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2 Literaturübersicht

2.3 Tuberkulose beim Menschen

2.3.3 Ätiologie und Pathogenese

Die Tuberkulose beim Menschen wird durch M. tuberculosis, M. bovis, M. africanum und M. microti verursacht (HOF u. DÖRRIES 2002).

Die größte Bedeutung hat dabei M. tuberculosis, der natürlicherweise nur beim Menschen vorkommt. Der natürliche Wirt von M. bovis ist das Rind. Dennoch kann er als eine Zoonose auch auf Menschen übertragen werden und Tuberkulose auslösen. Da die Rindertuberkulose in Deutschland und vielen anderen Ländern getilgt werden konnte, spielt dieser Erreger heute nur noch in der dritten Welt eine Rolle (SELBITZ 2002). M. africanum ist ein in Afrika weit verbreiteter Tuberkulose-erreger, bei dem es sich jedoch wahrscheinlich nur um eine Variante des klassischen M. tuberculosis handelt (HOF u. DÖRRIES 2002). Der natürliche Wirt von M. microti ist die Wühlmaus; eine Übertragung auf den Menschen ist jedoch möglich.

Die Übertragung erfolgt vorwiegend durch Tröpfcheninfektion (Aerosol). Dabei gelangt der Erreger durch Inhalation erregerhaltiger Sputumtröpfchen oder erregerhaltiger kleinster Staubpartikel in die Alveolen der Lungenabschnitte. Die Tröpfchen werden von hustenden oder niesenden Patienten mit einer offenen Lungen- oder Kehlkopftuberkulose ausgeschieden (HAHN et al. 2001). Von einer offenen Tuberkulose spricht man, wenn der Erreger durch Einbruch in nach außen führende Hohlräume jederzeit mit Sekret in die Außenwelt gelangen kann (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990); grundsätzlich ist daher jeder Mensch mit einer offenen Tuberkulose kontagiös. Obwohl die massivste Ausscheidung von Tuberkulose-bakterien in der Regel aus dem Atmungstrakt bei offener Lungen- und Kehlkopf-tuberkulose beobachtet wird, erfolgt sie auch aus dem Urin bei offener Harnwegs-tuberkulose, Stuhl bei offener DarmHarnwegs-tuberkulose, der Vagina bei offener

Gebärmutter-tuberkulose sowie über die Haut bei offener HautGebärmutter-tuberkulose (HAHN et al.2001).

Schon wenige Erreger können eine Infektion verursachen.

Die Tuberkulose ist eine chronische, in Zyklen ablaufende Allgemeininfektion, in deren Pathogenese man die Primär- Tuberkulose und die Postprimär-

Tuberkulose (Reaktivierungskrankheit) unterscheidet (HAHN et al. 2001).

Bei der Primär-Tuberkulose werden die Erreger nach Inhalation von erregerhaltigen Aerosoltröpfchen in den Lungenalveolen von den Alveolar- Makrophagen

phagozytiert. In der Zelle werden die Bakterien aufgrund ihrer dicken Lipidschicht nicht eliminiert und verhindern sogar die Verschmelzung von Phagosom und

Lysosom. Sie können sich daher ungehindert in der Zelle vermehren und den Zelltod des Makrophagen verursachen (HOF u. DÖRRIES 2002). Beim Zerfall geben die Makrophagen entzündungsfördernde Stoffe in die Umgebung ab und es entwickelt sich nach etwa 10-14 Tagen ein lokaler Entzündungsherd (Primäraffekt). Die durch die Lymphbahnen in den regionalen Lymphknoten gewanderten Bakterien

stimulieren eine zelluläre Immunantwort, in der spezifische, gegen die Tuberkulose gerichtete T- Lymphozyten gebildet werden. Der Primäraffekt und der lokale, in die Infektion einbezogene Lymphknoten bilden zusammen den Primärkomplex.

Zeitgleich kommt es in der Regel zur Bildung von Granulomen, zur Aktivierung von Makrophagen und zur Ausbildung einer Tuberkulinallergie (HAHN et al. 2001). Erst wenn die Makrophagen durch T- Lymphozyten mittels Lymphokine stimuliert worden sind, sind diese aufgrund einer verstärkten antibakteriellen Aktivität in der Lage, phagozytierte Mykobakterien zu töten; so beginnt ein Wettlauf zwischen Vermehrung der Bakterien in nicht-aktivierten Makrophagen und der Abtötung der Erreger durch stimulierte Makrophagen (HOF u. DÖRRIES 2002).

Ein Granulom ist eine herdförmige entzündliche Reaktion des Körpers auf schwer zu eliminierende Noxen, die den Erreger demarkieren (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990).

Ein typisches Granulom besteht in seinem Inneren aus einem Exsudatkern mit Gewebenekrose und abgetöteten Erregern sowie Makrophagen. Um dieses Zentrum herum gruppieren sich Epitheloid- und Langerhans-Riesenzellen. Weiter peripher

schließlich finden sich Blutmonozyten und Lymphozyten (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990)

In den meisten Fällen bleibt die Infektion im Stadium des Primärkomplexes stehen.

Dennoch können die vernarbenden und verkalkenden Herde Ausgangspunkt für eine Postprimär- Tuberkulose sein (HAHN et al. 2001).

In seltenen Fällen kann die Primär- Tuberkulose bei Patienten mit einem

geschwächten Immunsystem (HIV) oder Kindern fortschreiten und verschiedene Krankheitsbilder bedingen:

so kann es zur Progressiven Primär- Tuberkulose der Lunge kommen, bei der sich bald nach der Infektion ein primär verkäsender (nekrotisierender) Prozess entwickelt.

Ein anderes Krankheitsbild ist bekannt als Primäre Miliar- Tuberkulose und bezeichnet zahlreiche kleine knötchenförmige Tuberkuloseherde mit

Granulombildung in verschiedenen Organen nach lymphogen-hämatogener

Streuung. Dieses Krankheitsbild, das häufig die Meningen, Leber und Knochenmark betrifft, ist ohne Behandlung in den meisten Fällen tödlich.

Bei besonders immungeschwächten Patienten (AIDS) kann sich eine akute

sepsisartige Verlaufsform entwickeln, die Landouzy- Sepsis genannt wird (HAHN et al. 2001). Bei dieser Verlaufsform ist das Immunsystem nicht mehr in der Lage, auf die schwer zu eliminierenden Tuberkulosebakterien mit Granulombildung zu

reagieren; die Ausbreitung der Bakterien geschieht demnach ungehemmt (SCHULZ u. TRAUTWEIN 1990; HAHN et al. 2001).

Die Komplikation in Form der Primären tuberkulösen Meningitis tritt vorwiegend im Kindesalter auf (HAHN et al.2001).

Bricht das Gleichgewicht zwischen Tuberkulosebakterien und der Abwehr nach Entwicklung des Primärkomplexes durch eine Schwächung des Immunsystems zusammen, so entsteht die Postprimär- Tuberkulose als eigentliche Krankheit.

Aktivierte T- Zellen sezernieren Interferon γ (IFN-γ), das Makrophagen aktiviert.

Diese sezernieren wiederum den Tumornekrosefaktor α (TNFα) und andere

Zytokine, die eine Verkäsung der Granulomzentren, die vollständige Zerstörung der

anatomischen Strukturen unter Bildung eines festen käsigen Materials, verursachen (HAHN et al. 2001; HOF u. DÖRRIES 2002). Die bei einer Tuberkulose auftretenden massiven Gewebeschäden sind somit auf die überschießende Reaktion des

Immunsystems zurückzuführen. Mykobakterien bilden keine Toxine (HOF u.

DÖRRIES 2002).

Eine gebildete käsige Nekrose kann sich verflüssigen und auf diese Weise eine mit Flüssigkeit gefüllte Höhle (Kaverne) bilden, welche dann einen idealen

Vermehrungsort für die Bakterien und Ausgangspunkt einer weitgehenden Streuung der Erreger darstellt (HAHN et al. 2001).