Clemens Simmer
Einführung
in die Meteorologie (met210)
- Teil VI: Dynamik der Atmosphäre
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VI Dynamik der Atmosphäre
1. Kinematik
– Divergenz und Rotation – Massenerhaltung
– Stromlinien und Trajektorien
2. Die Bewegungsgleichung
– Newtonsche Axiome und wirksame Kräfte – Navier-Stokes-Gleichung
– Skalenanalyse
3. Zweidimensionale Windsysteme
– natürliches Koordinatensystem – Gradientwind und andere
– Reibungseinfluss auf das Vertikalprofil des Windes
Dynamische Meteorologie ist die Lehre von der Natur
und den Ursachen der Bewegung in der Atmosphäre. Sie
teilt sich auf in Kinematik und Dynamik im engeren Sinne
VI.2 Die Bewegungsgleichung
• Die Newtonschen Axiome
• Die wirksamen Kräfte
- Druckgradient - Schwerkraft - Reibungskraft
- Scheinkräfte (Zentrifugal-, Corioliskraft)
• Die Navier-Stokes-Gleichung
• Skalenanalyse
- geostrophische Approximation - hydrostatische Approximation
• Geostrophischer Wind im p-
Koordinatensystem
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IV.2.1 Bewegungsgleichung im Inertialsystem
Im kräftefreien Raum (K=0) bewegt sich ein Körper mit konstanter Geschwindigkeit.
Auf angreifende Kräfte K reagiert ein Körper mit einer Beschleunigung (auch Definition der Masse).
Greift eine Kraft an einem Körper an, so wirkt eine gleiche Kraft mit umgekehrtem
Vorzeichen (actio = reactio).
Unterschiedliche Kräfte addieren sich vektoriell zur Gesamtkraft.
Die Newtonschen Axiome, die nur in einem Inertialsystem gelten, sind der
Ausgangspunkt für die Bewegungsgleichung auf der rotierenden Erde.
Wirksame Kräfte
In einem Inertialsystem gilt nach Axiom 2 und dem Korrolar
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Druckgradientbeschleunigung
B A
x0, y0, z0
Δx Δz
Δy
x z
y
An allen Wänden des Volumens V = Δx Δy Δz wirkt der Luftdruck als Impulsflussdichte:
p=Kraft/Fläche =Impuls/(Zeit x Fläche) Taylor-Approximation (nur linearer Term) für den Druck in x-Richtung:
Fläche A: p(x0+ Δx/2) ≈ p(x0)+ (∂p/∂x)(Δx/2) Fläche B: p(x0 - Δx/2) ≈ p(x0) - (∂p/∂x)(Δx/2)
Nettoimpulsflussdichte in x-Richtung p(x0+ Δx/2) - p(x0 – Δx/2) ≈ - (∂p/∂x)Δx
Nettokraft in x-Richtung (Druck x Fläche) Kx= (∂p/∂x)Δx (ΔyΔz)= (∂p/∂x)V
massenspezifische Kraft (Beschleunigung) fx = Kx/m = (∂p/∂x)V/m = (1/ρ)(∂p/∂x)
Schwerebeschleunigung
Im Inertialsystem dürfen wir die Zentri- fugalbeschleunigung durch die Erd-
rotation nicht einbeziehen. Sie gilt nur im rotierenden System, welches kein
Inertialsystem ist.
Durch die Erdabplattung ist die Newtonsche Anziehung nur an den Polen und am Äquator senkrecht zur Erdoberfläche – sonst hat sie auch eine y-(Nord-Süd)Komponente.
Also gilt
g
Ng
zg
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Reibungskraft (1)
x, y, oder z
Austausch von Molekülen zwischen
den Schichten unterschiedlicher Geschwindigkeit durch thermische Bewegung
=
molekulare Reibung
Austausch von Luftpaketen zwischen
den Schichten unterschiedlicher Geschwindigkeit durch
Turbulenz
=
turbulente Reibung
«
fern von festen Ränder (Boden)
Prinzip der Reibung:
Analog zum Druck ist Reibung als Impulsaustausch zu interpretieren, allerdings nun bzgl. Impuls parallel zu den Grenzflächen anstatt senkrecht dazu beim Druck.
Wir betrachten die Reibung im Luftstrom; diese erfolgt durch
Austausch von Impuls senkrecht zum Strom. Dies kann mikroskopisch
(auf Molekülebene) oder makroskopisch (Turbulenzpakete) erfolgen
Reibungskraft (2)
Ansatz über Schubspannung τ (= Impulsaustausch senkrecht zur Bewegungsrichtung)
τ ist intuitiv proportional zur Windscherung in z-
Richtung ∂u/∂z – und zur einer „Zähigkeit“ β, die man auch als Impulstransporteffizienz verstehen kann.
Δy
Δz x0, y0, z0
• τxz ist der Schub in Richtung x (x-Impuls) durch Transport von x-Impuls in Richtung ±z.
• τxz wirkt oben und unten am Volumen.
• Die Differenz (Netto-x-Impuls- Transport zwischen oben und unten) bewirkt einen Nettoschub (Kraft) für das Volumen.
Zähigkeit,
mit ms
kg z
u
Impulsflussdichte wieder Druckm / /
2s s m kg m
s m ms
kg
) / ( z
0z 2
xz
) / ( z
0z 2
xz
-
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Reibungskraft (3)
τxz(z0+Δz/2) = 0 τxz(z0-Δz/2) > 0
Δτxz= τxz(z0+Δz/2)- τxz(z0-Δz/2)<0
Abbremsung τxz(z0+Δz/2) > 0 τxz(z0-Δz/2) < 0
Δτxz= τxz(z0+Δz/2)- τxz(z0-Δz/2)»0
Beschleunigung τxz(z0+Δz/2) >0
τxz(z0-Δz/2) > 0
Δτxz= τxz(z0+Δz/2)- τxz(z0-Δz/2)~0
weder Abbremsung noch Beschleunigung
Entscheidend für Abbremsung oder Beschleunigung ist also nicht der Impulstransport selbst, sondern – wie beim Druck - dessen räumliche
Änderung, der Gradient:
Konvergenz von Impuls beschleunigt, Divergenz bremst.
z
x
z u
Reibungskraft (4)
Berechnung der Nettokraft (=Nettoimpulsflussdichte x Fläche) in x- Richtung:
Einsetzen von τ
xz=β∂u/∂z:
molekulare Diffusion ( º m const) turbulente Diffusion ( º rK(z))
fR,x 1 r
z m u
z æ
èç
ö ø÷ 1
r
z rn u
z æ
èç
ö
ø÷ 1 r
z rK(z)u
z æ
èç
ö ø÷
@n 2u
z2 »
z K(z)u
z æ
èç
ö ø÷
fR,x 1 r
xz
z º 1 r
z u
z æ
èç ö ø÷
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Reibungskraft (5)
Weiter: Neben τxz existieren noch τxy und τxx für den Austausch von x-Impuls, und analog für y- und z-Impuls τyx, τyy und τyz, bzw. τzx, τzy und τzz.
Die τii (Austausch von i-Impuls in i-Richtung) sind schon durch die Druckgradient- kraft (Impulstransport senkrecht zu den Würfeloberflächen) erledigt!
Zusammengefasst: Schubspannungstensor
Anmerkung: Man hätte den Druck hier gleich mitbehan- deln können; dann hätten die Diagonalelemente von τ alle den Wert –p, und unten wäre die Druckgradientbeschleu- nigung schon mit drin.
Bewegungsgleichung für die Atmosphäre im Inertialsystem
In der Bewegungsgleichung für das Inertialsystem treten Coriolis- und Zentrifugalbeschleunigung nicht auf!
Ein hierzu brauchbares Inertialsystem ist ein in der Sonne verankertes Koordinatensystem, das seine Achsen starr am Fixsternhimmels ausrichtet.
r
r - -
1 1
a p g N
dt
v
d
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Übungen zu VI.2.1
1. Berechne den Vektor der Druckgradientbeschleunigung in Bodennähe, wenn bei p=1000 hPa und einer Temperatur von 20°C der Luftdruck von Westen nach Osten um 5 hPa auf 100 km abnimmt und die Atmosphäre hydrostatisch geschichtet ist.
2. Wie groß ist die Zentrifugalbeschleunigung durch die Erddrehung am Äquator, und wie groß ist dort die Gravitationsbeschleunigung?
3. Berechne numerisch das Divergenz- und Rotationsfeld des folgenden Windfelds und vergleiche die Ergebnisse mit den analytischen Lösungen.
Experimentiere mit unterschiedlichen Gitterauflösungen. Diskutiere das Ergebnis.
Übungen (Tutorium) zu VI.2.1
1. Wie müsste sich das Windprofil über eine Distanz von 1 Meter ändern, damit die molekulare Reibung und die turbulente Reibung in die
Größenordnung der Schwerebeschleunigung kommt?