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Archiv "Mißtrauen ist angebracht" (15.07.1976)

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Mißtrauen ist angebracht

Auch bei der jüngsten Bundes- tagsdebatte über das Kassen- arztrecht — bei der abschlie- ßenden Behandlung des Kran-

kenversicherungs-Weiterent- wicklungsgesetzes am 24. Juni 1976 — ist wieder einmal der falsche Eindruck erweckt bzw.

bestärkt worden, als hätten die SPD/FDP-Abgeordneten die so heftig kritisierten Bestimmungen in Richtung einer Institutionali- sierung der ambulanten psych- iatrischen Krankenbehandlung

„in Erfüllung der vorgelegten Enquete zur Psychiatrie" in das Kassenarztrecht einbauen müs- sen.

In Wirklichkeit hat die Psychia- trieenquete im Kapitel „Zusam- menarbeit stationärer und am- bulanter Einrichtungen im Rah- men der kassenärztlichen Ver- sorgung" ausdrücklich bestä- tigt, daß „das geltende Recht auch für den Bereich der Ver- sorgung psychisch Kranker und Behinderter bereits die Möglich- keit vor(sieht), an den stationä- ren Einrichtungen tätige Ärzte und erforderlichenfalls auch die Einrichtungen selbst als Lei- stungsträger in die kassenärzt-

liche Versorgung einzubezie- hen".

Die Diskrepanz zwischen der wirklichen Aussage der Psychia- trieenquete (wiedergegeben in der Bundestagsdrucksache 7/

4200, Kapitel D. 3) und der Be- hauptung, die SPD/FDP-Abge- ordneten seien gewissermaßen in Zugzwang gewesen, erklärt die mißtrauische Frage nach den wahren Motiven einer Ge- setzes-„Ergänzung", die in der Psychiatrieenquete eben nicht verlangt worden ist. Denn alles, was man vorgeblich wollte, war und ist nach geltendem Recht bereits möglich.

Bundesrat, Vermittlungsaus- schuß und Bundestag könnten sich daher zu einer Streichung oder klarstellenden Abänderung der umstrittenen Institutionali- sierungsbestimmungen durch- ringen, ohne im geringsten dem gemeinsamen Anliegen zu scha- den, nämlich „das Bedürfnis des Versicherten nach einer be- darfsgerechten ärztlichen Ver- sorgung" zu erfüllen, „dem sich etwaige wirtschaftliche Erwä- gungen Dritter absolut unter- zuordnen haben".

Auch das steht wörtlich in der Psychiatrieenquete! DÄ

Die Information:

Bericht und Meinung

viduelle Arzt-Patienten-Verhältnis.

Durch den Koalitionsantrag wird also unter diesen für den Thera- pieerfolg wesentlichen Gesichts- punkten die psychiatrische Versor- gung und damit der psychisch kranke Mitbürger erneut diskrimi- niert.

Meine Freunde und ich sind drit- tens der Auffassung, daß die Be- stimmung des § 268 s des Entwurfs, die den Krankenkassen die Mög- lichkeit eröffnen soll, nach Schei- tern aller sonstigen Sicherstel- lungsmaßnahmen Eigeneinrichtun- gen zu betreiben, gestrichen wer- den muß. Wer den Gesetzentwurf kennt, wird zugeben müssen, daß eine solche Bestimmung entweder nur der Fixierung einer weiteren Möglichkeit der institutionalisierten Behandlung von Patienten dient oder aber wirklich nur auf dem Pa- pier steht, weil jede denkbare an- dere Möglichkeit vorher ausgenutzt worden sein wird, es sei denn, Sie unterstellen der ärztlichen Selbst- verwaltung, wissentlich und willent- lich solche Situationen herbeizu- führen.

Hier muß auch einmal auf die inter- essanten Ausführungen des Vertre- ters der Ersatzkassenverbände bei der letztjährigen Sachverständi- genanhörung hingewiesen werden, der sich entschieden gegen eine solche Möglichkeit des Übergangs des Sicherstellungsauftrags in die alleinige Verantwortung der Kran- kenkassen aussprach, weil er sich keinen Erfolg von einer solchen Maßnahme versprechen könne, nachdem es bereits den Kassen- ärztlichen Vereinigungen mit ihrem umfangreichen Instrumentarium nicht gelungen ist, den betreffen- den freien Kassenarztsitz zu beset- zen. Man muß sich wirklich fragen, was die Koalition mit einer sol- chen, nicht einmal von den Kran- kenkassen einmütig gewünschten Verlagerung des Sicherstellungs- auftrags beabsichtigt, wenn nicht die Sprengung des gegenwärtigen Systems! Nach unserer Überzeu- gung handelt es sich hierbei also um eine sinnlose Vorschrift mit rein deklamatorischem Charakter

und einer unübersehbaren Signal- wirkung in Richtung einer weiteren Institutionalisierung der Medizin.

Im übrigen möchte ich hier die Wortführer der Koalition auf einen logischen Knick in ihrer Argumen- tation hinweisen, wenn sie einer- seits bei der Bedarfsplanung den Gesetzentwurf der Bundesregie- rung mit dem Hinweis verteidigen, es gehe um die Beibehaltung kla- rer Verantwortungsbereiche der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen, anderer- seits aber mit der Vorschrift des

§ 368 s RVO sogar in Einzelfällen eine völlige Umkrempelung der Ver- antwortung für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung herbei- führen wollen.

Schließlich treten meine Freunde und ich mit allem Nachdruck dafür

ein, die Nr. 29 Buchstabe b des Entwurfs, die eine besondere kas- senärztliche Fortbildung vorsieht, zu streichen. Vor wenigen Wochen hat der Deutsche Ärztetag in einer Musterberufsordnung für die Ärzte- kammern der Länder die allgemei- ne Berufspflicht des Arztes zur Fortbildung klar und ausführlich geregelt. Frau Bundesminister Fok- ke hat diese Beschlüsse in aller Öffentlichkeit auf dem kürzlich be- endeten Berliner Fortbildungskon- greß ausdrücklich begrüßt.

Wir würden es für eine verhängnis- volle Fehlentwicklung halten, wenn man etwa neben der allgemeinen ärztlichen Fortbildung und den sie regelnden Berufsordnungsvor- schriften, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozial- gerichts ohnehin integraler Be- standteil des Kassenarztrechts

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 29 vom 15. Juli 1976 1927

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