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Archiv "Homöopathie: Stellungnahme „Pro“ — Stellungnahme „Contra“: Schlußwort „Contra“" (19.03.1982)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Homöopathie

diese möglich ist, zu verzichten. Er muß aber lernen, nebeneinander gleichzeitig in Kausalketten und in Analogien zu denken, was höchste Disziplin des Denkens im Sinne Glo- watzkis voraussetzt.

Wirksamkeitsnachweis

Dölle irrt, wenn er behauptet, „nach Meinung der Homöopathen entziehe sich die Homöopathie der Überprüf- barkeit mit naturwissenschaftlichen Methoden." Wir bejahen im Gegen- teil diese Forderung, die für jede Therapie gilt, verlangen aber, daß die Prüfmethoden der untersuchten Therapie adäquat sein müssen, wor- auf auch Wünstel hinwies. Im übri- gen wäre es von den Kritikern fair, erst einmal die bereits vorgelegten Beweise zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft zu prüfen, statt deren geringe Zahl und „Dürftigkeit" zu rügen, wie es Frau Oepen tut. Herr Rahlfs hat dies in seiner Zuschrift korrigiert. Praktische Ärzte sind pri- mär keine Wissenschaftler. Das galt auch für den von Oepen zitierten Professor Rabe. Es•können deshalb von ihnen keine quantitativ gleich- wertigen Leistungen wie von großen

Forschungsinstituten erwartet wer- den. Auf das Problem der Qualität in der medizinischen Forschung allge- mein hat Fiedler in seinem Leser- brief sehr eindrucksvoll hingewie- sen. Hier sollte man an homöopathi- sche Arbeiten nicht härtere Maßstä- be anlegen als an viele schulmedizi- nische, oft recht fragwürdige Publi- kationen, was Kienle schon früher mehrfach nachwies. Die Wirksam- keit in der täglichen Praxis spricht für eine Arznei. Das bedeutet noch nicht, daß diese nicht vorher sorgfäl- tig toxikologisch-pharmakologisch getestet sein sollte. Dies hat Glo- watzki wohl mißverstanden.

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Die homöopathische Verdünnungslehre

Sie stellt den größten Widerspruch zum gegenwärtig herrschenden Do- sierungsdogma in der Medizin dar.

Die von Pohl aufgemachte Rech- nung nach dem Motto, daß nicht

sein kann, was rational unverständ- lich ist, geht am Problem vorbei.

Hier scheinen mir die Bemerkungen des Physikers Ludwig wesentlich weiterzuführen. Herr Wünstel hat natürlich recht, daß auch eine nach der Simile-Regel angewandte Ur- tinktur Homöopathie ist. Er wird aber nicht bestreiten, daß wichtige Arzneistoffe der Homöopathie durch das Potenzierungsverfahren Hahne- manns erst ihre Wirksamkeit entfal- ten, entweder weil sie sonst unarz- neilich (zum Beispiel Graphit, Lyco- podium) oder toxisch (zum Beispiel Arsen, Lachesis) sind. Insofern ist seine Definition der Homöopathie ergänzungsbedürftig.

Die homöopathische Literatur Schon in der Schulmedizin gibt es häufig genug kontroverse Ansich- ten. Das ist in der Homöopathie bei der von Gross richtig festgestellten besonderen Individualität ihrer Ver- treter nicht anders. Frau Oepen konnte deshalb mühelos eine Antho- logie kritischer Stimmen zusammen- stellen, ohne deren Dignität zu un- tersuchen. Vielmehr stimmt es be- denklich, wenn man liest, daß Au- gust Bier, der sich viele Jahre inten- siv theoretisch und praktisch mit der Homöopathie befaßte, auf eine Stufe mit seinen Kritikern His, Heubner und Müller gestellt wird, deren gründliche Kenntnis der Homöopa- thie in der Literatur nirgends belegt ist. Man fragt sich überhaupt, ob ei- ne Gerichtsmedizinerin ohne prak- tisch-therapeutische Erfahrung am Krankenbett in anderen als besten- falls juristischen Fragen zu einer Be- handlungsweise Stellung nehmen kann, über die man sich ein eigenes Urteil niemals theoretisch, sondern erst nach intensiver praktischer An- wendung bilden kann. Wie unkri- tisch sie dabei vorgeht, zeigt die er- neute Berufung auf das Urteil, Ak- tenzeichen 6 Ls 64/78, 31-8/78 des Art (sgerichtes Göttingen, obwohl sie genau weiß, daß hier eindeutig ein Kunstfehler vorlag, da der be- handelnde Arzt die Diagnose Mala- ria tropica nicht stellte und deshalb eine inadäquate — hier zufällig ho- möopathische — Therapie anwandte.

Kunstfehler gibt es überall. Man kann sie doch niemals einer Heilme- thode, sondern nur dem einzelnen Arzt anlasten, der in diesem Falle die Grenzen des gewählten Therapie- verfahrens nicht beachtet hatte.

Ein Versuch zur „Besinnung und Verständigung" wird selbstver- ständlich von homöopathischer Sei- te genauso befürwortet wie von Frau Oepen. Er setzt allerdings auf bei- den Seiten einen annähernd ad- äquaten theoretischen und prakti- schen Wissensstand voraus.

Hier scheinen mir bei Frau Oepen noch einige Lücken vorzuliegen, denn ohne praktische Erfahrung am Krankenbett läßt sich nun mal über eine therapeutische Methode kein Urteil fällen. Noch immer gilt das Wort von Leonardo da Vinci:

„Cominciare dall'esperienza e per mezzo di questa scoprirne la ra- gione."

Dies bedeutet in freier Übersetzung:

Beginne mit der praktischen Erfah- rung, dann werden sich dir mit de- ren Hilfe auch die Gründe des Ge- schehens entschleiern.

Dr. med. K.-H. Gebhardt Arzt für innere Krankheiten

Bahnhofplatz 8 7500 Karlsruhe

Schlußwort „Contra"

Die in der Redaktion eingegangenen Leserbriefe vermitteln einen ernst zu nehmenden Eindruck von der Ein- stellung sowie dem geistigen Niveau einer Ärztegruppe, die mit an- spruchsvollem Selbstverständnis glaubt, die „Homöopathie" vermöge

„den Arzt von heute zu einem neuen Rollenverständnis zu veranlas- sen . . . Nur so" (!) werde „dann der Arzt von morgen auf Dauer dem Auf- trag zur Erhaltung menschlichen, tierischen und auch pflanzlichen Le- bens im Sinne der Schöpfung ge- recht werden können" (Schramm).

Es war zu erwarten, daß die „Betrof- fenen" mein ehrliches Angebot zur Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 11 vom 19. März 1982 55

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Homöopathie

Verständigung nur vereinzelt anneh- men konnten. Meine Bereitschaft hierzu bleibt dennoch weiterhin be- stehen, obwohl mich das Ausmaß der zutage getretenen Unaufrichtig- keit und Ignoranz nicht unberührt lassen kann. Was soll ich ferner zum Beispiel von den höflichen Worten eines Kollegen halten, dem ich (ger- ne!) viel Zeit gewidmet habe und der sich in einem persönlichen Brief an mich für die Form seines Leserbriefs so entschuldigt: „Das Image ver- langt leider, daß ich mich auch ge- gen Ihre Kritik etwas verteidige."

Es wäre durchaus möglich gewesen, zur Frage der Hochpotenzen, der Nosoden, der Indikation homöopa- thischer Mittel und der bisherigen Versuche zur Beweisführung ho- möopathischer Lehren sachlich zu diskutieren. Daß dies von seiten der homöopathischen Ärzte nicht ge- schehen ist, sondern daß statt des- sen in der Mehrzahl der Leserbriefe die gut dokumentierten und um- fangreichen Arzneiversuche, die ich zitiert hatte, wegen ihrer uner- wünschten Resultate übergangen oder in beachtlicher Uneinsichtig- keit abgetan werden (Arntzen, Hem- sing), ist ein bedauerliches, aber wichtiges Ergebnis, das in Zukunft zu berücksichtigen ist. Hier darf ich wohl mit der Unterstützung der Kol- legen rechnen, die in Briefen an die Redaktion und an mich meine Stel- lungnahme positiv beurteilt haben und denen ich auch danken möchte, daß sie sich die Mühe gemacht ha- ben zu schreiben.

So dürfte es nun an der Zeit sein, die vor Jahren erarbeitete Stellungnah- me des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer zur Ho- möopathie zu veröffentlichen, nach der ich zunehmend in persönlichen Gesprächen und Briefen gefragt werde. Vermutlich wird dann auch die Frage der Zusatzbezeichnung

„Homöopathie" eine angemessene Behandlung erfahren können. Ein Verzicht auf diese Bezeichnung könnte der Homöopathie zu einer breiteren und gleichzeitig adäquate- ren Anwendung verhelfen und einer Monotherapie oder einem unlaute- ren Wettbewerb entgegenwirken.

Der beschränkte Raum erlaubt es nicht, detailliert den Wünschen nach einer Erläuterung der statistischen Ausführungen nachzukommen, so daß nur ein Einwand (von Rahlfs) beantwortet werden kann: Es wurde nicht in Abrede gestellt, daß Mössin- ger speziell bei der Phytolacca-Stu- die den explorativen Charakter be- tont hat. Meine Meinung, daß mit Statistik allein kein Wirksamkeits- nachweis zu führen ist, bleibt be- stehen.

Die von Hensel angeregte Diskus- sion über das (erst nach Fertigstel- lung meines Manuskripts erschiene- ne) Buch von Gebhardt, „Beweisba- re Homöopathie", kann ebenfalls nicht in diesem Rahmen stattfinden, wurde jedoch gesondert vorgenom- men und veröffentlicht (Fortschr.

Med. 99, 1759, 1981).

Werden wir das begonnene Ge- spräch fortsetzen? An mir soll es auch nach dieser Erfahrung nicht fehlen! Die Verpflichtung — trotz kontroverser Ansichten —, kollegiale Übereinkünfte auch in Zukunft anzu- streben, sehe ich begründet in der gemeinsamen Sorge um die Patien- ten, in der Verantwortung für die Ausbildung der jüngeren Generation und in der Notwendigkeit, For- schungsmittel sinnvoll zu ver- wenden.

Professor Dr. med.

Irmgard Oepen

Institut für Rechtsmedizin der Universität Marburg Bahnhofstraße 7 3550 Marburg 1

Anstelle eines Schlußworts der Redaktion

Ich nehme an, daß der Artikel über die Homöopathie von Frau Profes- sor Oepen, Marburg, eine Fülle von Reaktionen, insbesondere aus dem Kreis der homöopathischen Ärzte, bewirken wird, während eine

„schweigende Mehrheit" sich nicht äußern wird. Skepsis gegenüber der Möglichkeit einer Verständigung ist nach meiner Vermutung der Haupt-

grund dafür. Frau Oepen weist mit Recht auf den von P. Martini hervor- gehobenen Unterschied in der gei- stigen Haltung zwischen wissen- schaftlicher Medizin und homöopa- thischer Medizin hin. Mit wissen- schaftlicher Medizin ist jene Medizin gemeint, die die Naturwissenschaf- ten als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Grundlage ansieht. Da die Mehrzahl der nicht homöopa- thischen Arzneimittel heutzutage Produkte einer Praxis sind, deren Theorie naturwissenschaftlich ist, sind, so meine ich, naturwissen- schaftliche Methoden zur Prüfung ihrer Wirkung am kranken Men- schen angemessen. Die homöopa- thische Medizin und ihre Theorie da- gegen basieren auf anderen Kon- zepten und Modellvorstellungen.

Die daraus abgbleiteten Hypothesen entziehen sich nach Meinung der Homöopathen notwendigerweise der Überprüfbarkeit mit naturwis- senschaftlichen Methoden. Frau Oepen hat dargestellt, zu wie mage- ren Resultaten derartige Versuche geführt haben. Ein dem von der

„Schulmedizin" entwickelten Sy- stem und Instrumentarium der The- rapieforschung vergleichbares Kon- zept hat, soweit ich sehe, die ho- möopathische Medizin bisher nicht vorgelegt . . .

Bei dieser Situation kann ich dem verdienstvollen Appell von Frau Oe- pen zur Besinnung und Verständi- gung leider keine große Aussicht auf Erfolg einräumen.

Angesichts der von der Redaktion ausgesprochenen Absicht, den Stel- lungnahmen homöopathischer Ärz- te in der Diskussion Vorrang zu ge- währen, halte ich es für notwendig, auszusprechen, daß ich den Beitrag der Autorin positiv beurteile und hoffe, daß die zu erwartende Diskus- sion doch etwas zur Erreichung des angestrebten Zieles beitragen möge.

Professor Dr. W. Dolle Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin I der Medizinischen Klinik der Eberhard-Karls-Universität Otfried-Müller-Straße

7400 Tübingen 1 56 Heft 11 vom 19. März 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

Referenzen

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