Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 50⏐⏐12. Dezember 2008 A2673
S E I T E E I N S
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ie Vergütungsregelungen für Belegärzte dürften sich mit Inkrafttreten des Krankenhausfinanzie- rungsreformgesetzes (KHRG) nachhaltig verändern.Denn nach den Vorstellungen der Bundestagsfraktionen von Union und SPD sollen die Krankenhausträger künf- tig Honorarverträge mit Belegärzten abschließen kön- nen. Dies geht aus entsprechenden Änderungsanträgen zum KHRG hervor. Die Höhe des Honorars wäre in diesen Fällen frei zwischen Krankenhausträger und Be- legarzt verhandelbar. Anders als bisher würden die belegärztlichen Leistungen nicht mehr aus der vertrags- ärztlichen Gesamtvergütung vergütet, sondern aus den Fallpauschalen und Zusatzentgelten im DRG-System.
Die Mitgliederversammlung des Bundesverbands der Belegärzte e.V. (BdB) hat diesem „Paradigmen- wechsel“ am 15. November grundsätzlich zugestimmt (auch aus der Überlegung heraus, dass die Umsetzung dieser Pläne, weil von den Regierungsfraktionen ange- strengt, kaum mehr zu stoppen sei). Jedoch pocht der Verband auf die Klärung einiger Sachverhalte, die in den Änderungsanträgen zum KHRG bisher nicht gere- gelt sind. So sei es unklar, ob ein Belegarzt, der einen Honorarvertrag abschließe, seinen Belegarztstatus nach dem Kassenarztrecht behalte. Vor allem aber müsse ge- regelt werden, was geschehe, wenn ein Krankenhaus einen Honorarvertrag vereinbaren wolle, dies vom Be- legarzt aber abgelehnt werde.
„Wir fordern, dass im Falle einer Umsetzung dieser Änderungsanträge im Gesetzgebungsverfahren auch dem Belegarzt ein gleichberechtigtes Entscheidungs- recht zur vorgesehenen Wahloption eingeräumt wird, und nicht nur dem Krankenhaus, wie vorgesehen“, sag- te Dr. med. Klaus Schalkhäuser, BdB-Bundesvorsitzen- der, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Ansonsten gerate der Belegarzt in ein „absolutes Abhängigkeits- verhältnis“ zum Krankenhausträger. Schließlich sei da- von auszugehen, dass solche Honorarverträge immer zeitlich befristet würden. Ausschlaggebend für etwaige Vertragsverlängerungen seien dann die Umsätze, die die Belegabteilung erziele. Als nicht angestellter Arzt im Krankenhaus sei der Belegarzt aber einerseits ab- hängig vom Geld des Trägers und habe anderseits keine Gewerkschaft, die seine Rechte vertrete. Dies sei keine gute Verhandlungsposition. Schalkhäuser: „Dem Beleg- arzt, der mit Abschluss eines Honorarvertrags aus der kollektiven vertraglichen Honorierung ausscheidet und
sich in ein angestelltenähnliches Verhältnis zu seinem Krankenhaus begibt, müssen Verträge angeboten wer- den, die existenzsichernd sind.“
Die meisten Krankenhausträger werden bemüht sein, die neuen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ihnen bietet sich die Gelegenheit, mit den Belegärzten eine individu- elle und leistungsabhängige Vergütung zu vereinbaren, die sie aus der DRG-Hauptabteilungspauschale bezah- len. Die verbleibende Summe dürfte in den meisten Fäl- len größer sein als die aktuellen Erlöse aus den „kalku- lierten Beleg-DRGs“. Die sind nämlich in den vergange- nen Jahren drastisch gesunken (unter anderem, weil die Verweildauern in den Belegabteilungen so niedrig sind).
Die Verhandlungsposition der Belegärzte in den anstehenden Honorarverhandlungen mit den Kranken- hausträgern dürfte von der Konkurrenzsituation vor Ort abhängen. In ländlichen Regionen hat der Kranken- hausträger in der Regel nicht die große Auswahl an po- tenziellen ärztlichen Vertragspartnern einer Fachrich- tung. Hier ist mit Verhandlungen auf Augenhöhe zu rechnen, die betreffenden Belegärzte können auf eine bessere Vergütung als im Vertragsarztsystem hoffen.
Ganz anders die Situation in Ballungsräumen: Hier dro- hen wegen der großen Konkurrenzsituation sinkende Honorare für die Belegärzte.
In seiner Sitzung am 15. Dezember will der Gesund- heitsausschuss des Bundestages abschließend über das KHRG beraten. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden dann die neuen Vergütungsregelungen für die Belegärz- te endgültig auf den Weg gebracht. In Kraft treten soll das Gesetz dann rückwirkend zum 1. Januar 2009, nachdem der Bundesrat am 13. Februar zugestimmt hat.
Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik
BELEGÄRZTE
Verhandlungssache
Jens Flintrop