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Al-Sabti, der Sohn des Härün al-Rasid.
Von Martin Schreiner.
Prof. Nöldeke hat im XLIII. Bande dieser Zeitschrift S. 327 al-
Sabtl einen Artikel gewidmet. Die älteste und ursprüngliche Quelle,
welche von al-Sabtl handelt, mag vielleicht das Buch Tanbih al-
gäfilin des Abü al-Lejtal-Samarkandi (st. i. J. 375 d. H.) sein.
Al-Samarkandi erzählt') im Namen seines Vaters, der seine Nach¬
richt auf einen Asketen 'Abdallah b. al-Faräg zurückführte, dass
dieser einst eines Arbeiters bedurfte. Er holte sich einen solchen,
der ihm seine Arbeit verrichtete. Den anderen Tag wollte er ihn
wieder rufen , aber da erfuhr er , dass der Arbeiter nur an einem
bestimmten Tage in der Woche arbeite. Als 'Abdallah ihm an
einem solchen Tage wieder Arbeit gab und , da er an einem Tage
die Arbeit von dreien verrichtete, den Lohn verdoppeln wollte, da
nahm dieser auch den bedungenen Lohn nicht an und ging fort. —
Einmal erkundigte sich 'Abdallah nach dem Arbeiter und erhielt
die Antwort, er sei krank. Als er sich zu ihm führeu liess , fand
er ihn in einer Ruine. Abdallah lud ihn zu sich und dieser er¬
klärte sich bereit, unter drei Bedingungen seinem Wunsche zu
willfahren : Dass ihm 'Abdallah nur dann zu essen gebe , wenn er
verlangen würde , dass er ihn in seinen eigenen Kleidern begrabe,
die dritte Bedingung , die schwerste , wollte er ihm erst später
mittheilen. Diese war, dass 'Abdallah b. al-Faräg nach seinem
Tode zum Chalifen Härün al-Rasid gehe und ihra seinen Siegelring
vorzeigend sage: ,Es grüsst dich der Besitzer dieses Siegelringes.
0 dass du nicht vergehest ob dieses deines Kummers, denn wenn
du wegen dieses Kummers sterben würdest, würde ich es bereuen".
Nach dem Tode des Arbeiters schrieb 'Abdallah dem Chalifen einen
Brief, in welchem er ihm diese Begebenheiten erzählte. Der Chalife
liess ihn rufen und da übergab er ihm den Siegelring mit den
Worten des Arbeiters. Der Chalife ward überwältigt vom Schmerz,
die Thränen rannen ihm aus den Augen und er schüttelte das Haupt
1) Tanbili iil-gafiliii, Kairo, Chojri.üa iM)3, S. 23.^.
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302 Schreiner, Al-Sabti, der Sohn de» Härün al-Jtasid.
und sagte: ,0 mein Sohn, du warst treu deinem Vater im Leben
und im Tode!" Nachdera er lange sehr geweint, erzählte er dem
'Abdall&h , dass der Arbeiter sein erstgeborener Sohn gewesen sei.
Sein Vater al-Mahdl wollte, dass er die Zubejda heirathe, er aber
hatte ohne Wissen seines Vaters eine Frau geheirathet, die ihm
diesen Sohn gebar. Er schickte sie nach Basra und gab ihr den
Siegelring und noch vieles Andere mit dem Versprechen, dass wenn¬
er den Thron besteigen werde, er sie holen lassen würde. Als er
Chalife geworden war, liess er sie und ihr Kind suchen, aber ver¬
gebens; man sagte, sie wären beide gestorben. Nun erkundigte
er sich bei 'Abdallah, wo sein Sohn begraben sei und erfuhr, dass
er unter den Gräbern des 'Abdallah b. al-Mubärak bestattet wurde.
Nach dera Abendgebete ging er nun verkleidet in Begleitung des
'Abdallah b. al-Farag zum Grabe seines Sohnes und weinte dort
bis zum Morgen. Als sie zurückkehrten, versprach er dem 'Abdallah
eine reiche Belohnung, die aber von diesem nicht angenommen wnrde.
So weit die Erzählung. Der Name al-Sabtl kommt in ihr
noch nicht vor. Sie klingt so wahrscheinlich und-die Darstellung scheint so treu zu sein, dass wir uns versucht fühlen, die Erzählung
als wahr anzunehmen. Aber anderseits muss man den froramen
Erzählungen der Asketen immer Misstrauen entgegenbringen. Darauf,
dass die Erzählung auf einen Augenzeugen zurückgeführt wird, ist
nicht viel Gewicht zu legen und zur lebendigen Darstellung er¬
dichteter Begebenheiten besass man ira Volke, in dessen Mitte die
Erzählungen der Tausend und einen Nacht entstanden, dichterisches
Talent genug. Wir glaubten jedenfalls auf die Erzählung der alten
Quelle hinweisen und sie au.szUglich mittheileo zu dürfen.
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Ueber die Praudhamanoramä von Diväkara.
Von Th. Aufrecht.
Vor einigen Tagen erhielt ich die 'Jätakapaddhati by Kegava
Daivajfia, with a commentary by Diväkara Daivajfia. Edited and
corrected by Pandit Vamanäcärya'. Gedruckt Benares 1882. 8*
140 Seiten. Dieser Commentar, genannt Praudhamanoramä, wirft
fyicht auf mehrero astrologische Schriften. Diväkara war der Sohn
von Nrisifiha, Nelfe und Schüler seines väterlichen Onkels Qiva,
Knkel von Krishna, Grossenkel von Diväkara. Der letzte war ein
Schüler des Ganega, eines Sohnes des Kegava. Ganega schrieb
sein Grahalaghava im Jahre 1520, sein Vater Kegava wird deranach
etwa im Jahre 1490 gelebt haben. Der vorliegende Commentar
ist von Diväkara 1627 vorfasst. Ausserdem erwähnt der Scholiast
öfters seinen Paddhatiprakäga, einen Coraraentar zu Qripati's Jätaka¬
paddhati, und auf Seite 14 ein Gopiräjamatakhandana, keine be¬
sondere Schrift, sondern eine Abweisung falscher Ansichten in
einem einzelnen Punkte. Ein Gopiräja wird im Muh(irtamärtan4a
erwähnt. Diväkara's Vater Nrisinha schrieb Siddhäntagiroraaniväsa-
nAvärttika und Süryasiddhäntaväsanäbhäshya. Sein Onkel Qiva war
der Verfasser des Muhürtacüdämani. Die Jätakapaddhati ist ein
Werk des Kegava aus dem Kaugika Gesohlechte. Er lebte in
Nandigräma und war ein Sohn von Kamaläkara. Er hat selbst
einen Commentar zu seinem Werke geschrieben. Auch das Graha-
kautuka rührt von ihm her, und das Grahalaghava seines Sohnes
ist eine neue Bearbeitung desselben. Er ist ganz verschieden von
Kegava (Kegavärka oder Kegaväditya) , aus dem Bhäradväja Ge¬
schlecht, einem Sohne von Räniga, Enkel von Qriyäditya, Gross¬
enkel von Janärdana. Dieser verfasste das Vivähavj-indävana, Kri-
shnakridita und ein Werk, das wir hier zum ersten Male kennen
lernen, den Karanakanthirava, zu 12.
Ausserdem werden von Diväkara folgende Schriften und Schrift¬
steller erwiihnt : Akhyätacandrikä, gramraatisch, 40.— Acärya, i.e.
Kegava. — Adigarman astr. 19. 22. — Utpala oft. Dass er eine
Süryasiddhäntatikä (11) geschrieben habe, ist sonst nicht bekannt. —