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Die zentrale Rolle des Glutamatmetabolismus in der Stickstoffassimilation bei Mykobakterien

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Die zentrale Rolle des Glutamatmetabolismus in der Stickstoffassimilation bei Mykobakterien

INAUGURAL-DISSERTATION

Zur Erlangung einer Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Jennifer Ramm, geb. Stellmann aus Hannover

Hannover 2006

(2)

1. Gutachter: Prof. Dr. Gerald-Friedrich Gerlach 2. Gutachter: Prof. Dr. Ottmar Distl

Tag der mündlichen Prüfung: Donnerstag, 16.11.2006

(3)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung...1

2 Literaturübersicht...3

2.1 Mykobakterien...3

2.1.1 Definition, Systematik und Vorkommen...3

2.1.2 Morphologie...4

2.2 Tuberkulose bei Tieren...6

2.2.1 Tuberkulose beim Rind...7

2.2.2 Tuberkulose bei anderen Säugetieren...11

2.2.3 Tuberkulose beim Geflügel...13

2.3 Tuberkulose beim Menschen...14

2.3.1 Historischer Hintergrund der humanen Tuberkulose...14

2.3.2 Epidemiologie...16

2.3.3 Ätiologie und Pathogenese...18

2.3.4 Klinisches Erscheinungsbild der Tuberkulose...21

2.3.5 Diagnostik...21

2.3.6 Therapie und globale Bekämpfung der Tuberkulose...24

2.3.7 Impfung...26

2.3.8 Ausblick...27

2.4 Bakterielle Stickstoffassimilation...29

2.5 Das Ntr- System...34

2.5.1 Die Regulation des Ammonium- Transporters amtB...37

2.5.2 Die Stickstoff- Regulierung durch das Gen nac...38

2.6 Zielsetzung der Arbeit...39

3 Material und Methoden...41

3.1 Material...41

3.1.1 Bakterienstämme...41

3.1.2 Plasmide und Cosmide...41

3.1.3 Verwendete Antibiotika...42

3.1.4 Primer...43

3.1.5 Nährmedien und Zusätze...43

3.1.6 Lösungen und Puffer...47

3.2 Methoden...50

3.2.1 Kultivierung von Bakterien...50

3.2.1.1 Kultivierung von E. coli...50

3.2.1.2 Kultivierung von langsamwachsenden Mykobakterien...51

3.2.2 Konservierung und Lagerung von Kulturen...51

3.2.3 Herstellung elektrokompetenter Zellen...52

3.2.3.1 Herstellung elektrokompetenter E. coli...52

3.2.3.2 Herstellung elektrokompetenter Mykobakterien...52

3.2.4 Transformation in elektrokompetente Zellen...52

3.2.4.1 Transformation in E. coli...52

3.2.4.2 Transformation in Mykobakterien...53

(4)

3.2.5 Präparation von DNA...54

3.2.5.1 Präparation von Plasmid- DNA ("Mini-"Präparation)...54

3.2.5.2 Präparation von Plasmid- DNA mit Präparations- Kits...55

3.2.5.3 Präparation von genomischer DNA...56

3.2.5.4 Zellaufschluss für PCR ("Mickel-"Präparation)...57

3.2.6 Homologe Rekombination...57

3.2.6.1 Selektion der Transformanten...57

3.2.6.2 "Ausloopen" der Mutanten und anschließende Selektion...58

3.2.6.3 Screening der Mutanten...59

3.2.7 SouthernBlot- Analyse...59

3.2.7.1 Erstellung, Markierung und Quantifizierung einer Hybridisierungssonde...59

3.2.7.2 SouthernBlot...60

3.2.8 Restriktionsspaltung von DNA (Verdauung von DNA)...62

3.2.9 Gel- Elektrophorese...63

3.2.10 Gelbandenisolierung und -aufreinigung...63

3.2.11 Aufreinigung von DNA aus Lösungen...64

3.2.12 Verwendung von T4- Polymerase...64

3.2.13 Verwendung des Klenow- Enzyms...65

3.2.14 Dephosphorylierung linearisierter Vektor- DNA...65

3.2.15 Bestimmung des DNA- Gehaltes...65

3.2.16 Ligation...66

3.2.17 Glykogenfällung...67

3.2.18 Polymerasekettenreaktion (PCR)...67

3.2.19 Sequenzierung von DNA...68

4 Ergebnisse...69

4.1 Aufbau und Etablierung eines Funktionsassays für eine gltB- Deletionsmutante...69

4.2 Mycobacterial Basal (MB)- Agar als Testmedium...70

4.3 Proskauer und Beck (PB)- Flüssigmedium als Testmedium...74

4.4 Proskauer und Beck (PB)- Agar als Testmedium...77

4.5 Erstellung einer Deletionsmutante und deren genotypische Untersuchung. .80 4.5.1 Klonierungsarbeiten zur Erstellung einer Deletionsmutante im Bereich des als Glutamatsynthase annotierten Genclusters gltBD...80

4.5.2 Überprüfung der homologen Rekombination mittels PCR...86

4.5.3 Bestätigung der homologen Rekombination mittels SouthernBlot- Analyse...88

4.5.4 Die Eliminierung des Plasmidbereiches mit dem Wildtyp- Gen und Positiv-/Negativselektion...89

4.5.5 Überprüfung des Ausloopens mittels PCR...91

4.5.6 Überprüfung des Ausloopens mittels SouthernBlot- Analyse...91

4.5.7 Die Eliminierung des Plasmidbereiches mit dem Wildtyp- Gen und Positiv-/Negativselektion Teil II...92

(5)

4.5.8 Klonierungsarbeiten zur Komplementierung einer

gltB- Deletionsmutante...93

5 Diskussion...95

5.1 Aufbau und Etablierung eines geeigneten Funktionsassays...95

5.2 Schwierigkeiten bei der Eliminierung des Plasmidbereiches mit dem Wildtyp- Gen...97

6 Zusammenfassung...104

7 Summary...106

8 Literaturverzeichnis...108

9 Anhang...117

9.1 Abbildungen von der Etablierung eines Funktionsassays für eine gltB- Deletionsmutante mit M. bovis BCG...117

9.2 Enzyme...119

9.3 Weitere Enzyme...120

9.4 Kits...120

9.5 Agar/Medien/Antibiotika/Antimykotika...121

9.6 Chemikalien/Aminosäuren/Größenstandards...121

9.7 Verbrauchsmaterialien...123

9.8 Geräte...124

9.9 Genom- und Literaturdatenbanken...126

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Glutamatsynthase- Kreislauf; Quelle:RHODES 2004...32

Abbildung 2: Stickstoffassimilation bei Bakterien; Quelle: Eigene Darstellung...34

Abbildung 3: Das Ntr- System; Quelle:MERRICK u. EDWARDS 1995...35

Abbildung 4: Die Regulierung von GS durch das Ntr- System; Quelle:RHODES 2004...36

Abbildung 5: Das Ammoniumtransport- System und sein Eingliederung in das Ntr- System; Quelle: JAVELLE et al. 2003...38

Abbildung 6: Drei- Ösenausstrich von M. tuberculosis auf MB- Platten nach einer Inkubation von drei Wochen...72

Abbildung 7: Drei- Ösenausstrich von M. tuberculosis auf MB- Platten nach einer Inkubation von sieben Wochen...73

Abbildung 8 :Wachstum von M. tuberculosis in PB- Medium...75

Abbildung 9 :Wachstum von M. tuberculosis in PB- Medien mit verschiedenen Stickstoffquellen- und konzentrationen ...76

Abbildung 10 : Wachstum von M. tuberculosis in PB- Medien mit verschiedenen Stickstoffquellen und- konzentrationen...77

Abbildung 11: Drei- Ösenausstrich von M. tuberculosis auf PB- Platten nach einer Inkubation von drei Wochen...78

Abbildung 12: Drei- Ösenausstrich von M. tuberculosis auf PB- Platten nach einer Inkubation von vier Wochen...79

Abbildung 13: Klonierungsstrategie zur Erstellung einer gltB- Deletionsmutante; im Genom von M. tuberculosis verwendete Restriktionsenzyme...80

(6)

Abbildung 14: Plasmid pJS3; identifiziert durch einen Restriktionsverdau mit dem

Enzym ApaI...81

Abbildung 15: Plasmid pJS4; identifiziert durch einen Restriktionsverdau mit dem Enzym NotI...82

Abbildung 16: Klonierungsstrategie zur Erstellung des Konstruktes pJS3...83

Abbildung 17: Plasmid pJS5; identifiziert durch einen Restriktionsverdau mit dem Enzym SphI...84

Abbildung 18: Klonierungsstrategie zur Erstellung des Konstruktes pJS5...85

Abbildung 19: Darstellung der beiden in der PCR amplifizierten Fragmente zur Überprüfung von Cointegranten;...87

Abbildung 20: Gelelektrophorese der PCR zur Überprüfung der Rekombination...88

Abbildung 21: Lage der SouthernBlot- Sonde und die für den SouthernBlot verwendeten Restriktionsenzyme...89

Abbildung 22: SouthernBlot- Analyse zur Bestätigung der homologen Rekombination...89

Abbildung 23: Darstellung einer PCR bei Überprüfung des Ausloopens der Cointegrante JS3...91

Abbildung 24: Klonierungsstrategie zur Erstellung von pJS7 zum Konstruieren einer Komplementante...94

Abbildung 25: Plasmid pJS7; identifiziert durch einen Restriktionsverdau mit dem Enzym KpnI...94

Abbildung 26: Drei- Ösenausstrich von M. bovis BCG auf MB- Platten nach einer Inkubation von neun Wochen...117

Abbildung 27 :Wachstum von M. bovis BCG in PB- Medium...118

Abbildung 28: Wachstum von M. bovis BCG in PB- Medien mit verschiedenen Stickstoffquellen- und konzentrationen...118

Abbildung 29: Drei- Ösenausstrich von M. bovis BCG auf PB- Platten nach einer Inkubation von fünf Wochen...119

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Runyon-Gruppen zur Differenzierung von Mykobakterien; Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an HOF u. DÖRRIES 2002...22

Tabelle 2: Verwendete Bakterienstämme...41

Tabelle 3: Verwendete selbst erstellte Plasmide...41

Tabelle 4: Verwendete Plasmide und Cosmide...42

Tabelle 5: Verwendete Antibiotika...42

Tabelle 6: Verwendetes PCR- Programm...68

(7)

1 Einleitung

Im Jahr 2003 blieb die Tuberkulose mit 1,73 Millionen Todesfällen weltweit die am häufigsten zum Tode führende bakterielle Infektionskrankheit (WHO 2005).

Etwa 1/3 der Weltbevölkerung ist derzeit mit Mycobacterium tuberculosis, dem

Erreger der Tuberkulose, infiziert. Jährlich erkranken 8 bis 9 Millionen Menschen neu an Tuberkulose (WHO 2005).

Die Zahlen der World Health Organisation (WHO) zeigen, wie aktuell das Thema Tuberkulose auch heute noch ist. Obwohl die internationale Staatengemeinschaft die Bekämpfung von Tuberkulose, HIV und Malaria als vordringliches Problem eingestuft hat, ist die Tuberkulose global mit einem jährlichen Anstieg der Tuberkulosefälle von 0,4% unverändert auf dem Vormarsch (DZK 2006).

Besonders die Entwicklungsländer Süd- Ost- Asien und Afrika sind aufgrund von Armut, medizinischer Unterversorgung und bestehenden Infektionen mit HIV (human immunodeficiency virus) stark betroffen (WHO 2005; RKI 2006). Im Jahr 2003

wurden von den gezählten 8,81 Millionen Erkrankungen allein 35% in Süd- Ost- Asien und 27% in Afrika verzeichnet. In Afrika hat besonders die hohe HIV- Rate innerhalb der Bevölkerung zu einem raschem Anstieg der Tuberkulose- Inzidenz geführt. HIV und Tuberkulose bilden hier eine tödliche Kombination, da beide Erkrankungen sich gegenseitig beschleunigen. Tuberkulose wird für etwa 13% der AIDS- Toten weltweit verantwortlich gemacht (WHO 2005).

In Deutschland ist dagegen seit längerem ein leichter Rückgang zu beobachten; so fiel die Zahl der an Tuberkulose Erkrankten von 7166 im Jahre 2003 auf 6583 gemeldete Fälle im Jahr 2004. Diese vom Robert Koch Institut erfassten Daten entsprechen einer im globalen Vergleich niedrigen Inzidenz von 8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern, wobei die Inzidenz von ausländischen Staatsbürgern in der BRD mit 30,6 deutlich höher liegt (RKI 2006); durch verstärkte Migration besonders aus den osteuropäischen Ländern der ehemaligen Sowjetunion besteht die Gefahr eines Anstiegs der Tuberkulose- Fälle in Deutschland.

(8)

Der Anteil der Stämme des Erregers M. tuberculosis, der gegen Antituberkulotika resistent ist (MDR- Stämme= multi drug resistence), nimmt deutlich zu; das führt zu wachsenden Problemen bei der Therapie und Kontrolle der Krankheit. Eine Impfung mit M. bovis BCG, dem einzig gegenwärtig zugelassenen Impfstoff, wird aufgrund der geringen Schutzwirkung gegen die am häufigsten auftretende Lungen-

Tuberkulose, der relativ hohen Virulenz bei immundefizienten Personen sowie der relativen Häufigkeit von Impfkomplikationen in Deutschland nicht mehr empfohlen (RKI 2000; RKI 2005).

Ziel dieser Dissertation ist es, neue Erkenntnisse über die Interaktion zwischen dem infizierten Wirt und M. tuberculosis zu gewinnen, um mit Hilfe dieser Erkenntnisse neue attenuierte Lebendimpfstoffe zur Prävention einer Tuberkulose zu entwickeln, bzw. Zielstrukturen für spezifische Inhibitoren zur Therapie einer Tuberkulose zu definieren. Dabei wird die Rolle des mykobakteriellen Substratstoffwechsel,

insbesondere der Glutamatmetabolismus in der Stickstoffassimilation, in vitro näher untersucht.

Bei der Sequenzierung des Genoms von M. tuberculosis wurde ein 4584-bp-großer offener Leserahmen (ORF) mit 52%iger Homologie zum GLTB-Protein von

Bacillus subtilis gefunden. Auf der Grundlage der publizierten Genomsequenz von M. tuberculosis (COLE et all. 1998) soll das als gltBD (Glutamatsynthase) annotierte Gencluster auf seine mögliche Funktion bei M. tuberculosis in vitro untersucht und getestet werden; dazu soll eine gltB- Deletionsmutante von M. tuberculosis

angefertigt werden, die einen Defekt beim Ammoniaktransfer auf α-Ketoglutarat haben soll. In einem zu diesem Zweck ausgearbeiteten Funktionsassay soll das Verhalten der Mutante anschließend in vitro mit dem Wildtyp verglichen werden.

(9)

2 Literaturübersicht

2.1 Mykobakterien

2.1.1 Definition, Systematik und Vorkommen

Mykobakterien sind unbewegliche, nichtsporenbildende Stäbchenbakterien, die einen Zellwandaufbau wie grampositive Bakterien besitzen und sich durch ihre Säure- und Alkoholfestigkeit, sowie einen Guanosin- und Cytidingehalt von 61-70 mol% im Genom auszeichnen (HOF u. DÖRRIES 2002, SELBITZ 2002).

Systematisch gehört die Gattung Mycobacterium zur Familie der Mycobacteriaceae und der Ordnung der Actinomycetales. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Pathogenität lassen sie sich in die drei Gruppen rein nicht-pathogene (saprophytäre), fakultativ pathogene und obligat pathogene Spezies einordnen.

Die nicht-pathogenen Mykobakterien sind ubiquitär in der Umwelt vorhandene Keime, die bis zu mehreren Monaten im Staub von Wald- und Ackerböden überlebensfähig sind (SCHULZE-RÖBBECKE 1993).

Die ebenfalls ubiquitär in der Umwelt vorhandenen fakultativ pathogenen

Mykobakterien sind für Menschen nur unter bestimmten Bedingungen, wie zum Beispiel einem geschwächten Immunsystem, pathogen und lösen Erkrankungen aus; sie sind unter dem Begriff MOTT (= mycobacteria other than tuberculosis) zusammengefasst (HOF u. DÖRRIES 2002). Beispiele für diese Gruppe sind unter anderem M. avium, M. intracellulare, M. chelonae, M. kansaii, M. ulcerans und M. paratuberculosis (HAHN et al. 2001). M. avium gilt als der wichtigste Vertreter dieser Gruppe (SELBITZ 2002). M. avium spp. avium ist Erreger der

Geflügeltuberkulose mit einem breitem Wirtsspektrum, zu dem neben dem Hauptwirt Hühnervögel auch andere Vögel, Säugetiere und Menschen gehören, in der Regel erkranken jedoch nur immunsuppremierte Menschen.

M. avium spp. paratuberculosis ist Erreger der Paratuberkulose der Rinder

(10)

(Johne`sche Krankheit) und steht im Verdacht, am Krankheitsbild des Morbus Crohn beim Menschen beteiligt zu sein (SELBITZ 2002). M. avium spp.silvaticum

verursacht tuberkuloseartige Erkrankungen bei Vögeln („wood pigeon“) sowie paratuberkuloseartige Erkrankungen bei anderen Säugetieren.

Zu den obligat pathogenen Mykobakterien gehören die als Erreger der Tuberkulose klassifizierten M. tuberculosis, M. bovis, M. africanum und M. microti, sowie der Erreger der Lepra M. leprae (HOF u. DÖRRIES 2002).

Die größte Bedeutung hat dabei M. tuberculosis, der natürlicherweise nur beim Menschen vorkommt. Andere Säugetiere, insbesondere das Rind, können sich jedoch auch infizieren und erkranken. M. bovis verursacht die Rindertuberkulose und kann als eine Zoonose auch auf Menschen übertragen werden. Da die anzeigepflichtige Tierseuche durch das so genannte „Bang`sche-Verfahren“ in

Deutschland und vielen anderen Ländern getilgt werden konnte, spielt dieser Erreger heute nur noch in der dritten Welt eine Rolle (SELBITZ 2002). M. africanum ist ein in Afrika weit verbreiteter Tuberkuloseerreger, bei dem es sich jedoch wahrscheinlich nur um eine Variante des klassischen M. tuberculosis handelt (HOF u. DÖRRIES 2002).

Der Hauptwirt von M. microti ist die Wühlmaus; der Erreger verursacht bei ihr Tuberkulose; eine Übertragung auf den Menschen ist möglich.

M. lepra verursacht beim Menschen die Lepra, den so genannten „Aussatz“ oder auch „Hansen- Krankheit“ mit zum Teil schweren Verstümmlungen bei fehlendem Schmerzempfinden. Der Erreger ist heute noch am weitesten in ländlichen Gebieten Indiens und Südostasiens, in Brasilien und anderen Ländern Lateinamerikas sowie dem tropischen Afrika verbreitet. Er ist ausschließlich humanpathogen; experimentell lassen sich jedoch auch Affen, Mäuse und Gürteltiere infizieren (SELBITZ 2002).

2.1.2 Morphologie

Mykobakterien sind 0,2- 0,7 x 1,0-10,0 µm große, gerade oder leicht gebogene, säurefeste Stäbchen (SELBITZ 2002). Sie sind unbeweglich, bilden keine Sporen

(11)

und weisen einen Zellwandaufbau wie grampositive Bakterien auf (HOF u. DÖRRIES 2002). Die äußere Zellwand dieser Keime enthält neben dem bei grampositiven Bakterien üblichen mehrschichtigen Peptidoglykan noch Arabinogalactan, Proteine, Phospholipide und vor allem Glykolipide und verschiedene Wachse (A-D). Aufgrund des hohen Lipidanteils in der Zellwand (er macht etwa 60% des Zellwandtrocken- gewichtes aus) weisen Mykobakterien einige charakteristische Eigenschaften und Fähigkeiten auf:

•Sie sind äußerst widerstandsfähig gegenüber chemischen und physikalischen Noxen wie zum Beispiel Säuren und Laugen; so werden Mykobakterien durch Magensäure (Salzsäure) nicht abgetötet und sind noch lebend im Magen von

Tuberkulose- Patienten zu finden (HAHN et al. 2001) Zur Desinfektion geeignet sind Formaldehyd, Phenol, chlorabspaltende Mittel, Alkohole, Aldehyde sowie quartäre Ammoniumverbindungen (SELBITZ 2002). Ebenso UV- Bestrahlung mit UV- Licht unterhalb einer Wellenlänge von 300nm oder eine 30 minütige Erhitzung auf über 65°C tötet die Bakterien zuverlässig. Gegen Kälte bis -70°C sowie Trockenheit sind sie wiederum unempfindlich (HAHN et al. 2001).

•Sie weisen eine geringe Permeabilität für Antibiotika auf und sind damit gegen die meisten der üblichen Antibiotika (z.B. Ampicillin) resistent (HOF u. DÖRRIES 2002).

Für die Chemotherapie geeignete Wirkstoffe in der Humanmedizin sind Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Streptomycin und Ethambutol (SELBITZ 2002).

•Durch die nur langsame Diffusion von Nährstoffen durch die Lipidschicht ins Innere der Zelle wachsen Mykobakterien relativ langsam. Langsam wachsende

Mykobakterien (z.B. M. tuberculosis) haben eine Generationszeit von bis zu 24 Stunden, schnell wachsende Mykobakterien (z.B. M. smegmatis) weisen eine Generationszeit von 1 bis 4 Stunden auf (HOF u. DÖRRIES 2002).

•Mykobakterien lassen sich nicht mit der Gramfärbung anfärben, da die lipidreiche Zellwand keine wässrigen Farblösungen annimmt (HOF u. DÖRRIES 2002). Eine für die Diagnostik verwendete Färbung ist die Ziel-Neelsen-Färbung. Bei dieser

(12)

Färbemethode werden die Zellen mit dem Farbstoff Fuchsin angefärbt und anschließend einer Säurebehandlung unterzogen. Nach Gegenfärbung mit dem Farbstoff Methylenblau erscheinen Mykobakterien rot, da die Säurebehandlung bei diesen Bakterien zu keiner Entfärbung führt. Verantwortlich für diesen Effekt sind die in der Zellwand vorhandenen Mycolsäuren mit 60-90 Kohlenstoffatomen, die einen Komplex mit dem Fuchsin bilden und so die Auswaschung des Farbstoffes

verhindern.

•Das Vorkommen von bestimmten Strukturen innerhalb der Wachsschichten ist verantwortlich für die Vorgänge im menschlichen Organismus nach der Infektion; so wurde in der Schicht von Wachs C das Trehalose-6,6-Dimycolat, der so genannte

„Cordfaktor“, als ein für die Virulenz verantwortlicher Faktor identifiziert. Der Cordfaktor ist für die Ausbildung von zopfartigen Bakterienzellaggregaten

verantwortlich. Virulente Stämme verlieren ihre Virulenz nach Extraktion des Cord- Faktors (HAHN et al. 2001). Das N-acetyl-muramyl-Dipeptid der Schicht von Wachs D weist immunologische Fähigkeiten auf, indem sie die immunogene Wirkung von anderen Antigenen verstärkt und damit als Adjuvans wirkt (HAHN et al. 2001).

•Sie entgehen lange Zeit der körpereigenen Abwehr. Mykobakterien werden durch die antibakteriellen Mechanismen der polymorphkernigen Granulozyten und

ruhender, nicht stimulierter Makrophagen nicht abgetötet. Sie können nach

Aufnahme im Inneren dieser Zellen weiterleben und sich dort vermehren, sind also fakultativ intrazelluläre Bakterien (HAHN et al. 2001). Für die Virulenz von

Mykobakterien ist der intrazelluläre Parasitismus wesentlich; er beruht auf der Fähigkeit der Erreger, in Phagolysosomen zu überleben, bzw. sogar die Fusion von Phagosomen und Lysosomen zu verhindern (SELBITZ 2002).

2.2 Tuberkulose bei Tieren

Mykobakterien verursachen Erkrankungen mit sehr vielfältigen Krankheitsbildern. In der Veterinärmedizin gehören sie zu den wichtigsten bakteriellen Infektionserregern und sind damit von großer Bedeutung.

(13)

Da sich der Schwerpunkt dieser Arbeit mit dem Tuberkuloseerreger M. tuberculosis beschäftigt, wird im Folgenden vor allem auf die Tuberkuloseerreger eingegangen.

2.2.1 Tuberkulose beim Rind

Die anzeigepflichtige Tierseuche wird von M. bovis verursacht. Für die so genannte Reaktionstuberkulose des Rindes mit Auftreten einer positiven Hautreaktion beim Rind nach einer Tuberkulisierung kommen jedoch auch M. tuberculosis,

M. africanum und M. avium in Betracht (ASSMUS et al. 1995).

Tierseuchenrechtlich gilt nur die M. bovis- Infektion als Rindertuberkulose (SELBITZ 2002). Die Tuberkulose des Rindes ist eine der wichtigsten Zoonosen;

M. bovis kann sowohl vom Rind auf den Menschen als auch umgekehrt übertragen werden. Für den Erreger sind neben Rindern auch viele andere Säugetierarten empfänglich, vor allem Wiederkäuer und Schweine (SELBITZ 2002). In Afrika ist eine Infektion mit M. bovis neben einer hohen Infektionsrate mit M. tuberculosis, bzw.

M. africanum häufig; neben den als Haustieren gehaltenen Rindern, Ziegen und Schafen sind dort auch die wild lebenden Wiederkäuer, wie z.B. Büffel als Erregerreservoir von Bedeutung (AYELE et al. 2004).

Erregerreservoir können auch frei lebende Dachse, Rotwild und Opossums sein (SELBITZ 2002). Weitere Ansteckungsquellen für den Menschen sind Zootiere, Pferde, Hunde und Katzen.

Beim Rind erfolgt die Ansteckung gewöhnlich durch Inhalation tuberkelbakterien- haltigen, ausgehusteten Lungenschleims oder Stallstaubes, eventuell auch von mit M. bovis infizierten Menschen. Kälber können sich bereits intrauterin durch den infizierten Blutkreislauf der Mutter oder durch infizierte Milch anstecken (ASSMUS et al. 1995).

Pathogenese:

Die Pathogenese der Rindertuberkulose lässt sich in verschiedene Stadien untergliedern: Infektion, Primärkomplex, chronische Organtuberkulose,

(14)

Frühgeneralisation als akute Miliartuberkulose oder protrahierte Generalisation, Abkapslung, gefolgt von der Spätgeneralisation (Niederbruchphase) oder Ausheilung der Tuberkulose (SELBITZ 2002; SCHULZE u. TRAUTWEIN 1990).

Bei der Infektion entsteht dabei zunächst ein Primärherd, dessen Lokalisation vom Infektionsherd abhängig ist. Nach aerogenen Infektionen vermehren sich die Erreger zunächst in den Alveolen der Lunge, wo sie zwar von den Alveolarmakrophagen phagozytiert werden, in diesen jedoch vermehrungsfähig bleiben. Aus zerstörten Makrophagen werden die Erreger wieder freigesetzt und können neu ins

Entzündungsgebiet eingewanderte Makrophagen infizieren. In diesen erreichen sie mit dem Lymphstrom den regionären Lymphknoten, welcher zusammen mit dem Primärherd den Primärkomplex bildet (SCHULZE u. TRAUTWEIN 1990).

Primärherde bzw. -komplexe können einerseits ausheilen oder in abgekapseltem Zustand längere Zeit bestehen bleiben oder andererseits zum Ausgangspunkt der Frühgeneralisation werden. Die Frühgeneralisation kann als akute

Miliartuberkulose mit Bildung von hirsekorn- großen granulomatösen Herden an Absiedlungsorten oder als prothrahierte Generalisation verlaufen (SELBITZ 2002).

Aus einer ruhenden Tuberkulose der Erstinfektionsperide kann sich durch Wiederaufflackern eine neue Tuberkulose entwickeln, die sich in ihrer

Ausbreitungstendenz anders verhält als bei der Erstinfektionsperiode. Man spricht dabei von postprimären Prozessen oder chronischer Organtuberkulose (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990). Bei dieser Form der Tuberkulose breiten sich die Erreger nicht wie in der Erstinfektionsperiode hämatogen und/oder lymphogen, sondern intrakanalikulär aus; ein Beispiel ist die Ausbreitung in der Lunge über die Bronchen und Bronchioli. Da in dieser Phase nur der kanalikuläre Weg beschritten wird, bleibt die Tuberkulose in der Regel auf ein Organ beschränkt. Als Folge von

Einschmelzungsprozessen treten Einbrüche in nach außen führende Hohlräume auf, es kommt zur „offenen“ Tuberkulose, bei der die Tuberkulosebakterien jederzeit mit Sekret in die Außenwelt gelangen können (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990).

(15)

Zu einer Spätgeneralisation kommt es bei einem nicht vollständig leistungsfähigem Immunsystem. Sie ist durch ausgeprägt exsudative Prozesse und hämatogene Erregerstreuung charakterisiert. Aufgrund der mangelhaften Aktivität der

zellvermittelten Abwehrmechanismen kann die Tuberkulinreaktion in diesem Stadium negativ ausfallen (SELBITZ 2002; SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990)

Die bei der Tuberkulose ablaufenden entzündlichen Abwehrreaktionen lassen sich in zwei Stadien einteilen: der exsudativen Frühphase und der proliverativ-

produktiven Phase. Die exsudative Reaktion ist geprägt von einer

überschießenden, eiweißreichen, lymphozyten- und makrophagenhaltigen

Extravasation, die das Gewebe durchtränkt und gerinnt. Das Gewebe wird in eine strukturlose, trübe, gelbbraune Masse verwandelt, was als primäre Verkäsung bezeichnet wird. Nach etwa einem Monat reagiert das spezifische Immunsystem in der proliverativ-produktiven Phase mit Vermehrung von inflammatorischen T-Zellen.

Die T- Zellen sezernieren Interleukine, welche einerseits Makrophagen zum Infektionsort locken und andererseits die bakterizide Aktivität der Makrophagen steigern. Die Ansammlung von T-Zellen und Makrophagen um die

Tuberkulosebakterien bewirkt die Entstehung eines knötchenförmigen

Entzündungsherdes, des tuberkulösen Granuloms oder Tuberkels. Ein typisches Granulom besteht in seinem Inneren aus einem Exsudatkern mit Gewebenekrose und abgetöteten Erregern sowie Makrophagen. Um dieses Zentrum herum

gruppieren sich Epitheloid- und Langerhans-Riesenzellen. Weiter peripher

schließlich finden sich Blutmonozyten und Lymphozyten (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990)

Klinik:

Klinisch manifestierte Rindertuberkulose tritt nur noch selten auf. Bis zum Auftreten erster Anzeichen können Monate vergehen. Die häufigste Organmanifestation bei Rindern betrifft die Lunge (ASSMUS et al. 1995). Bei den Tiere kann Husten, Rasselgeräusche, Atembeschleunigung und sich verschlechterndes

Allgemeinbefinden beobachtet werden. Die Patienten magern ab und zeigen eine

(16)

deutliche Entkräftung. Die Früh- und Spätgeneralisation ist durch Fieberschübe, Störung des Allgemeinbefindens und dem Verenden der betroffenen Tiere

gekennzeichnet. Eine Darmtuberkulose äußert sich in chronischem Durchfall und Verstopfung; bei Gebärmuttertuberkulose kann eitriger Scheidenausfluß mit Knoten und Verhärtungen der Wände der Geburtswege beobachtet werden; bei

Eutertuberkulose tritt in der Regel eine allmähliche Vergrößerung und höckrige Verhärtung eines oder mehrerer Euterviertel oder harte Knotenbildung im Inneren ohne Veränderung des Sekrets auf (ASSMUS et al. 1995).

Nach Infektion mit M. tuberculosis oder M. africanum entwickeln sich beim Rind normalerweise keine klinisch relevanten Veränderungen, es bildet sich lediglich der Primärkomplex. Es entwickelt sich aber eine mehrmonatige Tuberkulinsensitivität, die ebenso wie der bei der Schlachtung nachzuweisende Primärkomplex diagnostische Abklärungen erfordern (SELBITZ 2002).

Bekämpfung:

Die anzeigepflichtige Tuberkulose des Rindes ist in Deutschland seit vielen Jahren getilgt. Gegenwärtig ist nur noch mit sporadischen Vorkommen der Erkrankung zu rechnen. Therapieversuche und Schutzimpfungen sind durch die Verordnung zum Schutz gegen die Tuberkulose der Rinder, Neufassung vom 13.03.1997, verboten (SELBITZ 2002).

Bei Feststellung einer Tuberkulose durch den Tuberkulintest (eine Hautfaltendicken- zunahme von mehr als 4 mm gilt beim Rind als positiver Befund) oder anhand des Schlachtkörpers müssen alle nachgewiesenermaßen infizierten Tiere getötet werden;

verdächtige Tiere können getötet werden. Milch von infizierten Tieren ist unschädlich zu beseitigen. Die eingeleitete Bestandsperre ist erst nach Desinfektion des

Betriebes, Beseitigung aller infizierten/erkrankten Tiere und der zweimaligen negativ ausgefallenen Nachkontrolle aller verbliebenen Tiere per Tuberkulintest aufzuheben.

Treten Erregerreservoire unter anderen Haus- oder Wildtieren (Dachse in England, Opposums in Neuseeland) auf, müssen diese in die Bekämpfung einbezogen werden (SELBITZ 2002).

(17)

2.2.2 Tuberkulose bei anderen Säugetieren

Die Tuberkulose der Ziege wird durch M. bovis, selten durch M. avium verursacht und ähnelt stark der des Rindes (BOSTEDT u. DEDIE 1996; SELBITZ 2002). Sie tritt in Beständen auf, in denen Rinder und kleine Wiederkäuer gemeinsam gehalten werden. Auch hier stehen exsudative Veränderung nach aerogener Übertragung in der Lunge im Vordergrund (SELBITZ 2002). Eine orale Übertragung ist selten. Bei Ziegen kommt es zudem zu Eutertuberkulose, bei der im Euter vielfach harte, oft recht große Knoten tastbar sind. Mit der Milch können die Erreger lange Zeit

ausgeschieden werden. Die Infektion mit M. avium bleibt in der Regel subklinisch; für eine Infektion mit M. tuberculosis sind Ziegen kaum empfänglich (BOSTEDT u.

DEDIE 1996).

Bei dem Schaf bleibt eine Infektion mit M. bovis (bzw. M. avium) dank einer größeren Resistenz gegen Tuberkulose meist subklinisch und wird erst bei der Schlachtung entdeckt. Veränderung haben dabei mehr produktiven als exsudativen Charakter; gegen M. tuberculosis sind Schafe resistent (BOSTEDT u. DEDIE 1996).

Beim Schwein erfolgt die Infektion mit M. bovis, M. tuberculosis oder M. avium überwiegend oral über Futter und Kot. Bis zur Schlachtung entstehen dann

Veränderungen an den Retropharyngeal- und Mesenteriallymphknoten (WALDMANN u. PLONAIT 2004). Aufgrund der kürzeren Lebensdauer bildet sich eine chronische Organtuberkulose nur sehr selten aus (SELBITZ 2002).

Tuberkulose des Pferdes wird in allen Ländern angetroffen, in denen tuberkulöse Erkrankungen bei Rind, Geflügel und Mensch verbreitet sind. Trotz meist starker Exposition erkrankt das Pferd jedoch nur relativ selten (HORSCH u. NATTERMANN 1999). Die Tuberkulose wird beim Pferd zu 80-90% durch M. bovis hervorgerufen. In den restlichen Fällen überwiegen Infektionen mit M. avium. Infektionen mit

M. tuberculosis haben ihren Ursprung bei Menschen mit offener Tuberkulose und führen beim Pferd im allgemeinen nur zu lokalen tuberkulösen Prozessen (HORSCH u. NATTERMANN 1999). Die Infektion findet in der Regel oral über kontaminiertes

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Futter/Milch statt. In einigen Fällen ließ sich auch eine aerogene Infektion bestätigen.

Die zu beobachtenden Veränderungen haben überwiegend proliverativen Charakter und sind im Darm, und (aufgrund hämatogener Streuung) auch in Lunge, Leber, Milz, Knochen, Haut und Euter zu beobachten (HORSCH u. NATTERMANN 1999).

Die Tuberkulose des Hundes kann als inverse Zoonose bezeichnet werden, bei der die Ansteckung von Menschen mit offener Tuberkulose und massiver

M. tuberculosis- Ausscheidung im Sputum ausgeht; eine Infektion mit M. bovis sowie M. avium ist jedoch ebenfalls möglich (SUTER 2001). Die Übertragung erfolgt in der Regel aerogen und verursacht, ähnlich der humanen Tuberkulose, granulomatöse Veränderungen vor allem in der Lunge. Enterale Infektionen sind selten (SUTER 2001).

Tuberkulöse Katzen sind bereits wiederholt als Ursache von Reinfektionen in

tuberkulosefreien Rinderbeständen ermittelt worden (WEISS 2003). Neben M. bovis und M. tuberculosis als Auslöser der Tuberkulose wurde vereinzelt über Infektionen mit M. microti berichtet (WEISS 2003). Ansteckungsquellen sind vor allem infizierte Menschen in der Umgebung der Tiere. Frei laufende Katzen können sich jedoch auch an kontaminierter Kuhmilch und bei mit Tuberkulose infizierten Rindern (z.B. in Spanien) anstecken. Infizierte Wildtiere wie z.B. Dachse (England und Irland) oder Opossums und Frettchen (Neuseeland) sowie mit M. microti infizierte Feldmäuse können ebenfalls die Ansteckungsquelle sein (WEISS 2003). Die Übertragung von M. bovis geschieht in der Regel durch erregerhaltige Nahrungsmittel; bei der Infektion mit M. tuberculosis steht die aerogene Übertragung im Vordergrund. Die Veränderungen sind überwiegen proliverativer Art und können sämtliche

Körperorgane erfassen (WEISS 2003).

Bislang konnte bei einer beeindruckende Anzahl von Tierarten Tuberkulose nachgewiesen werden: so konnte eine Infektion mit M. tuberculosis oder M bovis unter anderem bei Büffeln, Hirschen, Wildschweinen, Dachsen, Opossums, Wühl- und Feldmäusen, Affen, Elefanten, Großkatzen, Kaninchen und Papageien nachgewiesen werden.

(19)

Unter dem Eindruck der Bedeutung wildlebender Säugetiere für die Tuberkulose der Haustiere hat die Entwicklung neuer Impfstoffe Auftrieb erfahren (SELBITZ 2002).

2.2.3 Tuberkulose beim Geflügel

Die Geflügeltuberkulose ist eine meldepflichtige Tierkrankheit, die in der Regel von M. avium spp. avium verursacht wird. Da dieser Erreger phänotypisch nur schwer von dem Saprophyten M. intracellulare zu unterscheiden ist, wird von einem M.- avium-intracellulare-Komplex (MAC- Komplex) gesprochen. Zum MAC- Komplex gehören zudem der Saprophyt M. scrofulaceum, der die Paratuberkulose der Wiederkäuer verursachende M. avium spp. paratuberculosis und M. avium spp.

silvaticum, der tuberkuloseartige Erkrankungen bei Vögeln und

paratuberkuloseartige Erkrankungen bei anderen Säugetieren verursacht (SELBITZ 2002).

Die Geflügeltuberkulose spielt in der modernen Geflügelproduktion keine wesentliche Rolle mehr; für Kleinbetriebe, Liebhaberbestände und ökologisch arbeitende Betriebe kann sie dennoch eine Gefahr darstellen, da sie besonders bei extensiver Haltung von Hühnern, schlechten hygienischen Bedingungen und

überalterten Beständen auftritt (SELBITZ 2002). Die Vogeltuberkulose ist eine offene Tuberkulose mit massenhafter Erregerausscheidung, in der Regel mit dem Kot (Gylstorff u. Grimm 1998). Hühnervögel besitzen dabei die höchste Empfänglichkeit, gefolgt von Tauben, aber auch Wildtieren wie zum Beispiel Greifvögeln; Gänse und anderes Wassergeflügel sind dagegen relativ unempfänglich. Die Infektion erfolgt überwiegend oral über Futter, Wasser und kontaminiertes Erdreich. Der

Krankheitsverlauf gestaltet sich chronisch. Ausgehend vom Primärherd im Darm erfolgt sowohl eine hämatogene Ausbreitung als auch Ausscheidung der Erreger (SELBITZ 2002). Die betroffenen Tiere zeigen erst nach langer Zeit

uncharakteristische Allgemeinsymptome wie Abmagerung, Durchfälle, Lahmheiten und hängende Flügel. Die Diagnose wird zumeist per Sektionsberfund, aber auch

(20)

durch den mikroskopischen Nachweis von säurefesten Stäbchen gestellt; der Tuberkulintest ist beim Geflügel ebenfalls einsetzbar.

Eine Behandlung der Erkrankung ist grundsätzlich abzulehnen. Methode der Wahl ist der Austausch des gesamten Bestandes mit langfristiger Sperrung der

kontaminierten Ausläufe (SELBITZ 2002).

2.3 Tuberkulose beim Menschen

2.3.1 Historischer Hintergrund der humanen Tuberkulose

Die Tuberkulose begleitet die Menschheit seit frühester Zeit.

Bereits Skelette aus der Jungsteinzeit zeigten charakteristische Veränderungen, die wahrscheinlich durch Tuberkulose verursacht worden waren (GRANGE 1998). Die erste schriftliche Dokumentation ist dem Buch Veda zu entnehmen. Dieses etwa um 2000-1500 vor Christi Geburt verfasste Buch gehört zu der ältesten indischen

Literatursammlung der Welt (GRANGE 1998).

Hippokrates prägte viele Jahrhunderte später um 460-375 vor Christi Geburt den Begriff Phthisis (Schwindsucht), um damit eine Krankheit zu beschreiben, die mit allgemeinen Verfall einhergeht (HAHN et al. 2001).

Im 16./17. Jahrhundert ging ein Viertel aller Todesfälle bei Erwachsenen in Europa auf Tuberkulose zurück. Als „Weiße Pest“ war sie die häufigste Todesursache in Europa. Besonders stark breitete sie sich während der industriellen Revolution als Folge einer starken Verstädterung aus. Damals verstarben etwa 30% der

erwachsenen Bevölkerung an Tuberkulose (HAHN et al. 2001).

1689 verwendete der englische Arzt G. Morton in seinem Werk „Phthisiologia“ den Begriff Tuberkel (Knötchen), um die bei der Lungenschwindsucht auftretenden

charakteristischen Läsionen der umschreiben. Von diesem Begriff wurde von Johann Lucas Schönlein im Jahre 1832 schließlich der Begriff Tuberkulose (Tbc) abgeleitet (HAHN et al. 2001).

(21)

Bereits 11 Jahre zuvor hatte der französische Arzt Theophile Hyacinthe Laennec im Jahre 1821 seine Arbeit veröffentlicht, in dem er den pathologischen Befund der Lunge von an Auszehrung gestorbenen Patienten detailliert beschrieb; er ist heute bekannt als käsige Nekrose (SCHLUGER 2005). Die infektiöse Natur der

Tuberkulose und die Übertragbarkeit wurde im Jahre 1868 von dem französischen Arzt Jean Antoine Villemin erkannt (SCHLUGER 2005).

Die Erkenntnisse der beiden französischen Ärzte bildeten den Grundstein der Tuberkulose- Forschung, die schließlich zu der Entdeckung des Erregers der Tuberkulose M. tuberculosis durch Robert Koch führte. Am 24.03.1882 verkündete Robert Koch seine bahnbrechende Entdeckung vor der Physiologischen

Gesellschaft in Berlin und veröffentlichte am 10.04. desselben Jahres seine Arbeit

„Die Ätiologie der Tuberkulose“ in der Berliner Wochenschrift (SCHLUGER 2005).

Koch entwickelte nicht nur verschiedene Wachstumsmedium zur Anzucht und Färbetechniken zur Darstellung von Mykobakterien, demonstrierte die Übertragung dieser Krankheit, verwies insbesondere auf das Rind als potentielle

Ansteckungsquelle für den Menschen und führte die Isolierung von Tuberkulose- Patienten ein, sondern entwickelte 1890 auch den Tuberkulintest, ein noch heute gebräuchliches Diagnose- Verfahren. Ursprünglich sollte das Präparat als Heilmittel dienen, was katastrophale Folgen hatte (SCHLUGER 2005).

1921 gelang es Albert Calmette und Camille Guerin, einen attenuierten Impfstoff aus M. bovis herzustellen, der weltweit bis heute eingesetzt wird. Der Impfstoff erhielt den Namen BCG (Bacille Calmette Guerin) (WHO I 2006).

Durch die Entwicklung von Antituberkulotika wie Thiosemikarbazon im Jahre 1943, Streptomycin 1946 und Isoniazid 1952 waren erstmals wirkungsvolle Medikamente zur Behandlung der Tuberkulose vorhanden (HAHN et al.2001).

1998 schließlich wurde das vollständig entschlüsselte Genom von M. tuberculosis von S. T. Cole veröffentlicht (COLE et al. 1998).

(22)

Die Anzahl multiresistenter Tuberkulose- Stämme und der drastische Anstieg der HIV- Infektionen erschweren die Bekämpfung erheblich, so dass die humane Tuberkulose bis heute nicht getilgt werden konnte.

2.3.2 Epidemiologie

Im Jahr 2003 blieb die Tuberkulose mit 1,73 Millionen Todesfällen weltweit die am häufigsten zum Tode führende bakterielle Infektionskrankheit (WHO 2005). Obwohl die Tuberkulose heilbar ist, sterben unverändert mehr Menschen an einer

Tuberkulose als an jeder anderen behandelbaren Infektionskrankheit (RKI 2006) Etwa 1/3 der Weltbevölkerung ist derzeit mit Mycobacterium tuberculosis, dem

Erreger der Tuberkulose, infiziert. Jährlich erkranken 8 bis 9 Millionen Menschen neu an Tuberkulose (WHO 2005). Obwohl die internationale Staatengemeinschaft die Bekämpfung von Tuberkulose, HIV und Malaria als vordringliches Problem eingestuft hat, ist die Tuberkulose global mit einem jährlichen Anstieg der Tuberkulosefälle von 0,4% unverändert auf dem Vormarsch (DZK 2006).

Besonders die Entwicklungsländer Süd- Ost- Asien und Afrika sind aufgrund von Armut, medizinischer Unterversorgung und bestehenden Infektionen mit HIV (human immunodeficiency virus) stark betroffen (WHO 2005; RKI 2006). Im Jahr 2003

wurden von den gezählten 8,81 Millionen Erkrankungen allein 35% in Süd- Ost- Asien und 27% in Afrika verzeichnet. In Afrika hat besonders die hohe HIV- Rate innerhalb der Bevölkerung zu einem raschem Anstieg der Tuberkulose- Inzidenz geführt. HIV und Tuberkulose bilden hier eine tödliche Kombination, da beide Erkrankungen sich gegenseitig beschleunigen. Tuberkulose wird für etwa 13% der AIDS- Toten weltweit verantwortlich gemacht (WHO 2005).

In den Industrieländern ist dagegen ein Rückgang sowohl der Morbidität als auch der Letalität zu beobachten. Dies ist vor allem auf eine verbesserte Hygiene, auf die Chemotherapie und die BCG- Impfung zurückzuführen (HAHN et al. 2001). In

Deutschland fiel die Zahl der an Tuberkulose Erkrankten von 7166 im Jahre 2003 auf 6583 gemeldete Fälle im Jahr 2004. Diese vom Robert Koch Institut erfassten Daten

(23)

entsprechen einer im globalen Vergleich niedrigen Inzidenz von 8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern, wobei die Inzidenz von ausländischen Staatsbürgern in der BRD mit 30,6 deutlich höher liegt (RKI 2006); durch verstärkte Migration besonders aus den osteuropäischen Ländern der ehemaligen Sowjetunion besteht die Gefahr eines Anstieges der Tuberkulose- Fälle in Deutschland, da in diesen Ländern in Folge des politischen Umbruchs und den damit verbundenen sozialen

Veränderungen die Tuberkulose- Inzidenz stark angestiegen ist (RKI 2006).

Die natürliche Resistenz der Bevölkerung spielt eine wichtige Rolle bei der

Ausbreitung der Tuberkulose; so wurde eine besonders hohe Empfänglichkeit für diese Erkrankung bei den Eskimos in Nord- Amerika, den Yanomami Indianern im brasilianischen Amazonas- Gebiet und der schwarzen Bevölkerung in den USA beobachtet (SCHLUGER 2005). Als Grund für dieses Phänomen wird die

Einschleppung der Tuberkulose aus Westeuropa in Bevölkerungsschichten vermutet, die aufgrund mangelnden Kontakts und damit fehlendem Selektionsdruck noch keine angeborene Resistenz gegen die Tuberkulosebakterien aufgebaut haben

(SCHLUGER 2005). Über eine genetische Disposition für Tuberkulose wird diskutiert (FRIEDEN et al. 2003).

Der Anteil der Stämme des Erregers M. tuberculosis, die gegen mindestens eines der fünf Standardmedikamente resistent sind, ist von 11,1% im Jahre 2001 auf 13,9% im Jahre 2004 angestiegen; auch der Anteil von multiresistenten Erregern (MDR- Stämme= multi drug resistence), die sowohl gegenüber Isoniazid als auch gegenüber Rifampicin resistent sind, ist mit 2,5% gegenüber den Vorjahren weiter gestiegen (RKI 2006). Dies führt zu wachsenden Problemen bei der Therapie und Kontrolle der Krankheit. Eine Impfung mit M. bovis BCG, dem einzig gegenwärtig zugelassenen Impfstoff, wird aufgrund der geringen Schutzwirkung gegen die am häufigsten auftretende Lungen-Tuberkulose, der relativ hohen Virulenz bei

immundefizienten Personen sowie der relativen Häufigkeit von Impfkomplikationen in Deutschland nicht mehr empfohlen (RKI 2000; RKI 2005).

(24)

Als Reaktion auf die beschriebene Situation hat die World Health Organisation (WHO) 1991 einen globalen Plan zur Bekämpfung der Tuberkulose entwickelt, der in vielen Teilen der Welt unter dem Namen DOTS (Directly Observed Treatment Short Course) bekannt geworden ist und noch heute angewandt wird (WHO 2006).

2.3.3 Ätiologie und Pathogenese

Die Tuberkulose beim Menschen wird durch M. tuberculosis, M. bovis, M. africanum und M. microti verursacht (HOF u. DÖRRIES 2002).

Die größte Bedeutung hat dabei M. tuberculosis, der natürlicherweise nur beim Menschen vorkommt. Der natürliche Wirt von M. bovis ist das Rind. Dennoch kann er als eine Zoonose auch auf Menschen übertragen werden und Tuberkulose auslösen. Da die Rindertuberkulose in Deutschland und vielen anderen Ländern getilgt werden konnte, spielt dieser Erreger heute nur noch in der dritten Welt eine Rolle (SELBITZ 2002). M. africanum ist ein in Afrika weit verbreiteter Tuberkulose- erreger, bei dem es sich jedoch wahrscheinlich nur um eine Variante des klassischen M. tuberculosis handelt (HOF u. DÖRRIES 2002). Der natürliche Wirt von M. microti ist die Wühlmaus; eine Übertragung auf den Menschen ist jedoch möglich.

Die Übertragung erfolgt vorwiegend durch Tröpfcheninfektion (Aerosol). Dabei gelangt der Erreger durch Inhalation erregerhaltiger Sputumtröpfchen oder erregerhaltiger kleinster Staubpartikel in die Alveolen der Lungenabschnitte. Die Tröpfchen werden von hustenden oder niesenden Patienten mit einer offenen Lungen- oder Kehlkopftuberkulose ausgeschieden (HAHN et al. 2001). Von einer offenen Tuberkulose spricht man, wenn der Erreger durch Einbruch in nach außen führende Hohlräume jederzeit mit Sekret in die Außenwelt gelangen kann (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990); grundsätzlich ist daher jeder Mensch mit einer offenen Tuberkulose kontagiös. Obwohl die massivste Ausscheidung von Tuberkulose- bakterien in der Regel aus dem Atmungstrakt bei offener Lungen- und Kehlkopf- tuberkulose beobachtet wird, erfolgt sie auch aus dem Urin bei offener Harnwegs- tuberkulose, Stuhl bei offener Darmtuberkulose, der Vagina bei offener Gebärmutter-

(25)

tuberkulose sowie über die Haut bei offener Hauttuberkulose (HAHN et al.2001).

Schon wenige Erreger können eine Infektion verursachen.

Die Tuberkulose ist eine chronische, in Zyklen ablaufende Allgemeininfektion, in deren Pathogenese man die Primär- Tuberkulose und die Postprimär-

Tuberkulose (Reaktivierungskrankheit) unterscheidet (HAHN et al. 2001).

Bei der Primär-Tuberkulose werden die Erreger nach Inhalation von erregerhaltigen Aerosoltröpfchen in den Lungenalveolen von den Alveolar- Makrophagen

phagozytiert. In der Zelle werden die Bakterien aufgrund ihrer dicken Lipidschicht nicht eliminiert und verhindern sogar die Verschmelzung von Phagosom und

Lysosom. Sie können sich daher ungehindert in der Zelle vermehren und den Zelltod des Makrophagen verursachen (HOF u. DÖRRIES 2002). Beim Zerfall geben die Makrophagen entzündungsfördernde Stoffe in die Umgebung ab und es entwickelt sich nach etwa 10-14 Tagen ein lokaler Entzündungsherd (Primäraffekt). Die durch die Lymphbahnen in den regionalen Lymphknoten gewanderten Bakterien

stimulieren eine zelluläre Immunantwort, in der spezifische, gegen die Tuberkulose gerichtete T- Lymphozyten gebildet werden. Der Primäraffekt und der lokale, in die Infektion einbezogene Lymphknoten bilden zusammen den Primärkomplex.

Zeitgleich kommt es in der Regel zur Bildung von Granulomen, zur Aktivierung von Makrophagen und zur Ausbildung einer Tuberkulinallergie (HAHN et al. 2001). Erst wenn die Makrophagen durch T- Lymphozyten mittels Lymphokine stimuliert worden sind, sind diese aufgrund einer verstärkten antibakteriellen Aktivität in der Lage, phagozytierte Mykobakterien zu töten; so beginnt ein Wettlauf zwischen Vermehrung der Bakterien in nicht-aktivierten Makrophagen und der Abtötung der Erreger durch stimulierte Makrophagen (HOF u. DÖRRIES 2002).

Ein Granulom ist eine herdförmige entzündliche Reaktion des Körpers auf schwer zu eliminierende Noxen, die den Erreger demarkieren (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990).

Ein typisches Granulom besteht in seinem Inneren aus einem Exsudatkern mit Gewebenekrose und abgetöteten Erregern sowie Makrophagen. Um dieses Zentrum herum gruppieren sich Epitheloid- und Langerhans-Riesenzellen. Weiter peripher

(26)

schließlich finden sich Blutmonozyten und Lymphozyten (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990)

In den meisten Fällen bleibt die Infektion im Stadium des Primärkomplexes stehen.

Dennoch können die vernarbenden und verkalkenden Herde Ausgangspunkt für eine Postprimär- Tuberkulose sein (HAHN et al. 2001).

In seltenen Fällen kann die Primär- Tuberkulose bei Patienten mit einem

geschwächten Immunsystem (HIV) oder Kindern fortschreiten und verschiedene Krankheitsbilder bedingen:

so kann es zur Progressiven Primär- Tuberkulose der Lunge kommen, bei der sich bald nach der Infektion ein primär verkäsender (nekrotisierender) Prozess entwickelt.

Ein anderes Krankheitsbild ist bekannt als Primäre Miliar- Tuberkulose und bezeichnet zahlreiche kleine knötchenförmige Tuberkuloseherde mit

Granulombildung in verschiedenen Organen nach lymphogen-hämatogener

Streuung. Dieses Krankheitsbild, das häufig die Meningen, Leber und Knochenmark betrifft, ist ohne Behandlung in den meisten Fällen tödlich.

Bei besonders immungeschwächten Patienten (AIDS) kann sich eine akute

sepsisartige Verlaufsform entwickeln, die Landouzy- Sepsis genannt wird (HAHN et al. 2001). Bei dieser Verlaufsform ist das Immunsystem nicht mehr in der Lage, auf die schwer zu eliminierenden Tuberkulosebakterien mit Granulombildung zu

reagieren; die Ausbreitung der Bakterien geschieht demnach ungehemmt (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990; HAHN et al. 2001).

Die Komplikation in Form der Primären tuberkulösen Meningitis tritt vorwiegend im Kindesalter auf (HAHN et al.2001).

Bricht das Gleichgewicht zwischen Tuberkulosebakterien und der Abwehr nach Entwicklung des Primärkomplexes durch eine Schwächung des Immunsystems zusammen, so entsteht die Postprimär- Tuberkulose als eigentliche Krankheit.

Aktivierte T- Zellen sezernieren Interferon γ (IFN-γ), das Makrophagen aktiviert.

Diese sezernieren wiederum den Tumornekrosefaktor α (TNFα) und andere

Zytokine, die eine Verkäsung der Granulomzentren, die vollständige Zerstörung der

(27)

anatomischen Strukturen unter Bildung eines festen käsigen Materials, verursachen (HAHN et al. 2001; HOF u. DÖRRIES 2002). Die bei einer Tuberkulose auftretenden massiven Gewebeschäden sind somit auf die überschießende Reaktion des

Immunsystems zurückzuführen. Mykobakterien bilden keine Toxine (HOF u.

DÖRRIES 2002).

Eine gebildete käsige Nekrose kann sich verflüssigen und auf diese Weise eine mit Flüssigkeit gefüllte Höhle (Kaverne) bilden, welche dann einen idealen

Vermehrungsort für die Bakterien und Ausgangspunkt einer weitgehenden Streuung der Erreger darstellt (HAHN et al. 2001).

2.3.4 Klinisches Erscheinungsbild der Tuberkulose

Die Art der klinischen Anzeichen einer Tuberkulose hängen entscheidend von dem Ort seiner Manifestation ab. Bei der Postprimär- Tuberkulose der Lunge, der häufigsten Manifestation, kann es zu chronischem Fieber, Gewichtsverlust,

Nachtschweiß und (Blut-)Husten kommen (HAHN et al. 2001). Sie kann jedoch auch vollkommen symptomlos verlaufen (HOF u. DÖRRIES 2002). Bei einer Nieren- Tuberkulose kann eine Hämaturie zu beobachten sein, bei der ZNS- Tuberkulose neurologische Symptome, wenn eine Meningitis oder ein Granulom im Hirn besteht.

Eine Nebennierenrinden- (NNR)tuberkulose kann ein Versagen der Produktion der Nebennierenrindenhormone (Kortikosteroide) (Morbus Addison) verursachen und die Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane hinterlässt oftmals eine Sterilität (HAHN et al. 2001).

2.3.5 Diagnostik

Die mikroskopische Untersuchung von Probenmaterial wie zB. erregerhaltiges Sputum, Bronchial- oder Trachealsekret und Magensaft erlaubt eine rasche Orientierung für die erste Diagnose „Säurefeste Säbchen“ oder „nicht-säurefeste Stäbchen“. Mykobakterien lassen sich mit der Ziel-Neelsen-Färbung, der Färbung nach Kinyon und per Fluoreszenzmikroskopie darstellen (HOF u. DÖRRIES 2002).

(28)

Zur Differenzierung müssen anschließend weitere Untersuchungen erfolgen. Als Methoden eignen sich unter Andrem die Amplifizierung von spezifischen

Gensequenzen per PCR, die Prüfung von biologischen Leistungen wie Katalase, Niacinbildung und Nitratreduktion sowie die Anzucht der Bakterien auf

Spezialnährböden und die Einordnung der wachsenden Bakterien in die von

Runyon in den fünfziger Jahren aufgestellten Runyon-Gruppen (siehe Tabelle 1). Die Tuberkuloseerreger sind in die Runyon-Gruppe 3 einzuordnen (HOF u. DÖRRIES 2002; ROLLE u. MAYR 2002).

Zur Anzucht auf festen Nährböden eignen sich die Nährmedien nach Löwenstein- Jensen, Middlebrock, Kirchner, Stonebrink, Ogawa, Petragnani, Gottsacker, Hohn und das MB-Redox-Medium (SELBITZ 2002). Die Anzucht auf diesen Medien dauert etwa 3-4 Wochen.

Runyon-Gruppe Kulturmorphologie, Pigmentationsverhalten und Wachstumsgeschwindigkeit

Runyon-Gruppe I langsam wachsende photochrome Mykobakterien;

Farbstoffbildung findet nur nach Lichtexposition statt Runyon-Gruppe II lansam wachsende skotochromogene Mykobakterien;

Farbstoffbildung findet auch im Dunkeln statt

Runyon-Gruppe III langsam wachsende, keinen Farbstoff bildende Mykobakterien (zB. die Tuberkuloseerreger)

Runyon-Gruppe IV schnell (innerhalb von 7 Tagen) wachsende Mykobakterien

Tabelle 1: Runyon-Gruppen zur Differenzierung von Mykobakterien; Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an HOF u. DÖRRIES 2002

Das Bactec- Verfahren in der Diagnostik beruht auf dem Prinzip, dass

stoffwechselaktive Tuberkulosebakterien aus radioaktiv markierter Palmitinsäure das Isotop 14C freisetzen, das sich radioaktiv messen lässt. Ein Erregernachweis ist innerhalb einer Woche möglich (HAHN et al. 2001).

Der Tuberkulintest nutzt die Entstehung einer allergischen Reaktion vom Typ IV (=

verzögerter Typ) bei mit Tuberkulose- infizierten oder mit BCG geimpften Individuen nach Injektion von Tuberkulin (HAHN et al. 2001).

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Als gereinigtes Tuberkulin bezeichnet man den durch Kochen eingedickten, gefilterten und proteinhaltigen Überstand aus Flüssigkulturen von

Tuberkulosebakterien nach Behandlung mit Ammoniumsulfat (HAHN et al. 2001).

Injiziert man mit Tuberkulose infizierten oder mit M. bovis BCG geimpften Personen Tuberkulin subcutan per Stempel oder Spritze, so weist die Injektionsstelle 24-72 Stunden später eine Schwellung mit Rötung auf. Die Größe dieser Hautveränderung wird gemessen und entscheidet über die Bewertung des Tests als positiv oder

negativ. Für das Einbringen des Tuberkulin in die Haut stehen drei verschiedene Methoden zur Wahl:

das Einbringen mittels einer tuberkulinhaltigen Salbe wird bei Säuglingen und Kindern durchgeführt (Moro- Test). Die Verwendung eines mit Tuberkulin

beschickten Nadelkissens kommt vor allem bei Reihenuntersuchungen zum Einsatz (Tine- Test) und der bei akutem Verdacht einer Infektion beim Menschen

empfohlene Mendel- Mantoux- Test dient der semiquantitativen Bestimmung der Tuberkulinallergie; dabei werden 10 internationale Einheiten gereinigtes Tuberkulin mittels einer intracutanen Injektion verabreicht (RKI 2002; HAHN et al. 2001).

Verantwortlich für das Phänomen ist die durch sensibilisierte T- Zellen, Makrophagen und natürliche Killerzellen vermittelte immunologische Reaktion; der Prozess wird eingeleitet, indem Langerhans- Zellen in der Epidermis Antigen an sensibilisierte T- Zellen präsentieren. Die nachfolgende Freisetzung von Zytokinen und Chemokinen durch antigenpräsentierende Zellen und T- Zellen lockt polymorphkernige neutrophile Granulozyten heran. Es nähern sich CD4+- Zellen und es kommt zu einer

unspezifischen Ansammlung von Monozyten und Makrophagen, die den

eingedrungenen Organismus und umliegendes Gewebe zerstören (JOHNSON 2001).

Beinahe ausschließlich beim Menschen wird auch die Röntgendiagnostik eingesetzt, bei der die Lunge zur Erkennung und Verlaufskontrolle einer Lungentuberkulose geröntgt wird (RKI 2002).

(30)

Aufgrund des langsamen Wachstums von Mykobakterien besitzen heute vor allem die molekularbiologischen Methoden eine große Bedeutung in der Diagnostik (SELBITZ 2002).

Beim Nachweis von Tuberkulosbakterien muss von jedem Erstisolat auch eine Empfindlichkeitsprüfung durchgeführt werden, um Resistenzen gegen Medikamente zu erfassen und die Therapie dementsprechend anzupassen.

Das Verfahren mit Flüssigmedium ist aufgrund des schnell abzulesenden Ergebnisses (1 Woche) die Methode der Wahl (RKI 2002).

2.3.6 Therapie und globale Bekämpfung der Tuberkulose

Die Therapie einer Tuberkulose sollte immer mit einer Kombination von

Medikamenten erfolgen, da bei einer Erkrankung an Tuberkulose immer Erreger vorhanden sind, die natürlicherweise gegen ein bestimmtes Medikament resistent sind (RKI 2002). Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Therapie und die Verhinderung neuer Resistenzen stellt zudem die Mitarbeit des Patienten

(regelmäßige Einnahme der Medikamente) dar (HAHN et al. 2001).

Als Standard-Kurzzeittherapie der Lungentuberkulose wird heute eine

Chemotherapie angesehen, die sich über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten erstreckt. In der Initialphase erfolgt dabei eine Kombinationstherapie mit Isoniazid, Rifampizin, Pyrazinamid und Ethambutol oder Streptomycin über die Dauer von 2 Monaten. In den darauf folgenden 4 Monaten werden in der so genannten

Stabilisierungsphase nur noch Isozianid und Rifampizin verabreicht (RKI 2002). Eine längere Therapie ist bei noch bestehendem positivem Erregernachweis notwendig, sowie für HIV- positive Patienten generell empfohlen (RKI 2002). Bei unkomplizierten Verlauf ist eine zweijährige Überwachung des Therapieerfolges ausreichend (HAHN et al. 2001).

Bei Vorliegen eines Stammes mit mehreren Resistenzen wird nach Austestung aller zur Verfügung stehender Medikamente und individuellem Resistenzmuster therapiert

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(RKI 2002). Die stetige Zunahme von multiresistenten Mykobakterien zeigt, wie wichtig Neuentwicklungen wirksamer Antituberkulotika sind.

Die globale Bekämpfung der Tuberkulose erfolgt durch den 1991 von der World Health Organisation eingeführten Plan DOTS (Directly Observed Treatment Short Course) (WHO 2005). Er basiert auf fünf Elementen:

1. Das politische Engagement zu breiter und anhaltender Finanzierung der Tuberkulose- Bekämpfungsmaßnahmen;

2. Aufdeckung von Tuberkulose- Infektionen durch mikroskopische Untersuchung des Auswurfes von Menschen mit dementsprechenden Symptomen;

3. Regelmäßige und ununterbrochene Versorgung mit hochwertigen Antituberkulotika (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamide, Streptomycin und Ethambutol);

4. Überwachte Behandlung über einen Zeitraum von 6-8 Monaten, bzw.

Beobachtung der regelmäßigen Einnahme der Medikamente über mindestens 2 Monate hinweg;

5. Die Etablierung und Nutzung von Auswertungssystemen um die

Behandlungsfortschritte, bzw. -durchführung zu überwachen (WHO 2005);

Dieses, von der Weltbank als das kosteneffizienteste Gesundheitsprogramm ausgezeichnete System ermöglicht die Überwachung einer vollständig

durchgeführten Behandlung und verhindert damit eine zunehmende Entwicklung von multiresistenten Tuberkulosestämmen. Es erreicht Heilungsraten von bis zu 95%

sogar in den ärmsten Ländern der Welt und verhindert so Neuinfektionen durch die vollständige Heilung von Tuberkuloseinfektionen (WHO 2005).

2001 wurde ein Plan für eine weite Expansion von DOTS publiziert, der gegenwärtig noch umgesetzt wird. Noch heute hat etwa 1/5 der Weltbevölkerung keinen Zugriff auf DOTS (WHO II 2006).

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2.3.7 Impfung

Der einzig gegenwärtig zugelassene Impfstoff gegen die Tuberkulose ist der von Albert Calmette und Camille Guerin 1921 entwickelte attenuierte Stamm von M. bovis. Der Lebend- Impfstoff ist unter dem Namen BCG (Bacille Calmette- Guerin) bekannt (HAHN et al 2001; WHO I 2006) und schützt vor allem gegen verschiedene Kindheitsformen der Tuberkulose wie die Meningitis und

Miliartuberkulose sowie Lepra; zudem ist er für die Behandlung von Harnblasenkrebs zugelassen (MARTIN 2005). Die WHO empfiehlt die Impfung in Gebieten mit hohen Tuberkulose- Inzidenzen und -Prävalenzen (MARTIN 2005).

In Deutschland wird die Impfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) derzeit nicht empfohlen. Als Gründe werden die begrenzte Wirksamkeit des Impfstoffs bei in Deutschland rückläufiger Tuberkulose- Inzidenz und die relative Häufigkeit von Impfkomplikationen genannt (RKI 2000; RKI 2002; RKI 2005). So wirkt der Impfstoff nicht zuverlässig gegen die am häufigsten auftretende Lungentuberkulose und bei Personen mit angeborenem oder erworbenen Immundefekten (HIV- Infektionen)) kann es zu einer generalisierten Aussaat mit tödlichem Ausgang kommen (HAHN et al. 2001). Als Nebenwirkungen, bzw. Impfkomplikationen sind ungewöhnlich heftige Reaktionen und länger dauernde Gewebereaktionen an der Impfstelle, regionale Lymphadenitis mit Neigung zur Abszedierung, Osteomyelitis und Lupus, eine

Autoimmunkrankheit mit unterschiedlichen Organmanifestationen, zu nennen (HAHN et al. 2001; FRIEDEN et al. 2003). Zudem gilt die durch die Impfung ausgelöste zellvermittelte Immunreaktion nicht als sicher protektiv; allenfalls entsteht eine nur wenige Jahre anhaltende partielle Immunität (HOF u. DÖRRIES 2002). Andere Publikationen widersprechen dem jedoch und berichten von einer lebenslangen Immunität gegen M. tuberculosis (MARTIN 2005). Auf jeden Fall führt die

erfolgreiche Impfung zu einer positiven Tuberkulinreaktion, so das dieser Test dann für die Frühdiagnose bei einer wirklichen Erkrankung ausfällt (HOF u. DÖRRIES 2002).

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Trotz anhaltender Bemühungen, einen besser wirksamen Impfstoff ohne Nebenwirkungen zu entwickeln, ist dies bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gelungen und BCG bleibt nach wie vor der meist genutzte Impfstoff der Welt (MARTIN 2005; FRIEDEN et al. 2003).

2.3.8 Ausblick

Die ehrgeizigen Ziele der WHO streben die Halbierung der Tuberkulose- Prävalenz und -Toten bis zum Jahre 2015 im Vergleich zu 1990 an, unter Anderem durch die Entwicklung eines neuen besseren Impfstoffs, bessere Behandlung von HIV-

Infektionen, Entwicklung neuer Medikamente und der weiteren Expansion von DOTS (WHO II 2006).

Im Großen und Ganzen sind in der Forschung zwei Herangehensweisen, einen neuen Tuberkulose- Impfstoff zu entwickeln, zu verzeichnen: zum einen das

Entwickeln eines Tot- Impfstoffes, der lediglich aus wenigen Proteinen mit antigener Wirkung besteht und demnach nicht das Risiko einer Erkrankung beinhaltet und zum anderen das Entwickeln eines attenuierten Lebend- Impfstoffes, der eine stärkere antwort der Immunabwehrt provoziert als ein Tot- Impfstoff.

Die größten Herausforderungen und Belange bei der Entwicklung eines neuen Tuberkulose- Impfstoffes sind (MARTIN 2005):

•der Impfstoff sollte eine stärkere Immunantwort auslösen als die Immunantwort bei einer natürlichen Infektion mit M. tuberculosis, um einen ausreichenden Schutz gegen eine Infektion zu erhalten;

•der Impfstoff sollte sowohl präventiv als auch therapeutisch bei bereits bestehender Infektion mit Tuberkulose gegeben werden können;

•der Impfstoff muss denselben Grad der Attenuierung wie BCG oder noch einen höheren Grad der Abschwächung aufweisen, damit er auch bei immunsuppremierten Personen (zB HIV- infizierten Personen) einsetzbar ist.

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Vernünftig attenuierte Mutanten von M. tuberculosis sind dabei zur Zeit die erfolgversprechendsten Kandidaten (MARTIN 2005). Der Vorteil dieser Lebend- Impfstoffe besteht in dem Vorhandensein von Genen, die in M. bovis BCG im Laufe der Adaptation an das Labor entweder entfernt oder runterreguliert worden sind; so sind z.B. von den sechs immundominanten Antigenen von M. bovis (ESAT-6, CFP10, Ag85, MPB64, MPB70 und MPB83) fünf aus dem Impfstamm M. bovis BCG entfernt oder runterreguliert worden (MARTIN 2005). Man erwartet daher von einer

attenuierten M. tuberculosis- Mutante eine erhöhte Stimulierung des Immunsystems und damit einen besseren, länger andauernden Impfschutz. Die Fortschritte in der Forschung mit lebenden attenuierten M. tuberculosis- Impfstoffen geben zu

erkennen, das es möglich wäre, einen Stamm zu entwickeln, der so hoch attenuiert ist, das er sogar in immunsuppremierten Tieren angewendet werden könnte, ohne bei ihnen eine Erkrankung auszulösen (MARTIN 2005).

Ein solcher Impfstoff wäre in der Lage, den jetzt noch verwendeten Impfstamm M. bovis BCG zu ersetzen und bei der Ausrottung der Tuberkulose einen großen Beitrag zu leisten.

Ein weitere wichtiger Meilenstein, die Ziele der WHO zu erreichen, ist die

konsequente Bekämpfung von HIV. In der Gegenwart eines signifikanten Anteils von unbehandelter HIV- Infektionen unter Erwachsenen kann die Inzidenz von

Tuberkulose mit den gegenwärtigen Technologien nicht reduziert werden (FRIEDEN 2002). HIV erhöht die Inzidenz von Tuberkulose, indem es das Risiko einer

Reaktivierung in bereits mit Tuberkulose infizierten Personen massiv ansteigen lässt;

zudem wird Tuberkulose schnell und weitreichend in der HIV- infizierten Bevölkerung verbreitet. Daher wird die Tuberkulose- Inzidenz unweigerlich in den meisten

Gebieten der Welt ansteigen, in denen eine hohe HIV- Infektionsrate besteht(FRIEDEN 2002).

Die WHO strebt hier eine bessere und weitreichendere Behandlung mit

antiretroviralen Medikamenten an, um HIV behandeln, bzw. das Immunsystem der

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betroffenen Menschen stabilisieren zu können (WHO II 2006; FRIEDEN 2002).

HIV/Tuberkulose- Coinfektionen sollen auf diese Weise reduziert werden.

Bis 2010 strebt die WHO die Entwicklung und Produktion des ersten neuen

Antituberkulotikum seit etwa 40 Jahren an (WHO II 2006). Die Strategie sieht eine starke Aktivierung und weitere Förderung der Forschung in diese Richtung vor. Vor allem bei Infektionen mit multiresistenten Tuberkulosestämmen soll so eine bessere Behandlung ermöglicht werden.

2.4 Bakterielle Stickstoffassimilation

Da das in dieser Dissertation zu untersuchende Gen Glutamatsynthase gltBD eine wichtige Funktion am Ende der Stickstoffassimilationskette einnimmt, soll in diesem Abschnitt näher auf diesen Stoffwechselweg eingegangen werden.

Das Synonym der Glutamatsynthase GltBD ist GOGAT (Glutamate-Oxoglutarat- Amidotransferase); in dieser Arbeit wird jedoch ausschließlich die Bezeichnung GltBD verwendet.

Der Begriff Assimilation ist definiert als der Aufbau körpereigener Substanzen aus den resorbierten organischen oder anorganischen Bestandteilen der Nahrung (WIESNER u RIBBECK 2000).

Das Ziel der Stickstoffassimilation ist die Synthese von Aminosäuren und anderen stickstoffhaltigen Bausteinen der Zelle. Stickstoff tritt in die Synthese von

Aminosäuren in Purinen, Pyrimidinen und anderen Biomolekülen in reduzierter Form ein, zum Beispiel als Ammonium (NH4+) (BERG et al. 2003). Obwohl der zelluläre Stickstoff in Enterobakterien nahezu zu 100% von Glutamat und Glutamin abstammt (etwa 88% von Glutamat, 12% von Glutamin) und diese damit die entscheidenden Zwischenprodukte sind, ist Ammonium die bevorzugte Stickstoffquelle (FISHER 1999; GOSS et al. 2001); als mögliche Ursache wird ein ineffizienter Transport beider Komponenten diskutiert (GOSS et al. 2001).

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Der Transport von Ammonium durch die cytoplasmatische Membran wird durch ein aktives Transportsystem (Amt) vermittelt (JAVELLE et al. 2003, MERRICK u.

EDWARDS 1995) (siehe auch Abbildung 2). Das durch das Gen amtB kodierte Protein AmtB gehört zu einer Familie von integralen Membranproteinen (Amt), deren vermittelter Prozess durch alle Bereiche des Lebens erhalten geblieben ist. Man findet diese Proteinfamilie in Bakterien und Archaebakterien, Pflanzen, Pilzen und sogar beim Menschen in den Rhesus Proteinen (JAVELLE et al. 2003). Die

Regulation dieses Transporters geschieht mit Hilfe des Ntr- Systems, auf das im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird (siehe auch Abbildung 5).

Je nach zur Verfügung stehender Stickstoffquelle finden in der Zelle zunächst verschiedene Umwandlungsprozesse statt; immer jedoch kommt es im letzten Teil der Stickstoffassimilation zum Einbau von Ammonium in Aminosäuren, bzw. in

α-Ketoglutarat. Glutamat und Glutamin sind hier die Angelpunkte (BERG et al. 2003).

Sie fungieren beide als Stickstoffdonatoren. Dabei kommt die α-Aminogruppe der meisten Aminosäuren über Transaminierungen von der α-Aminogruppe des Glutamats.

Das aufgenommene Ammonium kann auf zwei verschiedenen Wegen zu Glutamat verstoffwechselt werden; drei Enzyme sind dabei von entscheidender Bedeutung (siehe auch Abbildung 2):

Die Glutaminsynthetase (GS), die Glutamatsynthase (GltBD) und die Glutamatdehydrogenase (GDH)

Der wichtigste Weg, Glutamat zu synthetisieren, ist der

Glutaminsynthetase/Glutamatsynthase (GS/GltBDT)- Weg (MERRICK u. EDWARDS 1995) und besteht aus zwei nacheinander ablaufenden Reaktionen:

Die Glutaminsynthetase (GS) katalysiert die ATP- abhängige Amidierung von Glutamat, um Glutamin zu erzeugen. Die Reaktionsgleichung lautet:

Glutamat + NH4 + ATP GSGlutamin + ADP + P + H+

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Das Enzym wird durch das Gen glnA kodiert. Die Regulation der Aktivität dieses Enzyms geschieht auf zwei Arten: zum Einen gibt es eine „kumulative Feedback- Regulation“, so dass die Aktivität von GS durch das Zusammenspiel von neun Endprodukten des Glutamin- Stoffwechsels gehemmt wird; Serin, Alanin, Glycin, Adenosinmonophosphat (AMP), CytidintriphosphatCTP, Tryptophan, Histidin, Carbamoyl-Phosphat und Glucosamin-6-Phosphat binden an unterschiedlichen Stellen an GS und unterbinden kollektiv dessen Aktivität (LIAW et al. 1993, BERG et al. 2003). Zum Anderen wird die Aktivität durch die Adenyltransferase (AT) reguliert;

bei einem hohen Glutamin- und niedrigem α-Ketoglutaratspiegel in der Zelle wird GS durch Adenylierung (Einfügen einer AMP- Einheit) inaktiviert, bei niedrigen Glutamin- und hohem α-Ketoglutaratspiegel wird die Hemmung durch Deadenylierung

aufgehoben (BENDER u. MAGASANIK 1977; MERRICK u. EDWARDS 1995). Die Hauptfunktion der Adenylierung von GS besteht in dem Schutz des Glutamat- Pools bei plötzlichem Ammonium- Überschuss, um weiterhin ein schnelles Wachstum zu gewährleisten (KUSTU et al. 1985)(mehr siehe nächsten Abschnitt „Ntr- System“).

Die Glutamatsynthase (GltBD) katalysiert die reduktive Aminierung von α-Ketoglutarat (=2-Oxoglutarat). Bei dieser Reaktion dient nun das zuvor synthetisierte Glutamin als Stickstofflieferant zur Synthese von zwei Molekülen Glutamat. Die Reaktionsgleichung hierfür lautet:

α-Ketoglutarat + Glutamin + NADPH + H+ GltBD 2x Glutamat + NADP

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