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Ibn al-Kifti Ober den Ursprung der Apaturien.
Von Jnllns Lippert.
Der an Episoden ans der griechischen Geschichte reiche arabische
Litterarbistoriker Ihn al-Kifti (1172—1248) hat uns in seinem
„Chronicon philosophorum" s. v. ^^jia^! auch einen Bericht über
den sagenhaften ürsprung des athenischen oder richtiger jonischen
Volksfestes der Apaturien erhalten, der um so interessanter ist,
als er uns eine willkommene Gelegenheit zur Vergleichung mit
den griechischen Erzählungen hierüber bietet. Ich gebe im Folgen¬
den den Text des Berichtes mit der üebersetzung '):
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1) Den arabischen Text gebe ich nach der mit Varianten versehenen Ab¬
schrift A. Müller's, welche mir der Vorstand der Deatschen Morgenländ. Ge¬
sellschaft zur Edition liebenswürdigst zur Verfügung gestellt hat.
Lippert, Ilm al-Kifti iiber den Ursprung der Apaturien. 487
Als die Böotier die Athener wegen einer ihnen zugefügten Ver¬
gewaltigung mit Krieg überzogen und der Krieg lange dauerte
und die Kämpfer zwischen beiden Partheien kämpften, ein jeder,
wo er sich gerade befand — König über Böotien war damals
Xanthus, über Athen Umötes da forderte Xanthus den ümötes
zum Zweikampf heraus. Doch dieser war von niedriger Ge¬
sinnung und Lehnte aus Feigheit den Zweikampf ab. Da trat
der Athener Melanthus, Plato's Ahnherr, hervor und sagte : , Ich
will den Zweikampf aufnehmen unter der Bedingung, dass ich
König werde, wenn ich obsiege." ümötes wär damit zufrieden.
Da trat Xanthus, der König von Böotien, heraus, und Melanthus,
Piatos Ahnherr , ging ihm entgegen. Als sie sich nun einander.
näherten, sagte Melanthus zu seinem Gegner: „Gehe einmal fort
und kehre dann wieder zu mir zurück." Als daraufhin Xan¬
thus sich umwandte, schlug ihn Melanthus meuchlings von hinten
und tödtete ihn. Und von dieser Zeit an wurde dieser Tag zu
einem Festtage bei den Athenern und erhielt den Namen „Fest
des Betruges". Auf Griechisch wurde es zu jener Zeit Apa-
tenorien genannt, jetzt aber Apaturien.
In der classischen Litteratur hegegnen wir dem Bericht ziem¬
lich häufig. Er findet sich mehr oder weniger vollständig bei
Polyainos 1, 19; Conon 39; Harpocration s. v. AnarovQia ; Scholion
zu Plato's Symposion 208 D und Timaeus p. 21b; Scholion zu
Aristophanes Pac. 890 und Acham. 146 (= Suidas s. v. 'Ana-
TOVQia) ; Etymologicum Magnum 533, 41 und 119, 4 u. a. ').
Keiner von allen diesen Berichten kann abgesehen vom erwälmten
Scholion zu Plato's Symposion als Quelle für Kifti in Betracht
kommen, da ihnen allen die für die arabische Erzählung chä¬
racteristische Schlussnotiz fehlt, wonach das Pest im Griechischen
zuerst AnatiivoQtd geheissen habe. Aber auch dieses Scholion
kann die Quelle nicht gewesen sein, da es sicher niemals ins Ara¬
bische übersetzt worden ist , Kifti aber , wie erweislich , Griechisch
nicht kannte. Doch Kiffi selbst überhebt uns der Mühe des
Suchens , indem er für den genealogischen Theil seiner Plato-
biographie , dem dieser Excurs angehört , ausdrücklich Theon als
Gewährsmann bezeichnet. Gemeint ist der Smymäer (um 140 p. Chr.).
Ueber ihn so wie ' über das in Frage kommende Werk giebt der
Fihrist unter den „Naturphilosophen"^) mit folgenden Worten Aus¬
kunft: 8t!_i w^-jIj.» OläT v_*JCXj! jJj ^LbUJ (jji*-^
^älo Lo tU—t^ o*^^ Theon der Partheigänger Piatos; ihm ge¬
hört an ein Werk vier die Beihenfolge der Platolectüre und über
1) Cf. Hoefer, Konon p. 102, Anm. 120.
2) p. 255.
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488 Lippert, Ibn al-Kifti über den Ursprung der Apaturien.
die Namen von dem, waa er geschrieben hat Vergleichen wir
nun den arabischen Bericht mit dem von den griechischen Er¬
zählungen allein in Betracht kommenden Scholion zu Plato's Sym¬
posion, so finden wir, dass sie in allen wesentlichen Punkten über¬
einstimmen. Wo Discrepanzen vorliegen , da sind dieselben auf
das Conto des Uebersetzers zu setzen, wie denn dieser Bericht
überhaupt belehrend ist über die Art, in der Uebersetzungen von
den Orientalen gemacht wurden. Sehen wir darüber im Ein¬
zelnen zu.
Im Scholion wird der Streit um den Besitz von Oinoi und
Panactus (oder wie andere wollen, von Melainai) als Ursache der
Fehde angegeben ; bei Kif^i heisst es unbestimmt wegen einer ihnen
zugefügten Vergewaltigung. Auf diesen sich darin documentirenden
horror rvominum propriorum der orientalischen üebersetzer habe
ich schon an anderer Stelle hingewiesen Der arabische Beiieht
hat für den Athenerkönig die Namensform Umoetes. Zweifellos
liegt derselben die Verlesung Ovuoitm für Qvfioirijg zu Grunde.
Dass die Pointe der griechischen Sage gemordet sein würde , war
von vornherein anzunehmen. Eine Verstümmelung aber, wie sie
in der That an dieser Stelle vorliegt, kann wohl nur durch die
Annahme , dass der Bericht durch Vermittelung des Syrischen in
das Arabische gekommen sei , erklärt werden. Indess kann man,
wenn ich mich nicht täusche , der Entstehung der Verderbniss
noch auf den Grund kommen. Der von Melanthus dem Xanthus
gemachte Vorwurf des avv iTipcp ijxeiv (oder devrigov' ijxuv, wie
wohl nach den andern Berichten zu urtheilen , die Lesung der
Primärquelle gewesen sein dürfte), was „zu Zweit kommen" be¬
deutet, ist vom Uebersetzer missverstanden und in der Bedeutung
„zum zweiten Male kommen" aufgefasst worden. Er hat es des-
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halb mit jtc kehre zurück wiedergegeben und demselben , um es
einigermassen verständlich zu machen, ein gänzlich unmotivirtes
o-o ^
Oiloil gehe fort vorausgeschickt. Das fitTaargaipea&ai scheint
er dann wieder verstanden zu haben; er übersetzt es mit
j - & -
er wandte aich um (um nach etwas zu sehen) , während
man doch in Verfolg der arabischen Aufforderung ein vJlUait oder
.^..^j er ging fort erwarten sollte.
Nimmt man zu der Uebereinstimmung in der Gesammtdar-
1) Ueber die Anlage dieser Schrift vgl. meine „Stadien auf d. Gebiete d. griech.-arab. Uebersetzungslitteratur ' Heft I, p. 45 ff.
2) De epistula pseudaristoteiica negi ßnoiXeins p. 31, Anm.
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Lippert, ibn al-Kifti über den Ursprimg der Apaturien. 489
Stellung noch die speciellen Eigenthümlichkeiten beider Berichte,
die Nichterwähnung der Erscheinung des Dionysos vmd vor allem
die characteristiscbe Nachricht von der lu-sprünglichen Bezeichnung
des Festes als 'AnaTi]v6pia , so wird dadurch meines Erachtens
die Identität beider Erzählungen ausser Zweifel gestellt. Dass nun
Theon den Bericht aus dem Scholion entlehnt haben sollte, daran
ist schon aus chronologischen Gründen nicht zu denken. Es bleibt
also nur die Möglichkeit, dass beide eine gemeinsame Quelle be¬
nutzt haben. Nun beraft sich der Scholiast zu Anfang seines Be¬
richtes für die Genealogie des Godrus auf Hellanikus als Gewährs¬
mann 1). Aus seiner Atthis muss also auch Theon geschöpft , in
ihr werden wir somit die Primärquelle für den Bericht Kifti's zu
erblicken haben.
1) Warum Hellanikus, wie E. Maass (Göll. Gel. Anz. 1889, p. 803) will, nur für die Anfangswortc des Scholiens der Gewährsmann sein soll, sehe ich bei der engen Verbindung des Ganzen nicht ein.
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Lexicalisches aus „W"s ö Rämin".
Von R. T. stackelberg.
Die folgenden Zeilen verfolgen den Zweck, den Fachgenossen
einige seltenere oder sonstwie bemerkenswerthe Wörter mit Beleg¬
stellen aus dem persischen Epos ,Wis ö Rämin" (11. Jrh.) vor¬
zuführen, wobei die Calcuttaer Ausgabe von 1865 zu Grunde gelegt
ist. Die an einige dieser Wörter geknüpften Bemerkungen möchten
als kleiner Beitrag zur iranischen Lexicographie aufgenommen sein.
Bei Zählung der Zeilen (von oben , wenn nicht ausdrücklich das
Gegentheil angegeben ist) wird die Ueberschrift nicht mitgerechnet.
1) |^j^_J^öI flos quidam 22, 2; vgl. die Nebenform ^.^^^ö!
bei Salemann, Shams i Fachrli Lexic. Fers. p. 101, 11 = (^-^s- JJs'
(Goldlack, cheirantkus cheiri')) und Lagarde , Ges. AbhdI. p. 79,10.
Zum Uebergang von np. \£ m ^ vgl. Lagarde, a. a. 0. p. 79, 200.
Darmesteter, Et. lr. p. 63, § 25. Horn, Grdr. d. np. Etym.
p. 77, 348, p. 288, 1063.
2) OSj-y^l vestis serica crassior 300,9. L a g a r d e , 1. c.
13, 25. Horn, a. a. 0. 158, 713. Moses Kalankatuaci
(1. 11, c. 28, p. 157, Z. 3 v. u. ed. Emin) erwähnt im Verzeich¬
niss der Geschenke, welche der Kalif Moawija I dem Albanerfürsten JuanSer übersendet^), auch ^uuiuil|iuiIj „estaurak" , welches Wort
1) Die Blume wird häufig bei „Wu ö Jiäm'm" erwähnt: 218,
10 V. u.; 253, 8; 2G3, 4; 295, 4 v. u.; 304, 3 v. u. u. s. w. — Sie war nach dem Bundehes dem Sraom geweiht. Vgl. Lagarde, Ges. AbhdI. p. 60, 151.
2) Er sandte — |iiJmuiL^ui[|U Ii C[^J.[lujuilju ' = „estauraks und Brokatzeuge". Zu armen. rj_jiujuilj vgl. Horn, Grdr. p. 131, 591 und die arabisirte Form O^JJ bei Sa'di, Gul. II, 46, p. 91 (Eastwick). Vgl.
Patkanow's russ. Uebers. d. Moses Kajank. p. 160, Anm. 2.