dunklen Nebenwir- kungen moderner medikamentöser Heilmaßnahmen, erscheint die alte Homöopathie im Glanz und Elend der heutigen Therapie vorbildlich und „modern". Sie bemüht sich, ei- ne adäquate vegetative Ausgangsla- ge möglichst mit einem ihrer pas- senden Mittel (eventuell unter Zwi- schenschaltung eines Zwischenmit- tels) zu erreichen .
Inzwischen sind bereits Präparate, die die Information des altbekannten Mutterkorns (secale cornutum) ent- halten und weitergeben, als dopami- nergische und prolaktinhemmende Mittel der endokrinologischen For- schung auf dem Markt. Erhöhte Pro- laktinspiegel (im Nanogrammbe-
reich) führen bei Frauen praktisch immer zu Zyklusstörungen. Altbe- kannte Frauenmittel der Homöopa- thie sollten im Rahmen der Hypotha- lamus-Hypophysen-Ovarachse hin- sichtlich Wirkung auf Prolaktin, FSH und LH untersucht werden.
Nachdem kein Zweifel besteht, daß jüngste Forschungen der Neuroen- dokrinologie den Schlüssel bieten, um tief in die Regulationsvorgänge des Lebens und seiner Steuerung durch unendlich kleine Anstöße ein- zudringen bzw. Informationen zu ge- ben, sollte auch homöopathische Grundlagenforschung hier anset- zen. Man wird dabei moderne Er- kenntnisse der Immunologie und der Neuroendokrinologie unter an- derem einschließen müssen.
Dr. med. Dipl.-Chem.
F. Portheine Postfach 21 80 4460 Nordhorn
Homöopathika-Wirkung:
weder substanzbedingt noch spezifisch
Im Pro-Beitrag bemüht der Verfasser zur Untermauerung der biologi- schen, damit letztlich molekularen Wirksamkeit via Immunstimulation oder auf welchem biochemischen Wege auch immer, Doppelblindver- suche mit homöopathischen Arznei- en in Verdünnungen von D30 — D100 (!). Derartige Versuche können nach folgendem Rechenbeispiel nur wei- tere, große Skepsis an der substanz- bedingten Wirkung homöopathi- scher Mittel fördern (Eine Wirkung auf die Psyche durch Gabe einer an sich völlig wirkungslosen, inerten Substanz allein durch dessen Ver- ordnung wird hiervon nicht berührt):
Der Einfachheit halber sei als „Medi- kament" Wasser gewählt (Für Sub- stanzen mit höherem Molekularge- wicht fällt die Rechnung noch un- günstiger aus). 1 I Wasser enthält ca.
3 x 1025 Moleküle, dies ergibt, daß nach 30maliger Verdünnung 1:10 (D30) noch ca. 3 x 10 -5 Moleküle der ursprünglichen Menge in der Lö- sung vorhanden sind. Oder anders Ausgabe A/B
DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 10 vom 12. März 1982 67Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Homöopathie
formuliert: Es ist von 30 000 Ansät- zen eines unverdünnten Medika- mentes auszugehen, damit gemäß der Anordnung D30 nach vollzoge- nen Verdünnungen noch in einem der Ansätze wenigstens ein einziges Molekül der Substanz gefunden werden kann. Oder noch anders for- muliert: Bei homöopathischen Mit- teln D30 ist die Wahrscheinlichkeit nicht größer als 1:30 000, daß in dem verabreichten Medikament gerade noch ein einziges Molekül der Wirk- substanz vorhanden ist, beziehungs- weise unter 30 000 Patienten erhält gerade ein einziger Patient das Me- dikament, welches gerade noch ein Molekül der ursprünglichen Sub- stanz pro Liter enthält. Wer kann es hier noch wagen, von substanzbe- dingter, spezifischer Wirkung zu sprechen? .. .
Dr. med. Dr. rer. nat.
Joachim Pohl
Dorfstraße 58, 2351 Warder
Homöopathie — ein Irrtum mit Placeboeffekt
Die sogenannte Homöopathie ist ein medizin-historischer Irrtum mit Pla- ceboeffekt. Die wissenschaftliche Diskussion hierüber ist abgeschlos- sen. Die Verschreibung solcher Mit- tel zu Lasten der Solidargemein- schaft kann nicht befürwortet werden.
Auch Frau Oepens sachliche und geduldige Stellungnahme wird para- medizinische Irrationalisten weiter- hin nicht überzeugen.
Folgendes macht mich betroffen:
Warum wird uns die Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer über die Zu- satzbezeichnung „Homöopathie"
von 1976 vorenthalten? Welche In- teressen stehen dem entgegen?
Wird etwa dem paramedizinisch-in- dustriellen Komplex Unterstützung gewährt?
Um dem Ansehen der bundesdeut- schen Medizin auch in einer neuerli- chen Welle des Okkultismus nicht
zu
schaden, sollte diese Zusatzbezeich-nung abgeschafft werden. Dies wird hoffentlich demnächst in Berlin schon praktiziert.
Dr. med. P. Priebe
Arzt für Innere Krankheiten Sportmedizin
Mittlerer Rain 4
7560 Gaggenau-Ottenau
Macht's nach und macht's genau Meine Empfehlung an Frau Profes- sor Dr. Irmgard Oepen ist:
Studieren Sie exakt die homöopathi- sche Arzneimittellehre, therapieren Sie homöopathisch, aber gekonnt und wenn nötig auch mit den von Herrn Ritter so bespöttelten Hoch- potenzen und LM-Potenzen. Ma- chen Sie möglichst auch selbst Arz- neimittelprüfungen, anstatt sich aus zweiter Hand und oft fehlinterpre- tiert über Homöopathie zu belesen.
Der eindringliche Rat Hahnemanns lautet: „Macht's nach, aber macht's genau nach". Beachtet man dies, so sprechen die Erfolge für sich.
Abschließend wünsche ich Ihnen zum vertieften Studium der Homöo- pathie und zu ihrer exakten Anwen- dung viel Ausdauer und Erfolg.
Dr. Sonja Ritz Feuerbacherweg 130 7000 Stuttgart 1
Abwertung geht ins Leere
Als beratender Biometriker einiger klinischer Prüfungen homöopathi- scher Arzneimittel, welche von Frau Oepen kritisiert wurden, sei es mir vergönnt, einige Sachverhalte rich- tigzustellen. Der Versuch, die empi- rischen Arbeiten von Mössinger ins- gesamt mittels formalstatistischen Überlegungen abzuwerten, geht voll ins Leere.
Im einzelnen ist zu bemerken:
() In der Phytolacca-Studie ist zwar das Wort „signifikant" erwähnt, zu- gleich aber sehr ausführlich auf den
Charakter der Studie als Pilot-Studie hingewiesen worden, deren Ergeb- nisse durch weitere Studien abgesi- chert werden sollten. Wie Frau Oe- pen aufgrund der zitierten Publika- tion zu der Ansicht gelangt, Mössin- ger habe dieses Ergebnis als „siche- res Ergebnis im Sinne eines Bewei- ses" ausgelegt, ist schwer nachzu- vollziehen.
Wenn Mössinger im Fall der Co- lan-irritabile-Studien genau den von Frau Oepen zuvor als methodisch einwandfrei empfohlenen Weg geht, nämlich von explorativen zu konfir- mativen (Hypothesen bestätigen- den) Studien, dann spricht das nach Ansicht der Kritiker in diesem Fall lediglich für seine „Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit", weil es ihm „im dritten Anlauf" gelingt, statistisch akzeptable Nachweise der Wirksam- keit der Substanz zu erbringen. Aus den Publikationen geht indessen klar hervor, daß die dritte Studie durchgeführt wurde, weil die Anzahl der Patienten in der zweiten Studie weit unter der zuvor geforderten Sollzahl geblieben war.
Der Begriff Zielgröße und Prüf- Hypothese anläßlich der Kritik der Phytolacca-Studie wurde offensicht- lich verwechselt; es wurden zwei Prüfhypothesen an einer Zielgröße getestet, wenig genug für eine klini- sche Prüfung, aber für Frau Oepen in diesem Zusammenhang längst ausreichend für eine Abwertung ...
Dr. Volker W. Rahlfs Lazarettstraße 5 8000 München 19
Alle Schmerzen weg
Nachdem mir die jahrelange schul- medizinische Therapie mit soge- nannten „Antirheumatika" keine Heilung meines chronischen Muskelrheumatismus bringen konn- te, versuchte ich es mal mit der Ho- möopathie. Schon nach wenigen Ta- gen waren nach Rhus-toxicodenron- D-3-Einnahme alle Schmerzen weg, und sind es noch bis heute, nach einem halben Jahr. Die gleiche Er- fahrung machte meine Mutter, der 70 Heft 10 vom 12. März 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B