A982 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 199. Mai 2008
P O L I T I K
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och ist die Zahl überschaubar:Ziemlich genau 4 000 Ärztin- nen und Ärzte waren Ende 2007 in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) tätig. Die Zahl wächst genau wie die Zahl der Zentren selbst, die im Dezember 2007 nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) 948 erreicht hatte. „Die MVZ werden sich etablieren“, ist Dr. med. Andreas Köhler überzeugt.
Der KBV-Vorstandsvorsitzende hält aber nichts davon, die Entwicklung sich selbst zu überlassen, wie er im Gespräch mit dem Deutschen Ärzte- blatt deutlich macht. „Wer Träger dieser Zentren ist, wird von entschei- dender Bedeutung für die wirtschaft- liche Selbstständigkeit und Freibe- ruflichkeit der darin tätigen Ärzte sein.“ Dass ein MVZ unter ärztlicher Leitung stehen muss, ist gesetzlich vorgeschrieben, als Gründer kom- men neben Vertragsärzten und er- mächtigten Klinikärzten aber auch Krankenhäuser, Apotheker, Heilmit- telerbringer, Rehaeinrichtungen und viele andere in Betracht. Bislang sind in 59 Prozent der MVZ Vertragsärzte die Träger. Das muss aber nicht so bleiben. „Es besteht die Gefahr, dass private Klinikkonzerne diesen Markt erobern. Dann wird es einen Zeit- punkt geben, an dem die Interessen der Niedergelassenen gar nicht mehr wahrgenommen werden, weil wir von anderen dominiert werden“, be- fürchtet Köhler.
Da Kassenärztliche Vereinigun- gen (KVen) als Körperschaften öf- fentlichen Rechts auf diesem Gebiet nicht tätig werden können, haben 40 KBV- und KV-Vorstandsmitglieder die Initiative ergriffen: Sie grün- deten die „Aeskulap-Stiftung“ mit
50 000 Euro Kapital, deren Zweck die Förderung der ambulanten ver- tragsärztlichen Versorgung ist. Indi- rekt – über eine Dienstleistungs- GmbH – beteiligt sich die Stiftung mit 25 Prozent an einer Aktienge- sellschaft (AG), die MVZ aufbauen und betreiben soll. Weitere Gesell- schafter der AG (für die noch ein Name gesucht wird) sind die Deut- sche Apotheker- und Ärztebank,
Düsseldorf, mit 49 Prozent von fünf Millionen Euro Grundkapital, die Deutsche Ärzte-Verlag GmbH, Köln, mit 24 Prozent und ein weiterer Investor, der zwei Prozent übernimmt.
Noch vor der Sommerpause solle die Aktiengesellschaft gegründet werden, kündigt Köhler an. Diese wird sowohl MVZ gründen als auch bestehende übernehmen. Darüber hinaus wird die AG im Rahmen eines Franchisesystems Dienstleis- tungen für MVZ anbieten, an denen sie nicht beteiligt ist. Ziel ist es nach Worten Köhlers, das Kapital, das Know-how und die Betriebsor- ganisation bereitzustellen, um ein bundesweites Netz von MVZ für niedergelassene Vertragsärzte auf- zubauen. Kooperationen mit ande- ren Trägern zu einem späteren Zeit- punkt will Köhler nicht ausschlie- ßen. „Wichtig ist, dass jetzt Träger in den Markt eintreten, die den Ver- tragsärzten verbunden sind. Sonst ist der Markt in ein paar Jahren verteilt.“ Die Fokussierung auf die
Interessen der Vertragsärzte sei in der Satzung der AG verankert. „Al- les steht unter dem Primat der Frei- beruflichkeit“, unterstreicht Köhler.
„Wir wollen nicht die reine Ange- stelltenstruktur. Wo es gewünscht wird, können auch angestellte Ärzte tätig werden, dann aber mit einer Beteiligung am Gewinn.“
Die Aktiengesellschaft muss ren- tabel arbeiten, um die hohen Investi- tionen, die in den ersten zehn Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag erreichen sollen, refinanzieren zu können. Köhler stellt klar, „dass die Gesellschaft nicht mit Mitteln der Vertragsärzte finanziert wird. Es wird kein einziger Euro von Körper- schaften dafür verwendet.“ Nach der Anlaufphase sollen Ärzte und ärztliche Organisationen Aktien der AG erwerben können. Aus den Er- trägen der AG soll das Kapital der Stiftung aufgefüllt werden, die bei- spielsweise Stipendien für Medizin- studierende vergeben und Weiterbil- dungsstellen in der Allgemeinmedi- zin fördern will.
Medienberichte, wonach die KBV über die Aeskulap-Stiftung und die AG im Wettbewerb um Se- lektivverträge mitmischen wolle, dementiert Köhler mit Nachdruck:
„Es geht ausdrücklich nicht um den Abschluss von Verträgen, beispiels- weise zur hausarztzentrierten Ver- sorgung.“ Deshalb seien auch Ver- mutungen falsch, man wolle mit Aeskulap-Stiftung und Aktienge- sellschaft für den Fall des Falles Par- allel- oder Nachfolgeorganisationen zum KV-System schaffen. Die Ver- tragsebene habe man nicht im Blick.
Vielmehr könne ein MVZ, das zur neuen Aktiengesellschaft gehöre, verschiedenen Verträgen beitreten wie jeder Niedergelassene auch. Ein solches MVZ sei nicht gehalten, sich nur im Kollektivvertrag zu bewegen.
„Wir werden aber nicht gegen den Willen der jeweiligen KV oder der niedergelassenen Ärzte tätig wer- den.“ Dass Letztere die Aktivitäten als unliebsame Konkurrenz werten könnten, erwartet Köhler nicht, auch wenn es verständlicherweise am An- fang viele Mutmaßungen und Spe- kulationen gebe. „Es geht ja darum, die Ärzte zu schützen.“ I Heinz Stüwe
AESKULAP-STIFTUNG