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Archiv "Mehr Transparenz im Krebs - Früherkennungsprogramm durch erweiterte Dokumentation" (11.06.1986)

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Mehr Transparenz im

Krebs - Früherkennungsprogramm durch erweiterte Dokumentation

Günter Flatten und Bernt-P. Robra

Ab dem vierten Quartal 1982 wurden neugefaßte Krebsfrüherken- nungsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Kranken- kassen wirksam und gleichzeitig die Dokumentationsbogen ver- bessert, was zu einer differenzierteren Erfassung der Ergebnisse führte. Die jetzt vorliegenden Daten des Jahres 1983 zeigen, daß man dem zentralen Ziel, das Untersuchungsprogramm durch An- passung an die jeweilige Krankheitssituation zu verbessern und die Qualität der Durchführung durch Rückmeldung der Ergebnis- se zu sichern, einen wesentlichen Schritt näher gekommen ist.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Krankenhaus-Studie THEMEN DER ZEIT

gleichbarer Krankenhäuser. Die Patienten werden nur so lange in der Klinik behalten, wie es aus me- dizinischer Sicht notwendig ist.

Einen näheren Einblick in die mit dem neuen Finanzierungsmodell verbundenen Änderungen vermit- telt die Grafik (vgl. Seite 1760). Da- nach müssen zur Kostendeckung eines Krankenhauses die Patien- ten solange dort verbleiben, bis sich Kosten- und Erlöskurve bei herkömmlichem Pflegesatz schneiden (bei der in der Grafik beispielhaft gewählten Diagnose 16 Tage). Setzt man hingegen die bis zum letzten Tag der medizi- nisch erforderlichen Verweildauer (hier: drei Tage) entstandenen Ko- sten als diagnosebezogenen Preis fest, so ist dieser nicht nur deut- lich niedriger, sondern er muß dar- über hinaus bis zu einer bestimm- ten Grenze weiter sinken (s. Pfeil in der Grafik). Der Preis muß des- halb sinken, weil mit der Verweil- dauerverkürzung eine Freisetzung von Betten verbunden ist, die wie- derum durch eine Erhöhung der Fallzahl zu einer fallbezogenen Senkung der Fixkosten des Kran- kenhauses und damit zu einer Ver- schiebung der Kostenkurve nach unten führt. Sollte die Fallzahlen- erhöhung nicht möglich sein, ist dies ein Indiz für eine überhöhte Bettenzahl. Die Vergütung über Fallpauschalen regt die Klinik da- zu an, die Liegezeiten auf das me- dizinisch erforderliche Maß zu be- schränken. An der Uthoff-Klinik konnten Patienten nach einer Glaukomoperation bereits am Be- ginn des Modellversuches nach acht bis neun Tagen das Taxi für den Heimweg bestellen. Heute bleiben sie nach der Operation noch nicht einmal eine Woche, vielfach nur drei Tage, in der Kli- nik. Normalerweise beträgt der entsprechende Krankenhausauf- enthalt zehn bis 18 Tage. Auch die Preise konnten um durchschnitt- lich 5,7 Prozent gesenkt werden.

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. pol. Heiner Rüschmann Lindenallee 21

2300 Kiel 1

Das Früherkennungsprogramm der gesetzlichen Krankenversiche- rung in der Bundesrepublik Deutschland zielt seit 1971 auf die Malignome ab, die in frühen Sta- dien bei unausgewählten Bevölke- rungsgruppen mit vertretbarem Aufwand und Aussicht auf verbes- serte gesundheitliche Ergebnisse (gegenüber der symptomgesteu- erten Versorgung) erkannt werden können. Dies sind Krebse des Dickdarms, des Mastdarms, der Haut, des äußeren Genitales, bei Frauen der Cervix uteri und der Brustdrüse und bei Männern der Prostata.

Mit dem IV. Quartal 1982 wurden neugefaßte Krebsfrüherkennungs- richtlinien des Bundesausschus- ses der Ärzte und Krankenkassen wirksam. Diese Neufassung der Richtlinien war notwendig gewor- den, um der vom Gesetzgeber be- schlossenen Herabsetzung des Berechtigungsalters bei Frauen vom 30. auf das 20. Lebensjahr zu entsprechen und um das Pro- gramm dem medizinischen Er- kenntnisfortschritt anzupassen.

Der Urintest zur Früherkennung von Krebsen der Nieren und Harn- wege entfiel für beide Geschlech- ter. Gleichzeitig wurde der Doku- mentationsbogen verbessert. Er

sieht u. a. eine differenziertere Er- fassung des zytologischen Befun- des vor (jetzt PAPI/11,111, III D, IV, V, nicht verwertbare und verschiede- ne Empfehlungen des Zytologen).

Auch ist eine neugegliederte und stärker differenzierte Erfassung der Ergebnisse vorgesehen wor- den, wodurch es erstmals möglich wird, das invasive Karzinom der Cervix uteri vom Carcinoma in situ und von (schweren) Dysplasien abzugrenzen, sowie ebenso vom Karzinom des Corpus uteri. Letzte- res stellt bekanntlich keine eigent- liche Zielkrankheit der Methoden des Programms dar, es wird aber doch an einer Reihe von Fällen aus Anlaß eines Früherkennungs- kontaktes gefunden. Erstmals ist—

bei Männern wie bei Frauen — das Kolonkarzinom als Zielkrankheit auf dem Dokumentationsbogen ausdrücklich aufgeführt (vorher:

nur Rektum). Auch eine Unter- scheidung des Melanoms von son- stigen Malignomen der Haut wur- de möglich.

Krankenkassen und Kassenärzt- liche Vereinigungen sammeln die aus den Berechtigungsscheinen, Abrechnungen und vor allem aus den Untersuchungsvordrucken anfallenden Daten nach einheit- lichen Richtlinien. Das Zentralin- 1762 (36) Heft 24 vom 11. Juni 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

(2)

20-24 33,04 25-29 40,85 30-34 42,60 35-39 44,37 40-44 41,61

45-49 42,78 8,08

50-54 33,65 10,20

55-59 27,82 13,71

60-64 27,47 17,88

Tabelle 1: Altersspezifische Beteiligungsraten (in Pro- zent) am Krebsfrüherken- nungsprogramm 1983 (Män- ner und Frauen)

Beteiligung Frauen

Alter Männer

65 und älter 10,23 11,48

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

stitut für die kassenärztliche Ver- sorgung (ZI), Köln, wertet die Er- gebnisse aus, die dann von der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen herausgege- ben werden.

Die genannten Änderungen des Erhebungsbogens bedingten eine Revision des seit 1975 bestehen- den Berichtsformats, die zu eini- gen weiteren Verbesserungen An- laß gab. So liegt der Bericht jetzt in einer kommentierten Kurz- und einer ausführlichen Langfassung vor. Ein Vergleich mit den Vorjah- ren wurde durch Berücksichti- gung altersstandardisierter Ent- deckungsraten möglich.

Teilnahme

Im Jahr 1983 nahmen 30,91 Pro- zent der Frauen und 13,28 Prozent der Männer an einer Krebsfrüher- kennungsuntersuchung teil. Der seit 1977 leicht fallende Trend bei den Männern setzte sich fort, bei den Frauen wurde er erstmals ge- brochen.

Die Beteiligung am Früherken- nungsprogramm ist nicht nur ge- schlechts-, sondern auch stark al- tersabhängig (Tabelle 1). Frauen im Alter von 25-50 Jahren nehmen das Programm zu mehr als 40 Pro- zent in Anspruch, während die niedrigeren Beteiligungsraten der älteren Frauen den Durchschnitt drücken. Insgesamt ist die Teil- nahmefrequenz der Männer zwar geringer, vom 65. Lebensjahr ist sie aber höher als die der Frauen.

Entdeckungsraten von Zielkrankheiten bei Männern

Bei rund 2 Prozent aller Untersu- chungsfälle der Männer wie der Frauen wurde ein Krebsverdacht geäußert. Die dokumentierte Ent- deckungsrate bei bösartigen Neu- bildungen des äußeren Genitales der Männer hat sich gegenüber

dem Vorjahr mehr als verdoppelt,

die der Prostata um 30 Prozent er- höht, die von Kolon und Rektum mehr als verdreifacht und von bös- artigen Neubildungen der Haut verdoppelt. Diese Änderungen sind sicherlich ganz wesentlich auf die Neufassung des Dokumen- tationsbogens zurückzuführen.

Sie signalisieren insofern eine nennenswerte Untererfassung der Dokumentation in früheren Be- richtsjahren. Vergleicht man die Entdeckungsraten in Abhängig- keit vom Untersuchungsintervall (dieser Vergleich erfolgt sinnvol- lerweise anhand der altersstandar- disierten Entdeckungsraten, Ta- belle 2), so zeigt sich vor allem bei den Frauen ein U-förmiger Trend mit einem Minimum bei pro- grammtreuen Probanden mit ei- ner Wiederholungsuntersuchung nach einem Jahr. So beträgt das Entdeckungsrisiko eines invasiven Karzinoms der Zervix bei einer Erstuntersuchung ungefähr das 18fache des Risikos bei einer Wie- derholungsuntersuchung nach ei- nem Jahr. Anders herum betrach- tet findet man bei einer Wiederho- lungsuntersuchung nach einem Jahr für das invasive Zervixkarzi- nom nur 5 Prozent des Entdek- kungsrisikos, das bei einer Erstun- tersuchung beobachtet wird. Bei anderen Zielkrankheiten ist dieser

„Filtereffekt" nicht so extrem, aber immer noch deutlich.

Krebsfrüherkennungsprogramm

Perspektiven

Die fortlaufende Dokumentation der Untersuchungsergebnisse der gesetzlichen Krankheitsfrüherken- nungsmaßnahmen dient dem zen- tralen Ziel, das Untersuchungs- programm durch Anpassung an die jeweilige Krankheitssituation zu verbessern und die Qualität der Durchführung durch Rückmel- dung der Ergebnisse zu sichern.

Sie verdeutlicht die Inanspruch- nahme präventiv-medizinischer Leistungen in der Bevölkerung.

Sie stellt im Kontext andere Er- kenntnisse sowie Planungs- und Steuerungsdaten zur Verfügung.

Leider hat sich bisher aus Grün- den der Praktikabilität die Vertei- lung der Stadien der entdeckten Krebskrankheiten nur beim Zervix- karzinom grob klassifizieren las- sen.

Hier wäre mehr Information er- wünscht. Es sei daran erinnert, daß die Einschätzung der Wirk- samkeit des Programms leiden muß, wenn die entdeckten Zielfäl- le nicht vollständig dokumentiert werden.

Ein wesentlicher Aspekt der zu- künftigen Gestaltung des Pro- gramms liegt darin, die Teilnah- mefrequenzen mit allen vertretba- ren Mitteln zu steigern (verstärkte Information durch Ärzte, in Betrie- ben, in gesellschaftlichen Grup- pierungen und auch durch ver- stärkten Einsatz der Medien, Ab- bau leistungsrechtlicher Hemm- nisse für die gemeinsame Erbrin- gung und Abrechnung kurativer und präventiver Leistungen). Eine besondere Zielgruppe für die Teil- nahme sind diejenigen, die noch nie teilgenommen haben oder de- ren letzte Früherkennungsteilnah- me schon lange zurückliegt. In dieser Gruppe gibt es erfahrungs- gemäß besonders viele unent- deckte Krebsfälle. Es ist nicht zu erwarten, daß diese Gruppe mit zurückhaltender Beteiligung durch öffentliche Aufklärungsar- beit allein in nennenswertem Um- fang erreicht werden kann. Es er- scheint eher erfolgversprechend, Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 24 vom 11. Juni 1986 (39) 1763

(3)

11 19 48

20 37

Gebärmutter (20 Jahre und älter)

—Carcinoma in situ

17 39 10 21

10 47 3 5

_

8 25 3 7

48 92 32 47

2 4 2 2

10 16 7 11

27 24

8 26 2 5

52

— invasives Zervix- karzinom

12 3

95 37

4 2

—Korpuskarzinom 8

19 übriges Genitale 20

(20 Jahre und älter)

6 5

Mamma (30 Jahre und älter)

99 130

53 54

Haut (30 Jahre und älter)

4

3 3

2 Kolon (45 Jahre

und älter)

18

11 38 20

17 32

a) Männer

Lokalisation

äußeres Genitale Prostata

Kolon und Rektum

rohe Entdeckungs- rate alle Un-

tersu- chungen

18 148 108

altersstandardisierte Entdeckungsrate')

Erstu nter- suchun-

gen 13

147 91

Wiederholungsuntersuchun- gen nach

1 Jahr 2 Jahren 3 und mehr Jahren

alle Un- tersu- chungen

Erstunter- suchun-

gen

Wiederholungsuntersuchungen nach

1 Jahr 2 Jahren 3 und mehr Jahren

148 75 11

126 93 11

165 117 13

75 18

55

100 20

75

72 66 15

61 63

5 68

83 71 Haut (Melanom und

sonstige Mali- gnome)

22 18 20 26 28 14 13 15 16 19

b) Frauen

Lokalisation

rohe Entdeckungs- rate

alle Un- Erstunter- tersu- suchun- chungen gen

Wiederholungsuntersuchun- gen nach

1 Jahr 2 Jahren 3 und mehr Jahren

alle Un- tersu- chungen

altersstandardisierte Entdeckung rate') Wiederholungsuntersuchungen

nach Erstunter-

suchun- gen

1 Jahr 2 Jahren 3 und mehr Jahren

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Tabelle 2: Dokumentierte Entdeckungsraten im Krebsfrüherkennungsprogramm der Männer und Frauen 1983 (jeweils Fälle pro 100 000 Untersuchungsfälle)

standardisiert auf die sogenannte „Europäische Standardbevölkerung"

wenn die „kurativen" Arztkontakte dieser Gruppe genutzt werden, um die mit den Krankenkassen verein- barten präventiven Leistungen zu erbringen bzw. zu veranlassen.

Ein positives Engagement der pri- märversorgenden Ärzte zugunsten der Früherkennung ist die Voraus- setzung.

Die Forschung nach Verbesserun- gen der weiterführenden Karzi- nomdiagnostik darf nicht sta- gnieren. Die Nachsorge von Krebspatienten ist inzwischen flä- chendeckend weitgehend gesi- chert, hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz allerdings weiter zu entwickeln. In Kürze wird man in-

tensiv darüber zu beraten haben, ob und in welcher Weise die Mam- mographie in das Früherken- nungsprogramm aufgenommen wird. Auch sind die Screeningin- tervalle zu überprüfen, um durch deren mögliche Veränderung die aufzuwendenden Kosten pro ent- decktem Karzinom zu mindern, wenn dies ohne gravierende Ver- luste an Programmsensitivität möglich erscheint.

10- Die Kurzfassung der Früher- kennungsdokumentation kann bei der Kassenärztlichen Bundesver- einigung, Haedenkampstraße 3, 5000 Köln 41, angefordert werden.

Interessierten Fachleuten kann ei-

ne Langfassung der Ergebnisse zur Verfügung gestellt werden, de-

ren Auflage aus Kostengründen al- lerdings begrenzt ist.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Günter Flatten Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41

Dr. med. Bernt-P. Robra Medizinische Hochschule Hannover

Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin

Konstanty-Gutschow-Straße 3000 Hannover 61

1764 (40) Heft 24 vom 11. Juni 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

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