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Tiebor die Beiiianieu hei den Arabern des Magltrib.
Von
Heinrich Frcihcnn von IHiiltziiu.
Die arabischen Städter uud Dorfbcwoliuer fühlten von Alters
her das Bedürfniss, ausser den Vornamen uud den durch „hcn"
verbundenen Listen der Vorväternamen, noch {indcrc mehr speciuli-
sireude Bezeichnungen sowohl für die einzelnen Personen, als auch
für die Familien zu besitzen. Bei don Beduinen machte sich dieses
Bedürfniss nicht in demselben Grade fühlbar, da hier der Staninies-
uamc, sowohl der des Hauptstammes, wie der der Unterabtlieilung
allen umwohnenden Slämmen bekannt war und nio in Vergessenheit
gerieth. Verliess ein Beduine seinen Stamm, so blieb ihm der
Stammesnanie in der Nisbonform als Beiname, er liiess „el Ghassany"
oder „es Solaymäny" u. s. w. Dasselbe fand und findet noch statt
bei denjenigen Beduinen , welche dureh Handels- oder andere Ver¬
bindungen vielfach in Berührung mit andern Stämmen treten. Es
genügt dann, den einzeluen „el Gliassäuy", „es Solaymäny" zu
nennen. 'JVcten Mehrere von einem Stamme iu Verbindung mit
Fremden, so genügt die Unterscheidung durch die Vornamen, wie
„Ilasan cs Solaymäny" u. s. w. Im Stamme selbst bediente man
sich wohl vielfach andrer untersclicideuder Benennungen, häufiger
der „Laqabs", seltener der „K ony a's" oder „Kinva's", aber so allgemein, dass ein jeder Beduine seinen „Laqab" oder seine „Kouya"
besass, war dies nicht. Ganz anders ist dieses bei den modernen
Städtern, und namentlich bei den Städtern des Magbrib, mit denen
wir CS hier zu thun haben.
Bei der ansä.ssigen Bevölkerung des Magbrib hat jetzt eiu Jeder
seinen Familiennamen, oft amli noch einen persönlichen Beinamen
(was wir Spitznamen nennen wiiiden, denn die Urs.ache der Bei¬
legung desselben ist meist eine scherzhafte). Unter P'amiliennamen
verstehe ich hier uicht den Stammesnamen (im Sinne der alteu
Araber uud der heutigen Beduinen). Nein, die Stammestraditioneu
sind bei den Städtern meist verloren gegangen. Viele, ja die Mehr¬
zahl mögen auch nie dergleichen gekannt haben, da schon ihre
Vorväter, vor dem Eindringen der Araber in Nordwestafrika, Städter
waren. Die Kaniilieiinamen der moderneu Maghrebiner entsprechen
618 V. Maltzan, illier die Beinamen bei rien Arabern des Maghrib.
fast in allen Stücken unsern europäischen, nur in einem nicht, in¬
dem sie nämlich durchaus keine officielle Anerkennung haben. In
bürgerlichen Contracten kommen sie wohl zuweilen vor, aber sie
werden doch stets wie ein unwürdiges , heterogenes Anhängsel be¬
trachtet und gewissermassen verabscheut. Der Qädhy und die
Schühud 'Odul setzen sie in solchen Fällen , wo die Contrabenten
gleiche Namen und gleiche Vaternamen führen, wohl in die Acten,
weil sie sich nicbt anders zu helfen wissen, um Unterscheidungen
zwischen den unzähligen 'Alyy ben Mohammed und Hasan ben 'Alyy
u. s. w. aufzustellen, aber sie thun es ungern und nur nothgedrun¬
gen, als ein Zugeständniss an die Verderbtbeit des Dialects. Im
gewöhnlichen Leben aber bat die Konya eine solche Bedeutung
erlangt, dass sie gauz uusern Familiennameu gleich kommt.
Die Kouya bei den alten Arabern scheint mehr persönlich ge¬
wesen zu sein. Auch der Prophet hatte eiue solche Konya, aber
er liebte es nicht, wenu man ihn damit nannte. Bei den modernen
Maghrebinern ist die Konya wohl auch persönlichen Ursprungs,
aber jetzt ist sie in den meisten Fällen erblich geworden. Per¬
sönliche Kenya's entstehen allerdings noch nach wie vor, aber auch
sie haben eine grosse Tendenz, erblich zu werden. Die persön¬
lichen Kenya's sind freilich oft blose Spitznamen , zuweilen selbst
haben sie einen beschimpfenden Sinn, aber auch diese Schimpf-
konya's erweisen sich in den meisten Fällen als fest und un¬
verdrängbar und erben sich fort. Es ist mir allerdings manchmal
vorgekommen, dass ein Algierer, den ich nach seiner Konya fragte,
behauptete, keine solche zu haben. Aber in allen solchen Fällen
entdeckte ich später, dass der Befragte doch eine Konya besass,
die der ganzen Stadt wohlbekannt war, die nur er selbst nicht ein¬
gestehen wollte, weil seiue Konya einen beschimpfenden Sinn hatte.
Ein Theil derjenigen Kenya's, welche einen ehrenvollen Siun haben,
mag aus deu alten Laqab's entstanden sein. Aber der Begriff
„Laqab" ist heut zu Tage bei den Maghrebinern, wenigstens den
Städtern, ganz durch die „Konya" verdrängt worden. Bei deu Be¬
duinen der Sahara sollen noch „Laqab's" vorkommen, wenigstens
scheinen mir Beinamen wie „Schlange der Wüste" oder „reissender Löwe" oder „verheerender Panther", welche grosso Stammeshäupter der Sahara füliren (die sich aber jetzt auch forterben) , eine solche
Entstellung zu haben. Bei den Städtern uud selbst den von ihren
Stämmen getrennt und zerstreut wohnenden Landarabern genügt die
„Konya" allein und der „Laqab" ist unbekannt. Das einzelne In¬
dividuum wird von Allen, ausser von seiuen eignen Familienmit¬
gliedern, ausschliesslich mit der Konya benannt. Von vielen meiner
algierischen Bekannten habe ich nie eine andere Benennung, als
ihre Konya, erfahren. Den eigentlichen Namen erfuhr ich nur dann,
wenn mehrere Glieder einer Familie, deren Konya dieselbe war,
mit mir in Berührung traten. Bei deuen, welche beschimpfende
Kenya's haben, pflegt man freilich deu Vornameu vorzugsweise zu
V. Maltzan, über die Beinamen bei den Arabem des Maghrib, ß] 9
gebrauchen, aber nur in ihrer Gegenwart; in ihrer Abwesenheit
gebraucht man jedoch, weun man von ihnen spricht, nur ihre
Schimpfkonya.
Die Kenya's der modernen Maghrebiner sind sehr verschiedenen
Ursprungs. Ich will es versuchen, die am häufigsten vorkommenden
nach ihrem Entstehungsgrunde übersichtlich zu classificiren.
1) Die erste und häufigste Bildungsart derselben ist die aus
dem Vornamen eiues der Vorväter, sei es in der Nisbcnform ad¬
jectivisch, sei es substantivisch mit verbindendem „Ulyd" (infans O^j). Erstere Art ist die gewöhnlichste. Man sagt „el-Mahmudy",
„el Ahmed y ", „el Hos say ny" u. s. w. Sie deutet fast immer
auf eine beduinische Abstammung. Die andere Art d. b. die Be¬
zeichnung als „Sohu des N. N." gehört nur dann der Classe der
Kenya's an, wenn der Name des Vorvaters in einer andern Form,
als der gewöhnlichen, dem „Ulyd" nachgesetzt wird, denn Bezeich¬
nungen wie „ Ulyd Mohammed " sind keine Konya's , sondern nur
Ausführungen des Vornamens. Die Verbindung mit „Ben" (Ibn)
uud dem Vaternamen hat im Magbrib fast immer etwas actenmässig
Feierliches uud bildet keine Konya's, wohl aber die Verbindung
von „Ben" mit Titeln oder Spitznamen eines Vorvaters, wovon
weiter unten die Rede sein soll. Wenu jedoch dem „Ulyd" der
Vatername in einer andern Form, als der gewöhnlichen, nachgesetzt
wird, so müssen wir dies als Konya auffassen, besonders da in
lien meisten Fällen diese andre Form des Vaternamens selbst schon
eine „Konya" war. Diese andere Form ist meistens das Diminutiv,
oft auch das Diminutiv des Diminutivs des Vaternamens. So sagt
man in Algier Mohammed „ulyd 'Allai", iu Tuuis „ulyd 'Alläla".
In beiden Fälleu führte schon der Vater als Konya das Verklei¬
nerungswort des Namens 'Alyy, ohne dass desshalb nothwendiger
Weise sein Vorname'Alyy gewesen sein musste. Sein Vater mochte
'Alyy geheissen und ihm dessen Vorname in der Diminutivform als
Kou)'a gegeben worden seiu. Einer meiner Bekannteu in Algier
führte als Konya das „Ulyd", verbunden mit dem doppelten Verklei¬
nerungswort seines Vorvaternameus. Dieser Voi-vater hiess Brähym
(magbrebinische Aussprache von Ibrähym). Die Verkleinerung war
Boray-yim , im Magbrib , ausgesprochen Bry-ym , da der Diphthong
„ay" hier immer als langes i gesprochen wird (für |»j;Jji). Davon eine zweite Verkleinerung gebildet, ergab Boray-ymat, ausgesprochen
' IM. )
Bry-imat, in der Stadt Algier Br)'-imats (fürX.»jjj)j denn in diesem
Falle wurde das sonst verstummende » finale deutlich als t (al¬
gierisch ts) gesprochen, wahrscheinlich weil sonst zwischen dem
einfachen Diminutiv „Bry-ym" uud dem doppelten „Bry-ima" nicht
620 "• Maltzan, über dir. lieinamen bei tien Arabern des MMjhrib.
scbarf genug untersebieden werden konnte. Mein Bekannter biess
„Ulyd Bry-imat" wortlicli übersetzt „der Sohu des kleinen Abra-
liamchens" und seine sämmtlicheu Brüder führten dieselbe Konya.
Ein anderer hiess „Ulyd Oby-id Allah". „'Oby-id" ist die maghre-
w- > o . , ^
binische Aussprache für Jcwx, Diminutiv von xX*^ (welches Obyd
, >
gesprochen wird) und «Ax** 'st bekanntlich das Diminutiv von
0 '
Jw:. Dieser Maun hatte also die Konya „Sohn des kleinen Ab-
dallahchens".
2) Eine zweite Gattung von Konya's schliesst sich an die
ebeugeschilderte an, iudem auch hier das Wort „Ulyd" uud daneben
ebenso häufig „Beu" vorkommt, jedoch uicht in Verbinduug mit
dem Namen, sondern mit dem Titel oder der Gcwerbsbezcichnuug
des Vorvaters. Am liebsten leitet mau diese Konya vom Titel des¬
jenigen Vorvaters ab, der von alleu Ahnen die höchste llaugstufc
erreicht hatte. Eine der angesehensten Familien Algiers führt die
ehrende Konya „Bei Merabet" (für Ben el Moräbit). Kein Ursprung
eines Beinamens kaun ehrwürdiger sciu. Andere heissen „Ulyd
Chaznädschy (d. h. Sohn des Schatzmeisters) , „Bei Amyn" (für Ben c
el Amyn) ; der Amyn, ^^^1, ist in Algier der Vorsteher einer Zunft
oder einer Handelscorporation. Vou Ilandwerksbezeicliunngcn der
Vorväter abgeleitete Kenya's sind sehr häufig. Z. B. Ulyd el Fekähy
(der Sohn des Obsthändlers), Ulyd el Maiifuldscliy (Sohn des Schuh¬
machers), Ulyd cl Kessadry (Sohu des Klemi)ncrs), Ulyd el Babudscliy (Sohu des Pantoffelmachcrs), Ulyd el 'Attar (Sobn des Gewürzkrämers),
Ulyd es Sgagry (Sohu des Spc/.ereihändlers , in Algier allein ge¬
bräuchlich). Auch von fremden Titeln, die ins Vulgärnrabische
übergegangen sind, werden nicht selten Konya's mit vorgesetztem
„Ben" oder „Ulyd" gebildet. Z. B. „Bei Qobtän" (für Beu el Qob- t.an, Sohn des Capitän's), „Ulyd Labret" (letzteres eine sehr ent¬
stellte Verstümmelung des iranzösischen „Interprete") „Ulyd Schan- bet" (Schanbct ist aus dem französischen „Garde champetre" ent¬
standen).
3) Zuweilen, aber selten sind Konya's aus dem Namen oder der
Ilcrkunftsbezeicbnung der Mutter mit vorgesetztem „Ulyd" oder „Ben"
entstanden, z. B. „Ulyd Fatma" (Sohu der ^'atma), „Bei Turkiya"
(für Hcn el Turkiy.a, Sohn der Türkin), „Ulyd cl tjabäyliya" (Sohn
der Kabylin) u. s. w.
4) Konya's von etwas längerer Fonn sind die, welche zugleich
Titel und Namen des Vorvaters anfübren. Z. B „lien Scliycli ' Alyy"
(Sohu des Scbaych'Alyy) , „Ulyd Mustala Häscba", „U. Hasan Ba¬
scha", „U. Alimed Boy". Diese Kenya's sind nicht etwa blos Bei¬
namen des Sohues des jedesmal genannten Würdenträgers, sondern
11. Maltzan, ul>er die Beiimmen bei clen Arabem det Maghrib. 621
der ganzen Familie, bei Töchtern wird dann dem „Ulyd" immer
noch Hint vorgesetzt.
5) Kenya's sind sehr häufig einfache Herkunftsbezeichnungen
des Vorvaters. Genealogische llerkunftsbezeichuungen wurden, meist
auf beduiinschen Ursprung deutend, schon oben behandelt. Geo¬
graphische Herkunftsbezeichnungen finden sich besonders in Kauf¬
mannsfamilien häufig, z. B. el Madany (der Medynenser), el Gadyry
(der aus Agadyr in Marokko stjimniende) , el Mekkäwy (der Mekka¬
ner). Bei vielen solcher Beinamen fällt der Artikel weg, z. B.
„Bunadally" (der aus Bunadal, Stadt in Anadoli, stammende), „Ger-
genny" (der von der Insel Gergenna Hiäjb stammende) u. s. w.
6) Die Wörter „Ulyd" und ebenso „Bu" (statt Abu, Vater)
werden auch im Maglirib wie im Orient oft bildlich, als „Besitzer",
„Freund" u. s. w. gebraucht, und Konya's damit zusammengesetzt,
z. B. „Ulyd Korbyla" (der Besitzer der Karabine), „Bu Mäza (der
Ziegenfreund) , „Bu Homra" (der Eselinsfreund), „Bu Barhla" (der
Mauleselinsfreund). Die im Orient so häufigen Zusammensetzungen
von Bu oder Abu mit Vornamen, wie Abu Ibrähym, Abu Mohammed,
welche dort gleichsam als persönliche Konya's im Gebrauch sind,
kennt man im Magbrib gar nicht. Hu ist im Maghrib in der Zu¬
sammensetzung vou Beinamen immer bildlich, selbst alleinstehend
wird CS im gewöhnlichen Leben iu Algier vielfach durch das für
„Vater" gebräuchlichere Wort „Bäbä" verdrängt.
7) Scherzhafte oder tändelnde Konya's kommen gleichfalls im
Maghrib als Familiennameu vor uud erben sich als solche fort, z. B.
„Bu 'l'elys" (jwgJlis ^j), wörtlich übersetzt „Vater der Nachtmahr".
d. h. „ein vou Alpdrücken Geplagter"; „Bu Dschedry" ^j),
wörtlich „Vater der Blattern" d. h. ein „Blatternnarbiger". Eineu
andern Charakter tragen die Konya's, welche aus Diminutiven, nament¬
lich aus deu im M.aghrib so sehr beliebten Diminutiven von Dimi-
i - . t
nutivcn entstandeu, z. B. Uchiyi (^^^^t, Diminutiv vou ,_^!,
welches wieder Dim. vou _^i>.! , Bruder) , d. h. das „kleine Brüder¬
chen". Derartige Konj'a's werden nu?ist unmittelbar au den Stamm
.angehängt; man sagt „Ilädsch Abmed Hu Tclys", „Sydy Mu(;tafa
Uchiyi" u. s. w.
S) Heschimpfcnde Konya's sind selten erblich, dennoch kameu
mir mehrere Beispiele vor, ■/,. B. Er Ixafydhy (^^as^jT) d. h. „der
Ketzer", El Moslymany (J.L1aLL*JI) ^ so nennt man in Nordafrika
diu Ueuegaten, deneu stets in der Volksmeinuug eiu Makel anklebt.
Beschimpfende oder lächerlich machende persönliche Konya's
622 Maltzan, üher die Beinamen bei den Arabem des Maghrib.
dagegen sind sehr häufig. Die gewöhnlichsten sind die, welche sich
auf irgend einen körperlichen Mangel oder Hässlichkeit des so Be¬
nannten heziehen. Ein alter Araber in Algier hiess Udsch el Kebsch
o uC b - ' ü ' oC
((ji>.JüI d. h. „Schafsgesicht", ein anderer „ElFartäs" (^J~Lb^i) - - >
d. h. der „Grindköpfige", ein dritter „El Hodebby" {^^iO^^^) d. h.
der „Bucklige". Dergleichen Konya's zeigen nicht selten die Tendenz,
mit vorgesetztem „Ulyd" erblich zu werden. So führte bereits der
Sohn des zuerst Genannten die Konya „Ulyd Udsch el Kebsch".
Eine höchst seltsame Art persönlicher Konya's siud die, welche
sich auf eine Excentricität eines Individuums beziehen. Ein
komisches Beispiel dieser Art wurde mir in Algier bekannt. Ein
^ol r. . ^ ,
Araber hiess „Charäyy fi Qodra" ^ t^'j=*) ^^n ^jj>
.. o >
(deposuit merdam) und «jX'i , so nennt man in Algier den Koch¬
kessel. Auch in diesem Falle war die Konya gewissermassen erb¬
lich, doch nicht in der Familie, sondern im Gewerbe. Ein andrer,
der dasselbe, eben uicht sehr reputirliclie Gewerbe früher ausgeübt,
hatte sie schon geführt und nun war die Konya auf seinen Nach¬
folger übergegangen. Es versteht sich wohl von selbst, dass sol¬
cherlei Konya's nur von Feinden den Trägern ins Gesicht gesagt
werden. Aber die ganze Stadt kennt sie und bedient sich ihrer.
Leute, welche solche persönliche Konya's führen, sind selten aus
der Stadt; als Städter würden sie gewiss erbliche Konya's besitzen.
Aber man liebt es. Fremde mit beschimpfenden Konya's zu benennen.
Zuweilen, aber selten kommt es vor, dass der Träger einer erb¬
lichen Konya daneben uoch eine persönliche besitzt. Z. B. kannte
ich einen Manu , der „ Ulyd el Hadschäm " (der Barbiersobn) , mit erblicher und mit persönlicher „El A^fer" d. h. „der Gelbe" hiess.
9) Eine andere Art von Konya's scheint mir berberischen Ur¬
sprungs zu sein. Es sind meist kabyliseb klingende Wörter, welche
unmittelbar an den Namen angehängt werden ; sie mögen wohl eine
Herkunftsbezeichnung einschliessen, sind aber weder durch die Re-
lativeudung noch durch .xndere adjectivische Schlussformen syntactisch
mit dem Namen verbunden. Z. B. hiess ein Regierungsbeamter
„Sy Ahmed Berruyla". Dieses „Berruyla" wurde RI^j^j geschrieben
und war wohl schwerlich arabischeu Ursprungs, auch verstand kein
Araber dessen Bedeutung. Ein Mann in Tunis hiess „Sy Mugtafa
o -
Sedschuydsch". Letzteres Wort soll der Name einer
Ortschaft auf der von Berbern bewohnten Insel Dscherba sein.
Die Konya's als Familiennamen sind also hauptsächlich den
Städtern eigen, oder denjeuigeu Landarabern, welche isolirt von
V. Maltzan, über die Beinamen bei den Arabern des Maghrib. 623
Stämmen leben. Eine Sitte, welche an die Clientel bei den alten
Römern erinnert, findet sich in Tunis und Algier bei den freige¬
lassenen Negern. Diese nehmen nämlich mit Vorliebe die Konya's
ihrer früheren Herren an. In Tripolis ist dieses nicht der Fall.
Die dortigen Neger sind meist Neubekehrte und vermeiden Alles,
was ihnen den auch nur oberflächlichen Anschein von schlechten
Moslem's geben kann. Nun steht es aber unzweifelhaft fest, dass
die Konya von den Orthodoxen gemissbilligt wird. Religiöse Persön¬
lichkeiten bedienen sich ihrer nur selten, nur in den äussersten
Fällen oder in der grössten Intimität. Die Gelehrten versuchten An¬
fangs mir gegenüber die Thatsache in Abrede zu stellen, dass eigent¬
lich jeder Städter seine erbliche Konya besitze. Auch muss man
schon sehr intim mit einem Araber sein, um ibn ohne Beleidigung
nach seiner Konya zu fragen. Auf die Frage „wie heisst du?"
wird niemals eiu Araber seine Konya nennen. Darauf bekommt
man nur Antworten wie „Hasan" oder „Mohammed" und, wenn
der Antwortende sehr ausführlich sein will, solche wie „Hasan ben
Mohammed" u. s. w. , wodurcb man nicht klüger wird, da es un¬
zählige Gleichnamige giebt. Die Konya kann mau nicht auders er¬
fahren, als durch die directe Frage „welche Konya führst du?"
Aber wie gesagt, mau muss deu Mann gut kennen, um ihn durch
eine solche Frage nicht zu kränken. Nicht selten bekam ich die
Antwort „Ich hahe keine Konya" oder wohl auch „dem Moslem
genügt sein Name, die Konya ist ungläubigen Ursprungs". Solcherlei
Antworten konnten manchen Reisenden irreführen, ihn die Bedeutung
der Konya verkennen lassen und glaubbar machen, die Leute unter¬
schiedeu sich wirklich eiuzig und allein durch die Namen. Dass
dem aber nicbt so ist, wenigstens nicht bei deu Städtern Nord¬
afrikas, glaube ich, wird aus dem oben Gesagten hervorgehen.
624
Ueber die äthiopisch-himjarischen Kriege.
Von Dr. F. Fraetorins.
Ueber die ätbiopiscb-himjariscben Kriege bat Hr. Dr. Blau
im 23 ten Bande dieser Ztschr. S. ö60 f. eine neue im Gauzeu
wie mir scbeint verfehlte Ansicht ausgesprochen. Nur was die
Identilicirung des Elesboas der Byzantiner mit dem Ela-Atzbäh
bei Dillmanu No. 13 und des Andas oder Adad^), welchen die
Byzantiner bald nachher erwähnen, mit dem Ela-Adhanä betriift,
welcher letztere auch in der äth. Königsliste als Nachfolger des
Ela-Atzbäh genannt ist, so scheint mir dieselbe ansprechend zu
sein, obgleich sie nicht im Entferntesten so sicher ist, wie Blau glaubt,
dass dies aus seiner Berechnung (a. a. 0. Anm. 5) hervorgehe.
Neben vielem andern, was mau gegen diese einwenden kann, mache
ich hier nur auf das aufmerksam, was Dillmann (Ztschr. VII S. 352
unten) mit Recht über die Liste A sagt, auf welche Blau seine
Berechnung stützt. Unerklärlich ist es aber, wie Blau aus der a.
a. 0. Anm. 3 angezogenen Stelle sehliessen kann, „dass die äthiop.
Chroniken schon gegen Ende des 5. Jahrhunderts der Kriege der
Habessinier unter dem Könige Kaleb gegen Arabien erwähnen ".
In der äth. Legeude (Chroniken giebt es für jene frühen Zei¬
ten nicht, auch die Vita Aragävi ist nur eine Heiligenlegende) spielt
allerdings ein König Kaleb eine grosse Rolle, unter anderem auch
als Rächer der Märtyrer von Nedschran. Die äthiopische Sage hält
also diesen Kaleb irrthümlich für den König, welchen Theophanes
(Chronographia ed. Classen 1 p. 200) bei dieser Gelegenheit erwähnt
uud 'EXtaßad (üenit.) nennt. Dieses Ereigniss fällt nach Theo¬
phanes in das Jahr 6016 A. M., 515 A. C. = 523 — 524 unserer
1) Die Identificirung der Namen Klosltuas und Ela-Atzltiih oder Kla-At7.bcli:\
an sich ist schon alt, vergl. LudiilC Iiist. Aeth. II cap. IV.
Ü) Bei Blau Adan, jedenfalls irrthümlich. Friiher h.itte man diese Na¬
mensformeu mit dem äth. Amedä zusammengestellt. Vergl. Sapcto , viaggio o missione catolica etc. p. 64. Desgl. Uüppell (liei.sen in Abessinien II p. 344), welcher in seinem unbegreiflich confusen Raisonnement über diesen Gegenstnnd den Namen Amodä auf der Logende einer Geldmünze zu erkeimen glaubt. Statt 'AftSas ßnaiiivs, wie R. liest, ist aber zu lesen 'AoiSae (= /iCOi^*') ß""-