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Ibn el-öi'än hat aber außer¬ dem — und das haben weder Moritz noch die anderen

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(1)

Beiträge zur Geschichte Ägyptens, zur Zeit der

türkischen Eroberung.

Von Mohamed Mostafa.

1. Die politische Einteilung des Landes.

Seit der letzten Katastrierung durch den Sultan en-Näsir

Muhammad b. Qalä'ün im Jahre 715/1315 hat sich die poli¬

tische Einteilung des Landes nicht wesentlich geändert').

Danach wird Ägypten in zwei Teile eingeteilt: Oberägypten,

bestehend aus neun Provinzen, und Unterägypten, bestehend

aus sechs Provinzen und drei Gouvernoraten.

Eine spätere genaue Übersicht über die Einteilung des

Landes bietet das Werk et-tuhfa es-sanlja bi-asma' el-biläd

el-misrlja des Ibn el-öi'än. B. Moritz, der das Werk heraus¬

gegeben hat (Büläq 1898), hat richtig gesehen, daß es sich

hier um eine Neuwerteinschätzung handelt, die vom Sultan

al-Asraf Sa'bän 777/1375 angeordnet ist. Die rein kataster¬

mäßigen Vermessungen, die hier enthalten sind, sind dem

Rök en-Näsiri entnommen"). Ibn el-öi'än hat aber außer¬

dem — und das haben weder Moritz noch die anderen'),

die sich mit seinem Werke beschäftigt haben, gemerkt —

1) Diese Katastrierung, den sogenannten Rök en-Näsiri, hat uns

Maqrizi in seinen gitat erhalten, vgl. Bflläqer Druck I, 74, 88 u. 129, ed. WiBT I, 312, II, 20, III, 4. Leider hat Maqrizi die Einzelvermes¬

sungen nicht aufgezeichnet, er beschränkt sich auf die Angabe der

Provinzialeinteilung.

2) Ausdrücklich angegeben, S. 138,28: ,, Nicht vermessen worden

im Rök en-Näsirl." Infolgedessen fehlt die Vermessungsangabe auch hier. Ähnlich S. 139, i.

3) Z. B. C. H. Beckes „Egypten" in EI 11,12; Maspäko und Wiet in „Matöriaux pour servir ä la Geographie de l'Egypte" = MIFAO.

XXXVI, Cairo 1914.

(2)

daneben noch alle Änderungen angeführt'), die seit 777 bis

zum Zeitpunkt der Niederschrift seines Werkes eingetreten

sind, sowohl Angaben über die Technik der Verwaltung, die

sich geändert hat, als auch Mitteilungen über die Besitz¬

verhältnisse der Lehen. Und da Ibn el-öi'än in seiner Ein¬

leitung (S. 2) ausdrücklich darauf hinweist, daß er die Besitz¬

verhältnisse ergänzend hinzufüge wie sie sich bis zum Jahre

880—83/1475—78 geändert haben, kann man mit Sicherheit

darauf schließen, daß die Niederschrift seines Werkes — die

Mobitz (Einleitung S. II) als nicht nachweisbar ansieht —

um diese Zeit stattgefunden haben muß. Das wird bestätigt

durch gewisse von Ibn Ijäs") erwähnte Ernennungen. Nach

ihm werden im Jahre 880 ernannt: im Monat Rabi' I Azdumur

el-Ibrähimi et-Tawil zum Amir Hägib el-Huggäb (Militär¬

gerichtspräsident) (III, 104, Ii), und im Monat öumädä I

Öäni bäi el-Faqih az-Zähiri min Tutuh zum Amir Siläh

(Kriegsminister) (III, 106, e), und Qugmäs el-Ishäqi zum

Amir Äbör Kabir (Oberstallmeister) (III, 106, 5). Diese Amire

kennt Ibn el-öl'än nur als solche Amtsträger und führt sie

als Lehensbesitzer auf). Durch Ibn Ijäs (III, 140, s; 143, 10)

wissen wir aber, daß Öäni bäi el-Faqih min Tutuh im

Jahre 883 verbannt wurde und im gleichen Jahre starb,

mithin später nicht als Lehensträger genannt werden kann *).

Wegen dieser ziemlich genau möglichen Datierung des

Werkes kurz vor der türkischen Eroberung, hat es eine be¬

sondere Bedeutung als Quelle für die politische Einteilung

Ägyptens zu seiner Zeit erhalten.

1) Z. B. ein Ort, der vermessen und geschätzt war, nunmehr aber

zur Zeit Ibn el-öi'äns, entvöllcert {iaräb) ist. S. 192, ».

2) Ibn Ijäs I und II bezieht sich auf den Büläqer Druck, Ibn Ijäs III, IV, V auf Bibl. Islamica V (ed. Kahle und Mostafa).

3) Vgl. für den ersten Amir: 90, is und 166,»; für den zweiten:

45,1» und 78,1»; und für den dritten: 12,«; 51, u; 119,4 u.a.m.

4) Zur Bestätigung mögen noch folgende Angaben dienen. Ibn el-

öl'än kennt noch, S. 144, w, den ^alK^n al-Mustangid Billäh als

Lehensträger, der im Jahre 884/1479 starb (Ibn Ijäs III, 146, «). Ebenso

wird, S. 13,»», der Dawädär Jaäbuk genannt. Dieser starb im Jahre

885/1480. Ibn Ijäs III, 167, t.

(3)

196 M. Mostapa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

Auch Ibn Duqmäq') setzt die pohtische Einteilung, die

wir aus dem Rök en-Näsiri kennen, voraus, gibt aber die ver¬

änderten Besitzverhältnisse an aus dem Jahre 795/1393,

bietet also ein erwünschtes Mittelglied zwischen der bei Ibn

el-öi'än enthaltenen Neuwerteinschätzung vom Jahre 777 =

1375 und der Verhältnisse zur Zeit des Ibn el-öi'än. Das ist

aus dem Texte, wie er von Völlers veröffentlicht ist, deshalb

nicht klar zu ersehen, weil Völlers nicht gemerkt hat, daß

die einzige Handschrift vom Werke des Ibn Duqmäq, die dem

von ihm herausgegebenen Druck zugrunde liegt, verheftet

war. Schon Kahle hat (Islam XII, 155f.) die richtige Reihen¬

folge der Blätter nachgewiesen; ich habe dazu weiter fest¬

gestellt, daß fol. 13 vor fol. 116 stehen muß.

Berücksichtigt man diese Umstellungen, so sind die Ver¬

hältnisse bei Ibn Duqmäq folgendermaßen:

a) Die oberägyptischen Provinzen: al-ölza IV, 121b bis

126a; Itfih 126a—130a; al-Faijüm (fehlt); al-Bahnasä la

bis 12b, 14a; Uämünain mit Tahäwija 14b — 21a; Manfalüt

21b; Asjüt 21b—24a; Ihmim 24b—27a; Qüs mit Aswan

und 'Aidäb 27 a—35b.

b) Die unterägyptischen Provinzen und Gouvernorate :

Kairo 42a—47a; Qaljübija 47a—50b; Sarqija 50b—69a;

Daqahlija mit Murtähija 69a — 79a und Nastaräwa 113b bis

114b (Schluß fehlt); Damiette 79a—82a; Öarbija 82a—87b,

115, 88a—98b, ein Blatt fehlt, 109, einige Blätter fehlen;

Menüfija, der Anfang fehlt, 107, ein Blatt fehlt, 108, ein Blatt

fehlt, 99a und Abjär wa öazirat bani Nasr 99a — 101b;

Buhaira 101b—106b, ein Blatt fehlt, 110a—li3b und Füwa

wal-Muzähimljatain, diese Blätter fehlen; Alexandrien 13,

116a—118a.

Wenn Völlers (S. 6) das Werk des Ibn Duqmäq nach

793/1391 datiert, so ist auch dies näher zu präzisieren auf

795—798/1393—1395. Ibn Duqmäq erwähnt (V, 21) den

Amlr Dawädär Kabir Qulmutäi al-'Utmänl als bereits in

seinem Amt befindlich. Er wurde 795 ernannt (Ibn Ijäs I, 298).

1) Ibn Duqmäq, Kitäb el-intifär Ii loäsitat 'iqd el am?är = De¬

scription de l'Egypte par Ibn Douifmäk, ed. Völlers, Kairo 1893.

(4)

Den von Ibn Duqmäq (V, 11 u. 18) genannten Ustädär

öamäl ed-Din Mahmüd b. 'Ali az-Zähiri entfernt der Sultan

az-Zähir Barqüq Anfang 798/1395 aus seinem Amt, von da

ab kann er aber nicht mehr als Lehensträger genannt werden

(Ihn Ijäs 1,304).

Neben Ibn al-öi'än und Ibn Duqmäq kommt Qalqaäan-

di') in Betracht, der, gestützt auf die Angaben von früheren

Schriftstellern (al-Qudä'i, Ibn Fadlalläh, Ibn el-Atlr, Ibn

Sa'id, Ihn Hallikän u. a.), eine Übersicht der Entwicklung

der Verwaltungsverhältnisse bringt, der er den Zustand seiner

Zeit (815/1412)2) beifügt.

Ibn Ijäs hat in seiner Chronik die Werke von Maqrizi,

Ibn Duqmäq und Ibn el-öi'än nie erwähnt'), kennt aber

natürlich die Katastrierung des Jahres 715/1315 (I, 159). Den

Ibn el-öi'än kennt Ibn Ijäs als mustawfi diwän el-gaiS (Rech¬

nungsführer des Heeresamts) und als Gelehrten (III, 163, 9),

und hat darauf hingewiesen, daß der Enkel dieses Ibn el-

öi'än es gewesen ist, der von Selim I. unmittelbar nach der

türkischen Eroberung mit einer Neukatastrierung und einer

Neuwerteinschätzung beauftragt wurde. Er habe diese Auf¬

zeichnungen, die Grundlage für die spätere türkische Steuer¬

politik, dem Selim in Kairo überreicht. Es wäre wertvoll,

wenn man dieses wichtige Dokument etwa in Stambul

wiederfände.

a) Oberägypten.

Oberägypten wird nach Maqrizi (vgl. die tabellarische Über¬

sicht bei Maspäro und Wiet, Materiaux 118, C. H. Becker

in E I ,, Egypten" II, 13) in neun Provinzen eingeteilt:

1. Qüs mit Aswan und 'Izab Qamüla als Grenzstädten,

2. Ihmim, 3. Asjüt, 4. Manfalüt, 5. al-U§münain mit at-

Tahäwija, 6. al-Bahnasä, 7. al-Faijüm, 8. Itflh, 9. al-Öiza.

Der hier innegehaltenen Aufzählung von Süden nach Norden

steht die Aufzählung von Norden nach Süden bei Qalqasandi,

Ibn Duqmäq und Ibn el-Öi'än gegenüber. Die von Maspöro

1) Subh el-A'sä III, 396f. und Wüstbnpeld's Bearbeitung S. 104f .

2) III, 267,?; 279, i; 439, u.

3) Vgl. P. Kahlb, Einleitung zu Ibn Ijäs, Bd. IV, S. 24.

(5)

198 M. Mostapa, Beiträge zur Gesciiichte Ägyptens.

und Wiet, S. 189, nach Qalqasandi mitgeteilte Liste der

Provinzen stimmt mit der bei Maqrizi erhaltenen des Rök

en-Näsiri vollkommen überein, nur die Grenzstadt Aswan

fehlt, obgleich QalqaSandi III, 400 sie als solche aufführt.

Die 'Izab Qamüla werden von Qalqaäandi nicht besonders

genannt.

Nach Maspäro und Wiet soll Ibn Duqmäq für Ober¬

ägypten nur 8 Provinzen und 2 Grenzstädte aufzählen. In

ihrer Tabelle fehlt Asjüt und bei al-Usmünain wird das dazu¬

gehörige Gebiet von at-Tahäwija nicht aufgeführt. An die

Stelle von 'Izab Qamüla tritt die Hafenstadt 'Aidäb. Wäh¬

rend nur die letztgenannte Abweichung dem Text von Ibn

Duqmäq entspricht, beruhen die beiden ersten darauf, daß

die Verfasser nach der unvollständigen Einleitung zu den

Provinzen Oberägyptens bei Ibn Duqmäq (IV, 128) zitieren.

In der katastermäßigen Aufzählung bei Ibn Duqmäq (V, 22,25)

hat die Provinz Asjüt folgerichtig ihren Platz zwischen Man¬

falüt und Ihmim. Auch die früher selbständige, später mit

al-U§münain in einer Verwaltungseinheit zusammengezogene

Provinz at-Tahäwija (Qalqaäandi III, 399) wird bei Ibn

Duqmäq (V, 15) ausführlich behandelt. Es ergibt sich also

die vollkommene Übereinstimmung in der Aufzählung der

Provinzen bei Maqrizi, QalqaSandi und Ibn Duqmäq.

Das gleiche Ergebnis bietet die Nachprüfung der von

Maspäro und Wiet S. 190 mitgeteilten Liste nach Ibn el-

Öi'än. Diese Tabelle weist nur 7 Provinzen auf, da al-Öiza

hier zu Unterägypten gerechnet wird, aber in der Beschrei¬

bung zählt sie zu Oberägypten (138, 26).

Daß Manfalüt fehlt, ist damit zu erklären, daß die Ver¬

fasser sich an die Einleitung (S. 3—5) gehalten hsiben. Bei

der eigentlichen Darstellung (S. 184) führt Ibn el-öi'än die

Provinz richtig auf. Auch die in der Tabelle fehlenden Grenz¬

städte Aswän und 'Aidäb sind von Ibn el-öi'än S. 195 bei

der Provinz Qüs besonders genannt. Daß bei der Provinz

al-U§münain das Gebiet von at-Tahäwija nicht genannt wird,

ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, daß es als Unterteil

der Provinz nicht mehr in die Erscheinung tritt. — Bei Ibn

(6)

Ijäs werden in dieser Zeit von den Provinzen erwähnt z. B.:

Ihmim (I, 154), Asjüt (IV, 317, is), Manfalüt (IV, 289, 17),

Bahnasä (IV, 296, is), Faijüm (IV, 293, 13).

b) Unterägypten.

Nach dem Rök en-Näsiri zerfällt Unterägypten in 6 Pro¬

vinzen und 2 Gouvernorate'). Die Namen der Provinzen

sind: 1. al-Buhaira, 2. al-Garbija, 3. al-Menüfija, mit Abjär")

und Öazirat Bani Nasr, 4. al-Qaljübija, 5. a§-Sarqija, 6. U§-

müm Tanäh mit ad-Daqahlija und al-Murtahija, sowie den

Städten Burullus, Raäid und Mansüra.

Die beiden Gouvernorate sind Alexandria und Damiette.

Sowohl bei Qalqasandi, III, 402f., als auch bei Ibn

Duqmäq, V, 43 f., und Ibn el-Öi'än, S. 3, besteht hinsichtlich

der Aufzählung von den Provinzen 1, 2, 4, 5 keine Abwei¬

chung.

Zu 3: Abjär und öazirat Bani Nasr scheinen früher eine

eigene Provinz gebildet zu haben, werden aber in Überein¬

stimmung mit dem Rök en-Näsiri auch von QalqaSandi,

III, 410, und Ibn Duqmäq, V, 43. 99, zu Menüfija gerechnet.

Zu 6: Bei QalqaSandi, 111,405, Ibn Duqmäq, V, 68, Ibn

el-öi'än, 146, wird die Provinz Daqahlija und Murtähija ge¬

nannt, und Uämüm Tanäh nur als Hauptstadt der Provinz

erwähnt. Wenn Maspäro und Wiet, S. 189, Daqahlija und

Murtähija nach Ibn Duqmäq als getrennte Provinzen auf¬

führen, so stimmt das weder zu der Einleitung, noch zu der

Beschreibung des Ibn Duqmäq. Wenn sie für Ibn el-öi'än

nur Daqahlija aufführen, so haben sie sich an die unvoll¬

ständige Einleitung gehalten.

1) Masf^bo und Wiet, S. 189, nehmen in die Tabelle noch die

Oasengebiete {al-wäfät) auf, die aber nach Maqrizi I, 74 weder zu den

Provinzen noch zu den Gouvernoraten zu zählen sind, da sie den

Lehensbesitzern, nicht den Provinzverwaltern, unterstehen.

2) MASPiBO und Wiet, S. 189, führen in ihrer Tabelle. Abjär nicht

auf, weil Maqrizi 1,129 sagt: „Abjär, welches genannt wird öazirat

Bani Nasr". Bei Maqrizi I, 74 heißt es aber: „Abjär und äazirat Bani

Nasr". Daß diese Lesart zu bevorzugen ist, ergibt sich schon aus

QalqaSandl III, 409L, Ibn Duqmäq S. 99 und Ibn el-6l'än, S. III.

(7)

200 M. Mostapa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

Die nördlichen Landstriche Nastaräwa mit Burullus und

Rosette erwähnt Qalqaäandl nicht, Ibn Duqmäq (V, 113) und

Ibn el-öi'än (S. 137) führen das Gebiet ohne die Bezeichnung

Provinz an. Speziell der letztere sagt ausdrücklich iqllm (Ge¬

biet), nicht a'mäl (Provinz).

Zu 1: Buhaira schheßt nach Qalqaäandi (111,407) Füwa

und Muzähamijatain ein. Ibn el-öi'än (S. 137) sagt das nicht

ausdrücklich, und so haben es MaspSro und Wiet, S. 190,

fälschlich als besondere Provinz genommen. Berücksichtigt

man bei Ibn Duqmäq die oben (S. 196) bereits behandelte

Versetzung bzw. das Fehlen einzelner Blätter, so stimmen

seine Angaben hier genau zu Ibn el-öi'än. Im Rök an-Näsiri

wird Füwa und Muzähamijatain nicht erwähnt.

Unterägypten zerfällt somit in 6 Provinzen. Diesen Pro¬

vinzen waren die drei bedeutendsten Städte Kairo, Alexandria

und Damiette mit ihrem Hinterland nicht unterstellt. Deshalb

erwähnen Qalqaäandi, III, 404. 406. 407, Ibn Duqmäq, V, 43.

78. 116, Ibn al-Öi'än, 5. 62. 138, die Städte in der Liste der

Provinzen, fügen aber ausdrücklich hinzu, daß es sich bei

ihnen nicht um Provinzen (a'mäZ), sondern um Stadtgebiete

handelt, von denen Alexandria und Damiette einem Statt¬

halter (nä'ib) unterstand, während Kairo von einem vom

Sultan direkt ernannten Polizeigouverneur {wäll aS-Surta) ver¬

waltet wurde. Daß im Rök en-Näsiri Kairo nicht mehr be¬

sonders genannt wird, ist damit zu erklären, daß es schon

vorher ausführlich behandelt wird.

Bei Ibn Ijäs werden von den Provinzen folgende erwähnt

zu dieser Zeit: Buhaira, Gar bij a, Menüfija, Qaljübija, Sarqija

und natürlich die drei Städte.

c) Statthalterschaften.

Zum ägyptischen Reiche gehören sechs große Statthalter¬

schaften (nijäbät), die aus ehemals selbständigen Gebieten

bestehen. Sie bilden keinen intregierenden Bestandteil des

ägyptischen Reiches, sondern haben mehr den Charakter von

Vasallenstaaten, die von den Statthaltern {nüwäb), Beamten

des ägyptischen Sultans, verwaltet werden. Im Bereiche von

(8)

Damaskus und Aleppo gibt es noch kleinere Statthalter¬

schaften, die verwaltungsmäßig selbständig sind. Auch für

sie werden die Statthalter vom Sultan selbst ernannt. Da¬

neben gibt es noch Unterstatthalterschaften (wiläjät), deren

Vorsteher von den Statthaltern des Gebietes, in dem sie

liegen, ernannt werden. Sie unterstehen deshalb auch nur

mittelbar der Jurisdiktion des Sultans.

Seit Qalqaäandis Beschreibung hat sich namentlich unter

al-6üri bei diesen Statthalterschaften manches geändert. Ge¬

blieben sind Zahl und Grenzen. Daß noch von al-6ürl Statt¬

halter für diese Gebiete ernannt worden sind, wissen wir aus

Ibn Ijäs. Die 6 Statthalterschaften sind folgende:

1. Damaskus (Qalqaäandi IV, 18f., Ibn Ijäs IV, 34, i7U.ö.),

2. Aleppo (Q. 215, I. I. IV, 34, n u. ö.),

3. Taräbulus (Q. 233, I. I. IV, 34, i9 u. ö.),

4. Hamä (Q. 236, I. I. IV, 34, is u. ö.),

5. Safad (Q. 240, I. I. IV, 34, 20 u. ö.),

6. al-Karak (Q. 243, I. I. IV, 82, 10; 94, 19 u. ö.).

Im Bereich von Damaskus gibt es als kleinere Statt¬

halterschaften noch

1. Öazza (Qalqa§andi IV, 198, Ibn Ijäs IV, 34, 20),

2. Quds (Jerusalem) (Q. 199, I. I. IV, 34, 22),

3. Hims (Q. 202, I. I. V, 63, 4; 70, e).

Im Bereich von Aleppo sind folgende kleinere Statt¬

halterschaften :

1. Kahta (Zur Zeit Qalqaäandis noch vom Statthalter

von Aleppo besetzt, Q. IV, 226, später durch direkte

Anordnung des Sultans, Ibn Ijäs IV, 285, 21; 295,6),

2. 'Aintäb (Q. 226; I. I. IV, 207, 15; 245, 3; V, 62, 20),

3. Malatija (Q. 228; I. I. IV, 243, 5),

4. Tarsüs (Q. 228; I. I. IV, 297, 2),

5. Sis (Q. 229; I. I. IV, 262, 1),

6. al-Bira (Q. 229; I. I. IV, 184, 3; 191, 5).

Dazu kommen noch drei Mandatsgebiete, in denen die

Landesfürsten unter der Oberhoheit und mit Genehmigung

des ägyptischen Sultans regierten.

(9)

202 M. Mostafa, Beiträge zur Geschiclite Ägyptens.

1. Ubulustain (Qalqasandi IV, 228, vgl. EI S. v. Al-

bistän I, 263),

^2. Janbu' (I. I. IV, 89, 20),

'3. Higäz (Q. IV, 243 f.).

Die im Gebiet von Higäz liegende Hafenstadt öidda

unterstand als Statthalterschaft direkt dem ägyptischen

Sultan (I. I. IV, 251, 19; 308, 10).

2. Der Sultan al-GQrl.

Al-A§raf Abu-n-Nasr Qänsüh min Biberdi al-öüri al-

Aärafi war der vorletzte der tscherkessischen Sultane in

Ägypten (1. Sawwäl 906 H.— 25. Ragab 922/1501—16). Seine

Herkunft ist dunkel. Wir wissen nur, daß er zu den frei¬

gelassenen Mamluken {ma'ätiq) des Sultans Qäitbäi gehörte.

Er bekommt Kleider und Pferde und wird, nachdem er

Öämdär war (IV, 2, s), zum Hässki befördert. Es scheint,

daß man seine besonderen Fähigkeiten erkannte, denn schon

im Du '1-Qa'da 886/1481 ist er von Qänsüh Hamsumi'a zum

Präfekten von Oberägypten vorgeschlagen und vom Sultan

ernannt worden (III, 185, 20). Schon drei Jahre später, im

Rabi' II 889/1484, verwendet ihn Qäitbäi, unter gleich¬

zeitiger Beförderung zum Amir 'Aäara, in einem Feldzuge

gegen 'Alä ad-Dawla') und sendet ihn deswegen nach Aleppo

(111,202, 8).

Daß man seine Tatkraft richtig einschätzte, beweist die

bald darauf erfolgte Ernennung zum Statthalter (nä'ib) von

Tarsüs (IV, 2, 12). Doch im folgenden Jahre, im Rabi'

II 894"), kehrt er nach Aleppo als Nachfolger von Bakir

ibn Sähh al-Kurdi zurück in der Eigenschaft eines Militär¬

gerichtspräsidenten {hägib al-hug§äb). Er unterdrückt mit

großer Energie einen Aufstand und erwirbt sich, wahrschein¬

lich dadurch, erneut die Würde eines Statthalters (näHb),

diesmal von Malatija (IV, 2, 14). Inzwischen ist an-Näsir ibn

Qäitbäi zur Regierung gekommen; der bringt al-öüri das

1) Vgl. EI 1, 1000 unter „Dhu 'I-Ij:adr".

2) Sobernheim in EI II, 771 gibt 893 an. Es muß aber heißen

894 nach Ibn Ijäs 111,259,« und IV, 2,1».

(10)

gleiche Vertrauen entgegen und macht ihn sogar zum Amlr

Muqaddam Alf (IV, 2, 15). Die nächste Stufe der militärischen

Rangordnung erreichte al-öüri unter Sultan az-Zähir Qän¬

süh^) am 3. Du '1-Qa'da 905. Er wird amir ra's nawbat an-

ruwab (Befehlshaber der Mamlukenoffiziere).

Am 2. Du '1-Higga 905 wird öänbalät Sultan. Den meu¬

ternden und aufrührerischen Statthalter von Damaskus

Qasrüh niederzuringen werden Tümänbäi und al-Clüri aus¬

gesandt. Nach siegreicher Beendigung des Kampfes stürzt

Tümänbäi noch in Syrien den Öänbalät und kehrt selbst als

Sultan zurück; den öüri ernennt er dabei zum Dawädär

Kabir, Ustädär und Wazir in Kairo. Durch die Vereinigung

dieser drei hohen Ämter in einer Hand bekommt ihr Träger —

eine häufige Erscheinung in der Spätzeit der Mamlukenherr-

schaft — bestimmenden Einfluß auf alle Regierungsma߬

nahmen.

Nach einigen Monaten wird Sultan Tümänbäi I. von den

unzufriedenen Mamluken gestürzt. Er muß in der Nacht zum

1. Sawwäl 906/20. April 1501 fliehen. Nach Bekanntwerden

seiner Flucht versammeln sich schon am nächsten Morgen

die Obersten der Mamluken, unter ihnen die Amire Qait ar-

Ragabi, Qänsüh al-öüri, Turäbäi, Qänibäi Qara und Misrbäi*).

Als Versammlungsort dient das Haus des Qänsüh Hamsumi'a,

wohin auch der Atäbeki Tänibäi al-Öamäli kommt. Seit

öänbaläts Niederlage hatte er sich verborgen gehalten.

Die Wahl fällt auf den zurückgekehrten Atäbeki Tänibäi.

Da sich aber die Nachricht verbreitete, daß Qänsüh Ham¬

sumi'a entgegen der ersten Annahme noch lebe, ließ man,

während Tänibäi zur Zitadelle reitet, ausrufen, Qänsüh Ham¬

sumi'a möge aus seiner Verborgenheit heraustreten. Durch

diese Verzögerung bei der Machtübernahme kommt die Un¬

beliebtheit Tänibäis bei den Truppen zum Ausdruck; sie

1) Also nicht erst, wie Sobkknhbim in EI II, 771 angibt, unter

Sultan äänbalät, sondern noch unter Sultan az-Zähir Qänsüh, da

dieser bis zum 2. Du '1-Higga 905 regierte.

2) I. I. IV, 3, if., wo noch mehrere angegeben sind, und ausführ¬

liche Angaben über Rang, Titel usw. zu finden sind.

1

(11)

204 M. Mostapa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

weigern sich nunmehr, ihn als Sultan anzuerkennen. Schein¬

bar um einer Truppenmeuterei zu begegnen, schlagen nun¬

mehr die Amire Qäit ar-Ragabi und Misrbäi eine Kandidatur

al-Güris vor. Nach langem, immer üblichen Widerstreben

und zeremoniellen Weinen*) nimmt al-Güri noch am selben

Tage an, und die Huldigung erfolgt anschließend.

Die Angaben bei Ibn Ijäs über das Alter (jlüris wider¬

sprechen sich. In Band IV, 5, i heißt es : ,,Er war etwa 60 Jahre

alt." Dagegen steht die Angabe in V, 85, 21 über seine Re¬

gierungszeit, aus der hervorgeht, daß öüri bei seiner Thron¬

besteigung über 60 Jahre alt gewesen ist"). Da letztere

Angabe detaillierter ist, ,,als er starb, habe er das Alter von

78 Jahren erreicht", und ,,er habe 15 Jahre, 9 Monate und

25 Tage regiert", so ergibt sich — al-öüri starb am 25. Ra¬

gab 922 — daß er 906 62 Jahre alt gewesen sein muß. Trotz

seines Alters wird er uns als ein rüstiger Mann geschildert,

von großer Gestalt, kräftigem Körperbau und starkem

Leibesumfang (V, 85, 22). Des Sultans Gesicht war weiß und

nicht eingefallen, denn dicke Fettpolster umgaben seine

Augen. Seine Stimme war laut und durchdringend. Sein

durchaus noch nicht greisenhaftes Aussehen wird noch durch

die Angabe unterstrichen, daß sich in seinem runden Bart

noch kein graues Haar zeigte (IV, 5, 4). Besonders hebt Ibn

Ijäs noch hervor, daß in Gürls Haar sich bei seinem Tode

nur wenig graue Strähnen zeigten (V, 87, s).

Die summarischen Angaben über den Charakter al-öürls

lassen uns einen Menschen erkennen, der für alles Gute und

Schöne begeistert war, dessen Fehler nur war, daß er, wirk¬

lichkeitsfremd, seine Pläne ohne kleinliche Rücksichtnahme

durchführen will. Er entstammte der Mamlukenabteilung

al-öür aus Afghanistan, von der bekannt ist, daß ihre Schüler

besonders im Koran und in den theologischen Wissenschaften

unterrichtet wurden (vgl. Sobernheim in EI II, 771).

1) Die üblichen Einwendungen und das Tränenvergießen sind nur

zeremonieller Art und können bei vielen Sultanswahlen beobachtet

werden. Siehe Z. B. III, 3, uf.

2) Vgl. hierzu auch Weil, Geschichte der ChaJifen V, 386, Anm. 1.

(12)

Außerdem rühmt Ibn Ijäs seine große Liebe zur Musik und

seine Freude am Gesang, sein Verständnis für Geschichts¬

bücher und Literatur und seine Fähigkeit, Gedicfite in tür¬

kischer Sprache zu verfassen (V, 87, s).

Viele Einzelzüge berichtet Ibn Ijäs, die von der Leut¬

seligkeit und Freigebigkeit al-Gürls Zeugnis ablegen. Bei

seinen vielfachen Besuchen der heiligen Grabstätten vergißt

er nie deren Diener zu beschenken und gedenkt auch jedesmal

der Süfis und der Armen. Bei seinen Besuchen in den Schulen

■wird berichtet, daß er die Kinder neu einkleiden ließ (1V,126,5;

141,19; 263,15; 374, 20; 382, 20; 399, 14 u. a. m.). Einer in

Kairo eintreffenden magribinischen Pilgerschar von etwa

70 Personen gab er jedem einen Dinar, damit sie sich für den

Weg nach Mekka verproviantieren konnten (IV, 166, 5).

Durch diese Güte zu den Mitmenschen beherrscht er seine

Umgebung und weiß sie günstig für sich zu stimmen. Ja, er

weiß sich auch im Zorn so sehr zu beherrschen, daß er beim

Bekanntwerden von Aufständen gegen ihn die Amire zu sich

kommen läßt, nicht um sie zu bestrafen, sondern sie durch

einen Schwur auf das osmanische Koran-Exemplar') (al-

mushaf al-'utmänl) aufs neue zu verpflichten, um sie dadurch

von Betrug und Aufstand gegen ihn abzubringen (IV, 49, 19;

103, 14; 241, 17; 315, 6 u. ö.). Von den ihm auf seinen Reisen

zuteil werdenden Geschenken gab er regelmäßig einen Teil

den Amiren (IV, 294, 1) ab. Seine Gardisten (Hässkija) ver¬

sorgte er besonders gut. Sie bekamen, im Gegensatz zu der

Sitte der früheren Sultane, reichlich Waffen und Geschenke

von ihm. Als besonders markantes Beispiel sei noch an¬

geführt, daß al-Güri während der Pestzeit 910/1504 alle

Steuern aufhob (IV, 77, 17).

Ein besonders hervorstechender Charakterzug waren seine

abergläubischen Neigungen, so daß Ibn Ijäs sein Erstaunen

1) Dieses Exemplar soll nach Ibn Ijäs (V, 67, u) eine der vom

Halifen 'Utmän veranlaßten authentischen Niederschriften gewesen

sein (vgl. EI 11,1146); al-6üri habe es in dem Feldzug gegen die

Osmanen mitgeführt und nach der Niederlage galt es als verloren

{fuqid). I. I. V, 69,1..

(13)

206 M. Mostapa, Beiträge zur Gesciiichte Ägyptens.

darüber ausdrückt, daß ein tscherkessischer Sultan diesen

so nachgebe. Treu befolgte er den Rat der Ärzte, sich vor der

Pest durch das Tragen von Rubinsteinen zu schützen (IV,

297, is). Als ihn eine Augenkrankheit befiel, betrachtete er

das als Strafe für Ungerechtigkeiten und versuchte durch

Gefangenenbefreiung und Steuernachlaß das übel abzuwen¬

den (IV, 328, 20 u. 320, is; 326, s; vgl. M. Meykrhof, Die

Augenkrankheit eines ägyptischen Sultans 1513 n. Chr. in

Archiv für Geschichte der Medizin XI, 1919, S. 286—291).

Der mit Recht al-6ürl nachgesagte Mangel an taktischem

Verständnis spricht für seine persönliche Tapferkeit. Der dem

Tscherkessen angeborene Mut findet sich in der Persönlich¬

keit Güris so stark gesteigert, daß er die Verwendung von

weittragenden Waffen als unpersönliche Kampfesweise ab¬

lehnt und mißachtet'). Auch die Tatsache, daß er als 78 jäh¬

riger sich den Strapazen und Gefahren des Krieges selber

aussetzt und nicht die Heeresführung seinen Generälen allein

überläßt, spricht beredt genug für seine vorbildliche, mutvolle

Kampfgesinnung.

Es ist leicht erklärlich, daß der mutige Charakter al-öüris

dem Stande seine besondere Vorliebe zuwendet, der durch

seine Bestimmung den Mut als höchste Eigenschaft pflegt:

dem Soldatenstand. Die Großzügigkeit des Sultans wird

dadurch zur Mitursache seines Falles und Todes"). Die Un¬

vorsichtigkeit, daß er eine ernstgemeinte Warnung von Sibäi,

dem Statthalter von Damaskus, allzu leicht nahm, kostete

ihm in dieser Schlacht auch Thron und Leben. Häirbäi und

öän Berdi al-öazäli verrieten ihn (V, 68, 7; 157, e) und diese

Untat, die die endgültige Niederlage des ägyptischen Heeres

herbeiführte, brachte al-6üri am gleichen Tag, 25. Ragab 922/

24. August 1516, den Tod.

Wenn in den bisher vorliegenden Schilderungen*) al-

1) SOBBBNHBIM iU EI II, 771.

2) Vgl. unten Kapitel „Mamluken".

3) SoBBBNHEiM, EI II, 771f. ; H. Janskt in Mitteilungen zur

Osmanischen Geschichte II, 170; Wbil, Geschichte der Chalifen V, 384;

Hakmbb, Geschichte des Osmanischen Reiches II, 376 f. u.a.

(14)
(15)
(16)

Crüris Charakter wesenthch ungünstiger als hier beurteilt

wird, so liegt das daran, daß die entsprechenden Teile der

Chronik des Ibn Ijäs, der Hauptquelle für seine Regierungs¬

zeit, nicht berücksichtigt werden konnten. Man stützte sich

auf die zwar unbestreitbare, aber nicht allein ausschlag¬

gebende Tatsache, daß durch al-Gürls Prachtliebe und Bau¬

lust und andere Maßnahmen die Finanzen des Landes ruiniert

wurden und daß das der Grund für den Verfall geworden sei.

Aber die Schatzkammern waren schon durch den öfteren

Wechsel im Sultanat und die damit verbundenen Unkosten

leer geworden. Hinzu kommt der Zollausfall durch die Er¬

schließung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama.

Dadurch wurde die Steuerkraft des Volkes geschwächt. Al-

Güri wollte darauf nicht Rücksicht nehmen und nicht auf

seine großangelegten Baupläne verzichten. Straßenbauten,

Um- und Neubau von Schulen, Moscheen, Wasserleitungen

und besonders Festungen ließ er vornehmen. Dabei war ihm

ein großer Schönheitssinn zu eigen, der ihn u. a. dazu trieb,

riesige Gärten mit kostbaren aus dem Ausland bezogenen

Blumen, z. B. auf dem Platz unterhalb der Zitadelle (IV, 102),

anzulegen. In der Wahl der Mittel zur Aufbringung der

Gelder für diese Liebhabereien ist er nicht wählerisch ge¬

wesen. Da die regelmäßig eingehenden Steuergelder dafür

nicht ausreichten, versuchte er durch Einführung von Mono¬

polen, Errichtung von Zollschranken und Ausgabe von

Münzen von geringerem Metallgehalt dem Geldmangel ab¬

zuhelfen. Daß er auch der Bestechung zugänglich war, ist

unter diesen Umständen nicht weiter verwunderlich, aber die

vielen Ungerechtigkeiten, die berichtet werden, sind doch

meist auf die Maßnahmen der unteren Organe zurückzu¬

führen').

1) Die von Jansky, MOG II, 179, Anm. 2 zitierten zwei Verse des

Ibn Ijäs (V, 13,«) nehmen Bezug aut zwei Verse in IV, 59, i?: an

beiden Stellen spricht Ibn Ijäs vom Bau der neuen Straßen, den Crüri

vorgenommen hat. Deshalb kann das da vorkommende „qaf at-tarlq"

wohl im Sinne des Ibn Ijäs hier nur auf die Mehrbelastung des Volkes

durch die Straßenbauten, nicht auf die Gewalttaten und Räubereien

sich beziehen.

ZeltschrUt d. D. U. O. Neue Folge Bd. XIV (Bd. 89) 14

(17)

208 M. Mostafa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

Es muß allerdings zugegeben werden, daß er außer¬

ordentlich große Ausgaben machte zur Befriedigung seiner

Prachtliebe. Hier kann man wirklich von einer ungeheuren

Verschwendung sprechen. Seine Vorliebe für prunkhafte Klei¬

dung und Schmuck verschlang in der Tat sehr viel Geld.

In geradezu maßloser Übersteigerung arrangiert er Ausflüge

und Feste, bei deren Veranstaltung eine solche Pracht und

oft solch unsinniger Luxus aufgeboten wurden, daß man zur

Erklärung dieser Tatsachen immer darauf hinweisen muß,

daß Güris Bestreben war, das Beispiel des Sultans Qäitbäi

auch hierin zu überbieten. Qäitbäi war es, der mit der Tra¬

dition brach und mehr als es bis zu seiner Zeit üblich war,

prunkvolle Ausritte und üppige Gastmahle in Szene setzte.

Einen prägnanten Beweis hierfür bildet die Angabe von Ibn

Ijäs (III, 8, 17), daß entgegen der bisherigen Gewohnheit die

einzelnen Ausritte des Sultans nicht mehr so sorgfältig ver¬

zeichnet wurden, da sie überaus zahlreich, nicht wie früher

selten waren. Überhaupt läßt sich verallgemeinernd sagen

und für fast alle Regierungsmaßnahmen belegen, daß Qäitbäi

für Güri immer das Vorbild war, das er zu überbieten trach¬

tete. Bei den trostlosen Finanzverhältnissen empfand das

Volk zwar die Hergabe der Gelder dafür und die Art ihrer

Aufbringung als ungerecht, fand aber das Auftreten des

Sultans in dieser Pracht der Herrscherwürde durchaus an¬

gemessen und der Persönlichkeit des Sultans entsprechend.

Damit erhalten die Stellen bei Ibn Ijäs ihren rechten Sinn,

an denen er davon spricht, al-Güri sei in seiner Pracht und

Erscheinung der größte aller tscherkessischen, vielleicht über¬

haupt aller bisherigen ägyptischen Sultane gewesen (V, 86,3;

16 und 93, 10). Ibn Ijäs spricht damit sicher seine eigene

Meinung und die vieler seiner Zeitgenossen aus. Mit Schmei¬

chelei haben diese ja auch nach al-6üris Tode geschriebenen

Sätze bestimmt nichts zu tun.

3. Die Mamluken.

Die Einteilung der Mamluken in die bahritischen (nach

der in der Nähe des Nil (bahr) gelegenen Garnison auf der

(18)

Insel Roda) und in die burgitischen (nach der Garnison auf

der Zitadelle [bürg] in Kairo) ist bekannt. Mit der Ortsver¬

änderung der Kasernen, die unter Sultan Qalä'ün (678—89/

1279—90) durchgeführt wurde, ist eine Stärkung des tscher¬

kessischen Elementes der Truppe verbunden. Das Völker¬

gemisch, aus dem sich die Mamluken aus früherer Zeit

rekrutierten, tritt gegenüber dem sich mehrenden tscher¬

kessischen Soldatenmaterial zurück, und das macht sich in

der Frage der Thronfolge bemerkbar. Während in der Zeit

der bahritischen Mamluken eine Erbfolge möglich war*),

wählen die burgitischen Mamluken nach dem Tode oder

Sturz eines Sultans einen Nachfolger aus ihrer Mitte, und nur

einmal ist es einem Sultanssohn gelungen, den Thron seines

Vaters für längere Zeit inne zu haben"), obschon die Sultane

mehrfach ihre Söhne zu Nachfolgern proklamierten. Wenn

man also von einer tscherkessischen Dynastie spricht, so ist

damit nur die Folge von volksgleichen, nicht blutsverwandten, Herrschern gemeint.

Die land- und volksfremde Kaste der Mamluken lebte

nach ihren eigenen Gesetzen. Es waren ehemalige Sklaven,

die von ihren Herren freigelassen wurden, wenn sie sich als

besonders tüchtig erwiesen hatten. Die freigelassenen Krieger

wurden weiterhin Mamluken genannt, ohne daß sie den

Sklavencharakter irgendwie weiter behielten.

Der volle Name eines freigelassenen Mamluken setzt sich

aus drei Namen zusammen. Der erste ist sein eigentlicher

Personenname (Vorname), der zweite der seines ersten Be¬

sitzers und der dritte ist der seines letzten Besitzers, der ihn

aus der Sklaverei freiließ. Es läßt sich nicht mit Sicherheit

feststellen, ob die Mamluken ihre Vornamen schon in ihrer

Heimat erhalten und als Geburtsnamen getragen haben. Es

ist nicht unmöglich, daß die jungen Mamluken ihre Vor¬

namen erst nach ihrem Ankauf in Ägypten von ihrem ersten

1) Dem Sultän Qalä'ün folgen ,,zwei Söhne, eine Reihe von Eniieln und ein Urenkel", vgl. Sobesnbeih in EI 111, 235.

2) Es war an-Näsir Muhammad Ibn Qäitbäi, der von 901—904/

1496 — 1498 regierte und seinem Vater in der Regierung folgte.

14»

(19)

210 M. Mostapa, Beiträge zur Geschiclite Ägyptens.

Besitzer auf Grund einer bestimmten Namenliste erhielten.

Zu beachten ist, daß viele Mamluken aus Griechenland

stammten und Christen waren, aber weder griechische noch

christliche Namen trugen, sondern wie die übrigen Mamluken

allgemein nach dieser Namenliste benannt wurden. Interes¬

sant ist hier ein Fall, der von Ihn Ijäs III, 301, 20 aufgezeichnet

ist, und der diese Namensänderung deutlich zeigt. Es handelt

sich hier um den Bruder des Sultans Qäitbäi und dessen

zwei Söhne, die bei den Christen in der Sklaverei waren und

erst im Sa'bän 900 nach Ägypten kamen, wahrscheinlich weil

sie nicht wußten, daß Qäitbäi seit 872 Sultan von Ägypten

war und weil Qäitbäi in seiner Heimat einen anderen Namen

trug. Qäitbäi ließ seinen über 60 Jahre alten Bruder mitsamt

seinen beiden erwachsenen Söhnen beschneiden und zum

Islam bekehren. Er gab dann seinem Bruder den Namen

Qait und dem einen seiner beiden Söhne den Namen öänim

und dem anderen öänlbäi. Qäitbäi hatte noch mehrere Ver¬

wandte, die mit ihm zusammen in Kairo waren, aber ihn erst

später erkannten. So berichtet Ibn Ijäs III, 364, 14 von dem

Atäbeki Tamräz, bei dem es sich erst als er Amir 'A§ara war,

feststellen ließ, daß Qäitbäi sein Onkel mütterlicherseits war

(tumma zahara annahu ibn uht es-sultän Qäitbäi). Er wurde

dann von diesem bis zum Atäbeki weiter befördert. Ein

ähnlicher Fall bei Ibn Ijäs III, 394,17. Hätte Qäitbäi diesen

Namen in seiner Heimat getragen, so hätten sein Bruder und

seine Verwandten ihn von vornherein erkennen müssen.

Der Mamluk trägt den zweiten Namen, nämlich den seines

ersten Besitzers, nach seinem eigenen Vornamen unter Hinzu¬

fügung des Wortes „min". Dafür finden wir bei Ibn Ijäs viele

Beispiele, die deutlich darauf hinweisen. Er berichtet

V, 100, 17 f. vom Sultan al-A§raf Tümänbäi II. min Qänsüh

an-Näsiri, dessen Onkel Qänsüh al-Güri ihn kaufte und dem

Sultan Qäitbäi schenkte. Ihn Ijäs schreibt hierzu, daß er

„deshalb Tümänbäi min Qänsüh genannt wird". Ibn Ijäs

V, 200, 9 f. macht noch die interessante Mitteilung über den

Häirbäi min Malbäi, der durch seinen Vater Malbäi dem

Sultan Qäitbäi geschenkt wurde, und schreibt hierzu: ,,Des-

(20)

halb heißt er Häirbäi min Malbäi; gemeint ist sein Vater Malbäi".

Der letzte Name des Mamluken, der seines letzten Be¬

sitzers, der ihn aus der Sklaverei freiließ, ist ein ,,nisba"-

Name. Auch hierfür haben wir deutliche Belege. Tagri Berdi

(ed. Popper, VII, 264, 9) berichtet von dem Atäbeki Äqboga

at-Tamräzi, daß dieser nach seinem letzten Besitzer, dem

Amir Tamräz an-Näsiri, genannt wurde und daß ,, Tamräz

den nisba-Namen an-Näsiri nach seinem Besitzer Näsir ed-

Din bekommen hat". Dies ist der Fall, wenn der letzte Be¬

sitzer ein Amir und kein Sultan ist. Im anderen Falle be¬

kommt der Mamluk den nisba-Namen nach dem Beinamen

des Sultans. Auch wenn die Besitzer mehrere Male wechseln,

erhält der Mamluk nur den Namen des ersten und den des

letzten. So sehen wir bei dem oben angeführten Beispiel vom

Sultan Tümänbäi II. min Qänsüh an-Näsiri, daß Tümänbäi

seinen nisba-Namen nicht nach Qäitbäi, dem er durch seinen

ersten Käufer Qänsüh al-6üri geschenkt wurde, erhielt, son¬

dern nach dessen Sohn Sultan an-Näsir Mohammad, zu

dessen Freigelassenen (ma'ätlq) er zählt.

Zu beachten ist aber der Unterschied zwischen mamlük,

dem weißen Sklaven, der als Krieger verwendet wurde, und

dem 'abd, dem farbigen, der Sklavendienste nichtmilitärischer

Art zu verrichten hatte.

Der Ankauf der Mamluken war einem besonderen Be¬

amten vorbehalten, der als tä^ir al-mamälik (Käufer der

Mamluken) in der Regierung eine hohe Stelle einnahm und

den Rang eines Amir Tablhänäh bekleidete. Für den Mam¬

luken wurde im Durchschnitt ein Preis von 50 Dinaren be¬

zahlt '). Die nunmehr der Regierung, praktisch dem Sultan,

gehörenden jungen Leute") brachte man zunächst in der

1) Ibn Ijäs, 111,2,8, berichtet, daß Sultan al-Aäraf Bursbäi 824

bis 841/1421—38) den jungen Qäitbäi, später Sultan al-Airaf, zum

Preise von 50 Dinare als Mamluk kaufte.

2) Daß ein Eigentumsrecht des Sultans an den Mamluken bestand,

trotzdem sie von Regierungsgeldern gekauft waren, erweist die Tat¬

sache, daß die Mamluken zur Erbmasse des Sultans gehören. Von

der erbberechtigten Familie kaufte sie der nachfolgende Sultan. Als

(21)

212 M. Mostafa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

Mamlukenschule in der Zitadelle zu Kairo unterAls ,, ein¬

geschriebene" Mamluken (mamällk kitäblja)^) erstreckte sich

ihre Ausbildung nicht nur auf den Umgang mit Waffen, zu

ihrem Unterricht gehörten auch die allgemeinen bildenden

Fächer, speziell Lesen und Schreiben. Je nach ihrer Be¬

fähigung, und -wohl nach Maßgabe der freiwerdenden Stellen,

werden diese Mamlukenschüler zur weiteren Ausbildung den

Hofbeamten zugeteilt'). Der Abschluß dieser Spezialausbil¬

dung war gegeben in der Ernennung zum Öamdär*), der die

bemerkenswert geringen Kaufpreis verzeichnet Ibn Ijäs, III, 16, i«,

10000 Dirhem pro Mamluk, die Sultan Qäitbäi den Erben des Sultans

az-Zähir gusqadam (865 — 872/1461—67) auszahlen ließ. Dies ist denk¬

bar, wenn man bedenkt, daß ein Dinar zu dieser Zeit etwa 200 Dirhem

war und daß etwa 50 Dinare für einen erwachsenen und erzogenen

Mamluken zu wenig waren.

1) Für die bei demselben Besitzer erzogenen Mamluken brauchte

man die Bezeichnung ,,gusdäs", was etwa Genosse in der Sklaverei bedeutet.

2) Sultan Qäitbäi gehörte bis zur Freilassung den Mamällk al-

kitäblja an. Ibn Ijäs braucht den Ausdruck für die in der Ausbildung befindlichen Mamluken, vgl. III, 2, sff., 16, m u. V, 100, i.

3) Als solche haben zu gelten u. a. die Waffenträger, die Truch-

sesse, die Mundschenken, die Polomeister und die Keulenträger. Vgl.

SoBKBNHEiM, EI III, 236. Die von Sobebnhbim gewählte Bezeich¬

nung ,, Pagenkorps" erscheint nicht zutreffend, da diese der abend¬

ländischen Ritterterminologie entnommene Bezeichnung auf die Mam¬

luken doch nur im Hinblick auf den Ausbildungsgang, nicht aber auf

die soziale Stellung Anwendung finden könnte. Eine Sonderbezeich¬

nung, die die Bezeichnung als Page rechtfertigen könnte, gibt es im

Arabischen nicht. Das Wort „Page" scheint auf ungenauer Übersetzung

arabischer Geschichtsquellen zu beruhen. Vgl. QcATBEHiiBB, Sultans

Mamlouks I 1,108, Note 139. QuATREMiBE selbst übersetzt üjäqi durch ,,Page". Ügäqi bedeutet aber nicht den noch in Ausbildung stehenden Pagen, sondern den freigelassenen Mamluken, der bereits ein bestimm¬

tes Amt inne hat. Ein anderer solcher freigelassener Mamluk mit be¬

stimmtem Pflichtenkreis ist der öamdär. Über beide handle ich weiter

unten. Der Ausdruck „Page" paßt weder für den einen noch für den

anderen.

4) Nach QuATREMiBB, Sultans Mamlouks I 1,11, Note 11 eine Rang¬

stufe unter den QässkI bezeichnend ,,Maltre de Ia Garderobe" nach dem persischen &amehdär, das Wort bezeichne aber später ,,un com- mandamt". Sobebnheim schließt sich in EI I, 1055 dieser Termine-

(22)

Freilassung voranging. Zu welchem Zeitpunkt diese Frei¬

lassung erfolgte, ist bisher nicht ganz deutlich gewesen. Die

ausdrückliche Erwähnung der näheren Umstände bei der

Freilassung, wie sie Ibn Ijäs bei dem Bericht über Qäitbäi

(III, 2, 8), al-öüri (IV, 2, ?) und Tümänbäi II. (V, 100, le)

berichtet, gibt die Möglichkeit, diesen Zeitpunkt genau zu

fixieren. Die wirtschaftliche Sicherstellung der neuen Freien

al-mamällk al-gamdärlja erfolgt durch den Sultan und tritt

in Erscheinung durch die mehrfach verbürgte Nachricht von

Geschenken an die Freigelassenen. Es handelt sich bei diesen

Geschenken um solche, die dem Kriegerstand entsprechen,

also um ein Pferd und um Kleidung, damit sich der Freie

von dem Unfreien auch äußerlich unterscheide^). Mit der

Freilassung war die Zuteilung eines Amtes verbunden, sei es

im Dienste des Sultans oder eines der Amire, selbst solcher,

die ihr Amt nicht in Kairo ausübten. Die für die Weiter¬

beförderung aussichtsreichste Stellung fand der freie Mamluk

als Hässki, d. h. Leibgardist des Sultans"). Die besonderen

Aufgaben dieser Häs^kis ergeben sich aus Ibn Ijäs V, 5, 6.

logie an, ohne aber Sache und Begriff bei der Darstellung der Mam¬

luken in EI 111,236 zu erwähnen. Ibn Ijäs III, 339, n, stellt die

Tatsache der Rangstufe fest indem er sagt, daß ,,er zu den mamällk

as-Sultän al-gamdärlja gehörte und noch kein I^ässkl war". Es ist aber nicht festzustellen, daß öamdär einen ,, Garderoben-Aufbewahrer" be¬

deutet. Vgl. auch Qalqaäandi V, 459.

1) „Er gab ihm (dem fümänbäi) Pferde und Kleidung", Ibn Ijäs

V, 100, «o; vgl. 111,2,»; IV, 2,7. In IV, 406, i« werden erwähnt als

Geschenke Pferde und Stoffe, Schwerter und Panzer. Hier handelt es

sich um Beschenkung von 160 Mamluken.

2) QüATREMÄRE, Sultans Mamlouks I 2,158 Note 3 zitiert 5alil az-

Zähirl für die Umschreibung des Amtes der ^ässkis : Es seien die beim

Sultan verbleibenden Mamluken gewesen, die zum besonderen Dienst

des Souveräns ausgebildet und erzogen wurden. Die brauchbarsten oder

begünstigsten unter ihnen erhielten den Titel Amlr und übernahmen

die Funktionen der Prinzen. Ihre Zahl war unter en-Näsir Muhammad

b. Qalä'ün noch auf 40 beschränkt, wächst zusehends und beträgt

unter al-Asraf Bursbäi etwa 1000. Vgl. galil az-Zähiri, Zubdat Kaäf

el-Mamälik, ed. Ravaisse, S. 115f. Auch Ibn Ijäs gibt für die spätere

Zeit ähnlich hohe Zahlen an: Zu Anfang des Jahres 908 waren es 800

(IV, 34,14) und im Todesjahr al-Öürl's 922, sogar 1200 (V, 5,»).

(23)

214 M. Mostafa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

Es gibt den Dawädär Sakin, dessen Amt das eines Geheim¬

kuriers war (Ibn Ijäs IV, 378, 9; 395, 19; 447, 11 u. a.), den

Silähdär, den Waffenträger (vgl. Quatrem&re I 1, 159,

Note 36). Als Waffen- und Zeugmeister fungierte der Zar-

dakäs. Das Mundschenkenamt übt der Säql oder Saräbdär

aus (bei QuatremSire I 1,162, Note 41 eine genaue Aufzählung

seiner Dienstobliegenheiten). Hädim as-Siggäde (Ihn Ijäs

IV, 459, 12) ist der, welcher den Gebetsteppich des Sultans

zu besorgen hatte. Die Bezeichnung Ügäqi wird zur Zeit von

Ibn Ijäs auf den Hässki angewandt, der in besonderem Auf¬

trage des Sultans mit gezücktem Dolch hinter Gefangenen

einhersclireiten muß, um diese niederzustoßen, falls man sie

zu befreien versuchte'). Auch als Präfekten kleinerer Bezirke

fmden die Hässkis Verwendung, wie das Beispiel von al-Güri

beweist, der als solcher nach Oberägypten geschickt wurde

(Ibn Ijäs IV, 2, 9; vgl. einen ähnlichen Fall IV, 459, 11).

Die Offizierslaufbahn eröffnet sich dem Hässki mit der

Ernennung zum Amir. Die Rangstufe unterschied sich deut¬

lich in der Bezeichnung der Zahl ihrer Untergebenen. Man

unterscheidet zur Zeit al-6üris den Amir 'Asara, den Befehls¬

haber von 10, den Amir Tablhänäh, den Befehlshaber von 40,

und den Amir Muqaddam Alf, den Befehlshaber von

1000 Mamluken"). Daß die Offiziere aus den Reihen der

Hässkis selbst genommen wurden, erwähnt Ihn Ijäs einmal

ausdrücklich (IV, 105, 5): al-6üri habe im Sawwäl 912 eine

Anzahl Hässkis zu Amiren von 10 ernannt').

1) Vgl. Ibn Ijäs III, 6,14. Hier wird hinzugefügt „gemäß der

Gewohnheit", woraus man schließen kann, daß diese Sitte schon seit

langem im Gebrauch war. Man kann daraus aber auch schließen, daß

üjäqi einen solchen Amtsträger bezeichnete. Auch daraus ergibt sich, wie verkehrt es ist, üijäql mit ,,Page" zu übersetzen. Vgl. auch Ibn

Ijäs IV, 74,« und 111,6,14 und 316, u.

2) In früherer Zeit gab es auch einen Amir von 5. Qalqaäandi,

IV, 15, berichtet, daß die Zahl der Amire von 5 , .weniger als das We¬

nige" sei. Mit diesem Rang scheint man Söhne verstorbener Amire

in Anerkennung der Verdienste der Väter bedacht zu haben. Ibn Ijäs

kennt diesen Rang für unsere Zeit nicht mehr.

3) Vgl. auch Ibn Ijäs 111,396,1, wo von Qäitbäi die Rede ist.

(24)

Die Amire kann man in gewisser Hinsicht mit den Fähn¬

leinführern im abendländischen Heer zu Beginn der Neuzeit

vergleichen. Aus ihren Bezügen mußten sie die Kosten für

die Truppenhaltung bestreiten. Das gilt für den Amir 'Asara

und den Amir Tablhänäh in vollem Umfange, während der

Amir Muqaddam Alf eine Doppelstellung bekleidete. Sein

Rang verpflichtet ihn zur Stellung von mindestens 100 Mam¬

luken, zu denen kommen dann die vom Sultan selbst aus¬

gerüsteten Mamluken, und zwar in solcher Zahl, daß der

Name Muqaddam Alf, Befehlshaber von 1000, gerecht¬

fertigt ist').

1) Angeregt durch eine Anfrage von Mrs. Devonshire, Kairo, habe

ich über die Kopfbedeclcung der Amire Muqaddam Alf folgendes aus¬

findig gemacht: Bis zur Beförderung zum Amlr Muqaddam Alf trugen

die Amire als Kopfbedeckung eine Art Biberpelzmütze „küf'tjat al-

qundus". QüATBEMiiRE, Histoire des Sultans Mamlouks II 2, 269,

schreibt zu „küfija" ,,une sorte de bonnet" und zu „wa huwa hiküfija biqundus" ,,portant un koufiah borde de castor". Ob diese küflfat al-

qundus eine Kopfbedeckung, die nur dem Amir Tablhänäh als eine

besondere Bezeichnung gedient hat, oder allgemein für alle rangniedri¬

geren Amire war, kann ich vorläufig noch nicht feststellen. Sicher ist,

daß die Amire nach ihrer Beförderung zum Range eines Muqaddam

Alf — ihrem Rang entsprechend — eine besondere turbanartige Kopf¬

tracht trugen, die mit tajififa bezeichnet war. Aber auch so ohne wei¬

teres durfte der neubeförderte Amlr Muqaddam Alf die Tahfifa nicht

tragen. Er mußte die offizielle Erlaubnis des Sultans abwarten, der

ihm ausdrücklich das Tragen einer Tahfifa anordnet und ihm gleich¬

zeitig den nötigen Stoff ($üS) zum Wickeln der Tahfifa schenkt. Ibn

Ijäs III, 174, 4f. berichtet über den Fall des Amir Qänsüh min Turäbäi

Hamsumi'a, der solange nur eine küfijat al-qundus tragen durfte, bis

er in das Amt eines Amir Ahör Kabir eingesetzt wurde, welches die

vorherige Beförderung zum Muqaddam Alf erfordert. Dann erst ordnete ihm der Sultan an, eine Tahfifa zu tragen. Ibn Ijäs schreibt hierzu,

daß, als Qänsüh min Turäbäj Amir Ä^ör Kabir wurde, ,,ihm der Sultan

Stoff (iäi) schickte und er sich eine tahfifa kabira wickelte". Ibn Ijäs 111,153, 2sf erwähnt weiterhin den Fall des Äqberdi, des Verwandten

des Sultan Qäitbäi, der von diesem zum Amir Muqaddam Alf befördert

wurde. Er schreibt hinzu : ,,nach einer Zeit schickte er (der Sultan) ihm Stoff (SäS) und ordnete ihm an, eine Tahfifa zu wickeln".

Die Tahfifa war an der Vorderseite mit zwei ,, Hörnern" {qarnain)

versehen. Ibn Ijäs, III, 332, sf., berichtet darüber, daß im Monat

Safar 902 (Oktober 1496) ,,die Amire Muqaddam Alf begannen, die

(25)

216 M. Mostafa, Beiträge zur Gesciiichte Ägyptens.

Diese Zahlen geben das Mindestmaß an und können,

wenn die Mittel vorhanden sind oder taktische Notwendig¬

keiten es erfordern, überschritten werden'). Daß die Amire

sich gelegentlich der Pflicht der Stellung von Truppen zu

entziehen suchen, zeigt die Tatsache, daß zu Beginn des

Feldzuges gegen die Türken einige Truppenverbände nicht

die erforderliche Mannschaftszahl aufwiesen und al-öüri des¬

halb strenge Befehle ergehen lassen mußte (Ibn Ijäs V, 22, i).

Aus den Mamluken-Amiren werden die oberen Militär-

und Hofbeamten genommen. Sie sind dann nicht mehr

Offiziere im Ausbildungsdienst, sondern können als eine Art

von Generalstabsoffizieren und Kommissaren der Heeres¬

gewalt in zivilen und verwaltungstechnischen Angelegen¬

heiten bezeichnet werden. Wenn daneben einige einflußreiche

Stellen durch Zivilbeamte besetzt werden, die nicht aus der

militärischen Laufbahn hervorgegangen sind, so geschah das

nur deshalb, weil die Verwaltung dieser Stellen der kriegs¬

mäßigen Ausbildung der tscherkessischen Herrenkaste wesens¬

fremd war. Wie sehr aber die Mamluken-Oligarchie auf die

Erhaltung ihrer Macht bedacht war, beweist einerseits die

Tatsache, daß kein Araber zu irgendeinem einflußreichen

Posten zugelassen war, andererseits der Umstand, daß man

tabäfif, welche mit langen Hörnern {qurün) versehen sind, anzulegen".

Wahrscheinlich begann zu dieser Zeit die Mode, die qurün zu verlängern

und sie lang an den tabäfif zu tragen. Aus den zwei Versen, die Ibn

Ijäs (1. c.) seinem Bericht folgen läßt, geht hervor, daß es sich um

zwei Hörner {qarnain) handelt. Auch Cesare Vecellio, Costumes anciens et modernes, Paris 1860, II, 428, schreibt zu dem Bild des Sultan Qänsüh

al-öüri, daß er (al-öüri) eine Kopfbedeckung aus Leinwand mit zwei

Hörnern trug (porte une coiffure de teile avec deux cornes). Ebenfalls

auf dem Bild des Sultan Qänsüh al-öüri bei Jean Thbnaod, Le voyage

d'Outremer ed. Schefbb, Paris 1884, am Schluß der Einleitung, sieht

man deutlich diese zwei Hörner.

1) Sultan an-Näsir Mohammad b. Qäitbäi (901 —904) fügte zu

dieser Zahl im Monat öumädä I 903 zu jedem Amlr Muqaddam Alf

noch 30 sultanische Mamluken, die jährlich 10000 Dirham aus seinem

Lehen beanspruchten. Der Atäbeki bekam 40, der Amlr Tablhänäh 10

und der Amlr 'Asara 5 Mamluken zugewiesen (Ibn Ijäs III, 375, uf.).

(26)

einer allmählichen nationalen Akklimatisierung der stammes-

und wesensfremden Mamluken dadurch vorzubeugen suchte,

daß ihre Söhne dem arabischen Volksteil angegliedert wurden

und von diesem aufgesogen werden mußten. Die Mamluken¬

nachkommen werden von allen höheren militärischen Posten

ferngehalten. Die Mamluken erneuerten sich durch ständigen

Neuankauf und sicherten dadurch den Bestand ihrer Herr¬

schaft. Diesem Mamlukenzuwachs allein waren alle höheren

Stellen vorbehalten, das reine Machtprinzip ging allen fami¬

liären Sonderbestrebungen voran.

Was geschah nun mit den Nachkommen der Mamluken?

Gewöhnlich wurden sie für den Soldatendienst nicht ver¬

wendet. Sie assimilierten sich dem arabischen Bevölkerungs¬

teil und betrieben verschiedene Gewerbe. Manche erhielten

eine sorgfältigere Ausbildung und gelangten dadurch in die

untere und mittlere Beamtenlaufbahn'). Söhne vermögender

Mamluken erhielten eine gewisse Selbständigkeit dadurch,

daß sie Ländereien pachteten und als Gutsbesitzer lebten.

Ein charakteristisches Beispiel für die Eingliederung der

Mamlukennachkommen in den arabischen Kulturkreis und

ihr Verhaftetsein mit der bodenständigen Bevölkerung ist

Ibn Ijäs selber, dessen Urgroßvater als Mamluk eine hohe

Beamtenstellung bekleidete. Der scheint seinem Sohne, dem

Großvater des Chronisten, ein ziemliches Vermögen hinter¬

lassen zu haben, auf Grund dessen der Enkel in der Lage

war, als vornehmer Mamlukennachkomme (min a'jän awläd

en-näs), wie Ibn Ijäs nicht vergißt ausdrücklich zu erwähnen

(IV, 47, 17), sich der Literatur zu widmen. Er hat bei dem

bekannten Gelehrten Sujüti studiert und hatte es nicht

nötig, einen besonderen Beruf zu ergreifen, da er im Besitze

eines Lehens war (IV, 173, e). Sein Bruder steht im Erwerbs¬

leben (IV, 204, 22), er verdient seinen Unterhalt als Waffen-

1) In der späten Mamlukenzeit gab es nur eine einzige Ausnahme,

wo ein Mamlukensohn der Sihäbi Ahmad b. el-'AinI es bis zum Amir

Muqaddam Alf, ja sogar bis zum Amir Maglis gebracht hatte. Er wurde

vom Sultan Qäitbäi bei seinem Regierungsantritt abgesetzt. Ibn Ijäs

III, 5, 16.

(27)

218 M. Mostapa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

meister (Zardakää) auf der Zitadelle'). Auch der bekannte

Geschichtsschreiber Abul-Mahäsin Jüsuf ibn Tagri Berdi") ist

Mamlukensohn, dessen Vater als Atäbeki (Generalissimus)

Dienst getan hat (Ibn Ijäs III, 43, i).

Aber auch als Soldtruppen finden die Mamlukensöhne

gelegentlich ein Unterkommen. Aus ihnen rekrutieren sich

Truppenteile, die, wie es sich aus der Bezahlung ergibt, ge¬

ringer geschätzt waren. Unter Sultan Qäitbäi hören wir von

schlechter Behandlung dieser Truppe (Ibn Ijäs III, 7, 7), auch

unter al-Güri wurde ihnen geringerer Sold ausgezahlt (Ibn

Ijäs V, 26, 6; 27, 1). Ein Beweis, wie gering geachtet die

Mamlukensöhne als Soldtruppen waren, ist in dem Vorgang

zu erblicken, den Ibn Ijäs (IV, 136, 4) wiedergibt, wo er

erzählt, daß al-Güri den Mamlukensöhnen die Lehen wider¬

rechtlich genommen hat, um damit die Forderungen der

eigenen Mamluken zu befriedigen.

Von al-Güri wissen wir, daß er seine Mamlukentruppe

stark vermehrte*), daneben aber scheint er auch das Bedürfnis

gehabt zu haben, sein Heer auch aus anderen Kreisen zu

rekrutieren. Ibn Ijäs*) berichtet, daß er im Jahre 916 Sold¬

zahlungen anordnet für eine neu eingerichtete ,,5. Abtei¬

lung" (tdbaqa hämisa), die aus zusammengewürfelten Truppen

('askar mulaffaq) bestand und sich aus Turkmenen, Persern,

Mamlukensöhnen und anderen Gruppen zusammensetzte.

Es scheint, daß diese 5. Abteilung zur Erfüllung beson¬

derer Aufgaben eingezogen wurde. So hören wir, daß sie im

Rabi' I 919 (Mai 1513) nach Sues gesandt wurde, um den

Bau von Kriegsschiffen zu beschützen (Ibn Ijäs IV, 308, 3),

und drei Jahre später erhielten sie die Aufgabe, im Indischen

1) Vgl. die ausführliche Darlegung Kahlb's in der Einleitung zum

IV. Band von Ibn Ijäs.

2) Vgl. G. WiET, L'historien Abul-Mabäsin, in: Bulletin de l'Institut

d'Egypte, T. XII, Session 1929-1930, S. 89f.

3) So berichtet Ibn Ijäs, daß al-Öüri im Safar 912 400 (IV, 95,5),

im Muharram 916 500 (IV, 180,1) und im Sawwäl 920 160 Mamluken

(IV, 406,1«) neu angeworben hatte.

4) IV, 206,«, wo er von al-jämikija al-lämisa spricht. Vgl. auch

IV, 308, s; 331,8; 360, 4; 435,.; 436, w.

(28)

Ozean portugiesische Schiffe zu kapern (Ibn Ijäs IV, 436, 17).

Sie müssen also zur Besatzung der Flotte verwendet worden

sein. Wenn ihre Aufgaben erfüllt waren, scheint die Truppe

wieder aufgelöst worden zu sein, jedenfalls erfahren wir, daß

al-6ürl die 5. Abteilung gelegentlich wieder aufgehoben und

die Soldzahlungen nach dem alten System geregelt hat

(IV, 360, 3).

Neben dem eigentlich stehenden Heer, von dem bisher

die Rede war, gibt es noch eine Reservetruppe, die als agnäd

al-halaqa bezeichnet wird. Von dieser wissen wir, daß sie in

Abwesenheit des Mamlukenheeres, besonders wenn es von

dem Sultan gegen den Feind geführt wurde, Soldatendienst

in der Zitadelle leisten mußten. Diese Ersatzgarnison rekru¬

tierte sich ebenfalls aus Mamlukensöhnen, daneben auch aus

Arabern. Für ihre Dienstleistungen in der Zitadelle emp¬

fingen sie eine gewisse Löhnung, weil der Verdienstausfall

aus ihrer Tätigkeit im bürgerlichen Leben sie sonst empfind¬

lich geschädigt hätte (vgl. Qalqasandi IV, 16). Seit den

Reisen des Sultans Qäitbäi war eine Einziehung der agnäd

al-halaqa nicht mehr nötig geworden. Während des Feldzugs

gegen die Türken hat Tümänbäi, der Vertreter {näib al-gaiba)

al-öüris, diese Reservetruppe nicht eingezogen, wie es scheint

mit Rücksicht auf die schwierige Wirtschaftslage und den

harten Winter, und er hat zum Schutze der Zitadelle eigent¬

liche Mamlukentruppen verwendet (V, 48, 1).

Der Soldbetrag (al-gämikija), den die Mamluken monat¬

lich erhielten, erhöhte sich von 1000 Dirhem, die zur Zeit

des Qäitbäi gezahlt wurden (III, 24, 23), auf 2000 zur Zeit

von al-öüri (IV, 188, 4; V, 26, 5). Den Soldaten der 5. Ab¬

teilung zahlte al-6üri 1500 Dirhem, die er ebenfalls später

auf 2000 erhöhte (IV, 436, 19). Dazu kamen noch Fleisch¬

portionen (IV, 235, 10; V, 12, 2) und Futter ('allq) für die

Reittiere (IV, 235, 12; 301, le). Nicht allen Mamluken wurde

der Sold in bar ausgezahlt. Viele hatten Lehen {iqtä'ät) er¬

halten, deren Ertrag auf die Soldforderung verrechnet wurde.

Auch Soldzahlungen in gemischter Form sind üblich gewesen

(III, 24,23). Die Kontrolle ilber die Soldzahlungen wurde

(29)

220 M. Mostafa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

seit ihrer Einführung durch Sultan Qäitbäi (III, 22, 21) in

der Form beibehalten, daß die Auszahlungen in Gegenwart

des Sultans stattfanden (IV, 330, 5; 382, le).

Außer dem Soldbetrag erhielten die Mamluken bei Ge¬

legenheit der Ernennung eines neuen Sultans eine Huldi¬

gungsgabe (nafaqat al-bai'a), die zwischen 20 und 100 Dinaren

schwankte (III, 329, 19; IV, 19, u). Ebenfalls an fast allen

größeren Festen und auch bei anderen Gelegenheiten wurden

die Mamluken reichhch beschenkt. Als z. B. al-6üri von einer

schweren Krankheit genas, verteilte er an den Halifen 1000,

an den Atäbeki 2000, an jeden Amlr Muqaddam Alf 1000,

an jeden Amir Tablhänäh 200, an jeden Amir 'A§ara 100 und

an jeden Mamluken 30 Dinare (IV, 319, 5; 322, le). Für die

Darbietung eines Lanzenspiels zahlte al-Güri den Mamluken

10000 Dirhem (IV, 182,5). Zum Ramadänfest (IV, 117,22;

245, 23; 285, 15 usw.) erhielten sie Kleider, ein anderes Mal

Pferde und Waffen (IV, 193,10; 322,12; V, 12, 9; 13, 21), dann

wieder einmal Pferde im Werte von 5000 bis 8000 Dirhem

(IV, 281, 9), und dann wieder Geld (je 50 Dinare cf. IV, 242, is),

außer den Equipagegeldern, die die Mamluken im Kriegs¬

falle erhielten, und die 100 Dinare für jeden Mamluken aus¬

machten (IV, 49, 3; 99, is; 119, e; 320, s; 384, 12 u. a.).

Für die Amire verzeichnet Ibn Ijäs (IV, 100, 21) als

Gehalt 1000 Dinare monatlich und 1000 Ardebb Getreide

jährlich für den Amir Muqaddam Alf, der nicht im Besitz

eines Lehens war. Die Bezahlung durch Lehen scheint bei

den Amiren die gebräuchlichste Art der Soldzahlung gewesen

zu sein. Einen Amir ohne Lehen, der also nur seine Bezüge

in bar erhielt, weil er kein besonderes Amt mehr ausübte,

nannte man tarhän (IV, 100, 21; 139, 23; 157, 22; 244, 5;

338, 2; 436, 14). Dagegen nannte man den Amir, der kein

Amt ausübte und auch keine Bezüge erhielt battäl. Die

Amire hatten die Möglichkeit, Handel zu treiben (IV, 103, 4).

Die Equipierungsgelder, die die Amire im Kriegsfalle er¬

hielten, betrugen zur Zeit von al-öüri für den Atäbeki

50(X) Dinare, für den Amir Maglis, den Amir Ra's Nawbat

an-Nuwab und den Ilägib al-Huggäb je 4000, für jeden Amir

(30)

Muqaddam Alf 3000, für jeden Amir Tablhänäh 500 und für

jeden Amir 'Asara 200 Dinare (V, 27, 22; 28, u).

Sicher seit der Zeit des Qäitbäi bildet sich ein merkbarer

Unterschied heraus zwischen den älteren Mamluken, die der

Sultan von seinem Vorgänger und den verstorbenen Amiren

übernimmt und die man Qursän bezeichnet, und den von

ihm neu erworbenen Mamluken, den Öulbän. Speziell bei

al-6üri führt das zu einem deutlichen Gegensatz. Die Zahl

der Qursän, die er zu übernehmen hatte, war ungewöhnlich

groß (IV, 14, 1), schon allein deshalb, weil kurz zuvor vier

Mamlukenherrscher in wenigen Jahren aufeinander gefolgt

waren, die alle neue Mamluken erworben hatten. Die Sold¬

zahlungen an die Qursän belasten sein Budget sehr und die

zur Bezahlung der Truppen an sich zur Verfügung stehenden

Militärlehen (iqtä'ät) waren alle in festen Händen. Der Sultan

bevorzugte den Qursän gegenüber die öulbän, die ihm per¬

sönlich zuverlässiger erschienen in verschiedener Hinsicht.

Die Qursän werden in die Provinz abgeschoben (IV, 479, 15),

hatten den schwereren Dienst zu leisten, die ihnen zustehenden

Zulagen (nafaqa), oft auch der Sold, wurden ihnen nicht

ausgezahlt (V, 23, 1; 29, 1). Die öulbän wurden den alten

Mamluken gegenüber in verschiedener Weise ausgezeichnet

(IV, 431, 11; 443,20; 453, 13; V, 61, 12; 67, 21; 68, 2). Diese

Bevorzugung der öulbän bewirkte, daß sie selber immer

größere Forderungen stellten und daß sie, wenn ihre Forde¬

rungen nicht gleich erfüllt wurden, revoltierten oder zur

Selbsthilfe schritten.

Nachrichten über die Unbotmäßigkeit der Öulbän hat

Ibn Ijäs uns zahlreich überliefert. Diese Nachrichten beruhen

sicher auf Tatsachen, wenn man auch berücksichtigen muß,

daß Ibn Ijäs auf die Mamluken im allgemeinen schlecht zu

sprechen war, weil er einmal durch sie fast sein Lehen, von

dem er lebte, verloren hätte (IV, 173, e). So beraubten die

öulbän einst ein Getreidemagazin des Sultans, die Strafe

blieb aus (IV, 441, lo). Ein andermal beraubten sie die

Mamluken der 5. Abteilung, als diese gerade ihren Sold in

Empfang genommen hatten, und ließen sie nur gegen Löse-

15«

(31)

222 M. Mostapa, Beiträge zur Geschiclite Ägyptens.

geld frei (IV, 370, lo). Der Markt von Kairo war vor ihren

Plünderungen nicht sicher, besonders dann nicht, wenn sie

ihren Sold zu spät bekamen (IV, 177, lo; 431, ?). Der Un¬

wille des Sultans galt ihnen nichts. Auch das Verbot, mit

Pistolen durch die Straßen zu reiten, wurde von ihnen nicht

beobachtet (IV, 267, u). Weder Opfertiere {a<}hija IV, 243, i;

295, i; 355, 9) noch persönliches Eigentum des Sultans

(IV, 373, 13; 475, 18) war vor ihrem Zugriff sicher. Wir er¬

fahren, daß die Öulbän andere Mamluken töteten, um sich

in den Besitz ihrer Lehen zu setzen (IV, 107, 11; 342, 14;

356, 3; 358, 16). Die Täter ,, konnten" nicht ermittelt werden.

Ibn Ijäs pflegt das zum Ausdruck zu bringen mit dem Satz:

„walam tantatih fi dälika Sätän" „deswegen stießen nicht

zwei Widdern mit den Hörnern gegeneinander". Oder:

„warähat 'alä man räh" „Die Sache ging dem verloren, der

selbst verloren war". Der Sultan war selber oft ein Spielball

in deren Händen, so bei der Revolte im Sawwäl 921/Nov. 1515,

bei der sich der Sultan nach dem Nilmesser auf der Insel

Roda flüchten mußte. Er trug sich damals schon mit dem

Plane, der Mamluken wegen abzudanken (IV, 483 ff.).

Der geachtete Erzieher des Sohnes von al-öüri, der

Eunuch Sunbul, hatte einen Mamluken für eine begangene

Untat mit der Peitsche in der üblichen Weise strafen lassen.

Der Mamluk war in der Folge davon gestorben. In ihrer Wut

verlangten die Mamluken die Auslieferung des verdienten

Beamten, und da der Sultan das als Ersatz geforderte Löse¬

geld nicht zahlen konnte, mußte er den Eunuchen ihnen

preisgeben (IV, 463,15).

Von katastrophaler Bedeutung wurde der Gegensatz

zwischen den Qursän und Öulbän in der Schlacht bei Marg

Däbiq, bei der die kriegsgeübten Qursän zunächst siegreich

waren, dann aber infolge der selbst in diesem kritischen

Moment zutage tretenden offenkundigen Bevorzugung der

öulbän durch den Sultan al-öüri gleichgültig werden und

in ihrem Kampfeseifer nachließen. Wie verhängnisvoll diese

Verhältnisse waren und wie sehr sie zum unglücklichen Aus¬

gang des Krieges geführt haben, hat H. Jansky in seiner

(32)

Arbeit: Die Eroberung Syriens durch Sultan Selim 1. (Mitt.

z. osm. Gesch. II, 1926, S. 217 ff.) eingehend dargestellt.

Das gewalttätige Auftreten der öulbän in Aleppo reizte

die Bewohner der Stadt in hohem Maße (IV, 400, 2; 401, 15;

432, 4), so daß sie geneigt waren, die türkische Herrschaft

gegenüber der der gewalttätigen Mamluken vorzuziehen, und

Selim I. konnte die Stadt ohne Widerstand einnehmen

(V,71f.).

Ich erwähne zum Schluß noch einige Einzelzüge, die Ibn

Ijäs berichtet und die für das Mamlukenwesen sehr charakte¬

ristisch sind.

Um sich die Zuverlässigkeit seiner Truppen für besondere

Aufgaben in erhöhtem Maße zu sichern, läßt der Sultan die

Amire bei den verschiedensten Gelegenheiten auf den Koran

schwören (IV, 49, 19; 103, 14; 318, 15; V, 62, 2). Für die

Mamluken hatte man eine andere Form der feierlichen Ver¬

pflichtung; obwohl auch sie auf den Koran verpflichtet

waren, ließ al-öüri vor Beginn des osmanischen Feldzuges

noch eine besondere ■Bekräftigung des Treugelöbnisses vor¬

nehmen (V, 62, 5). Die Mamluken mußten in voller Aus¬

rüstung unter zwei gekreuzten Schwertern durchschreiten

und damit dem Sultan ihre unbedingte Ergebenheit geloben.

Von der besonderen rituellen Ausgestaltung zweier Unter¬

würfigkeitserklärungen lesen wir IV, 81, le; 101, s. Beide

Szenen sind nach dem Muster früherer ähnlicher Begeben¬

heiten aufgebaut (vgl. III, 314, 11). Sibäi, der Statthalter

von Aleppo, und Dawlätbäi, der Statthalter von Damaskus,

hatten gemeutert. Sie mußten sich schließlich dem Sultan

auf Gnade und Ungnade ergeben. Das wurde von ihnen

symbolisch so dargestellt, daß sie mit einem Leichentuch

(taub ba'albakki) unter dem Arm und geöffneter Kleidung

vor den Sultan traten, bereit, ihre Strafe zu empfangen. Der

Sultan, der ihnen durch Übersendung eines Gnadentuches

(mandil al-amän) Sicherheit gewährt hatte, verzieh ihnen und

überreichte ihnen ein Ehrenkleid (ahla'a 'alaihimä), ja er

beruft die ehemaligen Aufrührer in besonders hohen Stel¬

lungen (IV, 81, 23; 102, 6).

Zeitschrift d. D.U. Q. Neue Folge Bd. ZIV (Bd. 89) 15

(33)

224 M. Mostafa, Beiträge zur Geschichte Ägyptens.

Wie sehr al-6üri auf die Mamluken Rücksicht nehmen

mußte, ergibt sich noch aus folgenden Vorfällen: Von der

Teilnahme am Seekrieg gegen die Portugiesen werden von

ihm ausdrücklich die Mamluken entbunden, weil sie befürch¬

teten, daß sie unter der Seekrankheit würden leiden müssen

(IV, 459, 20). Der Sultan wollte damit wohl einer möglichen

Meuterei vorbeugen.

Ebenso entband er alle Mamluken vom Kriegsdienst, die

mit der sogenannten „fränkischen Krankheit" {habb ifrangi)

behaftet waren (IV, 459, 19; 460, 3), wohl um die Schlag¬

kraft des Heeres durch die Mitnahme von nicht vollwertigen

Kriegern nicht zu beeinträchtigen').

1) Diese letzte Angabe von Ibn Ijäs gibt die Möglichlieit, das Auf¬

treten der Syphilis in Ägypten zeitlich ziemlich genau festzulegen.

Es ist bereits darauf hingewiesen, daß die Syphilis 903/1497 zum

erstenmal in Ägypten aufgetreten sei. Sie stellte die Ärzte vor ihnen

unlösbare Rätsel (vgl. Muhammed Mu^tär Pascha, at-tawfiqät al-

ilhämija ft muqäranat at-tawärlb al-hijnja bi-s-sihin al-ifrankija

wa-l-qibtlja, Büläq 1311, S. 452). In den oben zitierten Stellen bei

Ibn Ijäs ist nicht nur eine zeitgenössische Bestätigung dieser Tatsache enthalten, sondern auch in der volkstümlichen Bezeichnung als „frän¬

kische Krankheit" ein Hinweis auf den Weg der Übertragung dieser Krankheit nach Ägypten.

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