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Archiv "Interview mit Prof. Dr. med. Manfred Wirth: „Leistungen verlagern sich“" (18.09.2009)

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A 1820 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 38

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18. September 2009 Gesetzen gegeben, mit denen die Grenzen zwischen den Sektoren be- wusst „geschliffen“ worden seien.

Wie von der Politik gewollt, gebe es heute zahlreiche Kooperationen zwi- schen Krankenhäusern und nieder- gelassenen Ärzten. Dazu zählten insbesondere Integrationsverträge und die Möglichkeit, dass der Ver- tragsarzt für das Krankenhaus die Nachbehandlung nach Operationen übernimmt. Die entsprechenden Ver- träge unterliegen oft der Geheimhal- tung. Der DKG-Präsident: „Es wird Zeit, dass wir da endlich Transpa- renz hineinbringen.“

DKG, Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereini- gung (KBV) empfehlen deshalb ihren Landesorganisationen – Landeskran- kenhausgesellschaften, Landesärz- tekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen – die Einrichtung paritätisch besetzter Clearingstellen.

Dort sollen alle Beteiligten als proble- matisch empfundene Vertragsangebo- te zur verbesserten Zusammenarbeit von Ärzten und Krankenhäusern ob- jektiv auf ihre rechtliche Zulässigkeit überprüfen lassen können.

Ein Bundesland ist bereits auf dem Weg: Die Ärztekammer Nord- rhein hat sich mit der dortigen Kas- senärztlichen Vereinigung (KV) auf eine Clearingstelle verständigt. Die Idee hätten beide schon gehabt, be- vor die aktuelle Diskussion hochge- kocht sei, betont der Geschäftsfüh- rende Arzt der Kammer, Dr. med.

Robert Schäfer. Ziel ist es, auch Kammer und KV in Westfalen-Lip- pe sowie die Krankenhausgesell- schaft im Land einzubinden. Dann könne man im Fall von umstritte- nen Verträgen abgestimmt handeln.

Denn § 31 der ärztlichen (Mus- ter-)Berufsordnung legt fest, was rechtlich zulässig ist. Demnach ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestat- tet, „für die Zuweisung von Patien- tinnen und Patienten oder Untersu- chungsmaterial ein Entgelt oder an- dere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren“.

Ein Verstoß gegen diese Vor- schrift führt zur Nichtigkeit des ent- sprechenden Vertrages; dem betei- ligten Arzt drohen berufsrechtliche Sanktionen. Zurückgefordert wer-

„Leistungen verlagern sich“

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Urologie über rechtswidrige Zahlungen an Vertragsärzte, falschen Wettbewerb und saubere Auswege.

Herr Professor Wirth, warum haben Sie die Diskussion über Zuweiserpauschalen angestoßen?

Wirth: Die Fachgesellschaft wurde von Mitgliedern angerufen und ange- schrieben, dass es so etwas gibt und dass das nicht akzeptabel sei.

Wie genau lauteten die Vorwürfe?

Wirth: Dass niedergelassenen Ärz- ten Kooperationsverträge angeboten wurden von Kliniken, teilweise auch überregional, und bei Zuweisung von Patienten zum Teil auch relativ hohe Summen fließen.

Wie hoch? Von wem?

Wirth: Ich möchte keine Einzelhei- ten nennen. Aber mir ist bekannt, dass das Zehn- bis 20-fache von dem gezahlt wird, was mancher nieder- gelassene Arzt pro Quartal für einen Patienten bekommt. Das gilt insge- samt für die verschiedenen Fachrich- tungen.

Ist das alles neu? Oder hat sich bisher nur keiner darum geschert?

Wirth: Neu ist das nicht. Uns sind schon Beispiele aus dem Jahr 2005 bekannt, ja sogar früher. Aber solche Abmachungen haben sich in letzter Zeit ausgebreitet. Und jetzt sieht man eben auch Effekte.

Was sind denn die Folgen?

Wirth: Leistungen verlagern sich.

Die Einweisung folgt möglicherwei- se nicht mehr der Qualität der Klinik.

In einem mir bekannten Fall hat das dazu geführt, dass sich innerhalb von drei Jahren nach Beginn des Koope- rationsvertrags die Anzahl der Pros- tatektomien verdreifacht hat. Über solche Verträge kann ich wenig sa-

gen, auch nicht über Qualitätsverbes- serungen, da sie häufig der Geheim- haltung unterliegen.

Und Sie sagen: Kein Einzelfall.

Wirth: Ein Einzelfall sicher nicht.

Solche Verträge gibt es zunehmend.

Die Politik hat schließlich auch Ko- operation und Konkurrenz um die beste Versorgung fördern wollen und entsprechende gesetzliche Möglich- keiten vorgesehen. Aber wenn Sie ein Tor öffnen und keinen Aufpasser hin- stellen, brauchen Sie sich nicht zu wundern, was alles durchkommt.

Sie haben auf Grauzonen hingewiesen – von Integrationsverträgen bis zu Medizi- nischen Versorgungszentren. Was tun?

Wirth: Erstens: Wenn es überhaupt Verträge über Zuweisungen gibt, müssen sie transparent sein, das heißt, der Patient muss informiert sein.

Zweitens: Die Honorare müssen an- gemessen sein. Drittens: Es müssen bundesweit die gleichen Regeln gel- ten, und dies muss überprüft werden.

Das ist das Gegenteil von Wettbewerb.

Wirth: Die Frage ist, ob Wettbewerb in diesem Bereich sinnvoll ist. Ich ge- be zu, dass die Situation schon ganz schön verfahren ist. Aber wir müssen angemessene Lösungen suchen. Bis- her waren die Vertragsärzte auch die Türwächter für Krankenhauseinwei- sungen. Dies aufzugeben, wäre si- cherlich nicht unproblematisch.

Können Clearingstellen, wie sie BÄK, KBV und DKG vorschlagen, zur Problemlösung beitragen?

Wirth: Nein. Wir brauchen eine un- abhängige Stelle.

Das Interview führte Sabine Rieser.

INTERVIEW

mit Prof. Dr. med. Manfred Wirth

P O L I T I K

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