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(1)Bücherbesprechungen Großer Historischer Schulatlas

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Großer Historischer Schulatlas. Herausgegeben vom BajTischen Schulbuch-

verlag. I. Teil: Vorgeschichte und Altertum. München: Bayerischer Schul¬

buch-Verlag 1953. VIII, 44 S. Karten, 15 S. Register. 2. Auflage, München

1954. 123 Erläuterungen von Herm. Bengtson imd Vlad. Milojcic, sowie

von R. von Königswaid imd Joach. Schröder.

Der historische Atlas ist für den Wissenschaftler ein genau so unentbehr¬

liches Handbuch wie für den Leser historischer Bücher überhaupt, weil ge¬

schichtliche Zusammenhänge vom Kartenbilde aus eine leichter wahrnehmbare

Realität gewinnen. Alle völkerbiologischen Gegebenheiten, aber vor allem

doch immer wieder das Einprägsame des geographischen Bildes für Streich¬

richtungen von Handel und Völkerbewegungen lassen sich auf dem Karten¬

blatt komplexiv erfassen.

Auch historische Atlanten veralten, so paradox das im ersten Augenblick

erscheinen mag. Es geht dabei aber weniger um ein paar neu gewonnene

Schlachtorte, als um das Fortschreiten der weltgeschichtlichen Einsichten.

Auch die universalgeschichtliche Einstellung der Historiker bis zu Eduard

Meyer, hatte nicht die antikozentrische Orientierung der abendländischen

Geschichtschreibung überwinden können. Erst seit dem ersten Weltkriege ge¬

wannen die universellen Tendenzen der Gosohichtsohreibung derart an Um¬

fang und Bedeutimg, daß auf diesem weitsichtigeren Hintergrunde die Ur¬

sprünge des Abendlandes einen gänzlich veränderten Aspekt gewannen. Hob

sich zwar die Rolle des klassischen Altertums für die abendländische Geistig¬

keit auch auf dem ausgeweiteten Blickfelde der historischen Erkenntnis

zwingend genug ab, so erschien dieses Altertum selbst aber immer unab¬

weisbarer nur als eine Phase des geschichtlichen Werdens, deren geistige

Absenker tief in fernere Ursprünge zurückreichten.

Zwei neue Aspekte bestimmten entscheidend das Relief des geistigen Abend -

landes imd bedeuteten jeder ein eigentümliches Zueinander von Assimilation.

Vor der Antike zeichnete sich der geistige Aufbruch der Menschheit in den

altorientalischen Hochkulturen ab. Das antike Erbe aber lebte in einem tief

in prähistorische Vergangenheit zurückreichenden Substrat weiter, das aus

vielfältigen Kulturströmen und Völkerbewegungen der Vorzeit zusammen¬

geschmolzen worden war.

Diese beiden neuen Forschungsbereiche der Historie verlangten auch in

der Kartographie gebieterisch ihre Berücksichtigung. Sowohl die Wissen¬

schaft vom Alten Orient als auch die Ergebnisse der prähistorischen Forschung

mußten nunmehr auch im historischen Atlas ihren Niederschlag finden.

Diesem Ziele versucht nun der neu begründete 'Große historische Welt¬

atlas' zuzustreben.

Daß der Versuch nicht gleich auf Anhieb geglückt ist, hat mehrere ver¬

ursachende Faktoren. So hat man bei der Auswahl der Mitarbeiter von vorn¬

herein dadurch eine Ungleichmäßigkeit eintreten lassen, daß man zwar für

die Vorgeschichte einen Fachmann herangezogen hat, nioht aber auoh für den

Alten Orient. Das drückt sich schon in der Disposition aus : man kennt nur

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zwei Hauptabschnitte, die 'Vor- und Frühgeschichte' und das 'Altertum'. In

die Betreuung des Alten Orients teilen sich der Prähistoriker und der Alt¬

historiker. Daß das nicht zum Nutzen der Dinge geraten ist, mag man aus der

geringen Zahl von Karten aus der Geschichte des Alten Orients entnehmen,

der gegenüber der Hellenismus beispielsweise einen Umfang erhalten hat, der

seiner faktischen Bedeutung eben doch nicht entspricht.

Der Kem der Schwierigkeiten liegt bei den beiden Disziplüien der Prä¬

historie und Assyriologie darin, daß der Geschichtschreibung in beiden Be¬

reichen noch die kanonisierte Redaktion ermangelt. Die noch im ständigen

Flusse befindlichen Forschungen mit ihren häufig wechselnden und konträren

Lehrmeinungen haben nicht nur hinsichtlich der ständig umstrittenen

chronologischen Fragen, sondern auch über die Vorstellung vieler historischer

Vorgänge ein derartiges Unsicherheitsmoment gezeitigt, wie es dem Ferner¬

stehenden kaum möglich erscheinen will. Gerade bei einer zusammen¬

fassenden Darstellung treten solche Faktoren aber besonders auffällig in Er¬

scheinung.

Für den Alten Orient muß auch heute noch Eduard Meyers Werk — ob¬

wohl von Anboginn an zugegebenerweise von unterschiedlichem Wert für

Ägypten und Babylonien — als verbindlich für den Althistoriker gelten. Die

Fachforschung hat inzwischen aber eine fast unübersehbare Zahl von Einzel¬

untersuchungen hervorgebracht, deren unterschiedliche Qualität und Be¬

deutung nur noch dem Fachmann zugänglich ist. Für die Prähistorie hat es

eine kongeniale Gesamtdarstellung bislang noch nie gegeben.

Konkret bedeutet das, daß die Entscheidung in den jeweiligen Fragen des

Faches immer von subjektiver Art ist, auch wenn es sich nur um die Ent¬

scheidung für oder gegen die Lehrmeimmg anderer handelt. Der Leser, der als

Lektüre zu seinem Atlas einen anderen Bearbeiter hinzuziehen würde, müßte

sofort die Diskrepanz in den Widersprüchen zu den einzelnen Fragen zu

spüren bekommen. Das mag für die Herausgeber des Großen historischen

Weltatlas bestimmend gewesen sein zu einer neuen Veranstaltung, indem den

Karten nunmehr erstmals ein nebenherlaufender Textband beigegeben

worden ist. Dieser bietet jetzt so etwas wie eine Kurzdarstellung des Ge¬

schichtsablaufes. Dem Leser wird also die Mühe der Beschaffung eines be¬

sonderen Geschichtswerkes abgenommen, zumindest die hauptsächlichen

Zäsuren imd Rhythmen sollen ihm mitgegeben sein — wenn man will, als

Rechtfertigung für das, was in anderen Büchern vielleicht anders zu lesen

stehen sollte. Damit ist also eine grundsätzliche Neuerung im Typus der

historischen Atlanten geschaffen worden.

Wohl mit durch dieses Streben nach einem selbständigen Darstellungswerk bedingt, das nicht einfach mehr nur Hilfsmittel sein will, darf eine weitere

Neuerung verursacht gesehen werden. Neben das Kartenbild ist jetzt im

Atlasteil auch die graphische Tabelle getreten. Ein Monstrum von Tabelle

versucht so die verwirrende Fülle prähistorischer Formenkreise und Kultur¬

gruppen und -grüppchen optisch überschaubar zu machen. War man bislang

der Meinung, daß der Sinn graphischer Aufrisse in ihrer besseren Opsis einer schnelleren Orientierung dienen sollten, so wird die Tabelle hier als Total¬

depot sämtlicher Kapitelüberschriften eines Faches mitgeteilt. Vergnüglich ist so etwas gerade nicht zu lesen.

Ich habe auf die Aufzählung einzelner Mangelhaftigkeiten u. dgl. ver¬

zichten wollen, weil das schon von anderer Seite ausreichend geschehen ist.

Es erschien mir nützlicher, einige allgemeinere Bemerkungen anzubringen,

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172 Bücherbesprechungen

deren Wert vmd Bedeutung keinesfalls überschätzt werden soll. Ihre Bei¬

läufigkeit möchte ich ausdrücklich betont haben.

Johannes A. Potbatz, Insel Wörth im Staffelsee

Abpag Mekhitabian: Introdtiction ä VEgypte. Bruxelles: Office de Publicity 1956. 134 S. 131 Abb. 5 Karten, kl. 8°.

Das hier anzuzeigende Büchlein des Generalsekretärs der belgischen

Fondation figyptologique Reine Elisabeth will als Gedächtnishilfe für

Ägyptenreisende betrachtet werden (aide-mömoire au voyageur qui part pour

rfigypte ou qui en revient, S. 7). Es unterscheidet sich von Reiseführern

gewöhnlicher Provenienz vornehmlich dadurch, daß es auf Einzelheiten

weitgehend Verzicht leistet, um die dominanten Züge ägyptischen Lebens

in Vergangenheit und Gegenwart auf geringem Räume wirkungsvoll dar¬

stellen zu können. So folgen einander nach einem kurzen Vorwort (S. 7 f.)

Erörterungen über die geographische Lage des Nillandes (8. 9—22: Nil,

Wüste, Rotes Meer, Mittelmeer, Suezkanal, Sinaihalbinsel, Oasen, Klima),

die wirtschaftlichen Grundgegebenheiten (S. 23—31: Landwirtschaft, Boden¬

schätze, Steinbrüche, Bewässerung, Viehzucht, Fischerei, Industrie, Hand¬

werk, Handel, Verkehr) und die Lebensverhältnisse der Bevölkerung

(S. 33—52: Rassen, Religionen, Sprachen, Gesellschaft, Unterrichtswesen,

Wohnkultur, Friedhöfe, Kleidung, Volkscharakter, Brauchtum, Rhythmus

des Lebens). Ein ganz summarischer Abriß der Geschichte Ägyptens bis zur

Gegenwart (S. 53—63) leitet über zu dem umfangreichen Kapitel über die

Reichtümer der ägyptischen Kunst (S. 65—124: Vorgeschichte, Früh¬

geschichte, Altes Reich, Mittleres Reich, Neues Reich, Spätzeit, Griechisch¬

römische Zeit, Koptische Kunst, Arabische Kunst). Es mag seinen Grund

in der Zweckbestimmung des Buches auf die Bedürfnisse des Touristen

haben, daß sich der Verfasser dabei nahezu ausschließlich auf eine deskriptive

Darstellung der Monmnente ägyptischer Architektur beschränkt, während

andere Bereiche der bildenden Kunst, z. B. die Plastik, nur am Rande oder

gar nicht erwähnt werden. Ein Abschnitt mit praktischen Hinweisen für

den Besucher, nach Maßgabe der wichtigsten Kulturzentren geordnet,

beschließt das trefflich ausgestattete Büchlein.

Die Mehrzahl der Abbildimgen nach Farbaufnahmen des Verfassers ist

trotz des grobkörnigen Rasterdruckes vorzüglich gelungen. Die Bilder werden

nicht nur dem Reisenden, sondern auch dem Gelehrten hier und dort Neues

und Bemerkenswertes zu bieten haben.

Hebbeet Donnee, Leipzig

Abdel-Mohsen Bakib: Qawä'id al-luga al-misrlya ft 'asrihä 'd-dahaM

(Principles of Egyptian language in its golden age). Kairo 1954, 136 S.

Arabisch; dazu: Synopsis in English and French of the Arabic edition

of Principles of Egyptian language in its golden age, 8 S.

Der Wunsch, seinen Landsleuten die altägyptische Sprache in einer eigenen Grammatik näher zu bringen, veranlaßte Dr. Bakie, die hier anzuzeigende, nach Wissen des Referenten erste selbständige Grammatik des ,, klassischen Ägyptischen" in arabischer Sprache zu schaffen. Sein Ziel ist dabei nicht

nur, die Ergebnisse europäischer Forschungsarbeit den ägyptischen Ägypto¬

logen in der eigenen Spracbe zugänglich zu machen, sondem auch die sprach¬

lichen Erscheinungen des Altägyptischen in dem grammatischen Ordnungs¬

system einer semitischen Sprache darzustellen. Der Versuch erscheint um so

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berechtigter, als das Ägyptische und das Arabische einander in ihren Grund¬

zügen verwandt sind und so a priori zu erwarten steht, daß vom Arabischen

her manche sprachliche Erscheimmg sich deutlicher fassen läßt als von

europäischen Sprachen her. Somit soll Bakibs Buch einen doppelten Zweck

erfüllen : Es soll ein praktisches Lehrbuch für den akademischen Unterricht in arabischer Sprache sein, es soll zugleich den Stoff in einer dem Arabisch

sprechenden Studenten zugänglichen Form dai-stellen. Zum Erreichen des

ei-sten Zweckes hat Bakib, dem Vorgang Gabdinees folgend, den einzelnen

Abschnitten jeweils Übungstexte zum Übersetzen in das Ägyptische bei¬

gefügt. Eine Anzahl als Anhang gegebener Abschnitte dienen dem gleichen

Zweck (Entzifferung der Hieroglyphen, Zoichenliste, Kalligraphie, d. h. An¬

leitung zum Schreiben der Hieroglyphen und vergleichende Listen der

arabischen, englischen, französischen und deutschen grammatischen Termino¬

logie). Schließlich ist als Schlußabschnitt angefügt eine Liste der wichtigsten

Änderungen in der Formenlehre zwischen Mittel- und Neuägyptisch (Par¬

tikeln, Pronomina, Verbalformen).

Den europäischen Gelehrten werden mehr jene Punkte interessieren, an

denen Bakib in der Gliederung und Auffassung seines Stoffes von den euro¬

päischen Granmiatiken abweicht; um das Verständnis zu erleichtem und

um eine wissenschaftliche Diskussion anzuregen, hat er besonders diese

Punkte in einer englisch und französisch geschriebenen ,, Synopsis" seiner

Grammatik beigefügt. Dabei geht Verfasser mit Klugheit vmd Vorsicht vor

und paßt weder den Stoff gewaltsam einem doch nur vergleichbaren Ord-

nungsschema ein, noch belastet er sein dem praktischen Unterricht dienen¬

des Buch mit sprachgeschichtlichen Ableitungen (etwa bei der Umschreibung

der ägyptischen Laute mit arabischen Buchstaben, § 5ff., oder bei der Er¬

klärung des Pseudopartizips, § 233 ff.). In beiden Fällen hätte natürlich auch

die Möglichkeit bestanden, die vergleichbaren Erscheinungen der beiden

Sprachen in ihrem historischen Zusammenhang zu erklären. Daß das nicht

geschehen ist, fördert die Benützbarkeit des Buches im Unterricht; es be¬

deutet aber zugleich einen Verzicht auf eine grundsätzlich neue Darstellvmgs-

art der ägyptischen Sprache. So wird man eine Aufhellung grammatischer

Sachverhalte von dieser Seite nicht finden; leider geben aucb die Anmer¬

kungen nur spärliche Hinweise auf die zu diesem Thema bestehende wissen¬

schaftliche Literatur.

Zweifellos wird die von Bakib angewendete Einteilmig des Stoffes in vier

Hauptabschnitte dem Charakter de s Ägyptischen durchaus gerecht : Nomen,

Verbum, Partikeln, Sätze. Eine ganze Reihe terminologischer Änderungen

im Kapitel über das Nomen vermeidet Sohwierigkeiten, die sich durch die

Anwendung indogermanistischer Termini ergeben können; so ist die Be¬

zeichnung des sog. Genitivs als ,, annexation (proper and improper)" und des Akkusativs der Beziehimg als ,, specification", des unveränderlichen pw im Nominalsatz als ,, explicative particle" (§ 299) imbedingt zu begrüßen. Rich¬

tig ist es auch, wenn Bakir die Demonstrativa, Interrogativa und Relativa

als Nomina einordnet. Daß dem arabisch sprechenden Studenten das Ver¬

ständnis des Gebrauchs von Verbalformen in mancher Hinsicht leichter fällt,

führt Bakib mit Recht aus (§ 147, 174). Er hat es nicht nötig, den Umwog

über ein temporales Ordnvmgsschema zu gehen. Für „Perfekt" und „Im¬

perfekt" benützt Bakib in Anlehnung an de Bück die Termini , .Limitative"

oder ,, Momentary" (muntahin) vmd ,, Durative" (rmistamirrwn). Fälle, in denen die ,, Erzählungsform der Vergangenheit" (z. B. rh.n.j) für eine Gegen-

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174 Bücherbesprechungen

wart gebraucht werden, können natürlich vom arabischen Sprachgebrauch

her (Beispiele aus dem Qur'än) leichter verstanden werden. Auch der Ver¬

gleich des einen Nebenumstand einleitenden 'iw- mit dem Arabischen einen

Zustandssatz einleitenden wäw (S. 68 n. 2), trifft sicher zu, insofern als zwei formal verschiedene, syntaktisch parallele Erscheinungen gekennzeichnet werden. Andererseits zeigen die genannten Beispiele aber auch die Grenzen

der Darstellungsart. So sehr dadurch auf der einen Seite diejenigen Aus¬

drueksformen des Mittelägyptischen verständlich werden, die Parallelen im

klassischen Arabischen haben, so wenig kann von hier aus ihre Entstehung

imd historische Entwicklung verstanden werden. Gewiß ist es nützlich und

richtig, wenn darauf hingewiesen wird, daß auf beiden Seiten die Unter¬

scheidung von ,, durativer" und ,, momentaner" Aktionsart vorliegt; aber

damit ist der Reichtum an Verbalformen auf Seiten des Ägyptischen nicht

gedeutet („duratives" und ,, momentanes" sdm.f, sdm.n.f, sdm.kwj, von se¬

kundären Verbalformen ganz zu schweigen).

Schließlich sei noch auf die Ableitung einer neuen Relativform hin¬

gewiesen, die Verfasser zur Diskussion stellt (§ 286/7): Er leitet von einem

perfektischen aktiven Partizip eine Relativform ab, deren Bedeutung in der

Hervorhebung des Subjekts liegt, also die eine syntaktische Funktion aus¬

übt, wie sie Polotsky (tltydes de Syntaxe Copte, Kairo 1944) für die kop¬

tischen ,, zweiten Tempora" und ihre Vorläufer im Ägyptischen darlegt.

Aus der Konstruktion in -{- Subjekt -f- Partizip (,,es ist N der getan

hat") entsteht diese Form durch Umstellung, wobei die Partikel in zu .n

verkürzt wird (Beispiel: in hm.f rdj „Seine Majestät ist es, der gegeben bat"

wird zu rdj.n hm.f).

Ebebhabd Otto, Hamburg

Karnak-Nord IV . Fouilles conduites par Cl. Robichon, Rapport de P. Babguet

et J. Leclant (Fouilles de l'Institut Frangais du Cairo, Tome XXV).

Le Cake 1954. XII, 196 S., 164 Abb., 168 Taf., 8».

Im Bezirk des Mont-Tempels von Karnak, nördlich angelehnt an den

Amonbezirk, graben seit 1940 Franzosen vom Institut Frangais du Caire.

Nachdem der 1. und 3. Band der Grabungspublikation 1943 und 1951 er¬

schienen sind, legen die Ausgräber und Bearbeiter nunmehr den umfang¬

reichen 4. Band vor. Feldarbeit und Veröffentlichung entsprechen allen mo¬

dernen Anforderungen ; besonders die sehr reiche Bebilderung ermöglicht es

dem Leser, sich das Gelände und die Lage der einzelnen Fundstücke genau

zu vergegenwärtigen, und das ist gerade das, worauf es bei diesem Bande an¬

kommt, der zu der umstrittenen Frage der Symbolverwendung alter Steine

wichtige Beiträge liefert. Daß die ägyptische Regierung den Ausgräbern 1952

das Betreten des Grabungsfeldea und der Magazine verboten hat, beein¬

trächtigt den Wert des Buches nur an wenigen Stellen.

In den Jahren 1949—1951 wurde der Abschnitt untersucht, der vor dem

Mont-Tempel sich bis zum Landekai erstreckt, wobei das monumentale

Nordtor einer gesonderten Bearbeitung vorbehalten blieb. Abgesehen von

den Bauten vor diesem Großen Tor und einer merkwürdigen kleinen Kapelle

inmitten der Sphinxallee berichtet also der Band eigentlich nm' über die

Kolonnade, die die Ptolemäer (wohl Ptolemäus X.-Soter II.) vor den Ein¬

gang des Mont-Tempels gebaut haben. Da aber auch von diesen vier Säulen¬

reihen so gut wie nichts mehr steht, handelt es sich tatsächlich nur um das

Fundament dieser vier Reihen. Das mag für eine so umfangreiche Veröffent-

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lichung zunächst wenig erscheinen, und angesichts der ständig, oft unan¬

gemessen schwellenden Flut an Publikationen haben wir das Recht, nach der

Erheblichkeit des Dargebotenen zu fragen. Aber auch bei scharfem Maßstab

wird man das vorliegende Werk begrüßen. Die Blöcke, die die tiefen Fimda-

mentgräber füllen, sind fast ausschließlich Spolien, und der Sorgfalt und dem Scharfsinn der Ausgräber ist es gelungen, die völlig verschwundenen Original¬

anlagen, wenigstens im Großen, samt ihrem Reliefschmuck zu rekonstru¬

ieren. Einzelne Blöcke reichen bis in die Zeit der Hatschepsut. Architekto¬

nisch bedeutsam sind ein Tor Amenophis' III., die Kolonnade des Taharka

(mit Ki-önungsreliefs und Nil-Gau-Darstellungen auf den Schranken) und ein

Gebäude der Sohepenupet und Amenerdas II., das vms Bruchstücke des von

dieser Fürstin gefeierten Sedfestes mit Gründimgszeremonien beschert. Sie

wird dabei sogar wie ein Pharao im sp/-Korb getragen! Die Beschreibimg

dieser wiederverwendeten Relief blöcke bildet den zweiten Teil des Buches* ;

im dritten werden die Statuen besprochen. Von ihnen seien die zwei Kolosse

Amenophis' III. mit Amonsstab hervorgehoben, deren Aufbau aus rund

40000 Fragmenten ungeheure Geduld vmd Sachkermtnis gefordert hat, femer

die Statue des Djed-Thoth-ef-anch, die eine neue Spätzeit-Biographie liefert.

Auch sonst wurden Statuen bekannter Persönlichkeiten wie Montemhet oder

Ibi gefunden.

Obwohl auch diese Ergebnisse bedeutend genug sind, eine eingehende Ver¬

öffentlichung zu rechtfertigen, so ist doch die Ausführlichkeit gerade bei dem ersten Teil zu begrüßen, der in klarer Weise die Zusammensetzung der Funda¬

mentschichten beschreibt. Ohne je den Boden strenger Sachlichkeit zu ver¬

lassen, weisen die Verfasser wiederholt auf eigentümliche Befunde hin. Um

nur einige Beispiele zu nennen aus der großen Fülle dessen, was zum erneuten Nachdenken über die Theorien des „symbolistes" stimmt: Vor der Schwelle

des eigentlichen Tempels waren vier auf den Kopf gestellte Säulenbasen in

das Pflaster eingelassen, wobei vmterbalb des jetzigen oberen Randes eine

Kerbe eingeschlagen ist, so daß sie die Form eines nw-Gefäßes bekommen.

Nicht weit davon entfemt lag unter dem Pflaster ein Bruchstück einer

Statue, wohl der 18. Dyn.; eine Hand mit einem Kugelgefäß, also hnk

„spenden" ; das Gefäß war zum Tempeleingang gewendet. Unter der Schwelle

selbst, mid zwar an der Innenseite, fand sich das Bruchstück eines Würfel¬

hockers, ohne Frage absichtlich dorthin gebracht, da imten in die große

Granitschwelle eigens eine kleine Höhle geschlagen war, der Form des Sta¬

tuenfragmentes angepaßt, und, nachdem der Hocker dort mit dem Rücken

nach außen eingefügt war, zugemauert, so daß nur die Inschrift des Rückens

sichtbar war — aber auch nur, bis das Niveau bei der Fertigstellung des

Tempels aufgefüllt wurde. Mit den wiederverwendeten Blöcken werden

gleichsam Mosaiken gelegt, so einmal ein geschlachteter Stier, ein andermal eine Zeltstangensäule ; beide Male lagen Relief blöcke mit den entsprechenden Darstellungen in der Nähe. Mit der Annahme bloßer Spielereien der Arbeiter müssen wir vorsichtig sein : es waren immerhin nicht ganz geringfügige Stein-

1 Hingewiesen sei noch auf die Inschrift des Haremhab, bei deren Über¬

setzung ( S. 59) freilich einige Korrekturen anzubringen sind : dhn am Ende von Z. x+5 heißt ,, einsetzen" und hat nichts mit dem Gottesorakel zu tun

(in der Krönungsinschrift von Turin wird auch nichts von einem Nicken des

Gottes berichtet !); Z. x -f 7 ist in Dhwtj Sdm.f futuriscb zu übersetzen; isw in Z. X -1-8 heißt „alt" vmd bezieht sich auf die Tempelrestaurationen des Königs.

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176 Bücherbesprechungen

rnetzarbeiten erforderhch, den alten Steinen die gewünschten Formen abzu¬

gewinnen. — Ob sich auch die Zahlenübereinstimmungen, von denen auf

S. 21 die Rede ist, als mehr als zufällig bewahrheiten, bleibt abzuwarten, und

auch die Angabe, daß die drei Grundsteüigruben ein rechtwinkliges Dreieck

bilden (S. 21), trifft nur sehr annähernd zu. Überhaupt sind, selbst wenn man

die Möglichkeit überlegter Wiederverwendung alter Blöcke zugibt, doch die

weitaus meisten Steine ohne erkennbaren Symbolsinn verlegt. Aber wie dem

auch sei, die über alles Lob erhabene Grimdlichkeit der französischen Aus¬

gräberschule hat die Notwendigkeit erwiesen, auch beim Aufdecken von

Pflastern imd Fundamenten auf die genaue Verlegung jedes Blockes zu

achten.

Die Verarbeitung des Materials ist so umfassend und gründlich, daß

Forscher der Architektur, Kunst, Geschichte, Religion und Philologie das

Buch bereichert aus der Hand legen.

Hellmut Brunneb, Tübingen

William C. Hayes: A Papyrus of the Late Middle Kingdom in the Brooklyn

Museum (The Brooklyn Museum 1955). 165 S., 13 Taf 4°.

Die „Entdeckungsgeschichte" dieses Papyrus, der in der vorliegenden Publikation zum ersten Mal herausgegeben wird, ist leider kein Sonderfall.

Vor mehr als 60 Jahren irgendwo in Ägypten von einem Liebhaber gekauft,

kam er ,,in 500 bis 600 Fragmenten" 1935 in den Besitz des Brooklyn Muse¬

ums. Doch erst, als 1947 die letzte Erbin des ersten Besitzers gestorben und

die restlichen Papyri dem Museum vermacht worden waren, konnte an die

entsagungsvolle Arbeit des Zusammensetzens gegangen werden. Es ergab

sich, wenn auch mit Lücken, ein Papyrus von 182 cm Länge, dessen Inhalt

für die Verwaltungsgeschichte Ägyptens, wie fiü- die des Rechtswesens von

größter Bedeutung ist. Es ist das außerordentliche Verdienst des Heraus¬

gebers Hayes, dieses wichtige Aktenstück in einer Bearbeitung vorgelegt zu

haben, die als mustergültig bezeichnet werden muß. Dieses Lob gilt gleicher¬

maßen der Lesung des Textes wie seiner Bearbeitung, so daß hiermit eine

sichere Basis geschaffen worden ist.

Der Papyrus ist auf recto wie verso beschrieben und enthält Aktennieder-

Bchriften aus der Zeitspanne vom 10. Jahr Amenemhets III. bis ins 2. Jahr

Sebekhoteps III., also aus einer Epoche von etwa 90 Jahren. Der ursprüng¬

liche Text stellt einen Teil des Strafregisters des Hauptgefängnisses dar, von

dem wir aus anderen Urkimden (Wesirdienstvorschrift) bereits Kenntnis

hatten. Es handelt sich dabei um eine Aufstellung von 76 Oberägyptern, die

sich dem staatlichen Frondienst entzogen hatten (unter ihnen nur eine Frau).

Jedem Namen ist nicht nur die Zugehörigkeit zu seiner Verwaltung (Stadt,

hohen Beamten, Felderverwaltung usw.) beigefügt, sondem auch kurz gefaßt

der Regienmgserlaß über seine Bestrafung mit Anführung des einschlägigen

Gesetzes, sowie endlich kmze Vermerke über Ausführung des Straferlasses

und Abschluß des Falles.

Zwischen diesen Listen sind drei spätere Urkunden eingestreut, von denen sich zwei (eine ist zu zerstört) als Abschriften königlicher Dekrete zu erkennen

geben: Das erste behandelt die Verhaftung eines Angestellten des großen

Gefängnisses, das zweite die Überweisung der Sklaven des Verhafteten an

den Sohn des Mannes, dessen Anzeige zur Verhaftung geführt hatte. Auf der

Rückseite des Papyrus folgt dann die Liste dieser Sklaven, unter ihnen eine

große Anzahl Asiaten. Als letzte Eintragung folgen Bemerkungen bzw.

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Urkunden, die mit großer Wahrscheinhchkeit die Schenkimg der genannten Sklaven an die Gattin des neuen Besitzers registrieren.

Bereits diese kurze Aufzählung des Inhalts läßt ahnen, welche Fülle an

neuem Material in diesem zunächst so trocken erscheinenden Aktenstück

enthalten ist. Hier haben wir königliche Dekrete, eine Schenkungsurkunde,

Anführimg von Gesetzesparagraphen, Bestrafmigsnotizen — alles Material,

das unsere Kenntnis der ägyptischen Rechtspflege entscheidend vergrößert.

Zahlreiche Verwaltungen werden genannt, die Aufzählung der geflüchteten

Fronarbeiter läßt neue Einblicke in die soziale Schichtung der Bevölkerung zu, die zahlreichen asiatischen Namen werfen ein neues Licht auf die syrischen

Verhältnisse. Alle diese Einzelpunkte werden von Hayos eingehend und unter

Heranziehung allen vorhandenen Materials besprochen; icb weise nur hin

auf die Behandlung des ,, Gefängnisses" (S. 36), des ,, Büros dessen, der die Leute verteilt" (S. 54), der hbsw-Felder (S. 28), oder auf die Zusammen-

stellmig der Nennungen von Gesetzen (S. 52), die Untersuchungen über die

ägyptischen und semitischen Personennamen (S. 90ff.), wobei er sich für die

semitischen Namen auf eine Arbeit Albrights stützen konnte. Auch die auf

die Tätigkeit der Sklaven weisenden Titel werden eingehend untersucht

(S. 105ff.).

In diesem Zusammenhang soll nicht auf EinzeUioiten eingegangen werden,

bei denen ich das Material anders interpretieren zu müssen glaube (Frage der angeblichen drei Landesteilverwaltungen (w'r.t), sei als Beispiel genannt);

das soll an anderer Stelle geschehen. Ich möchte nur auf einen Punkt hin¬

weisen, der für die Beurteilung der Stellung der flüchtigen Fronarbeiter von Bedeutung ist. Sie werden in verschiedener Weise bezeichnet : als Bewohner von Orten, als zugehörig zu hbsw-Feldem. verschiedener Dörfer, als „Söhne"

von Beamten (ob Pächter 1) und als unterstehend den Felderschreibern von

Metropolen. Hayes meint nun im Hinblick auf die zuletzt genannten Leute :

"it leaves little room for doubt that these people had, before running away, been employed in "the fields", probably as ordinary farmhands". Ein Ver¬

gleich mit den Angaben des Pap. Wilboub macht es mir aber wahrschein¬

licher, daß es sich hier um die Verwaltung der ,, Felder Pharaos" handelt, die an „Private" aufgeteilt sind, unter denen sich Soldaten, Hirten, Imker usw.

befinden. Es handelt sich also doch eher um ,, Freie", die neben ihren Steuer¬

abgaben auch noch eine bestimmte Zahl von Tagen Frondienst leisten müssen,

als um Landarbeiter, die einfach von einem Einsatz zum anderen geschickt

wm'den. Für letztere wäre die dauernde Versetzung zur Feldarbeit ja auch

keine Strafe.

Und noch ein weiterer Punkt dürfte eines Hmweises wert sein: Können

wir es als ein Zeichen einer wirtschaftlichen wie sozialen Krise ansehen, daß

damals am Ende des M. R. so zahlreiche Leute ihren Besitz und ihre Familie

aufgeben, um einem Frondienst zu entgehen, dessen genaue Art allerdings

nicht angegeben ist, von dem aber nur erkennbai' wird, daß er zeitlich be¬

grenzt war ? Dabei liefen sie Gefahr, zur lebenslänglichen Zwangsarbeit ver¬

urteilt zu werden, wenn sie — was anscheinend meist eintrat — eingefangen

wurden. Danach scheint es doch so zu sein, daß die Einberufung zum Fron¬

dienst die wirtschaftliche Grundlage einer Familie so erschütterte, daß man

ein Ende mit Schrecken vorzog. Die Parallele mit der Flucht der Staats¬

pächter der römischen Zeit vor den unerträglichen Zwang des Staates drängt

sich auf. Sollte etwa in der wirtschaftlichen Erschütterung des Landes, die

wir hier ahnen können, einer der Gründe für das eigenartige Bild zu suchen

1-2 ZDMG 108/1

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178 Bücherbesprechungen

sein, das uns die 13. Dyn. gibt, in der nach allem, was wir wissen, die Ver¬

waltung einwandfrei arbeitete, auch die Einheit des Staates — wie Hayes so

glücklich hat nachweisen können (JNES 12, 33ff.) — gewahrt blieb, aber daa

Königtum eine eigenartige Schwäche zeigt, die Hayes (S. 147/8) an ein Wahl¬

königtum denken läßt. Besonders das Fehlen aller großen Bauunternehmen

könnte daraus erklärt werden, daß man einfach nicht mehr zum Frondienst

ausheben konnte, wenn man nicht das wirtschaftliche Gefüge gefährlich

stören wollte. Diese Gefahr mußte aber dann auftreten, wenn der Frondienst besonders jene Schicht von „Freien" traf, die als Soldaten, Hirten, Imker usw.

dem Staat dienten imd dafür zum Unterhalt Felder erhalten hatten, durch

die Einberufung aber an der ordnungsgemäßen Bestellung gehindert wurden.

Auf manche Frage könnte noch hingewiesen werden, die bei der Lektüre

des Textes auftaucht, so etwa, ob eine Verbindung zu ziehen ist zwischen der

auffallend hohen Zahl syrischer Sklaven und der späteren Hyksosherrschaft ?

Wo kommen eigentlich diese Syrer her, da wir doch von Kriegszügen der

Könige der 12. Dyn. nach Asien nicbts wissen? Es kann abschließend nur

erneut betont werden, daß uns mit dem Pap. Brooklyn 35. 1446 ein äußerst

wichtiges Dokument zur Kenntnis des Mittleren Reiches bekannt gemacht

wurde in so gründlicher, verständiger und kenntnisreicher Weise, daß die

Publikation dm'ch Hayes nm- als vorbildlich zn bezeichnen ist.

Wolfgang Helck, Hamburg

Uvo Hölscher: Post-Ramessid Remains (Oriental Institute Publications

Vol. LXVI = The Excavation of Medinot Habu Vol. V) Chicago 1954.

XIV, 82 S., 106 Textabbildungen, 48 Tafeln. $25. 30x40 cm.

Die Veröffentlichung der Ausgrabung des Tempelbezirks von Medinet

Habu, die im Rahmen der vom Oriental Institute der Universität Chicago

durchgeführten Gesamtuntersuchung von Hölscher 1927—1933 geleitet

worden ist, findet in dem hier anzuzeigenden vierten Textband ihren Ab¬

schluß. Der Band, der dem vorletzten verhältnismäßig schnell gefolgt ist',

befaßt sich in zwei Hauptabschnitten mit den Bauwerken und Einzelfimden

aus naohramessidischer Zeit bis ans Ende der koptischen Bewohnung des

Tempelbeziiks im 8. oder 9. Jahrhundert n. Chr. Es sind also die Festatel-

lungen, die in umgekehrter Reihenfolge zu Beginn der Ausgi-abung gemacht

worden sind, die im Schlußband in der bei Hölscher gewohnten Gründlich¬

keit und Genauigkeit vorgelegt werden.

In spätramessidischer Zeit scheint Medinet Habu das Verwaltungszentrum

für die thebanische Nekropole geworden zu sem und Garnison für eine Poli¬

zeitruppe, die diese Nekropole zu bewachen hatte. Nach der Zerstörung des

Westtores, der westlichen Umfassungsmauer und des äußeren Tempelbezirks

am Ende der 20. bis Anfang der 21. Dynastie, die anscheinend den Kult im

großen und im kleinen Tempel nicht ganz zum Erlöschen gebracbt hat, hat

mit Pinudjem I. eine neue Bautätigkeit begonnen. In den 1. Pylon ist ein

Doppeltor eingesetzt worden, die Umfassungsmauer wurde, wenn auch üi

geringerer Dicke, wiederhergestellt, und der äußere Tempelbezirk wurde mit

kleinen Wohnbauten regellos angefüllt. Unter den letzteren ist das sicher

datierbare Haus des Butehamun, der durch seine Beteiligung an der Wieder¬

herstellung der von Grabräubern ausgeplünderten Mumie Ramses' III. von

anderen Denkmälem her bekannt ist. Hölscher nimmt an, daß diese Mumie

1 s. ZDMG 103 (1953) 203—5.

(10)

und andere Königsmumien in Medinet Habu als Sitz der Nekropolenverwal-

tung wiederhergestellt worden sind, weil hier eine Reihe von Objekten aus

Königsgräborn gefunden worden sind.

In der Zeit der 22.—24. Dynastie ist die Umfassungsmauer auf der Nord¬

seite verstärkt worden, ferner sind neue Wohnbauten entstanden, noch plan¬

loser an verwinkelten engen Gassen errichtet. In diese Zeit gehört das Grab

des Oberpriesters und Königs Horsiese, des thebanischen Mitregenten

Osorkons II. Es wurde, ziemlich bescheiden aus Werkstein errichtet, südlich

vom kleinen Tempel der 18. Dynastie aufgefunden, eingebaut zwischen ältere

Bauteile. Der in den Boden der Grabkammer versenkte Sarkophag gehörte

ursprünglich einer Tochter Sethos' I., Henutmire, der Deckel wurde für

Horsiese neu angefertigt. Außer einem vielleicht zugehörigen Schädel sind

verworfen Uschebtis und vier Kanopenkrüge ohne Deckel mit den Namen des

Horsiese gefimden worden. Doch ich glaube nicht, daß diese Krüge in den

vier seitlichen Wandnischen gestanden haben, wie Hölscher vorschlägt.

Die Nischen enthielten eher eine Vorrichtung zum schwebenden Aufhängen

des Sargdeckels vor der Beisetzung und zum Herablassen des Deckels nach

der Beisetzung ; dazu gibt es Parallelen.

In der 25. und 26. Dynastie sind wieder Wohnhäuser errichtet worden,

unter denen einige größere im inneren Tempelbezirk seltsame Grundrisse

haben; leider ist von ihnen kaum mehr erhalten als Fundamente. Wichtig

sind aus dieser Zeit vor allem die Grabkapellen der ,, Gottesweiber des

Amun" von Sohepenupet, Tochter Osorkons III., bis zu Anchnes-Neferibre, Tochter Psametiks II. Sie sind an der vom ,, Hohen Tor" nach dem großen

Tempel führenden Prozessionsstraße errichtet, die Front dieser Straße zu¬

gekehrt. Sie haben zweifellos am Kult im Tempel irgendwie teilgenommen,

der in der Äthiopenzeit im Totentempel Ramses' III. als größtem Amuns-

tempel der thebanischen Westseite nur ein reiner Amimskult gewesen sein

kann. Hölscher hat diese Grabbauten, unter denen der Grabbau der

Amunirdas in Form und Ausführung hervorragt (Titelbild), bis in die Funda¬

mente hinein freigelegt, ist bis in alle Einzelheiten ihrer Baugeschichte ein¬

gedrungen und hat das Ergebnis in Wort und Zeichnungen ausführlich dar¬

gestellt. Er irrt jedoch, wenn er die Gewölbe in diesen Grabbauten als die

ältesten bisher bekannten ägyptischen echten Steingewölbe ansieht, denn

schon ira Grabe des Wesirs Hebsed-Neferkarö in Saqqara-Süd aus der

6. Dynastie* gibt es ein echtes Steingewölbe (mit radialen Fugen) von 1,50 m

Spannweite und 3,20 m Länge ; dieses Vorkommen ist jedoch ohne Einwir¬

kung auf die Entwicklung der ägyptischen Bautechnik geblieben.

Aus der Zeit der 27.—30. Dynastie sind nur wenige Reste festgestellt

worden. Sie liegen alle um den kleinen Tempel, der Kult im Totentempel

Ramses' III. scheint in dieser Zeit eingestellt gewesen zu sein. Nördlich vom

kleinen Tempel hat Nektanebos II. einen monumentalen Brunnen angelegt

für Kultzwecke und für die Versorgung eines Wohnquartiers, von dem spär¬

liche Reste festgestellt worden sind.

Aus ptolemäischer Zeit ist außer den bedeutenden Bauteilen am kleinen

Tempel nicht« von Belang erhalten. Dieser Tempel bleibt auch in römischer

Zeit Kultzentrum einer Ansiedlung, die teils innerhalb der erneut wieder¬

hergestellten Umfassungsmauer, teils außerhalb gelegen hat. Unter den Häu¬

sem dieser Zeit, die meistens arg zerstört sind, gab es solche mit heizbaren

* Jäquier, Le Monument funiraire de Pepi II, Vol. III p. 56 Fig. 58.

12»

(11)

180 Bücherbesprechungen

Baderäumen. Vom einstigen Umfang der Ansiedlung römischer Zeit gibt der

zugehörige Friedhof eine Vorstellung, der auf dem Gelände des völlig ab¬

getragenen Totentempels der Eje-Haremhab angelegt worden ist. Die größe¬

ren Gräber bestanden in der Mehrzahl aus quadratischen, 1,50 m bis 2,20 m

in den Boden eingetieften Gruben mit Seitenlängen von 2,50 m bis zu 5 m,

die mit Stutzkuppeln überwölbt waren. Die Toten wurden durch einen seit¬

lich angefügten Schacht eingebracht und ruhten auf flachen gemauerten

Sockeln. Am Oberbau stand ein kleiner quadratischer Altar für Opfergaben.

Der Friedhof ist von der Mitte des 3. Jahrhunderts bis ins 5. Jahrhundort hinein benutzt worden.

Die lebendigste Vorstellung von späterer Besiedlung und Benutzung des

Tempelbezirks von Medinet Habu hat Hölscher aus den Uberresten der

koptischen Stadt Jeme gewonnen und dargestellt. Von dieser Stadt, deren

Häuser und Gassen den ganzen Tempelbezirk und beide Tempel ausfüllten,

auf den Resten der Umfassungsmauer standen und stellenweise über diese

hinausgriffen, hat ein am Ende des letzten Jahrhunderts durchgeführtes

diblaiement den weitaus größten Teil zerstört, ohne daß eine zeichnerische

Aufnahme gemacht worden wäre. Hölscher hat das System der überaus

engen Gassen für den Teil nördlich und westlich zwischen dem großen Tempel

und der Umfassungsmauer rekonstruieren können. Seine Pläne und Ergän¬

zimgen einer Beihe besser erhaltener mehrstöckiger Häuser mit oft merkwür¬

digen Einzelheiten vermitteln eine gute Vorstellung von den engen Wohn¬

verhältnissen dieser Stadt. Als ihr Mittelpunkt hat die große Kirche zu gelten,

die in den zweiten Hof des Tempels Ramses' III. eingebaut war. Ihren Plan

hat schon Monnebet de Villabd nach Photographien, die vor dem deblai-

ement gemacht worden waren, und nach Spuren im Hof selbst rekonstruiert.

Hölscher, der an diesem Grundplan nur wenig geändert hat, hat auf Grund

der Einarbeitungen in die Säulen, Pfeiler und Wände des Hofes auch den

Aufbau der Kirche wiederhergestellt, die eine fünfschiffige Basilika mit

dreiseitig umlaufenden Emporen war. Eine wesentlich kleinere Kirche stand

im Wohnquartier vor dem Osttor des Tempelbezirks, eine noch klemere im

Wohnquartier über dem Eje-Haremhab-Totentempel.

Die im zweiten Hauptabschnitt veröffentlichten Funde umfassen Archi¬

tekturteile, Herz-Skarabäen, Siegel und Siegelabdrücke, Metallgefäße,

Schmucksachen, Metallwerkzeuge, Tonlampen, Fayence- und Glasgefäße.

Den Beschluß macht ein Katalog der aus den verschiedenen nachramessidi-

schen Schichten geborgenen Tongefäß-Typen, die beschrieben, datiert und

auf zwei Falttafeln abgebildet worden sind. Über hundert Textabbildungen

und viele Tafeln unterstützen das geschriebene Wort, Verzeichnisse des In¬

halts und der Abbildungen sowie ein Index erleichtern die Benutzung des

Bandes, von dem man fast bedauert, daß er der letzte ist.

Obwohl nur von den odds and ends einer großen Ausgrabung die Rede ist,

aus denen nur wenige Bauten und Fimde ihrer Bedeutung nach hervorragen, so vermittelt Hölschers systematische Darstellung ein ungemein lebendiges

Bild vom Nachleben eines riesigen Tempelbezirks, vom Verlöschen des ur¬

sprünglichen Kults, vom Einnisten fremder Zweckbestimmungen, vom prak¬

tischen Verbrauch der substanziellen Überreste bis zu dem Zustande, in dem

der Ausgräber die Ruine zu Beginn seiner Tätigkeit vorfindet. Hölscher und

seinen Mitarbeitern sei hier für die unübertreffliche Dm-chfübrung ihrer Auf¬

gabe gedankt, dem Oriental Institute für die Möglichkeit zur erstrangigen Veröffentlichung. Die Ungunst unserer Zeit läßt es nicht zu, das Medinet-

(12)

Habu-Werk als Norm für die Darbietung wissenschaftlicher Ergebnisse zu nehmen, wohl aber sollte das der Fall für die Gewissenhaftigkeit der Unter¬

suchimgen sein. Herbert Ricke, Cairo

Wolja Erichsen und Siegfried Schott : Fragmente memphitischer Theologie

in demotischer Schrift (Pap. demot. Berlin 13603). Wiesbaden 1964.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Mainz), Abhandlungen

der Geistes- u. Sozialwissenschaftlichen Klasse Jg. 1954, Nr. 7. 96 S.,

6 Tafeln, 8».

Durch das Zusammenwirken eines hervorragenden Demotikers mit einem

bewährten Interpreten ägyptischer religiöser Texte wird in der vorliegenden

Arbeit ein Schatz ausgemünzt, der bereits 1902 bei Grabungen des Berliner

Museums unter G. Möller in Abusir-el-Meleq gefunden, Jahre später aus

der Kartonage einer Mumie der römischen Kaiserzeit' von H. Ibscher

herauspräpariert und restauriert, dann zum kleineren Teil von W. Spieoel¬

berg bearbeitet worden, für die wissenschaftliche Öffentlichkeit aber bia

jetzt unzugänglich war^. Es handelt sich um vier mehr oder weniger lücken¬

haft erhaltene Kolumnen eines offenbar nicht paginierten imd häufig durch

Zwischenräume gegliederten demotischen PapjTus. Sie sind von der Hand

eines geschulten Schreibers in den Zeichenformen der ausgehenden Ptolemäer¬

zeit geschrieben und in dialektisch nur einmal im Sinne des (faijumischen)

Lambdazismus gefärbten ptolemäischen Demotisch verfaßt. Der auf zwei

Tafeln vollständig beigegebene Text ist von E. zunächst transkribiert und

übersetzt, anschließend nach Schrift- und Sprachproblemen kommentiert

und durch ein Wörterverzeichnis erschlossen worden. Über diesen Teil steht

mir ein Gutachten nicht zu, doch darf ich bemerken, daß er von sachkundiger

Seite als Meisterleistung gerühmt wurde. Welches Verdienst sich E. damit

erworben hat, wird aber sogleich deutlich, wenn man sich seiner Übersetzung

anvertraut und dann anschließend zu Schotts sachlichem Kommentar fort¬

schreitet, der den Inhalt der Fragmente zu bestimmen, d. h. zu gliedem, zu

ergänzen und aus Bekanntem verständlich zu machen versucht. Hier und in

der abschließenden ,, Übersicht", in der Sch. seine (kaum je wörtlich, sondern

nur sinnhaft zu begründenden) Ergänzungen mit dem Erhaltenen zu einem

lesbaren Ganzen vereint, tritt uns ein Text entgegen, der unsere Kenntnisae

ägyptiacher Rehgionageschichte mannigfach und wesentlich fördert. Bei

aller Unsicherheit in zahlreichen Einzelheiten ist doch sicher, daß una eine Schrift vorliegt, die in lehrhafter Form eine Weltentstehungslehre vorträgt, die — unter Einbau von Re und Heliopolis sowie der Achtheit von Hermopolis

und des Gottes auf der Blume — um Ptah und Memphia kreiat. Sie scheint

mit einer Anrufung an Ptah ala dem Protagonisten des Ganzen zu beginnen ;

es folgt die Schöpfungslehre, deren mythische Gehalte anschließend durch

Daten historisiert werden. Dann war wohl ein Gebet an Ptah formuliert (es

ist, wie auch der Anfang, sehr zerstört), dessen Platz an dieser Stelle dadurch

gerechtfertigt sein mag, daß nunmehr von den Existenzbedingungen der

Beter die Rede ist, d. h. von Nil und Getreide. Wenn zum Schluß von den

mythischen Bezügen bestimmter Stätten und Feste gehandelt wird, so zeigt

' Nach Rubensohn-Knatz, ZÄS 41 (1904), S. 13f., wird es sich nicht, wie

E. S. 5, angibt, um eine Mumie aus der Zeit des Augustus, sondem um ein

Exemplar etwa vom Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. handeln.

* z. Zt. ist der Papyrus in Berlin nicht verfügbar.

(13)

182 Bücherbesprechungen

sich die Lehre dadurch offenbar in bestimmte kultische Zwecke um Ptah und

Memphis eingebimden.

Es liegt in der Natur der Dinge, daß der von Sch. mit bewunderswertem Einfiüilungsvermögen erfaßte Text vorläufig viel mehr Fragen stellt, als wir

beantworten können und daß außerdem jeder Mitforscher im einzelnen eigene

Vorschläge machen kann. Mieh hat in erster Linie ein über das bisher bekannte Material hinausführendes Zeugnis für den ,,Gott auf der Blume" angeregt, über den ich etwa gleichzeitig mit der vorliegenden Arbeit eine Monographie schrieb*. Wir lernen, daß man in unserem Falle die Geburt des jungen Gottes

mit einer Schwängerung des lotustragenden Sees durch einen aus den (männ¬

lichen) Urgöttern von Hermopolis entstandenen Stier motiviert hat (2, 5/7).

Seltsam ist die Formulierung in 2, 7; denn die Vorstellung eines ,, Lotus

in Gestalt eines Skarabäus mit (Widder)kopf", aus dem dann der junge

Sonnengott wird — die Hauptgestalt des Gottes auf der Blume^ —, scheint

unvollziehbar. Man möchte an einen Skarabäus usw. auf dem Lotus denken

und die Stelle so interpretieren, daß die Schwängerung durch den Samen

des Stiers nicht zur Neugeburt, sondern zur Verwandlung des ( widderköpfigen) alten Gottes^ in den jungen geführt hat. Dann ist zwar die Weltentstehung

aus dem Lotus ihrer Ursprünglichkeit beraubt, aber das läßt sich aus dem

hier vorgenommenen Einbau in andere Lehren zulänglich erklären. Wir

müssen das jetzt auf sich beruhen lassen. Von grundsätzlicher Bedeutimg

ist der Text als Zeugnis für die Überlieferung ägyptischer Theologie bis vor

die Schwelle der römischen Kaiserzeit; nach Inhalt und (vor allem sprach¬

licher) Form führt er uns auf einen kaum überraschenden, aber höchst will¬

kommenen Seitenpfad abseits der reichen Überlieferung zeitgenössischer

Tempel. Hingewiesen sei noch auf die „(Krüppel)-zwergin" {nm'.t) bei der Lotusgeburt. Ist sie eine Art weiblicher Bes* als Geburtshelfer^ ? Oder hängt

sie irgendwie mit Ptah zusammen, für den damals auch Patäkengestalt über¬

liefert war« ? Auf die Bedeutung des Textes für das Verhältnis von Amun

und Amaunet zur Achtheit, der sie hier als Nr. 9 und 10 hinzugefügt werden

(2, 1), hat inzwischen Kees aufmerksam gemacht'. Die Dokumentation für

mancherlei Fimktionen des Ptah, so seine Rolle als Himmels- oder Totengott,

auch seine mögliche Beziehung zu Hermopolis u. a., kann man sich durch

Zuhilfenahme des von M. Sandman-Holmbero gesammelten Materials in

bequemer Weise reicher gestalten*. Auch manche Dinge, die für den vorlie¬

genden Text an der Peripherie liegen, werden für einschlägige Forschungen

Wert gewinnen, etwa die Hinweise auf Bücher und die Verwendung zahl¬

reicher Wortspiele. Aber wir müssen abbrechen und auf einem Wege inne¬

halten, den eine Rezension doch nicht bis ans Ziel zu gehen vermag. Daß und

wie die Verfasser ihn uns gebahnt haben, ist ein Verdienst, das schwerlich überschätzt werden kann.

Siegfried Morenz, Leipzig

* MoRENz-ScHUBEBT, Der Oott auf der Blume, 1954.

2 op. cit. S. 42ff., 76.

ä Kees, Der Oötterglaube im alten Ägypten, 1941, S. 81, 322.

* Im Sinne von Bonnet, Reallexikon der ägyptiachen Religionsgesehichte, 1952, S. 105.

^ Bes als Geburtshelfer beim Gott auf der Blume: op. cit. S. 57f.

« Vgl. meinen Beitrag Ptah-Hephaistos, der Zwerg = Festschrift für

F. Zucker, 1954, S. 277.

' Oötterglaube^ 1956, S. 493. « The Ood Ptah, 1946.

(14)

Hebmakn Kees : Der Göiterglaube im alten Ägypten. Zweite ergänzte Auflage.

Berlm: Akademie-Verlag 1956. XII u. 501 S., 10 Tafeln. DM 40,—.

Als Kees 1941 seinen ,, Götterglauben" herausbrachte, wurde derÄgypto¬

logie ein neues Standardwerk geschenkt. Wer seither über Fragen ägyp¬

tischer Religionsgesehichte arbeitete, bediente sich fast zwangsläufig für

kurze oder längere Strecken der Wege, die Kees geebnet hatte. Wenn auch

ein kleiner Teil der ersten Auflage im Krieg vernichtet wurde, so ist doch die

Notwendigkeit einer zweiten nicht dadurch, sondern aus dem Rang des

Werkes und einem imverminderten Bedürfnis danach zu erklären. Da das

Buch bei seinem ersten Erscheinen in unserer Zeitschrift ausführlich bespro¬

chen wurde (97 [1943], S. 345/50: A. Hermann) und es sich jetzt nur um

einen unveränderten (photomechanischen) Nachdruck handelt, dem freilich

20 Seiten „Nachträge imd Verbesserungen" beigegeben sind, dürfen wir ims

heute mit einer kurzen Anzeige begnügen. Um das bereits rezensierte Buch

meinerseits wenigstens prinzipiell zu kennzeichnen, d. h. zu sagen, was es

ist und was es nicht ist, möchte ich auf den einzigen bemerkenswerten Fehler

hinweisen, der diesem aus souveräner Kenntnis oft spröder Materialien

gestalteten Meisterwerk m. E. heute wie damals anhaftet: Es trägt eine

falsche Überschrift. Denn vom Götter g 1 a u b e n , also vom frommen Verhältnis des Ägypters zu seinen Göttern, ist darin allenfalls beiläufig und fast unab¬

sichtlich die Rede; dagegen werden die Götter und Göttervorstellungen in

musterhafter Methodik analysiert und historisch durchverfolgt sowie die

dominanten Züge der Götterlehren aus verwirrendem Detail zu faszinierender Ordnung geklärt. Ein treffender Titel wäre also : Götter, Göttervorstellungen und Götterlehren im alten Ägypten*.

Weil das so ist und weil sich am Charakter des in sich wohlbegründeten

Ganzen nichts ändern konnte noch sollte, wird man unter den Nachträgen

alles das nicht suchen dürfen, was auf Götterglauben im strengen Wortsinn

hinzielt, also etwa Junkers entsprechendes Bemühen in seiner Pyramiden¬

zeit (1949) oder Driotons mancherlei diesbezügliche Beiträge, z. B. Amon,

Befuge du coeur (ZÄS 79 [1954], S. 3ff.). Freilich bleiben auch die spezifischen

Götterfunktionen in gewissen kosmogonischen Bezügen, die damals nur am

Rande zur Kees'schen Konzeption gehörten, jetzt unberücksichtigt, so die

in meinem Gott auf der Blume dargestellten (und jetzt von Anthes, ZÄS 80

[1955], S. 81ff. weiterbeliandelten) Sachverhalte. Was dagegen an Quellen

und Literatur in die alten Kees'schen Problemkreise hineingehört, ist zum

Gewinn des Ganzen in Fülle verzeichnet ; vermißt habe ich nur einen Hinweis

auf die aufschlußreiche und für das theologische Denken so bedeutende

Untersuchung A. de Bucks: Plaats en betekenis van Sjoe in de egyptische

Theologie (Meded. Nederl. Akad. Nr. 10, Nr. 9, 1947). Wenn der Schwerpunkt der Nachträge, nicht zuletzt durch Modifizierung früherer Formulierungen auf der Frühzeit („Reichseinigungszeit") liegt, so ist das offensichtlich weniger auf ein besonders starkes Angebot an neuen Materialien oder Neuerscheinun¬

gen als vielmehr darauf zurückzuführen, daß man hier in ungewöhnlichem

* Stärke und Schwäche der Kees'schen Position besteht bei alledem darin,

daß, um mit Jacob Burckhardts Weltgeschichtlichen Betrachtungen zu

reden, zwar „die Religion in ihrer Bedingtheit durch den Staat" hervor¬

ragend dargestellt, aber ,,der Staat in seiner Bedingtheit durch die Religion",

d. h. die Religion als Potenz von eigener Gesetzlichkeit und Prägekraft nur

selten (etwa bei Osiris) ins Auge gefaßt ist.

(15)

184 Bücherbesprechimgen

Maße auf ün emzelnen noch wandlimgsfähige Rekonstruktionen angewiesen

ist.

Man wird über den Kreis der Ägyptologen weit hinaus Verfasser und Verlag Dank dafür wissen, daß sie das unentbehrliche Werk wieder käuflich gemacht

und dabei in bequemer Form auf die Höhe der Zeit gebracht haben.

Siegfbied Mobenz, Leipzig

Alfbed Hebmann: Rilkes Ägyptische Gesichte. (Symposion. Jahrbuch für

Philosophie IV, S. 367/461). Freiburg — München: Karl Alber. 1955.

Das Jahrbuch ,, Symposion" beschließt seinen vierten Band mit einem

umfang- und gehaltreichen Beitrag A. Hermanns über die Bedeutung

Ägyptens für Leben und Werk des Dichterphilosophen R. M. Rilke'. Je weiter

die alte Nilkultur in den Bildungshorizont der Gegenwart einrückt, umso

nötiger wird es, sich über die Erforschung ihrer Erscheinungswelt hinaus

auch mit der Rolle zu befassen, die sie für das Denken und Schaffen Europas

gespielt hat. Das kann in der Betrachtung eines ganzen Saohbereiehes wie

der bildenden Kunst geschehen, wobei auf das (leider von mir selbst) noch

nicht herausgegebene Werk des 1946 verstorbenen Ludwig Volkmann über

die Ägypten-Bereitschaft der europäischen Kunst verwiesen sei. Es kann sich

aber auch auf ein bestimmtes Werk konzentrieren, wie die — trotzdem freilich

bewußt weiter ausgreifende — Arbeit von R. Enking über den „Apis-Altar

J. M. Dinglingers" oder mein Büchlein über das Libretto der „Zauberflöte"-.

Es kann endlieh auf eine bestimmte Persönlichkeit hinzielen, und das ist

in dem hier anzuzeigenden Beitrag der Fall, in dem der Verfasser seine

germanistischen und literaturwissenschaftlichen mit seinen ägyptologischen

Kenntnissen und das handwerkliche Rüstzeug insgesamt mit einer ungewöhn¬

lichen Liebe zum Gegenstand glücklich vereint hat.

Es ist unmöglich, die Fülle der in einer wohl sachbedingt schwierigen

Diktion formulierten Probleme und Gedanken hier einzufangen. Doch seien

wenigstens einige Fakten herausgehoben : Rilke besuchte 1911 Ägypten, frei¬

lich unter unglücklichen Umständen, aber mit Tiefenwirkung aufweite Sicht.

Er besaß einige ägyptologische Bücher und kannte die ägyptischen Samm¬

lungen im Louvre und in Berlin. Werke der Amamazeit faszinierten ihn, die

bunte Nofretete lernte er allerdings nur durch Abbildungen kennen. Persön¬

lich begegnete er F. W. von Bissing und G. Steindoeff. Bei dem letzteren

hat er auoh, ebenso wie in Paris und in Berlin (bei Ebman), zu studieren

erwogen; beinahe hätte er Steindorff sogar zu den Grabungen in das nubische Aniba begleitet. Die letzte Frauengestalt, die (kurz vor seinem Tode) in sein Leben trat, war eine Ägypterin — Ninet Eloui, „eine nofretetehafte Erschei¬

nung von strenger Schönheit."

Rilke hat Ägypten in Landschaft und Kultur als eine zwingende Lebens¬

macht empfunden, die sich in seinen Briefen und Prosaschriften weit stärker

zur Geltung brachte als in seinen Gedichten. Das mit Abstand größte der

' Der übrige Inhalt betrifft den Orientalisten nicht: W. Veauthiee,

Analogie des Seins und ontologische Differenz ; J. Petebs, Grenze und Überstieg

in der Philosophie des Nikolaus von Cues; H. Laubin, Hölderlin und das

Christentum. 2. Teil; H. Kbings, Das Prinzip der Existenz in Schellings

„Weltaltem" ; W. Rehm, Stifters Erzählung „Der Waldgänger".

^ Leipziger Ägyptologische Studien 11, 1939 bzw. Münstersche Forschun¬

gen 5, 1952.

(16)

hier in Betracht kommenden, „In Karnak wars", formt 1920, also nach

9 vollen Jahren, endlich das eigene Reiseerlebnis. Die gewaltige Natur des

Landes (Nilstrom imd Wüste), das Objektive seiner Kultur, das

Verhältnis zum Tiere als dem Unbewußten und zugleich Andersartigen, die

Stellung zum Tode, der eüierseits („richtig") als Halbschale der Lebens¬

kugel im Bewußtsein gehalten, dem aber anderseits („falsch") durch Bewah¬

rung der individuellen und irdischen Form begegnet wird, schließlich die

Angst und ihre Überwindung (oder Übertönung) durch Magie — das sind

die Dinge, die Rilke seiner Art nach fesselten und in deren Kreise sich seine

mehr oder weniger intuitive Begegnung mit Ägypten vollzog.

Daß solche Begegnung — trotz offenkundiger Ansätze (s. o.) — eine

menschliche und eigenwillige, aber keine wissenschaftliche war, versteht sich von selbst. Daß Rilke seine Vorlagen, sei es mit oder ohne Irreführung durch

(falsche) Deutungen der Gelehrten, bei der Anverwandlung völlig umwan¬

delte, wie in der Nachdichtung einer Ptahhotepstelle bzw. in den Versen über

Anubis und das Totengericht, braucht nicht zu besagen, daß seine Sicht

Ägyptens nicht anderwärts echte und darum auch allgemein bemerkens¬

werte Gehalte erschlösse. Dennoch komme ich um die Annahme nicht herum,

Rilke habe sich bei seiner Ägypten-Begegnung in den schlechthinnigen

Kontrast zu sich selbst verhakt. Daher möchte ich den Untertitel, den H.

seiner Untersuchung gab: „Ein Versuch wechselseitiger Erhellung von

Dichtung und Altkultur" zugunsten weiterer Klärung in Frage stellen.

Denn hier liegen die Dinge doch ganz anders als etwa bei dem Wechsel¬

verhältnis zwischen der klassischen Freimaurerei als dem Nährboden der

,,Zaubei'flöte" und der Welt der hellenistischen Mysterien, die einander in

Kongenialität entsprechen' und sich darum auoh gegenseitig zu erhellen

vermögen. Offenbare Gegensätze aber können das nur dann, wenn man ihr

,,wahr Verhältnis" ganz in die Rechnung stellt. Doch dazu müssen andere

das Wort nehmen, denn ich verstehe nichts von Rilke, weil seine Welt von

der meinen weitab liegt.

Siegfried Morenz, Leipzig

Walter C. Till : Koptische Grammatik {Saidischer Dialekt). Mit Bibliographie,

Lesestücken und Wörterverzeichnissen. Leipzig: Harrassowitz 195ö. 360 S.

2 Tafeln, 8". 38,— DM.

Die Pflege der Koptologie krankt in Deutschland daran, daß man sich

nicht entschließen kann, sie aus ihrer Stellung als Anhängsel der Ägyptologie

zu befreien und ihr, bei aller Rücksicht auf den Zusammenhang mit der

bevorzugten Partnerin, eine selbständige Position zu geben'. Dabei zeigt

selbst die koptische Sprache, das eigentliche Bindeglied zwischen dem vor-

und dem nachchristlichen Ägypten, zugleich eine so starke Verpflichtung an

die hellenistische Welt, daß es hohe Zeit wird, dem besonderen Charakter

des nachchristlichen Ägjrptens wissenschaftstechnisch Rechnung zu tragen.

Wir werden sonst kaum Aussicht haben, mit der westeuropäischen Forschung

einigermaßen Schritt zu halten. Einer der ganz Wenigen, die den bedrohten Anschluß heute noch wahren, ist Walter Till, der freilich seit Jahren bezeich¬

nenderweise nicht in seinem Vaterlande, sondem beim Department of Coptic

' Vgl. meine Zauberflöte, S. 12 f.

* Ein entsprechender Antrag Berliner und Leipziger Sachverständiger

an das zuständige Staatssekretariat harrt seit Jahren der Erledigung.

(17)

186 Bücherbesprechungen

Studies der Universität Manchester tätig ist. Als Editor und Interpret

koptischer Texte aller Genera sowie als Verfasser zahlreicher Aufsätze zu

Fragen der koptischen Grammatik und auch in Forschimg und Unterricht

bewährter Grammatiken selbst' vielfach erprobt, legt er jetzt als Frucht

jahrelangen Forschens eine neue, auf den saidischen Dialekt orientierte

koptische Grammatik vor. Als deren Rezensent habe ich vor allem die Pflicht, einige Einwendungen zu maehen. Zuvor aber sei festgestellt, daß die Arbeit unbestreitbare Vorzüge besitzt: 1. Sie ist auf der Höhe der Zeit und erlaubt

es durch die Beigaben zahlreicher Anmerkimgen sowie dank einer aus der

Fülle vielseitig auswählenden Bibliographie dem Leser, die bezogenen

Positionen stets zu prüfen und sich selbst näher ins Bild zu setzen; dabei

wird oftmals spürbar, daß der Verfasser auf Grund umfassender eigener

Vorarbeiten aus dem Vollen schöpfen kann. 2. Die pädagogische Aufgabe ist

trotzdem nicht aus dem Auge verloren; das Werk wird sich daher voraus¬

sichtlich für den Lehrbetrieb eignen und, mindestens als notwendiges Korrek¬

tiv zu bereits eingeführten Lehrmitteln, durchsetzen. 3. Die Lesestücke sind

neuartig und wohlüberlegt zusammengestellt und führen in ihrer Rücksicht

auf alle wesentlichen Textgenera dem Lernenden ein getreues Spiegelbild

der koptischen Literatur vor; außerdem befreien sie den Lehrer bis auf

weiteres von Stücken, deren er durch übermäßiges Wiederholen überdrüssig

geworden ist. Auch auf den trefflichen Abschnitt „Zeitangabe" (§§ 176/82) sei ausdrücklich hingewiesen.

Was mich etwas enttäuscht hat, und damit komme ich zur Kritik, sind die

einleitenden Paragraphen. Hier bleibt das Bild des Koptischen als sprach¬

licher Erscheinung doch recht farblos. Die bewegenden Phänomene der

Fixierung ägyptischer Sprache in einer Alphabetschrift und ihrer Vorge¬

schichte (mit dem Problem der ,, Orthographie"), der Normierung eines eben aktuellen Laut- und Sprachbestandes wohl unter Regulierung durch Gelehrte,

damit verbunden die Hellenisierung des Ägyptischen als Problem und in

ihren Erscheinungen, das Für und Wider in Bestimmung und Lokalisierung

der Dialekte — das alles kennt der Verfasser natürlich aufs gründlichste,

aber er sagt es entweder gar nicht oder weiß es nicht recht lebendig und

plastisch zu machen. Ich stand bei Abfassung der Rezension gerade vor den

nämlichen Dingen, da ich „Das Koptische" für das „Handbuch der Orien¬

talistik" in seinen Grundzügen darstellen mußte, und kenne die Schwierig¬

keiten ; ob es mir besser gelungen ist, mit ihnen fertig zu werden, kann ich natürlich nicht sagen. Außerdem einige Einzelheiten: Die Form ,, Koptisch"

auf die Araber zurückzuführen, ist zwar eingebürgert, aber imhaltbar

angesichts der Tatsache, daß das Wort „Ägyptisch" nach Ausweis zweier

Talmiidstellen schon im 2. Jahrhundert n. Chr. seinen Anlaut verloren hatte".

Die Datierung eines ,, Beginns" o. ä. des Koptischen ins 3. Jahrhundert (§§ 1 u. 6) täuscht eine Sicherheit vor, die nicht besteht; Irenäus setzt schon

um 180 n. Chr. ein Alphabet von 30 Buchstaben, also doch offenbar das

koptische, als bekannt voraus^. Dem Studierenden müssen solche unbe¬

quemen Tatbestände beizeiten vorgesetzt werden, damit er nicht daran

' Achmimiach-Koptische Grammatik, 1928; Koptische Dialektgrammatik, 1931.

''n^üD''): Schabbäth 115a u. Megilla 18a, vgl. überdies schon Erman,

ZÄS 35 (1897), S. 109, freilich ohne Hmweis auf unsere Frage.

3 Lefort, Chr. d'% 12 (1931), S. 321.

(18)

gewöhnt wird, voreihg Dogmen hinzunehmen. Für die Schriftgeschichte dürfen Materiahen nicht unerwähnt bleiben, die eine Verwendung griechischer

Schrift für ägyptische Sprache schon im 3. und 2. Jahrhundert vor Christus bezeugen'.

Auch zur Grammatik selbst darf ich einiges anmerken : § 25: Die Frage

des von Till sog. Vokalstriches ist nooh unentschieden ; der Benutzer mache

sich also mit der reichlich angemerkten Literatur, besonders Polotsky (der

mir Recht zu haben scheint), bekannt. § 26: Für Abkürzungen gab ich in¬

zwischen eine knappe Genesis des Sachverhalts: ZÄS 79 (1954), S. 139.

§ 30: Da der Verfasser das Koptische mit Recht gegen die einseitig histo¬

rischen Perspektiven in Schutz nimmt und diesbezüglich die Anwendimg

des Wortes ,, Verfall" in seiner Geltung bestimmt und begrenzt", wäre es gut, wenigstens die herkömmlich mit gelehrter Schonung „Metathesis" genannte

Entstellung von Wörtern sprachgeschichtlich ohne Einschränkung als Verfall

zu kennzeichnen. § 33: Welche Erklärung gibt es im Rahmen der mir im

übrigen plausiblen Auffassung des Verfassers für Formen wie TO)03B6,

TUHBe etc. (im Unterschied zu BCDCDN usw.) ? db' bzw. db' müßte bei ein¬

facher Metathesis doch als TCDCDB bzw. TIIHB erscheinen. Ist es denkbar,

daß das auslautende 6 von der Wortgestalt vor der Methathesis herrührt,

in der Wortform also zwei Entwicklungsstufen vereint waren ? §§ 300,305

(boh.), 320,346,409: Für die Formen Rfip bzw. MtlCDp, MflXTe^ und

(boh.) Mtl AM muß im Zusammenhang mit ihrer Genesis ein Hinweis auf den

labialen Sproßlaut zwischen M und Aleph gegeben werden; ich glaube den

Laut schlicht damit erklären zu körmen, daß hier eine ältere sprachliche

Realität bei der Fixierung des Koptischen ins Schriftbild einbezogen wurde

(Näheres im ,, Handbuch"). § 312: Entsprechendes gilt für die Nasalierung

des Dentals in O^XMTeM. § 311: Die Bezeichnung von TXfeM als Finahs

sollte man mit Steindorff, Lehrb. der kopt. Gramm., § 352/4, durch con-

junctivus futuri ersetzen (vgl. inzwischen auch Lefort, Le Musöon 1956,

S. 211). § 462: „Satzarten" (zur Terminologie vgl. § 241) sind nicht der Ober¬

begriff für die nachfolgend aufgezählten Gebilde.

Was endlich das Pädagogische anlangt, so würde ich prinzipiell empfehlen,

dem Lemenden mehr Paragraphen (durch*) zur Durcharbeitung anzuraten,

sowohl für den elementaren Wortschatz (etwa §§ 209ff.) als auch für die

Syntax (etwa §§ 447ff.). Die Formenreihen der Präfixkonjugation, die auf

S. 239ff. übersichtlich zusammengestellt sind, sollte man jeweils auch den

Paragraphen beigeben, in denen sie behandelt werden. Nicht selten ist die

Diktion, etwa infolge des an sich lobenswerten Strebens nach Kürze und

gleichzeitiger Erfassung aller Möglichkeiten, recht schwer verständlich

(z. B. § 418 Anfang). Terminologische Neuerungen begrüße ich, soweit sie,

wie der „Adverbialsatz" (§ 241, 249flf.), für den Bereich des Koptischen

sachlich gefordert sind. Ob aber z. B. mit der Ausbürgerung des status

conatraotus etwas gewonnen wird, bezweifle ich.

^ J. Vergote in der Besprechung von Steindorffs Lehrb. der kopt. Gr. :

BiOr. XI (1954), S. 103; dazu kommt Pap Hamburg 627 — Näheres in

meinem Beitrag zum ,, Handbuch".

» Bes. Orientalia 23 (1954), S. 154.

(19)

188 Bücherbesprechungen

Das alles sind aufs Ganze gesehen Kleinigkeiten, z. T. sogar Fragen der

Auffassung. Sie können die Wertschätzung des Buches nicht einschränken,

das dem Studierenden den jetzigen Stand des Wissens vermittelt und dem

Lehrer fast überall eine bequeme Absprungbasis für weitere Forschungen

bietet.

Siegfried Morenz, Leipzig

Andr£ Parrot: Mari. Bildmaterial, Archäolog. Grabvmgsexpedition von

Mari. München: Hanns Reich (1953). 40 Bl. mit 132 Abb., 4».

Der rührige Ausgräber der am mittleren Euphratlauf, etwas unterhalb der

Einmündung des Chaboras, gelegenen altsumerischen Pflanzstadt Mari hat

die archäologischen Ergebnisse der zahlreichen französischen Grabungs¬

kampagnen nun auch einem breiteren deutschen Publikum bequem zu¬

gänglich gemacht. Die Anlage des Buches ist auf Breitenwirkung abgestimmt, denn der gravierende Teil sind die ausgezeichneten Tafeln, welche die einzelnen Objekte erfreulicherweise in ansprechender Größe, meist aber auch in wirklich

guten Lichtbildern wiedergeben. Die Tafeln setzen unmittelbar nach einer

nur drei Seiten langen Einleitung ein ; auoh der am Schlüsse des Buches be¬

findliche Kommentar erläutert die Gegenstände nur sehr knapp. Es ist also

auf jede breitere Darlegung verzichtet worden, vielmehr sollen die Denk¬

mäler für sich sprechen.

Das ist ohne Frage verdienstlich, in dieser Rigorisität sogar überraschend neuartig. Bei uns zulande schätzt man die ermüdend dahinströmenden Tiraden

und reduziert dafür lieber, wenn es sein muß, die Abbildungen auf Brief¬

markengröße. Für den kimstgeschiehtlich Interessierten verdient das

Parrot'sche Verfahren entschieden den Vorzug.

In diesem besonderen Falle allerdings wäre doch zu berücksichtigen ge¬

wesen, daß es sich nicht einfach um eine kunstgeschichtliche Darlegung ge¬

handelt hat, sondern um die Veröffentlichung einer Ausgrabung, für die man

ganz gern etwas nähere Aufklärung erwartet haben würde, auch wenn die

kunstgeschichtlichen Gegenstände im Vordergnmd der Betrachtung zu stehen

haben würden.

Eine gewisse Gefahr birgt das Buch — wofür allerdings der Verfasser

nichts karm — insofern in sich, als der Außenstehende das sumerische Kunst¬

schaffen des 3. vorchristlichen Jahrtausends unwillkürlich nach diesem

optisch gut wirksamen Material zu beurteilen versucht sein könnte. In Wahr¬

heit aber handelt es um Arbeiten aus dem Randgebiet des siunerischen

Kulturkreises. Die großartige Abstraktionskraft des simierischen Kunst¬

schaffens ist hier einer wacheren Naturalistik gewichen, deren Reiz nicht be¬

stritten werden soll, nur waren es nicht Sumerer, deren Hände diese Kunst¬

werke geschaffen haben.

Auf dem Gnmde einer vorliegenden sumerischen Kunstgeschichte würden

sich diese Verhältnisse ohne weiteres abheben. Weil eine solche vorerst noch fehlt, wird die eigentümliche Besonderheit der Marikunst vorerst nicht jedem greifbar werden.

Ein wirksames Kunst-Bilderbuch scheint in Deutschland nicht möglich zu

sein. War es doch auch der Franzose Zervos, der ims in seiner „L'art

de la Mesopotamie" (Paris-Leipzig 1936) erstmals in eindrucksvoller Weise

die künstlerische Leistung der Sumero-Akkader vor Augen führen konnte. Er

hatte auf jeglichen Kommentar verzichtet und zwischen die Abbildungen

lediglich Übersetzungen babylonischer Dichtwerke eingestreut. Zweifellos ist

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