DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
F
ragestunde im Bundestag.Unter Anspielung auf ein geläufiges Verdikt fragt der CDU/CSU-Abgeordnete Herbert Werner aus Ulm: „Ist die Bundesregierung der Auf- fassung, daß das Verbot der Tötung auf Verlangen eine Insel der Inhumanität in unse- rer Rechtsordnung ist?"
Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht, er- klärt die Parlamentarische Staatssekretärin Irmgard Kar- watzki vom Bundesgesund- heitsministerium. Frau Kar- watzki weiter: „Kein Arzt ist verpflichtet, das Leiden eines Sterbenden künstlich durch Einsatz aller Mittel — insbe- sondere der Intensivmedizin — zu verlängern." Der SPD-Ab- geordneten Lieselott Blunck aus Wedel bleibt es vorbehal- ten, jenen Teil der Fragestun- de in Peinlichkeit ausklingen zu lassen. Frau Blunck zu Frau Karwatzki• „Können Sie
Aktive Sterbehilfe
Dreckschleuder im Bundestag
sich vorstellen — da Sie vorhin hinsichtlich der Anwendung von Intensivmethoden gesagt haben, dies müsse der Arzt nicht —, daß der Arzt in einen Konflikt gerät, weil er letzt- endlich ein ökonomisches In- teresse daran haben kann, diese Intensivmethoden am Kranken anzuwenden?"
Sprechen wir ruhig aus, was Frau Blunck da hinterlistig andeutet. Frau Blunck unter- stellt, Ärzte würden sterbende Patienten nur deshalb künst- lich am Leben erhalten, um an Sterbenden möglichst lange verdienen zu können, weil je- de Visite, jeder Handgriff ja
honoriert wird. Mit ihrer Fra- ge wirft Frau Blunck terner den Krankenhäusern vor, um einiger weiterer Tagessätze willen auf die Ärzte Druck auszuüben, damit sie Leben und Leiden sterbender Pa- tienten künstlich verlängern.
Mit der Gesinnung, die in je- ner Frage zum Ausdruck kommt, steht Frau Blunck nicht allein. Es ist die gleiche, aus der heraus Ärzte pauschal der Betrügerei verdächtigt werden. Frau Blunck und Ge- sinnungsgenossen handeln ehrabschneiderisch. Schlimm ist, sie werden das, einge- sponnen in Vorurteile, nicht einmal merken.
In Bonn wird zur Zeit allge- mein viel Dreck geschleudert.
Frau Blunck mag sich in der schmuddeligen Atmo- sphäre angesteckt haben und nicht zurückstehen wollen.
Für den Beobachter ist das wi- derlich. NJ
W
as bisher nur aus Ab- sichtserklärungen be- kannt war — das Vorha- ben der KBV nämlich, die kassenärztliche Gebühren- ordnung von Grund auf zu re- formieren —, hat jetzt eine ver- tragliche Grundlage erhalten, wie in einer gemeinsamen Er- klärung der gesetzlichen Krankenversicherung und der .KBV bekanntgegeben wurde:„Die Spitzenverbände der ge- setzlichen Krankenversiche- rung und die Kassenärztliche Bundesvereinigung sind am 12. März 1986 übereingekom- men, zur Sicherung der quali- tativ hochwertigen ambulan- ten ärztlichen Versorgung den Einheitlichen Bewer- tungsmaßstab in den näch- sten zwei Jahren einer grund- legenden Reform zu unterzie- hen. Dabei lassen sie sich von den Zielen leiten, die Gebüh- renordnung inhaltlich zu straffen, aber gleichzeitig dem medizinischen Fort- schritt anzupassen, sowie Un- gleichgewichte in der Bewer- tung ärztlicher Leistungen ko-
Nach Redaktionsschluß:
Vertrag über Gebührenreform
stenneutral zu beseitigen. Die Partner sehen in diesem Vor- haben einen wichtigen Bei- trag zur Strukturreform in der ambulanten ärztlichen Ver- sorgung der Sozialversicher- ten aus eigener Kraft.
Für den Zeitraum der vorge- sehenen Überarbeitung der Gebührenordnung werden die Vertragspartner die Aus- gaben für ambulante ärztliche Behandlung im Einklang mit der Grundlohnsummenent- wicklung halten. Die Ver- tragspartner sind weiter über- eingekommen, bei der Struk- turreform der gesetzlichen Krankenversicherung zusam- menzuarbeiten, sowie auftre- tende Probleme in der ambu- lanten ärztlichen Versorgung
in Selbstverwaltung gemein- sam zu lösen.
• Dabei wurden auch in der Öffentlichkeit erhobene Vor- würfe wegen kassenärztlicher Betrugsfälle besprochen. Es bestand Übereinstimmung darüber, daß kein Anlaß für eine pauschale Diffamierung der Kassenärzte besteht. Die Vertragspartner werden wei- terhin Unkorrektheiten bei der ärztlichen Abrechnungs- weise mit den ihnen gesetz- lich zugewiesenen Instrumen- ten in Partnerschaft begeg- nen. Soweit in Einzelfällen der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht, wird den Strafverfolgungsbehörden die enge Zusammenarbeit bei der Aufklärung des Sachverhaltes zugesichert. Bei der Ausle- gung kassenarztrechtlicher Vorschriften hat die fachliche Kompetenz der Partner der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung aus der Natur der Sache heraus und zur Siche- rung des Vertrauensverhält- nisses zwischen Patient und Arzt den Vorrang." ❑
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 12 vom 19. März 1986 (1) 753