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Archiv "Diskussion: Wachsendes Mißtrauen gegen Bonn" (19.12.1987)

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der höhere Moralität oder den grö- ßeren Sachverstand haben. In der GKV gehöre die Kassenärzteschaft zweifellos zu den Sachverständigen und habe das Recht zu einer Kritik, die „helfen soll, diesen wichtigen Bereich der sozialen Sicherheit in unserem Lande zu verbessern".

Auseinandersetzung mit der EBM-Kritik

Zu Beginn seines Lageberichtes hatte Professor Häußler sich aus- führlich mit der zum Teil persönlich diffamierenden Kritik an dem neuen Einheitlichen Bewertungsmaßstab und seinen Machern auseinanderge- setzt. Sie sei geeignet, das Vertrauen in die Führung der Kassenärzte- schaft zu untergraben.

❑ „Der Vorstand der KBV hat die Herkules-Arbeit der EBM-Än- derung nicht auf sich genommen, um dem Hausarzt durch die hono- rarpolitische Hintertür Privilegien zu verschaffen "

Er erinnerte an die schwierige Situation bei Beginn der Amtszeit dieses Vorstandes und den massiven wirtschaftlichen und politischen Druck auf die Kassenärzte. Nur durch eine maßvolle und konstrukti- ve Honorarpolitik habe man voran- kommen und auch die ersten Schrit- te zur Lösung der Ärzteproblematik tun können. In diese Politik gehöre auch die EBM-Reform. Ihren Ziel- setzungen habe die Vertreterver- sammlung mit überwältigenden Mehrheiten zugestimmt, „auch in dem Punkt, an dem sich heute die Geister scheiden", nämlich der bes- seren Bewertung zuwendungsinten- siver ärztlicher Leistungen.

Die Rechtsgrundlage des neuen EBM sei auch durch ein von einigen Ärzten bestelltes Rechtsgutachten nicht erschüttert worden. Professor Häußler zitierte einige der beleidi- genden und wahrheitswidrigen An- griffe, darunter den Vorwurf, er wolle das Niveau der Medizin in der Bundesrepublik „zugunsten einer Clique auf das Niveau eines Schwel- lenlandes herabsinken lassen".

Menschliche Fairness und Anstän- digkeit sollten im Umgang auch mit Kollegen Gültigkeit haben, die in

Führungspositionen der Ärzteschaft tätig sind.

Der neue EBM ist — das sei noch einmal betont — beraten, beschlos- sen und in Kraft. Er werde in allen Punkten verbessert werden, wo das notwendig sei. Der Vorsitzende wandte sich aber gegen Kollegen, die den finanziellen Ruin ganzer Fachgruppen an die Wand malten.

Damit würden nicht nur Angst und Ratlosigkeit verbreitet, sondern die Kollegen würden auch demotiviert und gleichgültig gemacht.

Dramatischen Verschiebungen im Honorar zwischen Arztgruppen habe man von vornherein einen Rie- gel vorgeschoben. „Lassen wir uns durch Angstmacher nicht verunsi- chern! Angst lähmt die Tatkraft, Vorausdenken sichert den Erfolg."

Auf einen Beschluß des Vorstandes der KV Bayerns Bezug nehmend, in dem die Benennung eines bayeri- schen Kandidaten für den KBV- Vorstand davon abhängig gemacht wurde, daß der Erste Vorsitzende zurücktrete, in welchem Falle Pro- fessor Sewering zur Verfügung ste- he, erklärte Professor Häußler:

„Weder ich noch meine Kollegen im Vorstand der KBV sehen einen ob- jektiven Grund für meinen Rück- tritt.'

Abschließend mahnte Professor Häußler, die Kräfte der Ärzteschaft zu vereinen. Man könne den politi- schen, sozialen, moralischen und wirtschaftlichen Druck auf die Ärz- teschaft nicht wegreden, man müsse ihn von ihr wegwälzen, und das ge- linge nicht, wenn man in Angst und Resignation verharre.

■ „Ich will unseren begründe- ten Sorgen nicht mit oberflächli- chem Optimismus begegnen. Wir wollen weder die Augen vor ihnen verschließen, noch sie gelähmt an- starren. Wir wollen vielmehr alles tun, um zu ändern und zu verbes- sern, was wir ändern und verbessern können. Wir werden alle Möglich- keiten nutzen, um zum Beispiel aus dem blassen Entwurf eines Kosten- verlagerungsgesetzes noch ein wirk- liches Reformwerk werden zu las- sen. Das ist aber nur möglich, wenn wir den inneren Zwiespalt überwin- den. Richtet die Speerspitzen nach außen!" sch

Diskussion

Wachsendes Mißtrauen gegen Bonn

Das Wort von den Speerspitzen griff Professor Dr. Dr. Hans J. Se- wering als erster Diskussionsredner auf: er habe bisher den Eindruck ge- habt, daß die Speerspitzen eben nicht ausreichend nach außen gerich- tet waren, „vielleicht auch, weil Professor Häußler seine eigene hochgeschätzte Lauterkeit mit der mancher Politiker verwechselt".

Herb enttäuscht zeigte sich Profes- sor Sewering von dem „Bedarfspla- nungsgesetz" , das Arbeitsminister Dr. Norbert Blüm den Kassenärzten versprochen hatte, das aber keinen Dank und kein Vertrauen verdiene.

Das Gesetz habe die Situation ge- genüber 1976 entscheidend ver- schlechtert.

Professor Sewering ging dann im einzelnen hart mit dem „plan- spielenden" Arbeitspapier aus Blüms Ministerium ins Gericht, aber auch mit einzelnen Formulierungen aus den Beschlüssen der Koalitions- runde und aus den vom Arbeitsmini- sterium darüber verbreiteten Pres- sedrucksachen:

■ Die aus Bonn erklärte Ab- sicht, die Krankenhäuser noch wei- ter als bisher für sogenannte prästa- tionäre Diagnostik und poststationä- re Behandlung zu öffnen, bezeichne- te Sewering als einen „Umgehungs- weg um den niedergelassenen Ge- bietsarzt herum" und als einen An- schlag auf die Existenz der niederge- lassenen Gebietsärzte, aber auch auf 80 Prozent der Krankenhausärzte selbst: denn die gebietsärztliche Tä- tigkeit in Freier Praxis ist deren ein- zige berufliche Lebenschance Sewe- ring: Es muß klargemacht werden, daß dies eine Kriegserklärung gegen die freiberufliche Arzteschaft über- haupt ist!

Zu der Sorge um die „Formulie- rungsspiele" aus der Abteilung V des Bundesarbeitsministeriums be- tonte Professor Häußler, daß es sich Dt. Ärztebl. 84, Heft 51/52, 19. Dezember 1987 (19) A-3507

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Dr. Guido Piepgras (Kiel), neuer Beisitzer un achtköpfigen Vorstand der KBV

Während der Vertreterversammlung: der scheidende Hauptgeschäftsführer der KBV, Dr. Eckart Fiedler (r,), und der kom- mende, Dr. Rainer Hess, der sein Amt am 1. Januar 1988 übernimmt

Dr. Ulrich Oesingmann (Dortmund), mit großer Mehrheit zum Zweiten Vorsitzenden des KBV-Vorstandes gewählt

dabei nicht um einen Gesetzentwurf handelt, zu dem die Koalitionsrunde Beschlüsse gefaßt habe; vielmehr bleibe, so ergänzte Dr. Fiedler, die Koalitionsgruppe weiter an der Ar- beit. Allerdings habe man sich ange- sichts dieser Papiere auch gefragt, was man von Zusagen halten soll, die der Leiter dieser Abteilung noch bei der Karlsruher Vertreterver- sammlung im Mai dieses Jahres ge- macht hatte.

Fiedler hält auch die Fragen um das Stichwort „Prä-post" noch für offen; sie werden in der Koalitions- gruppe entschieden, ehe der Refe- rentenentwurf in Bonn auf den Tisch kommt. In der Tat sei aber größte Wachsamkeit und gegebenenfalls härtester Widerstand geboten (wie es nach der Diskussion auch in den fast einstimmig verabschiede- ten Resolutionen zum Ausdruck kam)

Professor Dr. Horst Bourmer erinnerte daran, daß er des öfteren an der KBV-Spitze kritisiert habe, zuviel Vertrauen in die Fähigkeit von Politikern zu setzen, und er mahnte- „Jetzt ist es endlich an der Zeit, die Speerspitzen wirklich nach außen zu richten." Im Hinblick auf die Übermacht der Administration warnte auch er vor der „Paragra- phenkunst" in den bisher bekannt- gewordenen Papieren.

Mißtrauen in vieles, was da in Bonn zusammengebraut wird, be-

stimmte die weiteren Diskussions- beiträge, aber was sollte – das fragte Dr. Fiedler – eigentlich derzeit ein Sturmlauf gegen „etwas, was gar nicht da ist" (nämlich das von Mini- ster Blüm eben nicht abgesegnete Papier aus seinem Hause). Professor Dr. Dr. Borelli mahnte indes, dem Paragraphenwerk aus dem Hause Blüm besondere Beachtung zu schenken, das Ministerialdirektor Jung bestimmt nicht als „Spielmate- rial" gewertet wissen möchte.

Professor Dr. Ernst-Eberhard Weinhold ging abschließend noch einmal auf etwas ein, „was wirklich da ist", nämlich die Absicht zu einer weitergehenden Öffnung der Kran- kenhäuser für vorstationäre Diagno- stik und nachstationäre Behandlung.

Was alle Expertengremien als sinn- los bezeichnen, was 1977 als ein Ein- stieg in die Ambidatoriumsmedizin initiiert wurde – diese institutionisti- sche Tendenz sei offenbar auch bei der heutigen Regierung lebendig.

Ihr müsse man klipp und klar sagen, dies bedeute eine geradezu soziali- stische Konkurrenz zur freiberuf- lichen ärztlichen Tätigkeit! EB

— ZITAT

Autonomie der KV

„Es trifft zwar zu, daß es in Teilen der Koalition Bestre- bungen gibt, die Ersatzkassen in das Kassenarztrecht einzu- beziehen. Dies stößt jedoch nach wie vor auf die Ableh- nung der FDP, weil die Glie- derung des Krankenversiche- rungssystems in autonome Kassenarten erhalten bleiben soll. Genauso entschieden lehnt die FDP Rechtsänderun- gen beim Honorarverteilungs- maßstab ab. Die Honorarver- teilung muß auch in Zukunft in der Autonomie der Kassen- ärztlichen Vereinigung blei- ben."

Dieter Julius Cronenberg, stellver- tretender Fraktionsvorsitzender der FDP, am 1. Dezember 1987 zu Meldun- gen, die Koalition beabsichtige, im Rah- men der Strukturreform den Honorar- verteilungsmaßstab an die Zustimmung der Krankenkassen zu binden und die Ersatzkassen in das Kassenarztrecht ein- zubeziehen

A-3508 (20) Dt. Ärztebl. 84, Heft 51/52, 19. Dezember 1987

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