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Archiv "Das Gespräch mit Dr. med. Kuno Winn, dem Vorsitzenden des Hartmannbundes: Nach den Protesten – Hartmannbund richtet den Blick nach vorne" (16.02.2007)

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A396 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 7⏐⏐16. Februar 2007

P O L I T I K

Winn sieht die kassenärztlichen Körperschaften jedoch eher gestärkt aus dem Streit um die Gesundheits- reform hervorgehen. „Der einzige, der sich zufrieden zurücklehnen kann, ist ja Herr Köhler.“ Der Vor- sitzende der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung (KBV) habe strate- gisch geschickt noch kurz vor Ab- schluss des Gesetzgebungsverfah- rens Vorteile für die kassenärztliche

Selbstverwaltung erreichen können.

Der Kollektivvertrag habe weiter Bestand, es seien Zugeständnisse bei der kassenärztlichen Honorie- rung erreicht worden; die Abwick- lung des PKV-Basistarifs sei der KBV zugewiesen worden, und die

Stellung der KV-Consults, die nun mit ihren Angeboten an den Markt gehen könnten, sei gestärkt worden.

Dass er grundsätzlich ein anderes Krankenversicherungssystem haben will – daraus macht Kuno Winn kei- nen Hehl. Die Lohnbezogenheit der GKV-Beiträge sollte abgeschafft und stattdessen ein Prämiensystem eingeführt werden. Parallel dazu plädiert er bei der Honorierung der Ärzte für die konsequente Umstel- lung auf ein Kostenerstattungs- system – gegebenenfalls mit einer sozialen Abfederung für die un- teren Einkommensschichten. „Die- sen Wechsel hat man jetzt nicht gewollt.“

Zwar werde es dem GKV-Versi- cherten mit der Gesundheitsreform leichter gemacht, sich für die Kos- tenerstattung zu entscheiden, weil die Beratungspflicht der Kranken- kassen entfallen sei. Doch – so fragt Winn – welcher Versicherte mache das, wenn er nicht sicher sein kön- ne, die Kosten von seiner Kran- kenkasse erstattet zu bekommen?

Überhaupt mache ein Kostenerstat- tungssystem nur dann Sinn, wenn

das Honorarbudget nicht mehr ge- deckelt sei. „Das Budget muss weg.

Sonst ist die Kostenerstattung le- diglich Augenwischerei.“ Das Re- sultat wäre ein Mittelumfluss, aber insgesamt keine Honorarverbesse- rung für die Ärzte.

D

erzeit sieht er keine Notwen- digkeit zum Systemausstieg.

Dr. med. Kuno Winn, seit 2005 Vorsitzender des Hartmannbundes, kennt aus seiner langjährigen Erfah- rung als CDU-Abgeordneter im nie- dersächsischen Landtag die Notwen- digkeit des Kompromisses – auch in der ärztlichen Berufspolitik. Sach- lich nüchtern beschreibt er bei einem Besuch in der Redaktion des Deut-

schen Ärzteblattes die gegenwärtige Situation für den Hartmannbund:

Natürlich sei das primäre Ziel seines Verbandes eine Verbesserung der Stellung der Ärzte im Gesundheits- system – aber nicht die Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). „Erst wenn das Gesetz keine Handlungsspielräume mehr zulässt, dann könnte der Hartmannbund als Parallelorganisation antreten.“

Nach den Protesten: Hartmannbund richtet den Blick nach vorne

Der Vorsitzende des Hartmannbundes erläutert beim Redaktionsgespräch in Köln die Position seines Verbandes in der aktuellen Auseinandersetzung um die Gesundheitsreform.

Ich war derjenige, der den ersten nationalen Protesttag in Berlin ausgerufen hat.

Kostenerstattung statt Sachleistung:

Winn plädiert für ein grundsätzlich anderes Krankenver- sicherungssystem.

DAS GESPRÄCH

mit Dr. med. Kuno Winn, dem Vorsitzenden des Hartmannbundes

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 7⏐⏐16. Februar 2007 A397

P O L I T I K

Bei der Forderung nach Kostener- stattung sieht sich Winn bestätigt durch das KBV-Referendum, bei dem sich 73 Prozent für eine solche Umstellung ausgesprochen hätten.

Befürchtungen, das Inkasso-Risiko bei der Kostenerstattung sei zu hoch, teilt er nicht. Aus der PKV sei be- kannt, dass die Zahl der problemati- schen Zahler bei drei bis vier Pro- zent liege. Der Patient trete ja nicht in Vorleistung, sondern reiche die Rechnung an die Krankenkasse wei- ter; diese würde ihm die in Rech- nung gestellte Summe abzüglich des Selbstbehaltes auszahlen. Winn hält es für wahrscheinlich, dass in einem solchen System die Inanspruchnah- me ärztlicher Leistungen zurückge- hen würde; dies wäre aber nicht pro- blematisch, da der Rückgang durch höhere Honorare mehr als ausgegli- chen werden könnte. Die KVen könnten hierbei die Abrechnung übernehmen. Genauso kann sich Winn vorstellen, dass die KBV einen Vertrag zur integrierten Versorgung mit dem Hartmannbund als einem Vertragspartner abwickelt. In die- sem Vertragsgeschehen will sich der Hartmannbund künftig stärker enga- gieren – ausgehend von den neuen Möglichkeiten im GKV-Wettbe- werbsstärkungsgesetz (GKV-WSG).

Dieses Gesetz führt nach Einschät-

zung des Hartmannbund-Vorsitzen- den insgesamt zu einer stärkeren An- bindung der Selbstverwaltung an den Staat. Seine Schlussfolgerung:

Die Inhalte dieses Gesetzes sind zu stark durch die programmatischen Vorstellungen der SPD geprägt wor- den. „Die CDU hat sich bei diesem Gesetz in einigen Fragen über den Tisch ziehen lassen“ – und die Libe- ralen präsentierten jetzt das CDU- Gesundheitsprogramm unter ihrer Flagge, ärgert sich Winn.

Das mit dem GKV-WSG geschaf- fene System sei nicht zukunftsfest, und deshalb geht Winn davon aus, dass spätestens nach der nächsten Bundestagswahl mit einer neuen Re- form zu rechnen ist. „Man weiß jetzt

noch gar nicht, welche Folgen das Ganze haben wird.“ Vorstellbar sei es durchaus, dass auch noch kurzfris- tige Gesetzesänderungen nötig sein werden. Deshalb erscheint es Winn notwendig, „dass wir jetzt zurück- kommen auf den Boden der Tatsa- chen“. Die Protestaktionen der Ärzte gegen die Gesundheitsreform in den letzten Monaten seien wichtig gewe- sen, und sie würden vom Hartmann- bund auch noch bis zum Inkrafttre- ten des Gesetzes am 1. April fortge- setzt. „Ich möchte betonen, dass ich

derjenige war, der den ersten natio- nalen Protesttag in Berlin ausgeru- fen hat.“ Trotzdem müsse der Hart- mannbund sehr schnell von einer Phase der Reaktion wieder zum Agieren übergehen. Man müsse sich nun auf die neue Rechtslage einstel- len, das heißt Gesetzesexegese be- treiben, den Hartmannbund-Mit- gliedern Hilfestellung leisten und gleichzeitig im Gespräch bleiben mit der Politik und anderen Mei- nungsführern im Hinblick auf künf- tige Reformen. Von blindem Aktio- nismus hält er nichts.

Denn der Hartmannbund, betont Winn, sei der einzige Verband über alle Arztgruppen hinweg, der von der Politik angehört werde. Gefragt,

warum ein Arzt dem Hartmannbund angehören solle, gibt er dies als erste Begründung, noch vor den diversen Serviceleistungen. So habe der Hart- mannbund auch bei dem aktuellen Reformgesetz in einigen Punkten noch Änderungen erzielen können.

Dafür müsse die Politik sich aber darauf verlassen können, im Hart- mannbund einen verlässlichen Ge- sprächspartner zu haben. Der Frei- en Ärzteschaft spricht Winn derzeit noch die Fähigkeit ab, über die Pro- testbewegung hinaus zu konstrukti- ven Lösungen beitragen zu können.

Auch in der neuen „Allianz Deut- scher Ärzteverbände“ werde der Hartmannbund derzeit keine Ver- lautbarung mittragen, in der – wie von der Führung des NAV-Virchow- Bundes – der Systemausstieg propa- giert werde. Man hätte sich in der Al- lianz auf den kleinsten gemeinsa- men Nenner verständigt. Wenn wir weiterhin erfolgreich bleiben wol- len, sollte niemand diesen Konsens überstrapazieren. Winn hofft jedoch weiter auf eine Kompromisslinie und den Weiterbestand der Allianz Deutscher Ärzteverbände.

In seiner Einschätzung des zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄG) betont Winn die Möglichkei- ten, nunmehr unkomplizierter Ärzte anstellen oder in unterversorgte Ge- biete holen zu können.Trotzdem löse das VÄG nicht das Hauptproblem, dass es insgesamt zu wenig Ärzte gebe. Selbst ein höheres Einkom- men könne einen Arzt nicht in eine Region mit einer unattraktiven Infra- struktur locken. Der Niederlas- sungsdruck müsse erst wieder so hoch werden, dass Ärzte diese Nach- teile in Kauf nehmen.

Einer Veränderung des Arztbe- rufs in Richtung angestellter Arzt kann Winn herzlich wenig abgewin- nen. Das Leitbild freier Beruf müsse erhalten bleiben; anderenfalls wür- de ein gutes Stück Leistungsbe- reitschaft verloren gehen. Insge- samt würde es den Staat sehr viel teurer kommen – davon ist Winn überzeugt –, würde er ein Gesund- heitssystem mit angestellten Ärz- ten in der ambulanten Versorgung

installieren. I

Thomas Gerst

Erst wenn das Gesetz keine Handlungsspielräume

mehr zulässt, dann könnte der Hartmannbund als Parallel- organisation antreten.

Fotos:Eberhard Hahne

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