rage: Gibt es wesent- Fr
r
liche Vorteile der Ni- tro-Pflaster im Vergleich zu peroralen Nitraten, ISDN-Salben und trans- dermalen ISDN-Sprays?
Meinertz: Den Hauptvor- teil der Nitroglycerin- Pflaster sehe ich darin, daß sie von Patienten ak- zeptiert werden. Wenn ein Medikament eine Ak- zeptanz erreicht hat, kann man mehr damit an- fangen als mit Medika- menten vergleichbarer Wirksamkeit, die weniger zuverlässig eingenom-
Prof. Thomas Meinertz, Freiburg
men werden. Viele Pa- tienten zeigen eine na- türliche Zurückhaltung gegenüber der Einnahme von Tabletten, nicht aber dem Kleben von Pfla- stern. Hierin liegt eine Er- klärung für den Erfolg der Pflaster. Das ist psy- chologisch, aber nicht
naturwissenschaftlich begründbar. Für die Pfla- ster spricht auch die Ein- fachheit der Applikation.
Außerdem kann mit sehr geringen Substanzmen- gen ein therapeutischer Effekt erzielt werden.
Frage: Je höher die Com- pliance ist, um so höher ist doch sicher auch der Plazeboeffekt?
Meinertz: Der Plazeboef- fekt spielt in der antiangi-
nösen Therapie über- haupt eine große Rolle, bei den Pflastern ist er si- cher besonders ausge- prägt. Schätzungsweise sind zirka dreißig Prozent der Therapieerfolge der Nitratpflaster auf Plaze- boeffekte zurückzufüh- ren. Ich halte das aber nicht für ungünstig, weil dadurch mit möglichst wenig Substanz mög- lichst viel erreicht wer- den kann.
Frage: Wie ausgeprägt ist die antianginöse be- ziehungsweise antiisch- ämische Wirksamkeit von Nitrog lycerin-Pflastern?
Bussmann: Mit Nitrogly- cerin-Pflastern, die fünf beziehungsweise zehn Milligramm Nitroglycerin innerhalb 24 Stunden ab- geben, wird eine etwa dreißig- bis fünfzigpro-
Prof. Eberhard Jähnchen, Bad Krozingen
zentige Reduktion der
!schäm iereaktion unter Belastungsbedingungen erreicht. Werden mehre- re Pflaster gleichzeitig appliziert, so läßt sich die lschämiereaktion bis zu achtzig Prozent reduzie- ren, wie Untersuchungen mit vier Fünf-Milligramm- Pflastern gezeigt haben.
Fragen: Treten bei die- sen hohen Dosen aber nicht häufiger Nitrat- Kopfschmerzen auf?
Jähnchen: Bei Nitrat- empfindlichen Patienten ist nach höheren Dosen besonders initial auch mit einer Intensivierung des Nitrat-Kopfschmer- zes zu rechnen, der aber im Laufe der Behandlung wieder abnimmt. Die Therapie sollte daher nicht mit zu hohen Dosen begonnen werden.
Frage: Ist mit den Depot- Nitratpflastern eine stär- kere und länger anhal- tende ST-Strecken-Sen- kung zu erreichen als mit peroralen Depot-Nitra- ten?
Bussmann: Mit Nitrogly- cerin-Pflastern, die zehn Milligramm in 24 Stunden abgeben, ist akut eine et- wa gleich starke Vermin- derung der ST-Strecken- Senkung zu erreichen wie mit den Mono- und Dinitraten in Retardform.
Nitratpflaster scheinen
auch nicht wesentlich länger zu wirken als eine übliche Retardtablette, da trotz konstantem Ni-
troglycerin-Plasmaspie- gel während 24 Stunden die klinische Wirksamkeit nach sechs bis acht Stun- den stark abnimmt.
Frage: Wie läßt sich diese vorzeitig nachlassende Wirksamkeit erklären?
Bussmann: Sowohl bei den Nitroglycerin-Pfla- stern als auch bei den oralen Nitraten haben wir das Problem der Tole- ranzentwicklung. Bisher war die Meinung verbrei- tet, daß ein Patient rund um die Uhr durch das Ni- trat geschützt ist. Die Stu- dien ergaben jedoch, daß
Prof. Wulf-Dirk Bussmann, Frankfurt
bei einmaliger Pflaster- applikation eine antiangi- nöse Wirkung nur über sechs bis acht Stunden bestätigt werden kann.
Frage: Wird also jede Langzeitbehandlung auf- grund einer Nitrat-Tole- ranz erschwert?
Meinertz: Bei wiederhol- ter Applikation der Pfla- ster ist ihre Wirksamkeit deutlich reduziert. Inter- essanterweise scheint aber gerade bei Nitrogly- cerin aufgrund seiner kurzen pharmakodynami- schen und pharmakoki-
Experten geben Antwort: Wie gut sind die Nitratpflaster wirklich?
Ende Januar 1985 wurde in Flims/Schweiz das 2. Fo- rum zum Depot-Nitrat von der Pharma Schwarz veran- staltet. Kapazitäten der Kardiologie und Vertreter der Fachpresse diskutierten die Wirksamkeit von Nitrogly- cerin-Pflastern. Aus diesem Anlaß befragte die I+F- Redaktion die Leiter des Forums, Professor Dr. Tho- mas Meinertz, Freiburg, und Professor Dr. Eberhard Jähnchen, Bad Krozingen, und den Vorsitzenden des vorjährigen 1. Forums zum Depot-Nitrat, Professor Dr.
Wulf-Dirk Bussmann, Frankfurt, zu ihren Erfahrungen mit transdermal therapeutischen Systemen.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG
1122 (118) Heft 15 vom 10. April 1985 82. Jahrgang Ausgabe A
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für Donnerstag, den 30. Mai 1985 9.00-18.00 UhrAutoimmunerkrankungen in der Inneren Medizin
Vorsitz: J. Drews, Basel Begrüßung J. Drews, BaselMöglichkeiten der pharmakologischen Manipulation des Immunsystems M. Schreier, Berlin
Diskussion
Pharmakologische Grundlagen der lmmunsuppression • J. Drews, Basel Diskussion
Pathogenese der Autoimmunerkran- kungen • J. R. Kalden, Erlangen Diskussion
Rheumatoide Arthritis: Klinik und Therapie • J. G. Saal, Tübingen Diskussion
Andere Kollagenkrankheiten,
Vorkommen, Klinik Diskussion
P. A. Berg, Tübingen Rundtischgespräch aller Teilnehmer eilnehmer
Leitung: J. Drews, Basel Detailprogramm des gesamten Kongresses erhältlich durch Kongreßgesellschaft für ärztliche Fortbildung e.V.
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Immunpathologische Aspekte des juvenilen Diabetes K. Federlin, Gießen Diskussion
Immunpathologische Aspekte von Schilddrüsenerkrankungen H. Schleusener, Berlin Diskussion
Seltenere Immunopathien des endokrinen Systems W. A. Scherbaum, Tübingen
Diskussion
Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems D. Dommasch, Würzburg
Berlin '85
28. Mai - 1. Juni
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Zoo
netischen Halbwertszeit eine rasche „Erholung von der Nitrattoleranz"
aufzutreten, so daß bei den Patienten schon we- nige Stunden nach Ablö- sen des Pflasters die Wirksamkeit wieder rege- neriert ist. Vernünftig wä- re es daher meiner Mei- nung nach, wenn die Ko- ronarpatienten das Pfla- ster nur nachts tragen und tagsüber mit Beta- Blockern oder Kalzium- Antagonisten arbeiten oder umgekehrt.
Frage: Ist es nicht von Vorteil, daß bei transder- maler Applikationsweise eine Metabolisierung von Nitroglycerin in der Le- ber vermieden werden kann?
Jähnchen: Die Umge- hung des First-pass-Me- tabolismus in der Leber bei sublingualer und transdermaler Applika- tion ist eine wichtige Vor- aussetzung für die Wirk- samkeit des Nitroglyce- rins. Die Menge des Wirk- stoffs, der systemisch zir- kuliert, ist dann natürlich größer, weil keine meta- bolisierenden Enzyme davorgeschaltet sind. Bei der sublingualen und auch der buccalen An- wendung ist es schwie- rig, die gleichmäßige Freisetzung der Substanz zu steuern. Darin liegt ein Vorteil des transderma- len Systems.
Frage: Wann halten Sie die Anwendung der transdermalen Depot- nitrate nicht für indiziert?
Meinertz: In der Klinik se- hen wir überwiegend Pa- tienten mit ausgeprägter stabiler oder instabiler Angina pectoris. Bei die- Sen Beschwerden halte ich die Pflastersysteme nicht für ausreichend. Ei- ne Indikation für Nitrat- pflaster sehe ich bei rela- tiv leichtgradiger stabiler
Angina pectoris mit maxi- mal etwa fünf Anfällen pro Woche. Bei größerer Anfallshäufigkeit ist zu- mindest eine Monothera- pie mit transdermalen Ni- traten nicht genug. Aller- dings lassen sich die Pflaster gut mit anderen antianginösen Medika- menten kombinieren. Ei- ne Kombination mit ora- len Nitraten halte ich da- gegen nicht für sinnvoll.
Karin Michels (Interview und Fotos)
Schnell informiert
25 Jahre Basotherm.
—Die Basotherm GmbH, Biberach an der Riss, konnte am 1. Februar auf ihr 25jähriges Bestehen zurückblicken. Das Un- ternehmen hat sich auf die Produktion von Arz- neimitteln gegen Haut- und Schleimhauterkran- kungen spezialisiert. Die Geschäftsführung obliegt heute Heinz Saueressig, den außer seiner Kreativi- tät und Dynamik als Ma- nager eine ungewöhn- liche literarische Tätig- keit und Aktivität in der Kunst auszeichnet. So ist auch das neue Gebäude, welches Basotherm be- zogen hat, eine kunstum- rahmte Stätte. kl Neues Antirheumatikum
— Seit kurzem steht von der Firma Dr. Christian Brunnengräber, Lübeck, ein neues nicht-steroida- les Antirheumatikum zur Verfügung, welches den Wirkstoff Pirprofen ent- hält. Der analgetische Ef- fekt trete innerhalb von dreißig Minuten ein, be- tont der Hersteller, und die Verträglichkeit des aus der Ciba-Geigy-For- schung stammenden, in- zwischen weltweit ge- prüften Präparates gelte als „ungewöhnlich gut dokumentiert". GM
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG
1124 (120) Heft 15 vom 10. April 1985 82. Jahrgang