Clemens Simmer
Einführung
in die Meteorologie (met210)
- Teil VII: Synoptik
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VII Synoptische Meteorologie
Synoptik ist die Zusammenschau der Wettervorgänge in Raum und Zeit mit dem Ziel der Wetteranalyse und
Wettervorhersage. Die Synoptik ist Teil der Angewandten Meteorologie.
1. Allgemeines
- Definitionen
- Darstellungsweisen
- Dreidimensionale Sicht
2. Synoptische Systeme mitterer Breiten, oder „Wie entstehen Tiefs und Hochs“
- verschiedene Skalen - Vorticitygleichung
- Frontentheorien
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VII.2.2 Barotrope Rossby-Wellen
Wir betrachten nun die langen Wellen in der Höhenströmung.
Dies tun wir zunächst unter Vernachlässigung der
horizontalen Temperaturgradienten – die ja die eigentliche Ursache für diese Strömung sind (siehe thermischer Wind).
Gliederung
• Ursache des westlichen Grundstroms (Wiederholung)
• Einführung der allgemeinen Vorticitygleichung
• Barotrope Vorticitygleichung und Rossby-Wellen
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Die Westwinddrift lässt sich ansatzweise aus der Höhen-abhängigkeit des geostrophischen
Windes erklären (thermischer Wind)
• Zwischen den warmen subtropischen Breiten mit ihrem Hochdruckgürtel und den kalten hohen Breiten bildet sich ein Westwindband aus.
• Die Temperatur nimmt im Mittel zwischen 3 und 10 K pro 1000 km ab (differentielle Strahlungserwärmung).
• Daraus folgen Windzunahmen mit der Höhe zwischen 1 und 3 m/s pro km Höhendifferenz (thermischer Wind).
vg
po H, warm T, kalt
po-Dp po-2Dp
vg
vg
v H v
g k T
f T
g z
v
Nun geht es darum die Wellenstruktur der
Höhenströmung und die an die Wellen geknüpften dynamischen Tiefs und Hochs zu erklären.
Dazu ist die Vorticity-Gleichung hilfreich.
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Allgemeine Vorticitygleichung (1)
y fu p
z w v y v v x u v t v x
x fv p
z w u y v u x u u t u y
1 1
y u x
v
Differenziere die x-Komponente der Bewegungsgleichung nach y und die y- Komponente nach x:
Subtrahiere die obere Gleichung von der unteren und ersetze mit ζ relative Vorticity.
x p y y
p x dt
df y v f z
u y w z
v x w y
v x
f u
dt d
w z v y
u x t
2
1
Die Vorticitygleichung ist eine prognostische Gleichung für die Vorticity. Es folgt eine Ableitung aus den beiden horizontalen Bewegungsgleichungen unter Annahme von Reibungsfreiheit.
dt d dt df dt
d
Mit und η absolute Vorticity folgt dann
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Allgemeine Vorticitygleichung (2)
x p y y
p x z
u y w z
v x v w
dt d
rm Solenoidte
x p y y
p x m
Tiltingter
z u y w z
v x w
erm Divergenzt
y v x
f u dt f
d
h h
2
2
1
1
Absolute Vorticity η (bzw. relative Vorticity ζ, wenn sich die Breite nur wenig ändert) wird also erzeugt durch:
1. Horizontale Konvergenz
2. Kombination von horizontaler Änderung des Vertikalwindes mit einer vertikalen Änderung des Horizontalwindes
3. Schneiden von Isolinien von Druck und Temperatur (Sonderfall barokliner Verhältnisse).
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Divergenzterm
Beim Zusammenströmen (horizontale Konvergenz, Konfluenz) lenkt die
Coriolisbeschleunigung die Luft nach rechts ab – zyklonale relative Vorticity wird erzeugt.
Beim Auseinanderströmen (horizontale Divergenz, Diffluenz) lenkt die
Coriolisbeschleunigung die Luft ebenfalls nach rechts ab – antizyklonale relative Vorticity wird erzeugt.
erm Divergenzt
y v x
f u dt
d
...
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Tiltingterm
Beispiel:
• Eine vertikale Zunahme der
nordwärtigen Windgeschwindigkeit ist eine „Vorticity“ mit einer nach Westen gerichteten Achse.
• Hat der Vertikalwind eine Scherung wie angegeben, so wird die „Vorticity“ mit horizontaler Achse in die Vertikale
gekippt – reguläre (horizontale) Vorticity entsteht.
• Dieser Term ist auf der synoptischen Skala meist sehr klein, ist aber
vermutlich mit ein Auslöser für Tornados aus Böenwalzen.
m Tiltingter
z u y
w z
v x
w dt
d
...
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Solenoid term
• Dieser Term lässt sich analog erklären wie die für Land-Seewind und auch die Hadley-Zirkulation.
• Es schneiden sich die Isobaren mit den Isothermen (oder Isopyknen = gleiche Dichte) und es entsteht eine direkte (thermische) Zirkulation.
• Dies gilt natürlich auch in der Horizontalen.
• Offensichtlich ist ein baroklines Feld notwendig damit dieser Term nicht verschwindet.
rm Solenoidte
x p y
y p x
dt
d
2
... 1
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Barotrope Rossby-Wellen (1)
Wir behandeln nun die Mäander der Höhenströmung mit Hilfe der Vorticity-Gleichung. Wir gehen dabei von Annahmen aus, die diese Gleichung sehr vereinfachen.
• Wir nehmen ein barotropes, divergenzfreies Strömungsfeld an ohne vertikale Windscherung.
Diese Annahme konserviert die absolute Vorticity in der Strömung, d.h. aus der Vorticitygleichung folgt
𝒅𝜼/𝒅𝒕 = 𝟎 = 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝒅𝒇(𝒚)/𝒅𝒕 = 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝝏𝒇/𝝏𝒚 𝒅𝒚/𝒅𝒕 = 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝒗 𝒅𝒇/𝒅𝒚 .
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Barotrope Rossby-Wellen (2)
• Vorticity Gleichung: 𝒅𝜼/𝒅𝒕 = 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝒗 𝒅𝒇/𝒅𝒚 = 𝟎
• Die Westwinddrift sei zunächst Breitenkreis-parallel. Damit ist die relative Vorticity null:
𝝇 = 𝟎 .
• Wird die Strömung, z.B. durch die Land-Meer-Verteilung und/oder Gebirge nach N oder S ausgelenkt, so ändert sich für diesen Teil der Strömung f , weil sich die Breite ändert.
• Bei Südauslenkung nimmt f ab, also 𝒅𝒇/𝒅𝒕 < 𝟎 da 𝒗 < 𝟎 und 𝒅𝒇/𝒅𝒚 > 𝟎.
Es folgt aus 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝒗 𝒅𝒇/𝒅𝒚 = 𝟎 → 𝒅𝝇/𝒅𝒕 > 𝟎
Die Strömung gewinnt also zyklonale relative Vorticity, welche die Strömung zunächst wieder breitenkreisparallel und dann unter
Abnahme der zyklonalen relativen Vorticity (da dann 𝒅𝒇/𝒅𝒕 > 𝟎) wieder zur Ausgangsbreite zurücklenkt.
• Da der Ausgangsbreitenkreis durch die Richtung der Strömung
überschritten wird, wird antizyklonale relative Vorticity erzeugt – eine Wellenbewegung entsteht.
𝜍 = 0 𝜍 = 0
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Barotrope Rossby-Wellen (3)
λ
N
S
Initial- störung
Durch Breitenänderung initiierte Drehbewegung der Strömung
η=f df/dt<0 df/dt>0 df/dt<0
da also also also ς=0 dς/dt>0 dς/dt<0 dς/dt>0
𝒅𝜼/𝒅𝒕 = 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝒅𝒇/𝒅𝒕
= 𝒅𝝇/𝒅𝒕 + 𝒗 𝒅𝒇/𝒅𝒚 = 𝟎
𝜍 = 0 𝜍 > 0
𝜍 < 0
𝜍 > 0
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Barotrope Rossby-Wellen – Ausbreitung (1)
-Parameter
2 2
2
0
Euler-Zerlegung , sei 0, d.h. keine Breitenabhängigkeit
bei der weiteren Annahme u
v u v
x y x
d d f d
v v
dt dt y dt
d u v
dt t x y y
d v v
u u v
dt t x t x x
0
2 2
0 2
2 0
2
0 2 0 2
u
Ansatz: sin( ) mit k 2 / (k Wellenzahl, Wellenlänge)
- , weiter mit Division durch ² und Phasengeschwindigkeit /
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const
v v
u v
t x x
v A t kx
k u k k c k
c u u
k
Wie breiten sich diese barotropen Rossby-Wellen aus?
Ihre Geschwindigkeit c kann man wie folgt berechnen:
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Barotrope Rossby-Wellen – Ausbreitung (2)
• Rossby-Wellen wandern also mit einer Geschwindigkeit, die von der Strömungsgeschwindigkeit u0 und der Wellenlänge λ abhängt.
d.h. die Wellen pflanzen sich mit Grundstromgeschwindigkeit u0 aus, aber vermindert um β/k².
• Je kürzer die Wellen, desto schneller wandern sie in Richtung des Grundstroms (also nach Osten).
• Bei 45° und λ > 7000 km Wellenlänge wandern Die Wellen bei einer Grundstromgeschwindigkeit ū = 10 m/s nach Westen. Oft sind die langen Wellen quasi-stationär.
• Genauer: Alle Rossby-Wellen laufen bezogen auf ein mitdriftendes Partikel im Grundstrom (also Grundstrom abziehen) nach Westen, und zwar je länger die Welle, desto schneller (k~1/λ).
• Wichtig: Rossby-Wellen erfordern neben der Erdrotation auch die Kugelgestalt der Erde (β-Effekt)!
ge) Wellenlän ,
( l Wellenzah mit
,
²
π λ k
k k u
c 2
0
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Barotrope Rossby-Wellen – Ausbreitung (3)
Breiten- kreis
N
E
Macht man eine Betrachtung relativ zum Grundstrom (zieht man den Grundstrom von der Geschwindgkeit ab), so wird
unmittelbar klar, dass alle Rossby-Wellen nach Westen laufen müssen.
u
u
u
u u
u
u
u
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Übungen zu VII.2.2
1. Leite die Vorticitygleichung aus den horizontalen Bewegungsgleichungen ab.
2. Bestimme die Wellen von stationären barotropen Rossby- Wellen für Grundstromgeschwindigkeiten von 10 und 15 m/s und für 40° und 60° Breite.