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Ibn abi-l-'Akb.
Von I. Goldziher.
Unter den Pseudepigi-aphen der arabischen Literatur wird eine
kasldat al-malähim erwähnt , als deren Verfasser ein Ibn abi-
l-'Akb (oder ' A k i b ?) genannt wird. Dies apokalyptische Gedicht,
in welchem (nach Art der von de Goeje, Memoire sur les Carmathes ^
115 ff. behandelten Literatur) die Schicksale des Islams in ferner 5
Zukunft voraus verkündet sein sollen, ist bereits im zweiten Jahr¬
hundert d. H. bekannt. In einer in Agänl I, 169, 4 auf 'Awäna,
wohl den Verfasser historischer Schriften (st. 147, Fihrist 91, 8 ff.),
zurückgeführten Notiz erscheint der angebliche Verfasser als einer
von drei erdichteten Personen, die niemals existiert haben '). i"
Der Name wird, wie wir aus den hier zu erwähnenden Daten
ersehen, in verschiedenen Formen überliefert. Unter den Fragen,
die Gähiz {Tria opuscula ed. van Vloten 140, 16) detn Ahmad b.
'Abdalwahhäb vorlegt, finden wir auch die: ,was für Meinung er
über Ibn 'Aklb habe?"-) Die schT'itische Literatur nimmt ihn für is
ihre Sekte in Anspi-ucb. Er selbst sei Schüler des 'All und her-
o , - , >
nach Lehrer des Hasan und Husejn (y.JiA.wJI ^Ix/o) gewesen (s.
die zu erwähnende Nicholson'sche Handschr.). Als sein Eigenname
wird bei solcher Gelegenheit Jahjä und als seine Nisba al-Lejtl
gegeben. Im schi'itischen Gelehrtenlexikon (Kitäb al-rüjäl, Bombay so
1317, 49) s. V. Husejn b. Muhammed al-Azdl wird als Werk des¬
selben ein ,_^äc ^ji Jljj>-\ i-jUi' angegeben. Auch die
volkstümliche Hagiolatrie hat ihn beansprucht. Zur Zeit Makrizi's
wurde in Kairo in einem zokäk al-mazär genannten Gäßchen eine
Grabesstätte besucht, die das gewöhnliche Volk dem Jahjä b. 'Akb, 25
Erzieher des Husejn zueignete (Chitat H) ^5). Makrizi weist diesen .
1) Vgl. Abh. zur Arab. Pbil. II, CVI.
2) i.>->Jlc der Ausgabe. Die Kairoer Ausgabe (1324) 132, 7 setzt
mit den diakritischen Punkten »„«^c was fiir die Aussprache als
spräche.
E *
58 Gol(izi}ier, Ibn abi-l-'Akb.
Glauben der unwissenden Leute, den er als Exempel für die Albern¬
heiten ihres Gräberkultus anführt, mit Entschiedenheit zurück^).
Es werden auch verschiedentlich Texte als Mcdähim-Kasida
dieses Ibn abi-l-'Akb überliefert. Die Handscbriftensammlung des
5 Prof. R. A. Nicholson enthält unter dem Titel yiA ujLäJ'
einen Band, in welchem zwei demselben zugeschriebene prophetische
Gedichte aufbewahrt sind {JBAS. 1899, 907, n. 4). — Der Katalog
der Vizekönigl. Bibliothek zu Kairo (VII, 552) verzeichnet als Nr. 6
des Sammelbandes Nr. 62 eine dem Jahjä b. 'Akb (so) zugeschriebene
10 ^s-bU X tn:j . Minhäg al-dln 'Otmän (geb. 589, st. ca. 662
d. H.), Verfasser der Tabakät-i-Näsirl (ed. Biblioth. Ind.), teilt
(p. 439—443) ia persischer Übersetzung einen Auszug aus der
Kasida des Jalvjä son of A'kab (so) mit, dessen Inhalt (das Original
ist mir leider nicht zugänglich) von H. G. Raverty, dem eng-
15 liscben Bearbeiter der Tabakät (London 1881, II, 1282) folgender¬
maßen angegeben wird : ,This Kasidah prophecies the irruption of the
Turks, the sedition of the Chingiz Khan in Chin and Tamghäj and
the fall of the Muhammadan empires, and also the total annihilation
of the Turks'. — Für das Auftreten des zejditischen Imam Jahjä
20 al-Hädl (280 d. H.) werden von dessen Anbängern prophetische
Verse des Ibn 'Aklb (so) nachgewiesen (Van Arendonk, De Opkomst
van ket Zaidietische Imamaat in Yemen [Leiden 1919, de Goeje-
Stichting nr. 5] 117).
Auch den Titel b^IlXj! finden wir für ein dem Ibn abi-l-'Akb
25 zugeschriebenes Schriftwerk prophezeienden Inhaltes. In einem Kom¬
mentar zu dieser Schrift soll das Aufkommen der 'otmänischen Dynastie
als Vormacht des Islams, als Nachfolgerin des niedergehenden 'abbä¬
sidischen Geschlechtes vorhergesagt sein. Ich kenne diese Stelle aus
einem Exzerpt in yytÜ^, ,^^1 ^3jÄJ!
30 von Mustafö b. Kamäl al-dln al-Siddlkl (Handschr. des Instituts für
Orientalische Sprachen in St. Petersburg, Katalog der arabischen
Handschriften von Baron V. v. Rosen, Petersb. 1877, p. 11, Nr. 27).
Dasselbe geht aus von einem nach Ibn 'Asäkir angeführten Hadit''), und im Anschluß an ein Zitat ans Saläh al-dln al-Safadi's Kommentar
85 zur Sagara No'mänijja des Ibn al-'Arabl (Brockelmann I, 447,
nr. 126) lesen wir:
1) Vgl. Muh. Stud. II, 354.
2) Mu'ad b. Gebel (oder Sa'd b. Mu'äil) brachte dem Propheten die Nach¬
richt von der Niederlage des Perserkönigs, worauf jener gesagt habe: *U! q*J
yjtJ! ^ (j«^Ls (li^ j!) .Ls ^JjJ\ ^.i J,t 3Ü (Ls:>L3)
'Ll^ iCxäj ^! (|.LiJt (^) f^'-^iS ly
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Goldzihei', Ihn ahi-l-*Akb, 59
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SjUib ÄJ^ftii- j'j^^' i5 ii^^tXx L^Li iLjöUi*J! üi^LX-jl iuLi=U3J!
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^L^ ^.jyCUj^ jyCi ^ er!) j äJjJ« 5
L?^' c^s'^ f^^i^^i ry^ Vj*^'
Darauf folgt eine diese Prophezeiung bestärkende kabbalistische
Buchstabenspekulation und eiu Zitat aus ^-jjjJ! ^X*^ g-*-^*^'
»jft=- jjS,
Erst nach Einsicht in dies Material könnte man eine Meinung lo
über das Verhältnis der dem Ibn abi-l-'Akb zugeschriebenen Pseud¬
epigrapha zu einander wagen. Es scheint, daß es sich um von
einander verschiedene posteventum-prophetische Machwerke handelt,
für deren Beglaubigung man von Pall zu Pall sich des für solche
Dinge geeigneten Verfassernamens des I. a. 'A. bedient hat. i8
Abü Nuwäs und al-Rakä^i verfertigten einmal spaßweise Ge¬
dichte im Stil des I. a. 'A. (bei dieser Gelegenheit als ,_^iAÜ! be¬
zeichnet) und ließen sie durch einen Verrückten namens Abü Jäsln
al-häsib rezitieren ; als dieser die Gedichte erlernt hatte, bildete er
sich fest ein, daß er selbst Verfasser derselben sei. (Gähiz, Bajän so
II, 7-; Brockelmann, Enzyklop. d. Islam I, 109".)
1) Aus demselben Vers wurde auch die Eroberung Ägyptens durch Sultan Selim herausgeklUgelt, ZDHG. 68, 545.
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Zu den Inschriften von 'Aräq il-Emir.
Von Enno Littmann.
Durch meine VeröffentUchung der Inschriften von 'Aräq il-EmIr
in den Publications of the Princeton University Archaeological
Expedition to Syria in 1904 — 1905, Division III, Section A, Leyden 1907, glaubte ich die Lesung der beiden gleichlautenden Dokumente
s endgültig als M-ait: festgestellt zu haben. Nun hat aber Budde
in einem Artikel dieser Zeitschrift, Bd. 72, S. 186—188, den ich
wegen der Kriegsläufte erst vor Kurzem lesen konnte, eine Lesung
n-a^b vorgeschlagen, ohne auf meine Publikation einzugehen. Ich
habe im Jahre 1904 jeden der 10 Buchstaben an Ort und Stelle
10 bis zum Millimeter genau ausgemessen, und zwar nicht nur die
Breite und Höhe der Buchstaben , sondern auch jeden einzelnen
Strich und Haken. Danach sind die Zeichnungen auf S. 2 meiner
Arbeit hergestellt. Außerdem gebe ich dort Photographien beider
Texte, die zufälligerweise ganz gut gelungen sind und daber jedem
16 die Nachprüfung ermöglichen; eine Retusche ist an den Photogra¬
phien nicht vorgenommen. Ohne weiter auf Einzelheiten, die doch
nur das dort Gesagte wiederholen müßten, hier einzugehen, möchte
ich nur auf meine früheren Peststellungen verweisen und die Lesung
n-m:: von neuem als die einzig mögliche bezeichnen , damit sich
so keine falschen Lesungen in die Lehrbücher einbürgern. Da aber
B. betont, daß er, Dalman und dessen Schüler nur eine Inschrift
gesehen hätten, möchte ich doch bemerken, daß weder ich noch
mein photographischer Apparat bezichtigt werden kann, doppelt
gesehen zu haben.
25 Die Schwierigkeit, daß ein b am Anfange fehlt, bleibt bestehen.
Ob meine Annahme, daß dieser Tobias mit Hyrkanos identisch sei,
richtig ist, darüber mögen die Facbgenossen entscheiden.