D
er AOK-Bundesverband fordert von Union und SPD Sofortmaßnahmen zur Konsolidierung der Kassenfi- nanzen.Weil die geplante Ge- sundheitsreform frühestens 2008 Wirkung zeigen werde, brauche man für 2007 drin- gend eine Zwischenlösung, sagte der Vorstandsvorsitzen- de Dr. Hans Jürgen Ahrensbei einer AOK-Veranstaltung im brandenburgischen Lie- benwalde. Zum Jahreswech- sel werde das Defizit rund ei- ne Milliarde Euro betragen.
2007 fehlten den Kranken- kassen zwischen fünf und acht Milliarden Euro. Je nach konjunktureller Entwicklung könnte 2008 eine Fi- nanzlücke von rund 15 Milliarden Euro klaffen.
Die Politik selbst habe den Kassen die neuen Fi- nanznöte beschert, kriti- sierte Ahrens. Der Ge- setzgeber müsse daher den Arzneimittelbereich von der Mehrwertsteuer- erhöhung befreien so- wie die vorgesehene Strei- chung der Bundeszu- schüsse an die Gesetzli- che Krankenversicherung zurücknehmen.
Eine Absage erteilte Ah- rens dem von Unionsfrakti- onschef Volker Kauder ins Gespräch gebrachten Fonds- modell für das Gesundheits- wesen: „Dies führt zu einer Überlastung der Versicherten, weil diese künftig über zusätz- liche Prämien den medizini- schen Fortschritt alleine finan- zieren müssten.“ SR
GKV
Keine neue Praxisgebühr
Ministerium dementiert fünf Euro je Visite.
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as Bundesgesundheitsmi- nisterium hat einen Zei- tungsbericht zurückgewiesen, nach dem die Bundesregie- rung fünf Euro Praxisgebühr pro Arztbesuch erwägt. Dar- über sei in der Arbeitsgruppe zur Gesundheitsreform über- haupt nicht gesprochen wor- den, sagte Ministeriumsspre- cher Klaus Vater.Die „Welt“ hatte zuvor un- ter Berufung auf Koalitions- kreise berichtet, man erwäge, jeden Patienten fünf Euro je Praxisbesuch zahlen zu las- sen. Dadurch könnten Bei- tragssatzsteigerungen bei den Krankenkassen abgewendet werden. „Das bringt nicht nur mehr Einnahmen, sondern hat auch eine Steuerungs- funktion“, zitierte das Blatt Insider. Durch die Maßnah- me bekämen die Kassen rela-
tiv kurzfristig mindestens ei- ne Milliarde Euro zusätzlich.
Im Jahr 2005 brachte die Pra- xisgebühr von derzeit zehn Euro je Quartal dem Bericht zufolge Einnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro.
Dr. med. Leonhard Hansen kritisierte allerdings, die Steu- erungswirkung der Praxisge- bühr habe sich längst abge- schwächt, weil mehr als die Hälfte aller Patienten von der Zuzahlung befreit sei. Dass einkommensschwache Patien- ten nicht auf einen notwen- digen Arztbesuch verzichten müssten, sei richtig. Doch dass die Kassen Versicherte zum Beispiel mit einer Befrei- ung im Rahmen von Bonus- programmen lockten, hält der Vorsitzende der KV Nord- rhein für falsch. ddp/Rie
Arzneimittel
KBV will keine geteilte
Verantwortung
Ulrich Weigeldt: Zu große bürokratische Probleme
D
ie Kassenärztliche Bundes- vereinigung (KBV) hält es nicht für einen realistischen Weg, die Apotheker künftig für die Preise der Arzneimittel haften zu lassen, während die niedergelassenen Ärzte für die Indikation sowie für die Menge und Dosierung verant- wortlich zeichnen. Wie KBV- Vorstand Ulrich Weigeldt ge- genüber dem Deutschen Ärz- teblatt erklärte, habe es sich bei dieser Überlegung ledig- lich um ein Denkmodell ge- handelt, das die KBV jedoch nicht weiter verfolge (siehe da- zu DÄ, Heft 18/2006, Seite eins,„Geteilte Verantwortung“).
„Diesen Weg haben wir längst wieder verlassen“, be- tonte Ulrich Weigeldt. „Die Idee einer Verantwortungstei- lung mussten wir wegen zu großer bürokratischer Schwie- rigkeiten aufgeben.“ EB A K T U E L L
A
A1260 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 19⏐⏐12. Mai 2006
Pathologie
Suche nach neuen Rollen
Berufsverband plädiert für organübergreifende Zentrenbildung.
A
uf die Rolle der Patholo- gie in medizinischen Zen- tren haben der Berufsver- band Deutscher Pathologen und die Deutsche Gesell- schaft für Pathologie (DGP) aufmerksam gemacht. „Die Pathologie ist der allen Zen- tren gemeinsame Kern“, be- tonte Prof. Dr. med. Werner Schlake,Vorsitzender des Be- rufsverbandes, am Rande des 6. Bundeskongresses Pa- thologie in Berlin.Schlake kritisierte den or- ganspezifischen Charakter der derzeitigen Zentrenbil- dung. Für jedes Organ, aus- gehend von der Brustzen- trumsbildung, entstehe zur- zeit eine eigene GmbH mit eigenen Vorstellungen, Qua- litätszielen und Strukturen.
Pathologen verbrächten der- zeit mehr Zeit auf dem Weg zu interdisziplinären Kon- ferenzen außer- als inner- halb eines Instituts. Diese Vorgehensweise sei um ein Vielfaches teurer und zeit- aufwendiger, so Schlake ge- genüber dem Deutschen Ärzteblatt. Der Berufsver- bandsvorsitzende sprach sich für eine organübergreifen- de Bildung von Zentren, ausgehend von Kernfächern wie der Pathologie, der Ra- diologie oder der Onkolo- gie, aus.
Derzeit sind etwa 1 300 Pathologen deutschlandweit berufstätig. Nach Angaben der DGP führen Pathologen jährlich etwa 28 000 Obduk- tionen durch, von mehr als 20 Millionen Patienten dia- gnostizieren sie pro Jahr Ge- webeproben und Zellen.MM
Gesundheitsreform
AOK fordert Zwischenlösung
Vorstandschef warnt vor Milliardendefizit.
Hans Jürgen Ahrens
Foto:Ipon Foto:Anja Jungnickel