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Archiv "Schweden: Die totgesagte Privatpraxis lebt noch" (29.04.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

BLICK ÜBER DIE GRENZEN

Trotz zunehmender finanzieller Auszehrung seit Inkrafttreten der

„Sieben-Kronen-Reform" am 1. Ja- nuar 1970 und der staatlich ok- troyierten Gebührenordnung für Privatärzte vom 1. Januar 1975 hat die Position der knapp 1300 privat praktizierenden Ärzte in Schweden nicht sonderlich gelitten. Im Ge- genteil, seit der zunehmenden Bü- rokratisierung und den wachsen- den Warteschlangen vor den Poli- kliniken, den staatlichen Ambulato- rien und den Distriktsarztstationen haben die Privatpraktiker und die privaten Ärztehäuser in den Groß- städten eine spürbaren Patienten- zuwachs zu verzeichnen. Trotz hö- herer Selbstbeteiligung bei Inan- spruchnahme privatärztlicher Lei- stungen weichen immer mehr Pa- tienten dem öffentlich kontrollier- ten und reglementierten System aus, indem sie — unter Umgehung der überfüllten Wartezimmer in den Krankenhaus-Ambulatorien — ei- nen Privatarzt aufsuchen. Diesen können sie frei wählen, während im staatlichen System seit 1970 keine freie Arztwahl mehr möglich ist.

Ärztehäuser

vorwiegend in Großstädten In den Großstädten — insbesonde- re in Stockholm, Göteborg und Malmö — haben sich mehrere Pri- vatärzte — ähnlich unseren Grup- penpraxen — in Ärztehäusern zu- sammengetan, wo bis zu 20 Fach- und Allgemeinärzte unter einem Dach praktizieren. Die Ärztehaus- AG in Stockholm erledigt für sie die Verwaltungsarbeit und organi- siert die von den Privatärzten un-

terhaltene und finanzierte private Ärztepensionsversicherung.

In Schweden überlebten die Privat- praktiker — entgegen mancher pessimistischer Prognosen — bis- lang jedenfalls — die Dominanz des Staatsgesundheitsdienstes und die Normierung durch das ver- staatlichte System. Ursprünglich war bereits 1970 von staatlicher Seite beabsichtigt, eine umfassen- de Krankenversicherungsreform durchzusetzen und dabei auch die im Schwinden begriffene Zahl der Privatpraktiker unter das Diktat der Zwangsverstaatlichung zu nehmen.

Diesen Plan hat man allerdings zu- nächst fallengelassen und den Pri- vatpraktikern von amtlicher Seite durch Sven Alsön, Medizinalrat im staatlichen Gesundheits- und So- zialamt in Stockholm, sogar bestä- tigt, daß sie zumindest in den Großstädten für die ambulante ärztliche Versorgung der Bevölke- rung notwendig seien, weil gerade dort der poliklinische Dienst noch im argen liege. Indes hat man alles darangesetzt, die wirtschaftliche Situation der Privatpraktiker weiter zu verschlechtern, um sie „auf kal- tem Wege" finanziell auszutrock- nen. Privatpatienten wurden auf- grund „eingefrorener" Rückerstat- tung, die sie von ihrer obligatori- schen Krankenkasse bei Inan- spruchnahme eines Privatarztes er- hielten, gegenüber Patienten, die sich bei Krankenhaus- und Distrikts- ärzten vorstellten, kräftig diskrimi- niert (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 13/1976, Seite 895).

Diese Ungleichbehandlung im

„Gleichheitsstaat" verschlechterte

Die freie Praxis in Schweden, der bereits seit Jahren der Exitus vorausgesagt wurde, lebt noch. Trotz der Über- macht des immer mehr ex- pandierenden und bürokrati- sierten Systems der staatli- chen Gesundheitssicherung und Krankenfürsorge prakti- zieren im „sozialen Muster- land" Schweden immer noch nahezu 1300 Privatärzte.

Auch von amtlicher Seite wird den Privatärzten be- scheinigt, daß man auf sie (vorerst) nicht verzichten möchte. Allerdings sind die Existenzbedingungen für die Privatärzte seit dem Erlaß der neuen Gebührenordnung verschlechtert worden.

Gleichwohl erhöhte sich we- gen der zunehmenden Insuf- fizienz der öffentlichen Kran- kenpflege der Patienten-Zu- strom zu den Privatärzten.

Der vorliegende Beitrag wer- tet Ergebnisse einer Studien- reise der Hans-Neuffer-Stif- tung aus und ergänzt den dreiteiligen Bericht eines deutschen Oberarztes in Schweden unter dem Ti- tel „Das Gesundheitswesen in Schweden, von innen be- trachtet" (Hefte 12, 13, 14/

1976 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES).

zwar die Konkurrenzsituation der Privatpraktiker gegenüber den na- hezu 13 600 festangestellten Kran- kenhausärzten und den ebenfalls staatlich besoldeten 1100 Distrikts- ärzten, die zunehmende Insuffi- zienz der öffentlichen Krankenpfle- ge erhöhte jedoch eher den Zu- strom zu den Privatärzten. Der Leidtragende war eindeutig der Pa- tient. Während der ersten fünf Jah- re nach der „Sieben-Kronen- Reform" sind zwar die Rückerstat- tungssätze bei privatärztlicher Be- handlung konstant geblieben, die Patientenabgabe der Privatärzte an den öffentlichen Gesundheitsdienst jedoch um über 100 Prozent gestie-

Schweden:

Die totgesagte Privatpraxis lebt noch

Adriana Gaitzsch-Fröberg und Harald Clade

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 18 vom 29. April 1976 1245

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

Freie Praxis in Schweden

gen. Diese gewaltige Kostensteige- rung führte zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Rentabilität der freien Praxis, und viele Privat- praktiker quittierten notgedrungen den Dienst und schlossen sich

„freiwillig" der allgemeinen Sozial- versicherungskasse an, weil sie der privaten Praxis keine Zukunft mehr gaben.

Die gestiegenen Patientenabgaben an die Privatpraktiker führten nicht nur zu einer Verschlechterung der Ertragslage der Privatpraxis; die fortschreitende allgemeine Inflation in Schweden — sie betrug 1975 rund 10 Prozent! — und die gestie- genen Praxiskosten (vor allem in- folge der enorm gestiegenen Per- sonalkosten und der hohen, fast konfiskatorischen Steuern) zwan- gen die Privatärzte, ihre Honorare anzuheben.

Vor Inkrafttreten der „Sieben-Kro- nen-Reform" erstattete die obliga- torische Krankenkasse dem Privat- patienten im Durchschnitt nur noch 50 Prozent der Privathonorare. Pri- vatärzte mußten nämlich wegen der gestiegenen Kosten die amtli- chen Gebührensätze überschrei- ten, so daß der tatsächliche Selbst- behalt oftmals weit über dem amtli- chen von 25 Prozent lag.

Höhere Selbstbeteiligung beim Privatarzt

Bei Inanspruchnahme eines Privat- arztes müssen die Patienten eine höhere Selbstbeteiligung in Kauf nehmen, als sie bei Inanspruch- nahme der Polikliniken und Di- striktsärzte zu zahlen hätten.

Grundsätzlich muß der Patient für jede Privat-Konsultation 20 Kronen (rund 12 DM) direkt an den Arzt be- zahlen. Bei einer Behandlung in der Staats-Poliklinik oder beim Di- striktsarzt bezahlt der Patient le- diglich 12 Kronen; ab 1. Juli 1976 jedoch bereits 15 Kronen. 1970 reichten noch 7 Kronen aus. Die

„Eintrittsgelder" berechtigten auch zu Labor- und Röntgenuntersu- chungen und zur Strahlenbehand- lung; außerdem gelten die Kosten des ersten Besuchs beim öffent-

lich angestellten Überweisungsarzt damit als abgegolten.

Die Begrenzung der Patientenab- gaben bei Inanspruchnahme der Staats-Ärzte und der staatlichen

Patienten

für Privatpraxis

Nach einer Meinungsumfrage des schwedischen Meinungs- forschungsinstituts „Sifo"

sprach sich die überwälti- gende Mehrheit der Befrag- ten für die Behandlung durch einen Arzt mit Privatpraxis aus. Besondere Zustimmung, nämlich 84 Prozent, fanden die Privatpraxen in den Groß- städten. 69 Prozent der Be- fragten gaben an, daß ein Arzt mit Privatpraxis mehr Zeit für seine Patienten auf- wende. Ebenfalls 69 Prozent waren der Ansicht, daß es einfacher und schneller gin- ge, von einem privat zugelas- senen Arzt behandelt zu wer- den. Weitaus am besten schnitten die Ärzte mit Pri- vatpraxis auf die Frage „Wa- ren Sie mit Ihrem Besuch beim Arzt zufrieden oder un- zufrieden?" ab. Nahezu 64 Prozent der Befragten waren mit der Privatbehandlung sehr zufrieden und 26 Pro- zent ziemlich zufrieden. Mit der ambulanten Behandlung im Krankenhaus waren nur 44 Prozent sehr zufrieden und 39 Prozent ziemlich zu-

frieden. HC

Gesundheitsdienste auf die „be- queme" Einheitsgebühr von 12 Kronen sowie das nach Patienten- status differenzierte „Eintrittsgeld"

haben die Inanspruchnahmefre- quenzen der Polikliniken und Di- striktsärzte erhöht mit der Folge, daß die Wartezeiten bei nicht aku- ten Fällen ins Unerträgliche wuch- sen.

Gebühren-„Reform"

für Privatpraktiker

1975 machte die Sozialisierungs- welle in Schweden auch vor den wenig freien Privatpraktikern nicht halt. Die meisten Privatärzte folg- ten der Aufforderung des Reichs- versicherungsamtes vom Herbst 1974 und schlossen sich „freiwil- lig" dem allgemeinen System an.

Gleichzeitig wurde eine neue Ge- bührenordnung bekanntgegeben, die dann am 1. Januar 1975 in Kraft trat. Seit dieser Zeit zahlt der Pa- tient für jede Privatkonsultation eine Selbstbeteiligung in Höhe von 20 Kronen. Diese ist direkt an den Arzt zu bezahlen. An die neue Ge- bührenordnung — sie soll zur Ein- sicht in jedem Wartezimmer auslie- gen — sind die Ärzte formal gebun- den.

Sämtliche ärztlichen Leistungen sind in sechs Gruppen eingeteilt.

Auf der untersten Stufe der Hono- rarleiter steht die einfache Kon- sultation, die z. B. auch das Anle- gen eines Verbandes umfaßt (20 Kronen), auf der obersten eine Tonsillektomie (309 Kronen). Im Gegensatz etwa zu der in der Bun- desrepublik Deutschland prakti- zierten Einzelleistungsvergütung ist das Honorar des schwedischen Privatpraktikers pauschaliert und spiegelt in seinem Volumen in etwa den Zeitbedarf und Schwierigkeit der Behandlung und Beratung wi- der. Auch Laborleistungen werden nur in begrenztem Ausmaß geson- dert honoriert, und zwar dann nur mit 10 Kronen (etwa 6 DM) pro Un- tersuchung. Zudem dürfen drei La- boruntersuchungen pro Konsulta- tion nicht überschritten werden.

Die staatliche Sozialversicherungs- kasse erstattet dem Privatarzt nachträglich jeden Monat die Rechnung — aber nur für maximal 6000 Erstbesuche je Arzt jährlich.

Über diese Zahl hinausgehende Besuche werden dem Arzt von der Krankenkasse nicht erstattet. Da- durch wird der Aktionsradius der Privatpraxis zwangsläufig einge- schnürt und das Leistungsprinzip abgewürgt.

1248 Heft 18 vom 29. April 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Ein

Kummerkasten für Patienten

In Schweden gibt es zwei Anlauf- stellen für unzufriedene Patien- ten: den Ombudsmann in den Krankenhäusern und das soge- nannte Verantwortungsbüro (Ans- varsnämnden), das direkt dem staatlichen Gesundheits- und So- zialamt (Socialstryrelsen) in Stockholm angegliedert ist.

Den Ombudsmann im Kranken- haus gibt es seit 1972; er fungiert als unabhängige Vertrauens- und Beschwerdestelle innerhalb des Krankenhauses. Er ist weder wei- sungsgebunden, noch gehört er zum festangestellten Kranken- hauspersonal. Ein im Frühjahr 1974 vorgelegter erster Erfah- rungsbericht über die Jahre 1972/

1973 ergab: Der Ombusmann griff schnell und unbürokratisch ein und verzichtete darauf, die juristi- sche Maschinerie in Bewegung zu setzen. Alle Beschwerdeführer erhielten einen abschließenden Bescheid.

Zentraler Kummerkasten im Sy- stem der staatlichen Krankenfür- sorge in Schweden ist das Ver- antwortungsbüro des Gesund- heits- und Sozialamtes in Stock- holm. Ihm obliegt es, den Klagen der Patienten über falsche Be- handlung, Nachlässigkeit und Kunstfehler seitens des Heil- und Pflegepersonals unbefangen nachzugehen. Einem beim Büro akkreditierten Berufungsaus- schuß gehören Ärzte, Juristen,

medizinische Wissenschaftler sämtlicher Fachrichtungen sowie unabhängige Laiengutachter an.

Gehört werden sowohl Beschwer- deführer als auch der Beschwer- degegner. Ist die Eingabe des Pa- tienten begründet, kann das Ver- antwortungsbüro drei (abgestuf- te) Maßregelungen aussprechen:

die einfache Verwarnung, die Er- innerung und schließlich die An- zeige beim Staatsanwalt.

Die meisten Patientenklagen be- treffen die Art und Weise der ärztlichen Behandlung, Kunstfeh- ler und vor allem die Überwei- sungspraxis der Ärzte.

Nach Aussagen schwedischer Ärzte wandert die Eingabe des Patienten in den seltensten Fällen tatsächlich an den Staatsanwalt.

Die überwiegende Mehrheit der Beschwerden wird als unbegrün- det zurückgewiesen und führt zu einer Rehabilitierung des ange- prangerten Arztes.

Neben diesen beiden Möglichkei- ten kann sich der Patient auch direkt an den Staatsanwalt wen- den; dieser fragt aber regelmäßig zunächst beim Verantwortungs- büro in Stockholm zurück, um so von vornherein die Spreu vom Weizen zu trennen.

Gegenwärtig wird in Schweden darüber diskutiert, ob man bei den 23 Provinziallandtagen (Lands- tings), den regional für das Ge- sundheits- und Sozialwesen zu- ständigen Körperschaften, einen unabhängigen Patienten-Ombuds- mann etablieren soll. HC

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Freie Praxis in Schweden

Privatärzte mit einer überdurch- schnittlich großen Klientele dürfen seit 1975 einen Aufschlag auf die amtlichen Sätze bis zu 50 Prozent erheben. Für den Patienten bedeu- tet dies allerdings, daß er eine hö- here Selbstbeteiligung nach Maß- gabe des jeweiligen arztindividuel- len Zuschlags in Kauf nehmen muß. Maximal zahlt er dann 30 Kro- nen pro Arztbesuch, statt der sonst üblichen 20 Kronen Selbstbeteili- gung.

Sechs Gebührenklassen

Das in sechs Gruppen eingeteilte Gebührenordnungssystem für Pri- vatärzte ist wie folgt gegliedert:

Die ersten drei Gruppen umfassen Konsultationen von einer einfachen Untersuchung und Behandlung bis zu aufwendigeren Konsultationen, die im einzelnen in einem Lei- stungsverzeichnis global definiert sind. Die Honorarspanne in den unteren drei Gruppen liegt zwi- schen 25 und 68 Schwedenkronen (15 bis 43 DM).

Im Gegensatz zu den drei unteren Gruppen sind die Leistungen der Gruppen vier bis sechs genauer umschrieben und in einzelne Un- tersuchungen und Behandlungen differenziert, die von den Ärzten ei- ner oder aber mehrerer Fachrich- tungen (auch Allgemeinmediziner) durchgeführt werden können.

Die Gruppe vier enthält beispiels- weise insgesamt 74 Positionen. Die Operation eines Abszesses darf beispielsweise nur von Allgemein- ärzten, Chirurgen, Gynäkologen und HNO-Fachärzten durchgeführt und abgerechnet werden. Psycho- somatische Untersuchungen dürfen von Allgemeinärzten, Kinderärzten, Internisten und Psychiatern durch- geführt und abgerechnet werden.

Die Honorarspanne in der Gruppe vier liegt zwischen 64 und 105 Kro- nen (40 bis 65 DM).

Die Gruppe fünf umfaßt 83 Positio- nen. Zu dieser Gruppe zählen bei- spielsweise Herz- und Kreislaufun- tersuchungen mit EKG; diese dür-

fen nur von Kinderärzten und Inter- nisten durchgeführt und abgerech- net werden. Die Honorarspanne in dieser Gruppe liegt zwischen 124 und 202 Kronen (77 bis 126 DM).

Die Gruppe sechs umfaßt 58 Posi- tionen. In diese Gruppe fällt bei- spielsweise die Operation von Ek- tropion, die nur von Augenärzten durchgeführt und abgerechnet wer-

den darf. Die Honorarspanne liegt bei dieser Gruppe zwischen 190 und 309 Kronen (118 bis 193 DM).

Der Privatpatient ist berechtigt, die einzelnen Konsultationen entweder als „normal" oder „einfach" oder

„kompliziert" einzustufen. Sein Ho- norar bemißt sich demnach nach der Einstufung nach Maßgabe des Schwierigkeitsgrades.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 18 vom 29. April 1976 1249

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

AUS EUROPA

GROSSBRITANNIEN

Mäßige Wachstumsrate für Gesundheitsdienst

In dem Weißbuch der britischen Regierung, das eine Verlangsa- mung des Wachtstums der Staats- ausgaben bis zum Jahre 1980 vor- sieht, ist der Staatliche Gesund- heitsdienst mit einem blauen Auge davongekommen. Während für das Bildungswesen ein effektiver Rück- gang der öffentlichen Ausgaben vorgesehen ist, soll der Staatliche Gesundheitsdienst bis zum Finanz- jahr 1979/80 knapp sechs Prozent mehr finanzielle Mittel erhalten. Für das Finanzjahr 1976/77 ist noch eine Steigerung um 2.6 Prozent ge- plant. Von 1971/72 bis 1975/76 hatte der Zuwachs 14,5 Prozent betra- gen.

Das Weißbuch gibt auch einige Hinweise darauf, wo in den näch- sten Jahren im Staatlichen Ge- sundheitsdienst die Schwerpunkte gesetzt werden sollen. In erster Li- nie wird das Krankenhausbaupro- gramm um etwa ein Drittel gekürzt werden. Dagegen soll der Bereich der Gesundheitszentren und der für das Gesundheitswesen relevan- ten Einrichtungen der Gemeinde- behörden möglichst von Kürzun- gen verschont bleiben. Schließlich sollen Kürzungen bei Investitions- vorhaben in erster Linie die Groß- städte betreffen, während die ge- sundheitliche Versorgung in bisher vernachlässigten ländlichen Gebie- ten nach Möglichkeit weiter ver- bessert werden soll.

In diesem Zusammenhang nannte der Staatssekretär für das Gesund- heitswesen im Sozialministerium, Dr. David Owen, die ungleiche Ver- teilung von Ärzten zwischen Stadt und Land eines der größten Pro- bleme. Als einen Weg zur Lösung dieses Problems bezeichnete Dr.

Owen den Ausbau der medizini- schen Fakultäten in Nordengland.

Es sei nun einmal nicht zu bestrei- ten, daß viele Mediziner sich in der Gegend niederlassen, in der sie ihre Ausbildung erhalten haben.

Man sollte daher nicht noch mehr Medizinstudenten nach London ziehen. Ferner sei es notwendig, auch eine bessere Verteilung zwi- schen den einzelnen Fachrichtun- gen zu schaffen und die berufli- chen Aussichten für Ärztinnen zu verbessern. Von den 3200 Studien- anfängern der Humanmedizin im Jahre 1974/75 waren bereits 35 Prozent Frauen. gb

Demnächst Anschnallpflicht

Mit großer Mehrheit hat das Unter- haus in freier Abstimmung (ohne Fraktionszwang) in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf gebilligt, der Geldstrafen von bis zu 50 Pfund (250 DM) für das Nichtbenutzen von Gurten auf den Vordersitzen von Autos vorsieht. Über Ausnah- men von der Anschnallpflicht will die Regierung noch mit der Ärzte- schaft beraten. Der Verkehrsmini- ster bezifferte die jährlichen „Ein- sparungen", wenn 90 Prozent der Autofahrer Gurte anlegen würden, auf 1000 Tote, 11 000 Schwerver- letzte und 60 Millionen Pfund Ko- sten für den Gesundheitsdienst und die Polizei. gb

TSCHECHOSLOWAKEI

Transplantationen gesetzlich geregelt

Wer über die Verpflanzung eines Organs entscheiden sollte — der Arzt oder die Verwandten des Ver- storbenen —, bleibt immer noch in manchen Ländern eine strittige Fra- ge. Anders ist jetzt die Situation in der CSSR, wie die tschechische Wochenzeitung „Svet präce" be- richtet. Das entsprechende Gesetz garantiert die Entscheidungsfrei- heit der Ärzte, wobei es nur eine Ausnahme gibt: Falls ein Mensch ausdrücklich erklärt, daß er seinen Körper nicht der Medizin zur Verfü- gung stellen möchte, muß dieser Wunsch nach seinem Tod respek-

tiert werden. olh

Freie Praxis in Schweden

Der Privatarzt ist darüber hinaus berechtigt, einen Honorarzuschlag in Höhe von 10 bis 50 Prozent zu der staatlichen Gebührentaxe zu erheben. Der Zuschlag bemißt sich nach seinem vor Inkrafttreten der neuen Gebührenordnung vom 1.

Januar 1975 erzielten Durch- schnittshonorar und seinen durch- schnittlichen nachgewiesenen Pra- xiskosten, verglichen mit den Durchschnittszahlen sämtlicher Privatärzte. Allerdings wird dieser Zuschlag nur den bereits 1974 nie- dergelassenen freipraktizierenden Ärzten zugebilligt.

Bislang hat der Staat keine Initiati- ven ergriffen, um die Bedingungen für die Niederlassung weiterer Pri- vatärzte zu erleichtern. Diese wä- ren zur bedarfsgerechten ambulan- ten Versorgung dringend nötig, zu- mal auch von Regierungsseite an- gestrebt wird, den Hospitalisie- rungstrend umzukehren und die niedergelassene Arztpraxis zu re- aktivieren.

Auch die Gründung neuer privater Ärztehäuser wird von amtlicher Seite eher erschwert als begün- stigt. Zwar ist es in den meisten Fällen gelungen, vakant werdende Privatarztpraxen oder frei werdende Stellen in Gruppenpraxen der Ärz- tehäuser aus eigenen Initiativen wie- der zu besetzen. Doch wird sich die Zahl der Privatärzte in Zukunft in dem Maße verringern, wie der Staat ihrer Existenz gleichgültig gegenübertritt und die Überlebens- bedingungen der Privatärzte weiter verschlechtert, obwohl diese längst den Beweis erbracht haben, daß sie kostengünstiger und patienten- gerechter arbeiten als die unper- sönliche Staatspraxis.

Anschrift der Verfasser:

Dipl.-Kaufmann

Adriana Gaitzsch-Fröberg Sveriges Läkarförbund Villagatan 5

S-1 14 86 Stockholm Dr. rer. pol. Harald Clade Dieselstraße 2

5000 Köln 40

1250 Heft 18 vom 29. April 1976

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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