62
Tigrina-Sprüchwörter.
Von F. Fraetorins.
(Siehe Bd. 39, S. 322.)
mo. : A-fl'^'? : "K"?
^H.^i^'n l :
HAP"? : T^'J^'HA
R'a ::
SB nrh*E.P: .J?4.Ch:<!*'
/njB : fiö^ ::
H/ca : 'h'J^n'Hl:
f\C:P:'h'i^'P:£V.'h
tar : : "h-tor :
j>j?^::
S2 ar/h;?-iij» : f^rh.?
4.: "nje^Afli : >"?
je. : ^ T^^Q-n ::
mä. fi-n : 5*-n : An-1 "h
-n^ : "f-n : 7/:n-::
052 H^'t'Äi^^i^f'JP : T'
fhA^^h : A.<P^ : 51
•ij?" : jBi^'hfhA»::
31. Wenn man deinem Herzen
(Wunsche) gemäss zu dir
redet (ohne dir die Wahr¬
heit zu sagen, so kannst
du darum noch nicht ruhig
sein), wenn man dich auch
entlässt als einen der keine Schuld hat.
32. Wer im Feuer seinen Muth
bewährt, der verdient den
Namen eines Helden.
33. Wenn der Worte viele,
wenn der Sciave roth ; hier ist Lug, da ist Trug.
34. DerGiesbach schlepptBaum-
stämme zusammen ohne
zu wissen , wo er damit
bleibt.
35. Der Mensch (gehört) bei
seines Gleichen, die Hyäne in ihre Wildniss.
36. Spitzbuben die einander
nicht glauben , schwören
leicht (aber vergebens) beim Rücken (des Königs).
fi *
Praetoriiu, Tigrina-SprücRwörter. 63
ml n-n^fij» : Ä-n : h
jBOi^ : njB^ : (fiO
a : A"?/Ci?^Aje : jb
•nA : :
mT YxnAopj* : *h^a
P : Aa><^afhfi:H
: ^-nAp : :
SS fi^T^JB: A^fh^h : A
p : A^^Ah ::
m Ap:'n,^*6:^'^i'ifi:
ficnji : -nö^-nii* :
^Efh-^fi::
vaö aoA .utim.T: *
K^-.'af^H'inz.:^::
QE {3^^ : ^^'Jir^ :
j?A.f W:: ^(i>^
■n: p^'jj'^ : ^'.^A.:
•nev*?::
Qr jfbC : A-n : H^^^l
i^C:öf^i:rti^^^::
Qv A-ni-nH^^R: a"^
,p:m*73^:
QS A^fi : -niJl i 51^^
•ni-nr"?.^::
Q2 i7C : 'nJ?^ : :
•nrfiA^^::
Q2 •nH-'i : HZ.fl : aaq::
QS ojij^it : -jT-vw : u,cf)
K : 'h'^A. : 'n^J?^»
hijBrtij^C::
37. Wenn die Hyäne in ein
fremdes Land gegangen,
spricht sie (sogleich) „macht mir eine Haut zurecht (zum Ausruhen)" !
38. Diejenigen welche ihn essen
wollen, nennen einen Am-
bagumba ein Perlhuhn.
39. Der Himmel wird nicht
gepflügt, dem Vater wird
nicht geflucht.
40. Dem Vater wird von seinen
Kindem geflucht; der Him¬
mel vom BUtz gepflügt.
41. Was sie selbst zerbrochen:
Dass sie, nachdem sie es
gespült, an seinenOrt stellte.
(Durch ein Unglück ohne
ihre Schuld.)
42. Kaufmann was verlangst
du? — Wohlstand. Blin¬
der, was verlangst du? —
— Licht.
43. Die Wurzel des Menschen
ist die Familie ; die Wurzel des Steines der Sand.
44. Der Mensch (wird gehalten) dm-ch die Verwandtschaft, der Esel durch seinen Strick.
45. Der Esel mit Gewalt, der
Starrkopf mit dem Balken.
46. Die Sache (das Wort) durch
(eigene) Güte; das Pferd
durch die Peitsche.
47. Viele Worte, (viel) Leid.
48. Der Frevler gegen den
König, der Frevler gegen die
Feldfrüchte haben schlaf¬
lose Nächte.
64 Praetorius, Tigrina-Sprüchwörter.
QS : J??:Aa::
V n-n: Yi/v : AjB-t-rfi
Jft-: (r:b : nA»: ajj
^dij^>::
25 "jT-i« : *HÄAA. : -n
"Khz,^! ft-r: 5lCil
-tJ*"? : "HAAA, : -n
^/n^::
2B 't-'^M'. J^<^t\ \c^
HT70: aWt::
2r A^f?
jb:C'5.1>::
2v q,^^: A;^f^:
q,^^ : ri*jn^ : 4>.?
f^::
25 n-n : A-n : oj^i x
"^A,: A-n: Aor^::
22 4Aix: A-n:J?-n4.:
A'Jnn : A-n: .^/^::
22 i^ni.'J'O : •HYY'Ah
np- : A^fhJ^: <^
a\y<\ : •H<?=»o,;^p- :
A^hOn::
2S Trh.A:<^T4:C-l::'?
fha : ^^5'4:C't::
2S ^AAmA^: "HnA:
ich: ^f^fi^l/CA-:
nhö^: A-n: "hha:
fij^fn^ : .B7AA*::
S AOi-:*HdiH : (IrA•
J?';.E(DCf': A.j^:'H
rfiH: A4::^'^Cn::
49. Der Gewinn ist der Richter (Meister) des Herzens.
50. Wenn Menschen da sind,
verrathe kein Geheimniss ;
wenn Wasser da ist, er¬
tränke dich nicht.
51. Wer den König hasst, (den
findet man) im Kerker;
wer die Kirche hasst, im
Bette.
52. Der Schlummer der Katze
macht sorglos die Maus.
53. Ein Pfand ist sicher ; der Himmel ist fem.
54. Das Auge der Pferde ist
der Zügel; das Auge des
Sonntags der Samstag.
55. Der Mensch in seiner Hei¬
math, das Kom auf seiner
Tenne.
56. Der Mönch inseinem Kloster,
der Löwe in seiner Wüd-
niss.
57. Ein mässiger Bissen er¬
würgt dich nicht ; ein
mässiger Schluck erstickt dich nicht, (stösst dir nicht auf.)
58. Der Dieb hat seine Ge¬
nossen, die Biene hat ihren Schwärm.
59. Wer da sagt ,sie weiss es
zu meinen Gunsten" , dem legt die Jungfrau Zeugniss
ab ; wer sagt, ,Im Namen
des Vaters", von dem ent¬
fernt sich der Teufel.
60. Was der Vater besitzt, er¬
ben die Kinder; was die
Hand besitzt , verschhngt der Mund.
Praetoriug, Tigrina-Sprüchwörter. 65
31. Das O.? '. hao"? ist als Accusativ zu fassen zu
"HnJ^e^O.; *Hj*lf^n ist wohl ungenaue Schreibweise anstatt
a
32. ri anstatt »Q wegen des folgenden fll ; es stimmt hier
das Tigrifia mit dem alten Geez überein, dass nämlich ein Sadis-
praefix in Geez verwandelt wird vor einem H oder A-Laute [vgl.
Gramm. § 82].
33. Zum Verständniss dieses Sprüchwortes muss man wissen,
dass die Abyssinier ihre Hautfarbe mit ,roth' bezeichnen. Die
Sclaven aber sind immer aus den Schangalla's die pechschwarze
Hautfarbe haben. Ein rother (d. i. brauner) Sciave ist also eine
innere Unwahrheit, da man ihn fälschlich für einen Freien hält.
34. arftlj?" auch (und wohl besser) Qr/jh,*!! geschrieben
= Giesbach, Bergstrom. AOTltlH stark fliessen.
Das Sprüchwort scheint auf das Ziel- imd Masslose Streben und
Arbeiten gerichtet zu sein. häufig Präsensbedeutung =
ich habe kennen gelernt, also , kenne". Aflfl Steige-
rungsstamm, daher die Sadisform im Imperfect.
36. 't'AcJ^öOf» das Reciprocum zu glauben,
trauen. — 'J'rflA*'!', diese Pluralform ist mir sonst nicht be¬
kannt; der gewöhnl. Singul. ist l^ffl.A, Schelm, Spitzbube
[s. Grammatik S. 207, Mitte]. /t<t>^ (44>J? wollen) =
leicht wollend, gerne, ohne Umstände. Eigenthümliche
Schwurformel der Abyssinier „beim Nacken (Leben) des Königs".
37. Zu bemerken die Verbindung tUB^iJi, ,das Nicht-
heim. ^^ÖJA, (amh. Ö9fl) die gegerbte Kuhhaut zum
Ausruhen. Der Sinn des Sprüchwortes ist mir nicht recht klar.
VieUeicht soU in dem BUde der Hyäne , dieses widerwärtigen
Wüstenbewohners die anstössige Ungeniertheit gegeisselt werden, die
auch bei Fremden sofort jede Bequemlichkeit verlangt.
38. AQT^f^Qrh ein grosser schwarzer Vogel, dessen Fleisch
ungeniessbar ist, oder wenigstens nicht genossen wird, m/j^
das in Abyssinien sehr häufige Perlhuhn mit wohlschmeckendem
Fleisch. — Hunger oder leidenschaftliche Begier ist nicht wählerisch.
39 und 40 ergänzen sich gegenseitig. Das Kind das dem
Vater flucht thut etwas ebenso monströses als einer der die Himmels¬
au pflügen wollte; das kann nur der erschreckhche gewaltige Bhtz.
Bd. XLII. 6
66 Praetorius, Tigrina^ Spriichwörter.
41. Zu merken das Femininsuffix als neutrum: Afl^J*.
A'?n>ClI'- Das 'Q^^H ist durch ein zu ergänzendes Verbum
dicendi zu erklären ; etwa : sie entschuldigt es damit, dass sie sagt : 42. Das 'Q (auch Yl>' "J^t) ist nicht einfache Fragepartikel,
sondem zunächst kopulativer anch adversativer Natur. Es wird
gebraucht, um mit einer Frage eine andere zu verknüpfen und ihr
dieselbe entgegenzustellen.
43. Sinn des Sprüchwortes vielleicht: Gleiches kommt von
Gleichem.
44. Ironischer Hinweis auf den zweifelhaften "Werth der Hülfe,
die von den Verwandten kommt.
45. Eine gewöhnhche Strafe in Abessinien besteht darin, dass
man den Sti^fhng an einen schweren Balken kettet. Ueber ?15'"0 (,indompt6') fehlt mir jeder weiterer Aufschluss.
46. Sinn des Sprüchwortes: Eine Sache die in sich gut ist,
bedarf keiner äusseren Gewalt, um sie gelingen zu machen.
48. q,J9/t St. constr. von Pli^^Ä. YlJBJ?<l>fl ist
wohl ein Versehen statt ^ JBJ?*^?! • da M'^Ül ein Steigerungs¬
stamm ist. Bemerken wir bei dieser Gelegenheit, dass das JB
der Negation mit dem ^ praefix. sich immer zu einem konsonan¬
tischen je verstärkt, wodiurch die dritte Person von der ersten sich
unterscheidet; also: kaijedöckis ohne dass er schläft, kai-
deckis ohne dass ich schlafe; ebenso im praeterit. aideckessen
er schlief nicht K^J^'t'Cli- Für .EfhJf'C müsste
correcter geschrieben werden PlilJf'C' ^6 schon früher be¬
merkt worden.
50. AjBtrfUft* Imperativ [?, Subjunktiv] des Steigerungs¬
stammes. fflACD lügen, aber auch ein Geheimniss ver-
Jm_ *^
rathen. AJBTftlJ*!' Imperativ [?] des Reflexiv- oder Passiv¬
stammes.
51. Sinn: Beide sind unfrei; der eine gefesselt mit Ketten,
der andere mit den Banden der Trägheit.
52. 't'"^lA. schlummern (cfr. J^^fl schlafen); ob
der einfache Stamm vorkommt ist mir nicht bekannt, die geläufige
Form ist 't'^''^lfl- wegen des folgenden
J*) Substantiv Verbale. — ^"^Ü .' flA einnicken.
Pmetoriui, TigHna-Sprilchw'&rter. 67
53. ttiJi^^ subst. verb, von AlRZ, verweilen = de¬
po sit um. Sinn: so fern der Himmel, so sicher muss ein Pfand
sein [?].
54. Sinn vielleicht: so wie das Pferd nach dem Zügel sich
richtet, so der Sonntag nach dem vorherg. Samstag, wo man sieh
schon auf den Sonntag rüsten muss.
55 und 56. Jeder gehört an seinen Ort und bei seinem
Handwerk „Schuster bleib bei deinem Leisten".
59. Der Sinn ist mir nicht ganz klar ; vielleicht : Wenn einer
auf das Zeugniss einer Jungfrau sich beruft zum Beweise seiner
Unschuld, so ist er ihres Beistandes ebenso sicher als man mit dem
Kreuzzeichen den Teufel entfemi 7AA sich fern halten
von, jemanden allein lassen; also ^^AA* für J^'J
AAA»
68
Zu den ägyptischen Märchen.
Von Tb. NSideke.
Unter den Üeberbleibseln der altägyptischen Märchenlitteratur ')
zeichnet sich die uns Allen aus unsem Kinderjahren her bekannte
Geschichte vom Schatz des Rhampsinit durch ihren fesselnden Ver¬
lauf und ihren frischen Humor sehr vortbeilhaft aus. Da nun
überdies weuigstens deren erster Theil auch von zwei Männern der
griechischen Vorwelt, Trophonius und Agamedes, eirzählt wird so
liegt die Meinung nahe, wir hätten hier gar kein echt ägyptisches
Erzeugniss. Aber eine solche Annahme hat doch sehr viel gegen
sich. Bei ihrer späten Bezeugung dürfen wir die andre griechische
Diebstahlsgeschichte sehr wohl für ein Plagiat nach der Herodotischen
halten. Ihre aUerliebste Porm mag diese allerdings ein wenig dem
Herodot selbst verdanken. Dass aber die direet erhaltenen ägyp¬
tischen Märchen , meist etwas steif vmd voll von Wunder- und
Zauberspuk, einen andern Character tragen als das lustige Volks¬
märchen, kann wenigstens zum Theil daran liegen, dass die Schreiber
den gebildeten oder gradezu gelehrten Classen angehörten oder
doch zu der Priesterschaft in enger Beziehung standen. Und viel¬
leicht fehlt es ihnen doch auch nicht ganz an humoristischen Zügen.
So, wenn der, auch dem Herodot (2, 173 f.) als trinklustig ge¬
schilderte, Amasis, nachdem er sich («re dt) dt] /aot r/g t6 ngiv
twv xai olxhjg ovx iniipaviogl Her. 2, 172) in einem unkönig-
1) S. das schöne Büchlein von Maspero, Les contes popalaires de l'Egypte ancienne (Paris 1882). Dazu kommt jetzt noch ein Berliner Papyrus, über den kürzlicb (September 1887) in der Allgemeinen Zeitung berichtet wurde. Ferner enthält der ägyptisch-aramäische Papyrus des British Museum's , der am besten in der Sammlung der Paleogr. Soc, oriental branch nr. 25 und 26 abgebildet ist, m. E. ein Stück von einer ägyptischen Erzählung, das aber zu sehr be¬
schädigt ist, um zusammenhängend übersetzt worden zu können.
2) Charax (ein superkluger Schriftsteller frühestens des 1. nachchrist¬
lichen Jahrhunderts) im Schol. Aristopb. Nubes v. 508, wo sie das Schatzhaus des Augias, und Paus. 9, 37, 3, wo sie das des Hyrieus bestehlen. Die ionische Form 2rvufTiXo? bei Charax weist wohl auf ein ziemlich spätes episches Ge¬
dicht als Quelle zurUck.