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Jh.) und Bahr al-asrär fi manäqib al-ahyär von Mahmüd ibn Wali stehen.^ Ohne Scheich kein Reich - so läßt sich ein Kapitel über die Scheiche Mittelasiens im 16

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Scheibaniden und NaqSbandls in der Darstellung von Mahmüd ibn Wali

Von Florian Schwarz, Tübingen

Zahlreiche Geschichten in hagiographischen und historischen Texten aus dem Mittel¬

asien des 16. und 17. Jh.s illustrieren die enge Bindimg des Herrschers an einen

Scheich, die sich als Schülerschaft des herrscherlichen Adepten bei einem Sufi-Meister

darstellt. Seit dem 13. Jh. hatten Bindungen zwischen Herrschem und Scheichen

immer festere Formen angenommen.' Im Jahrhundert der Scheibaniden verstärkte sich

der Trend der Patronage von Scheichen durch Hertscher, für den im vorangegangenen timuridischen Jahrhundert als glänzender Exponent des gesellschaftlichen Einflusses

von Sufis der Naqsbandi-Scheich Hwäga 'Ubaidalläh Ahrär gestanden hatte, und fand

seinen Niederschlag auch in offizieller höfischer Geschichtsschreibung, so daß man zugespitzt von einer "Hagiographisierang" der mittelasiatischen Historiographie seit

1500 sprechen köimte. Als Beispiele mögen Muhammad Haidar Duglats Tänh-i Rasidi

(vollendet 952/1545), Tärih-i Saiyid Räqim von Saraf ad-Din ibn Nür ad-Din (Ende

17./ Anf 18. Jh.) und Bahr al-asrär fi manäqib al-ahyär von Mahmüd ibn Wali

stehen.^

Ohne Scheich kein Reich - so läßt sich ein Kapitel über die Scheiche Mittelasiens im 16. und friihen 17. Jh. in der Universalchronik Bahr al-asrär fi manäqib al-ahyär von Mahmüd ibn Wali zusammenfassen, einer der wichtigsten Quellen zur Geschichte

Mittelasiens dieser Epoche.' Die Grundaussage, durch die Mahmüd ibn Wali dieses

' Vgl. für den Kontext des mongolischen tmd nach-mongolischen Mittelasien J. Paul: Scheiche und Herrscher im Khanat Cagatay. In: Der Islam 67 (1990), S.278-321, und die in Anm. 8 angeführte Literatur zu Hwäga 'Ubaidalläh Ahrär.

^ Einen Überblick über die historischen Quellen zu Mittelasien vom 16. bis zum frühen 19. Jh. bietet jetzt B. A. ACHMEDOV: Istoriko-geograficeskaja literatura Srednej Azii XVI-XVIII w. (pis 'mennye pamjatniki). Taäkent 1985.

' Mahmüd ibn Wall, der Bibhothekar des toqaytimuridischen (aätar^änidischen) Herrschers von Bal^, Nadr Muhammad yän (1015-1051/1606-1642 und 1057-1061/1647-1651), verfaßte dieses Werk im Auftrag des Herrschers zwischen 1044 tmd 1050/1634-1640. Mahmüd ibn Wall entstammte einer Familie, die behauptete, von dem gleichen Saiyid Burhän ad-Din Qiliö abzustammen wie die Saiyids von Käsän, zu denen Ahmad-i Käsäni zählte (s.u.). Bahr al-asrär, f 142b. Bahr al-asrär ist nur unvollständig überliefert, tmd lediglich der Abschnitt über Indien ist publiziert. Vgl. B. A. AKHMEDOV:

The Bahr al-asrär of Mahmüd b. Vaii and its study in the USSR and elsewhere. In: Joiunal of Asian History 25 (1991), S. 163-180. Teil Vier des sechsten Buches behandelt die Geschichte der Toqaytimuri- den (Aätarhäiüden) und ihrer Vorgänger imd bietet reiches prosopographisches Material besonders für das 17. Jh. Dieser Teil ist in der imUcalen Londoner HS India Office Ethe 575 erhalten. Das hier behandelte Kapitel (dästän) umfaßt ff. 140a-158a und ist überschrieben: tibyän-i ba'di az masäyih-u 'ülamä ka dar än fadä-yi ^änfizä magälis-i ifäda wa mahäfil-i istifäda ba-wugüd-i mas'üd-i-sän az

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Kapitel seines Werkes einleitend motiviert, lautet: es gebe immer einerseits politische

Herrscher imd zum anderen besonders herausragende Scheiche und Gelehrte; die

ersteren sorgten für die rechte, Sicherheit gewährleistende Ordnung, doch die letzteren sicherten die Festigkeit des Fundaments, auf dem die Macht der Herrschenden ruht,

und sorgten dadurch für deren Bestand.'' Es lohnte kaum, die Aussage Mahmüd ibn

Wahs aufzugreifen, weim dieser sie nicht zur Ordnungsgrundlage seines Kapitels über die mittelasiatischen Scheiche gemacht hätte und seine Aussage im historischen Kontext des scheibanidischen Mittelasien dokumentierte. So ist es denn auch nicht die

These Mahmüds an sich, sondem die Tatsache, daß er sie so selbstverständlich und

explizit in seme höfische Chronik integriert, die einen näheren Blick auf dieses Kapitel rechtfertigt.

Zunächst untermauert Mahmüd ibn Wali seine Feststellung, indem er von den

vorislamischen mulük al-'agam über die Abbasiden, Saffäriden, Samaniden etc. bis zu den Gingiziden, Timuriden ("Kürkäniyän") und Scheibaniden die ihm für die jeweili¬

gen Dynastien wichtig erscheinenden Scheiche aufzählt.' Nach der Untermauemng seiner These durch diese "Dokumentation" beginnt Mahmüd mit einer detaillierten Beschreibung der heiligmäßigen Personen, die speziell mit den mittelasiatischen Herrschem seit Timur verbunden waren.

Die Reihe der Scheiche, die Mahmüd ibn Wali den friihen Timuriden - Timur,

Sähmh, Ulug Heg, wie er sie ausdrücklich anführt - zugesellt, repräsentieren - mit

einer Ausnahme* - die zu Mahmüds Zeit bereits kanonisch gewordene silsila der

Naqsbandiya von Bahä' ad-Din Naqäband selbst über dessen halifas 'AW ad-Din

'Attär, Muhammad Pärsä, Nizäm ad-Din yämüä zu Ya'qüb Carjji. Diese Verein¬

nahmung der frühen Timuriden für die Naqsbandiya ist verdächtig. Eine irgendwie

organisierte, bevorzugte Verbindung zwischen Timuriden und Naqsbandiya (oder

Hwä|;agän) ist für die erste Hälfte des timuridischen Jahrhunderts meines Erachtens

bidäyat-i saltanat-i Sibäniyän tä al-än zib-u zinat därad ("Über einige der Scheiche und Gelehrten, die in dieser Gegend die festlichen Versammlungen seit Beginn der Herrschaft der Scheibaniden bis heute [Mitte 17. Jh.] schmücken").

■*Cinänca dar har 'ahd-u äwän silk-i manäzim-i amn-u amän dar har qutri az aqtär-i gahän ba-wugüd-i mas'üd-i gam'i az säyisän-i näßd-ißrmän manüt-u marbüt ast hamcinin silsila-yi dawäm-i daulat-u tabät-i saukat-i wäliyän-i madküra ba-hudür-u suhüd-i barf/i az wußd-i hawäss az masäyih-u 'ulamä wa fiidalä mabni wa mubtani hwähand büd. (Bahr al-asrär, f. 140b).

' Bahr al-asrär, f 141a. - Die Verknüpfiing zwischen den jeweiligen Herrscherfamilien und "ihren"

Scheichen beschreibt Mahmüd mit Begriffen, die zum Teil charakteristisch für das Naqäbandiya- Konzept vom Verhältnis Meister - Schüler sind. Die Abbasiden etwa profitierten vom tawagguh einer ganzen Reihe von bekannten Personen, tmd auch die Scheibaniden genossen die Wü-kimg von ta¬

wagguh ihrer jeweiligen Scheiche, Vgl. F. Meier: Zwei Abhandlungen über die Naqsbandiyya. istanbul 1994, Index s.v.; MEIER umschreibt den Begriff mit "Aufmerksamkeit, die man jemand zuwendet, erwartend oder beeinflussend. Sie kann sich auf den Lehrer oder sonst auf Autoritäten richten, auch auf verstorbene, aber auch vom Meister auf den Schüler gehen" (ibid., S. 42).

' Nämlich Saiyid Baraka.

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schwerlich nachzuweisen.' Mahmüd ibn WalT macht deim auch gar nicht den Versuch dazu. Erst mit dem nächsten Glied der Naqsbandi-iifajVa betritt er festeren Boden. Das enge Zusammenwirken des timiuidischen Herrschers Abü Sa'id (855-873/1451-1469)

mit Hwäga Ubaidalläh Ahrär (806-896/1404-1490), dem neben 'Abd ar-Rahmän Gämi

bekanntesten mittelasiatischen Vertreter der Naqsbandiya, ist historisch gut dokumen¬

tiert,* ebenso wie die Familienloyalität der späteren Timuriden - Mahmüd ibn Wali

nennt etwa Bäbur - zu den Nachkommen von Hwäga Ahrär, die als Ahräriya das Erbe

des Hwägas von dem Dorf Hwäga Kafsir nahe Samarqand aus weiterführten.

Der Übergang zu den Nachfolgem der Timuriden in Mittelasien, den Scheibaniden,

zwingt Mahmüd ibn Wali zu einem kleinen Umweg. Muhammad Sibäni Hän brachte

zunächst die Verehrung seiner Vorfahren für die Scheiche eines im Dast-i Qipcaq

aktiven Zweiges der Kubrawiya' nach Transoxanien mit. Nur am Rande ist bei

Mahmüd ibn Wali von einer Hmwendung des Muhammad Sibäni Hän zu "einigen der

hulaß-yi ahräriya" die Rede.'" Um den Hauptstrang der Naqsbandi-si7si7a wieder zu

' Dies wird in Ausdehnung einer vorsichtigen Hypothese von Jean Aubin bisweilen behauptet, so von B. FORBES Manz: The rise and rule of Tamerlane. Cambridge ' 1989, S. 17; Vgl. aber jetzt D. Le Gall:

Missionaries, pilgrims and refugees : the early transmission of the Naqshbandiyya to the Ottoman lands. In: H. Elboudrari (ed.): Modes de transmission de la culture religieuse en Islam. Le Caire

1993, 225-240, v.a. S.226. - Die Naqäbandiya-ii7i//a in dieser Form scheint mir ein Produkt des frühen 10./16. Jh.s zu sein; die Rolle ist noch zu untersuchen, die dabei die Systematisierung imd mundgerechte Aufbereitung des hagiographischen Materials zu Hwäga Ahrär und seinen Vorgängem und Gefährten, v.a. der (unpublizierten) S'isj/ar al-'ärifin wa-tadkirat as-siddiqin von Muhammad-i Qädi (st. 921/1516) durch ¥a\}R ad-DIn 'AlI KäSifI (Rasahät 'ain al-hayät. Lithographie Lucknow 1892), spielte.

* Und gründlich aufgearbeitet, vgl. in jüngster Zeit msbesondere J.-A. GROSS: The Economic Status of a Timurid Sufi Shaykh. A Matter of Confiict or Perception? In: Iranian Stadies 21 (1988), S.84-104, sowie J. Paul: Die politische und soziale Bedeutung der Naqsbandiyya in Mittelasien im 1 S.Jahrhundert. Berlin [u.a.] 1991.

' Vgl. D. DeWeese: 77ie Eclipse ofthe Kubraviyah in Central Asia. In: Iranian Studies 21 (1988), S. 45- 83. Ders.: Bäbä Kamäl Jandl and the Kubravl Tradition among the Turks of Central Asia. In: Der Islam 71 (1994), S. 58-94, - Es fällt auf, daß die Yasawlya, deren großer Einfluß auf Muhammad Sibänl Hän sich auch in seinem öagataiischen Diwan niederschlug, in diesem Kontext keine Erwähnung fmdet.

Vgl, dazu jetzt A, J. E. Bodrogligeti : Yasavi Ideology in Muhammad Shäybäni (sie) Khän 's Vision of an Uzbek Islamic Empire. In: Joumal of Turkish Studies 18 (1994) [= Festschrift Annemarie Schim¬

mel], S. 41-57.

Bahr al-asrär, f 141a. Zwei weitere Scheiche werden immittelbar vor den nicht weiter spezifizierten hulafa-yi ahräriya angefiihrt, die vielleicht zu diesen zu zählen sind: bei Hwäga Saih dürfte es sich um den nach 1510 gestorbenen engen Vertrauten von Hwäga Ahrär, Maulänä Saih handeln (vgl, Paul: op.

cit. [Anm. 8], Index s.v.), bei Hwägagä-yi Samarqandi um emen der beiden Söhne von Hwäga Ahrär, Bezeichnenderweise wird Muhammad Yahyä, der zweite Sohn, nicht erwähnt, obwohl es seine Nach¬

kommen waren, die in den ersten Jahrzehnten des 10./16. Jh.s mühsam üir Recht auf das Erbe Hwäga Ahrärs wieder durchsetzen konnten. Er gehörte zu den Opfem der weitreichenden Maßnahmen, in deren Verlauf Muhammad Sibäni IJän bei semer ersten Besetzung Samarqands zum Jahreswechsel 905- 906/Sommer 1500 die wichtigen Ämter neu besetzte und das Vermögen der alten Amtsträger und Notablen konfiszierte, darunter auch das der Söhne von IJwäga Ahrär. Muhammad Yahyä wurde kurz darauf auf dem Weg ins Mekkanische Exil von Amiren des Häns ermordet. Giyät ad-DIn Muhammad Hwändamir: Habib as-siyar. Ed. G. HuMÄ'I. Teheran 1333/1954, Bd. 4, S.279 f ; Zahlr ad-DIn Muhammad Bäbur: The Bäbur-näma in English. Übers, von A. Beveridge. Reprint London 1969, S. 128 (s.a. 906 H.); Muhammad Sälih: op. eil. (Anm. 9), Kap. XIX, S. 90 ff.; Rasahät (Anm. 7), S. 325 ff Vgl. Paul: op. cit. (Anm. 8), S. 231 f , mit weiterer Literanu".

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erreichen, schheßt Mahmüd ibn WaH die Herrscherfolge der Scheibaniden kurz: er

konstruiert rückblickend für das 16. Jh. eine bruchlose, geradlinige Herrscherfolge in

Transoxanien von TJbaidalläh ibn Mahmüd (^än 940-946/1533-1540) bis 'Abdallah II.

ibn Iskandar (Hän 991-1006/1583-98), er destilliert die im Rückblick legitim er¬

scheinende Herrscherfolge zweier scheibanidischer Familienzweige aus der Vielzahl der konkurrierenden scheibanidischen Apanage-Herren." Es sind dies für die erste

Hälfte des 16. Jh.s der von Säh Budäg abstammende Zweig, vertreten durch

'Ubaidalläh JJän, und für die zweite Jahrhunderthälfte der von Gäni Beg abstammende

Zweig, vertreten durch Iskandar Hän und dessen Sohn 'AbdaUäh II.

Mahmüd ibn WaU schreibt dem aus der §äh-Budäg-Linie stammenden 'Ubaidalläh

Hän die Knüpfimg von festen Banden mit den Erben von Hwäga Ahrär zu, allerdings

nach dem Vorbild seines Vaters Mahmüd, des Bruders von Muhammad Sibäni Hän

{ba-dastür-i wälid-i hwis Mahmüd Sultänf^. Mahmüd ibn Wali neimt - wie auch

andere Quellen - als den Scheich, in dessen Dienst {hidmat) sich 'Ubaidalläh begab, Muhammad-i Qädi (st. 921/1527), einen halifa von Hwäga Ahrär und entscheidenden Konstrukteur des Wiederaufstiegs der Ahräriya nach der Katastrophe von 1500.

Von 'Ubaidalläh Hän und der §äh-Budäg-Linie geht Mahmüd ibn Wali direkt auf

die Gäni-Beg-Linie über: Gäni Begs Sohn Iskandar yän, wiederum nach dem Vorbild

der früheren Sultane {ba-äyin-i salätin-i pisin), wird murid des Maulänä Hwägagi

Ahmad-i Käsäni, genannt Mahdüm-i A'zam (st. 949/1542), einem halifa von

Muhammad-i Qädi, der ursprünglich aus Käsän im Fergana-Tal stammte imd zu Gäni

Begs (st. 935/1529) Lebzeiten nach Dahbid nw. von Samarqand umsiedelte, weshalb

seine Nachkommen als Dahbidiya bezeichnet werden. In diesem Zusainmenhang weist

Mahmüd ibn Wali ausdrücklich auf die silsila hin, die den Ma^düm-i A'zam über

ywäga Ahrär mit Bahä' ad-Din Naqsband verband.

Mahmüd ibn Wali widmet sich etwas ausführlicher den Nachkommen und Anhän¬

gem von Ahmad-i Käsäni, um dann bei einem seiner Schüler ausführlicher zu verwei¬

len: Muhammad Isläm Hwäga Güybäri (st. 971/1563), der berühmte Scheich aus einer

alten, bereits unter den Samaniden bezeugten Bucharer Gelehrtenfamilie, dessen

weltliche Geschäfte durch das erhaltene Familienarchiv und die zahlreichen mit ihm und seinem Sohn in Verbindung stehenden Bauten in Buchara gut bekaimt sind." Als

seinen murid nennt Mahmüd ibn Wali Iskandar Häns Sohn, den zukünftigen Khan

" Für einen Überblick über Herrschaftsorganisation und politische Geschichte der Scheibaniden sei auf R. McChesney: Central Asia. VI. In the 10th-12th/I6th-18th Centuries. In: Elr, Bd. 5, S. 176a-192a, und besonders Table 26: The Abulkhairid/Shibanid Dynasty,\ern\esai.

'■ Bahr al-asrär, f 141a.

Zu seiner Person immer noch V. L. Vjatkin: Sejchi Dzujbari : I. Chodza Islam. In: V. V. Bartol'du turkestanskie druz'ja, uceniki i pocitateli. Taäkent 1927, S. 3-19. P. P. IvANOV: Chozjajstvo dzujbarskich sejchov: k istorii feodal'nogo zemlevladenija v Srednej Azii XVI-XVII w.. Moskva/

Leningrad 1954.

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'Abdallah II.,''' die bedeutendste Herrscherpersönlichkeit unter den Scheibaniden im

16. Jh. Mahmüd ibn Wah betont, bereits Iskandar Hän habe, obwohl eigentlich ein

halifa von Ahmad-i KäsänT, nach dessen Tod bisweilen das Zusammensein {suhbat'^)

mit Hwäga öüybärT gesucht. Damit wird eine bemerkenswerte Umlenkung der

NaqsbandT-^/'/i/Va durch Hwäga GüybärT legitimiert, in deren Ergebnis das Zentrum der transoxanischen Naqsbandiya von Samarqand nach Buchara, dem neuen Herrschersitz

von 'Abdallah seit 964/1557 wanderte. Die erfolgreichen Bemühungen von

Muhammad Isläm Hwäga öüybäri, das Erbe seines Lehrers Ahmad-i Käsäni zu

übemehmen, tmgen zu emer Spaltimg der Dahbidiya bei, deren Folgen lange zu spüren blieben.'*

Mahmüd ibn Wali versucht bis hierher, der Naq§bandi-Tradition durch Rückfüh¬

mng in timuridische Zeit, ja auf Timur selbst, größeres Gewicht zu verleihen und

zugleich dadurch die Herrschaft der öäni-Beg-Linie, v.a. 'Abdallah IL, in die legitima¬

tionskräftige timuridische Tradition zu stellen. Doch tritt bei Mahmüd ibn Wali ein zweiter, nicht der Naqsbandiya zugehöriger Scheich auf, der die besondere Auftnerk¬

samkeit des zukünftigen Khans 'AbdaUäh erhielt: Qäsim §ai|i, ein Vertreter der

'Azizän, einer Yasawi-silsila." Wir erfahren, wie sich 'AbdaUäh nach seiner Erobemng

von Buchara im Jahr 964/1557 zu Qäsim Saih in Karmina begab, um in demütiger

Haltimg - zu Fuß neben seinem Pferd, mit einer Schnur um den Hals - seine Leitung zu erbitten. Zwei Jahre später errichtete 'Abdallah in Karmina einen großen Konvent

(hänaqäh) für Qäsim Saih. Man darf einen Zusammenhang damit vermuten, daß sich

'Abdalläh's ganze Auftnerksamkeit nach der Eiimahme von Buchara auf Samarqand

richtete, das von Angehörigen eines rivalisierenden Scheibaniden-Zweigs beherrscht

wurde, wobei Karmina durch seine Lage zwischen Buchara und Samarqand von großer

strategischer Bedeutung war.

Der Fall von Qäsim Saih läßt vermuten, daß die lokale Bedeutung eines Scheichs aus Sicht des seine Unterstützung suchenden Herrschers mindestens ebenso wichtig war wie seine Stellung in einer silsila. Daher soll ein kurzer Blick auch auf die Topo¬

graphie der oben angeführten Hcrtscher-Scheich-Verbindungen geworfen werden. Die

Mitglieder der verschiedenen Zweige der scheibanidischen Herrscherfamilie teilten sich das beherrschte Land in persönlichen Apanagen, die ursprünglich vom Khan frei

" Bahr al-asrär, f. 143b.

" Vgl. zur Bedeuftmg der suhba in der Naqäbandiya Meier: op. cit. (Anm. 5), Index s.v.

" V.a. in Ostturkestan, wo sich die Nachkommen des jüngeren Sohnes von Käsäni, Ishäq Wall, diu-ch- setzten.

" Bahr al-asrär, ff. I44b-145a. Die Patronage der 'Azizän durch die Scheibaniden geht jedoch schon auf Muhammad Sibäni IJän zurück, der bereits als Flüchtling vor seinen Rivalen im Da§t-i Qipöaq am Hof des timuridischen Statthalters in Buchara, 'Abd al-'AlI Tarfiän, murid des Vor-Vorgängers von Qäsim Saih, öamäl ad-DIn 'Azizän, wurde. Tärih-i Saiyid Räqim, f. 76a. Zudem war Karmina ja die Apanage des öäni-Beg-Zweiges gewesen, so daß die Verehnmg 'Abdallähs für die 'Azizän wohl auch auf Familientradition beruhte.

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vergeben wurden, wobei sich schon im Verlauf des ersten Viertels des 10./16. Jh.s ein

recht stabiles Grundmuster der Aufteilung der Territorien unter den einzelnen Fa¬

milienzweigen herausgebildet hatte. 'Ubaidallähs Vater Mahmüd, auf den sich

'Ubaidalläh in seiner Zugehörigkeit zu Muhammad-i Qädi und der Ahrär-Gruppe

berufen haben soll, hatte bis zu seinem Tod 909/1504 die Apanage Buchara inne, die

dann 'Ubaidalläh übemahm. Andigän und damit das Fergana-Tal war die Apanage von

öäm Beg."* In ihren jeweiligen Apanagen haben die beiden Sultane auch die Kontakte zu den Scheichen geknüpft, denen auch ihre Erben verbunden blieben. Muhammad-i

Qädi, der zu Lebzeiten von ywäga Ahrär dessen Kontaktperson zu Taschkent und

Fergana und den dortigen mongolischen und timuridischen Herrschem gewesen war,

war auch nach dem Tod des ^wäga zunächst in Taschkent geblieben. Als Ende

908/1503 in Zug der Erobemngen von Muhammad Sibäni ^än Taschkent teilweise

zerstört wurde, zog Muhammad-i Qädi jedoch nach Buchara." Von Muhammad

Haidar Duglat ist zu erfahren, daß Muhammad-i Qädi hier zu diesem Zeitpunkt Protek¬

tion durch Mahmüd Sultän fand tmd dadiu-ch zum Bleiben bewogen vmrde.^" Fergana, die Domäne von öäni Beg, war dominiert durch die seit dem 13. Jh. bezeugten Schei¬

che von Käsän, denen IJwägagi Ahmad-i Käsäni, der Mahdüm-i A'zam, entstammte.

Daß die Verbindung zu Ahmad-i Käsäni in die Zeit öänl Begs in Fergana zurückreicht, legt der Chronist seines Enkels 'Abdallah IL, Häfiz Tanis Buhäri, nahe: öäni Beg habe seinen Lehrer Ahmad-i Käsäni einfach mit der ganzen Familie aus dem Fergana-Tal

nach Dahbid nordwestlich von Samarqand in seine neue Apanage Karmina und

Miyänkäl, also das Zarafsän-Tal zwischen Samarqand tmd Buchara, umzusiedeln

geheißen.^' In Miyänkäl residierte auch öäni Begs Sohn Iskandar,^^ den Mahmüd ibn

Wah als Schüler des Scheichs aus Käsän anführt. In beiden Fällen sind also - wie auch im Fall der Protektion von Qäsim Sailj in Karmina durch 'Abdallah - ursprünglich Familienloyalitäten zu lokalen Scheichen oder Scheichfamilien ausschlaggebend.

'* So schon in der frühesten Apanageliste, die allerdings nur aus einer späten Kompilation aus der ersten Hälfte des 18. Jh.s bekannt ist, dem Tän!}-i Qipcäqhäni des Hwägamquli Beg. Vgl. J.-L. Bacque- Grammont: Une liste ottomane de prinees et d 'apanages abu 'l-khayrides. In: Cahiers du monde russe et sovietique 11, 1970, S. 423-453, S. 425 f, wo sie auf ca. 1503 datiert wird, öäni Beg residierte bis zu seiner Vertreibimg durch die mit Babur verbündeten Duglat-Amire und den Öagatai Sa'id Hän im Frühjahr 917/1511 in Andigän, Muhammad Haidar Duglat: A History of the Moghuls of Central Asia being the Tarikh-i-Rashidi of Mirza Muhammad Haidar Dughlät. Übers, von E. DENISON ROSS, ed. N.

Elias, London 1898, S. 132. Möglicherweise hatten aber schon früher er oder seine Söhne Anrechte auf Miyänkäl und das Umland von Samarqand (Sugd-i Samarqand).

'"Ibid, S. 212.

™ Ibid., S. 213. - Muhammad-i Qädi zog sich nach der katastrophalen Niederlage der Uzbeken gegen Säh Ismä'il 916/1510 nach Fergana zurück, wo er bis zu seinem Tod 921/1516 blieb.

" Häfiz Taruä ibn Mir Muhammad Bii|)äri: Saraf-nama-ji Sachi (Kniga Sachskoj Slavy). Faks.-Ed. und Übers, von M. A. Salachetdinova. Bd. 1. Moskva 1983, f 35b/ S. 91.

" Und andere Söhne von öäni Beg seit spätestens Frühjahr 918/1512. Ibid., Bd. 1, f 33a/ S. 86 f Furinkand (Äfarinkand, heute das Dorf Primkent zwischen Samarkand und lätychan) nennt eine Apanage-Liste von Beginn der 1530er als Sitz von Iskandar. Bacque-Grammont: op. cit. (Anm. 18), S. 430.

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nicht, wie Mahmüd ibn WalT im Rückblick glauben läßt, eine vorgegebene silsila der

Naqsbandiya, auf deren jeweilige Vertreter Muhammad-i QädT bzw. Ahmad-i KäsänT

die frühen scheibanidischen Sultane und Khane zwangsläufig angewiesen gewesen

wären.

Man sollte daher im Mittelasien des 16. Jh.s nicht von einer engen Verbindung

zwischen scheibanidisch-uzbekischen Herrschem einerseits und der Naqsbandiya als

geradliniger Fortsetzerin der frühen Hwägagän andererseits sprechen, die etwa durch

das alleinige Wirken von Hwäga Ahrär und seinen Nachfolgem initiiert worden wäre

oder gar eine bis zu Timur bzw. Bahä' ad-DTn Naqsband zurückreichende Tradition

fortsetzte. Die Quellen - nicht nur Mahmüd ibn WalT, sondem gerade auch hagiogra¬

phische Werke - wollen diesen Eindmek zwar vermitteln, doch lassen sie zugleich eine Patronage lokaler Kulte erkeimen, die von herrschenden Mitgliedem des scheibani¬

dischen Clans oder einzelnen ihrer Amire subventioniert wurden; sei es auf lokaler Ebene im Rahmen ihrer Apanage, sei es wie im Fall von "Abdalläh II. an ihrem Herr¬

schersitz für das gesamte uzbekische Dominium.^'

Diese Patronage durch den Herrscher, die dem Scheich und seiner Gmppe ihre

Wu-kungsmöglichkeit beschert, ist jedoch umgekehrt in einem Schüler-Verhältnis des Herrschers zu semem Heiligen formuliert. Sie war nicht auf Mitglieder einer auf Bahä'

ad-DTn Naqsband zurückgehenden silsila beschränkt. Aber die Tendenz zu einer

"Naqsbandisiemng" von Nicht-NaqsbandT-Gmppen im 16. Jh. ist klar erkennbar. Hier

war durch das Wirken von Hwäga Ahrär ein Vorbild geschaffen, das aufgmnd der

engen persönlichen Bindimgen von Ahrär an Taschkent und Fergana auch auf diese

nördlichen Teile des uzbekischen Dominiums ausstrahlte. Sie kam in besonderem

Maße zum Tragen, als sich die nun zwischen Samarqand und Buchara apanagierten

Nachkommen GänT Begs im Verlauf der ersten Jahrhunderthälfte der gempften

Ahräriya - der geistigen Nachfolger und leiblichen Nachkommen Hwäga Ahrärs -

annahmen. Dem politischen Erfolg ihrer herrscherlichen Adepten in Miyänkäl und

Karmina verdankt IJwäga Ahrärs silsila ihren großen Einfluß im 16. Jh. und darüber hinaus.

Muhammad Isläm JJwäga öüybäri leitete dann - unter der Protektion des neuen

"starken Mannes" im scheibanidischen Mittelasien, 'Abdalläh ibn Iskandar - die silsila

auf seine Person um und verlegte dadurch das Zentmm der transoxanischen

Naqsbandiya von Samarqand nach Buchara und vom Grab des Hwäga Ahrär zum

Familiengrab der eigenen Vorfahren im Dörfchen Öär Bakr nahe der neuen Hauptstadt 'Abdallahs. Damit wurde eine besondere Blüte der Naqsbandiya in Mittelasien einge¬

leitet. Tatsächlich scheint Hwäga öüybäri zumindest zeitweise nicht ganz erfolglos versucht zu haben, ein Monopol für die Vertretung der Naqsbandi-Ä/'/j/Va aufzubauen,

" Ähnliche persönliche - statt in diesem Falle stammesgebundene - Loyalitäten zwischen uzbekischen Amiren und einzehien scheibanidischen Clans bzw. deren Mitghedem stellt McChesney; op. cit. (Anm.

11), S. 178a, fest.

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obgleich zahlreiche andere Zweige an verschiedenen Orten Mittelasiens weiterwirkten.

In der hagiographischen Darstellung von Hwäga GüybärT werden seine exklusiven

Verbindungen mit Herrschem von Käsgar bis Huräsän aufgezählt, darunter auch mit

dem Herm von Samarqand, Gawänmard 'Ali. Doch ist es gerade in diesem Fall bemer¬

kenswert, wie 'Abdallah Hän im Konflikt mit seinem Samarqander Konkurrenten auf

den lokalen Scheich der YasawTya-'Azizän in Karmina, Qäsim Saih, vertraute, der in den Quellen gleichberechtigt neben dem Naqsband! Hwäga Güybäri erscheint.

Die enge Verbindung mit dem Herrscher in Buchara barg, wie Mahmüd ibn Walis

Sehildemng des Schicksals der hochgeehrten Nachkommen des Hwäga Güybäri

vermuten läßt, auch eine gewisse Gefahr für die protegierten Scheichs: die Enkel und

Urenkel des Hwäga Güybäri wiuden vollständig in den Hofdienst vereinnahmt; sie

endeten größtenteils als Ehemärmer von hochadeligen Witwen aus politischen Ehen.^"

Häfiz Tanis Buhäri hatte noch über Gäni Beg berichtet, wie er zwar als großzügiger Mäzen die Gelehrten und Dichter gnädig mit Privilegien versah, wie er aber anderer¬

seits den Scheichen als demütiger Bittsteller gegenübertrat. Wie anders klingt es, wenn

Mahmüd ibn Wali über die Nachkommen des Hwäga Güybäri spricht, die nun ihrer¬

seits die gnädige Wertschätzung und Privilegien durch die toqaytimuridischen Herr¬

scher in Buchara und Balch genießen; was hebt sie da noch über die Dichter tmd

Gelehrten hinaus?

Mahmüd ibn Walis Darstellung steht in der Tradition der späten scheibanidischen Geschichtsschreibung, die die Dinge aus der Sicht des Gäni-Beg-Zweiges und dessen erfolgreichsten Vertreters 'Abdalläh II. sieht. Daher dominiert bei ihm die von den Gänibegiden protegierte Linie der Naqsbandiya, die eine Verknüpfung von mehreren

Strängen darstellt: der von Hwäga Ahrär in Samarqand weitergeführten silsila des

Bahä' ad-Din Naqsband; der lokalen, ursprünglich nicht mit der Naqsbandiya verbun¬

denen Scheiche von Käsän im Fergana-Tal, die im Territorium der ersten Apanage von Gänibeg wirkten, vertreten durch Hwägagi Ahmad-i Käsäni "Mahdüm-i A'zam"; und schließlich - unter dem Einfluß des in Buchara residierenden 'Abdallah II. - einer

Bucharer Gelehrten- und Gmndbesitzer-Familie, vertreten durch Muhammad Isläm

ywäga Güybäri. Diese drei Scheich-Traditionen werden von Mahmüd ibn WaH zu

einem einzigen Strang geformt, zu einer silsila von heiligmäßigen Männem, zu der

mittelasiatischen Naqsbandiya des 16. Jh.s, die die spirituelle Patronage der Mitglieder einer als ebenso geradlinig gezeichneten "scheibanidischen Dynastie" übemahmen.

Die legitimatorische Bedeutung dieser Sicht für den Auftraggeber des Mahmüd ibn

Wali, des toqaytimuridischen Herrschers in Balch, ist evident: die bmchlose An-

" Bahr al-asrär, f. 144b. Zwei seiner Söhne, die beide später in Indien starben, waren - nacheinander - mit derselben Tochter des Toqaytimuriden öäni Muhammad verheiratet; ein dritter Sohn war mit der Witwe des Käägarer Sultan Haidar verheu-atet, die ihrerseits eine Tochter des Toqaytimuriden Din Muhammad Hän war; beide Söhne von ihm, Urenkel von Hwäga öüybäri also, waren im Hofdienst;

einer war mit der Witwe des Qazaqen Tursun Sultan ibn Calim von Taschkent (ermordet 1627) verhei¬

ratet, die ihrerseits eine andere Tochter von öäni Muhammad war.

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knüpfimg an das Erbe der Timuriden und Scheibaniden. Doch wenngleich sie erst bei Mahmüd ibn Wali so explizit formuliert wird, geht sie aufdie Zeit 'Abdallahs, in die zweite Hälfte des 10./16.Jh.s, zurück; man fmdet sie etwa bei Häfiz Tanis Buhäri angedeutet. Diese Darstellung hat das Bild von der mittelasiatischen Naqsbandiya auch in der Forschung geprägt. Es dürfte daher eine lohnende Aufgabe sein, systematisch die in nicht geringem Umfang erhaltene mittelasiatische hagiographische Literatur nicht nur auf Mitglieder der Naqsbandiya, sondem auch anderer mystischer Orden und

Gmppiemngen zu untersuchen und die Karrieren der zahllosen, zu nicht so großer

Prominenz gelangten Scheiche und Zweige zu den politischen Entwicklungen des

16. Jh.s mit seinen vielen Brüchen in Beziehung zu setzen.

(10)

Eine neue Quelle zur Stadtgeschichte von Damaskus Zur Alltagsgeschichte der Haditwissenschaft

Von StEFAN Leder, Halle

Stadtgeschichte, unter den Gesichtspunkten der politisch-wirtschaftlichen und tech¬

nisch-kulturellen Organisation städtischer Zentren ist ein relativ junges Gebiet der Geschichtswissenschaft der islainischen Welt. Erst seit einigen Jahrzehnten aufgegrif¬

fen, hat dieses Thema inzwischen eine systematische Behandlung erfahren und reiche Erträge erbracht, die mittlerweile in keiner historischen Gesamtschau mehr fehlen dürfen. Die Fragestellung zielt auf den großen Komplex der sozialen Beziehungen und ist bemüht, auch da, wo sich keine Angaben zu den materiellen Verhältnissen gewinnen lassen, die Darstellung der Geschichte mit lebenswelthchen Aspekten zu konkretisieren und damit eine Perspektive zu gewinnen, die sich in den historischen Wissenschaften auf anderen Gebieten längst etabUert hat. Die allmähhche Ausweitung des Fbrschungs- interesses auf die verschiedenen Aspekte der materiellen Kultur, der städtischen

Organisationsform und Gesellschaft ist für alle Regionen der islamischen Welt zu

beobachten. Während Topographie imd Baugeschichte seit alters erkundet wurden, wie

zum Beispiel mit der Description de Damas von H. SAUVAIRE dokumentiert ist,' hat

sich seit den Arbeiten von - um nur Beispiele zu nennen - Nicola Ziyadeh und Eugen WiRTH eine Forschungsrichtung durchgesetzt, die in I. M. Lapidus' Muslim Cities einen frühen, viel zitierten "Klassiker" gefunden hat.^ Mittlerweile liegen für nahezu alle Urbanen Zentren im Nahen Osten jeweils eigene Forschungserträge vor.

Die Voraussetzung für diese Forschungsrichtung sind Quellen, denen sich die

gewünschten Auskünfte direkt entnehmen oder aus denen sie sich indirekt ableiten

lassen. Für den ägyptisch-syrischen Raum bieten die umfänglichen Chroniken und

Biographien seit der Mamluken-Zeit reiche Materialien zu Verwaltungswesen und

Baugeschichte, zu persönlichen Lebensumständen und sozialen Erscheinungen;

außerdem bieten sich eine von persönhchen Kennmissen und Erlebnissen mitbestimmte Historiographie,^ juristische Gutachten, Stiftungsurkunden - im Original oder in der

' Gedruckt in neun Teilen; in: JA 3, 4, 5, 6,7 (1894-1896).

" N. A. Ziyadeh: Urban Life in Syria Under the Early Mamluks. Beirut 1953. E. WiRTH: Die orientalische Stadt. Ein Überblick aufgrund jüngerer Forschungen zur materiellen Kultur. In: Saeculum 26 (1975) S. 45-94. 1. M. LaPIDUS: Muslim Cities in the Middle Ages. Cambridge (Mass.) 1967.

' Z.B. bei: Ibn al-'Adim: Bugyat at-talab fl ta'ril} Halab.\-U. Ed. SUHAIL ZAKKÄR. Damaskus 1408/1988; Abü §äma, 'Abdarrahmän b. Ismä'Il (st. 665/1268): Kitäb ar-Raudatain fi al}bär al- daulatain. 1-2. Kairo 1287/1870-1288/1871; ders.: Dail 'alä l-raudatain. Ed. M. ZÄHID IBN al-Hasan AL-KaUTARI. Kairo 1947; as-Sahäwi, 'Abdarrahmän (st. 902/1497): ad-Dau' al-lämi' li-ahl al-qarn at- täsi'. 1-12.

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