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Archiv "Apotheker müssen künftig „mit dem Pfennig rechnen“" (17.11.1977)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 46 vom 17. November 1977

Leserdienst

Hinweise •Anregungen

Apotheker müssen künftig

"mit dem Pfennig rechnen"

Deutscher Apothekertag in Berlin signalisiert besorgniserregende Entwicklungen für die künftige Berufsausübung der Apotheker

Der Deutsche Apothekertag 1977 in Berlin stand im Zeichen -der zuneh- menden wirtschaftlichen Bedro- hung der Apotheken durch abge- flachte Zuwachsraten, durch die zu erwartende „Apothekenflut", ein Überangebot stellungssuchender Approbierter, durch die Wirkungen der Rechtsverordnungen zum Ge- setz über Regelungen auf dem Arz- neimittelmarkt und die künftigen Auswirkungen des „Krankenversi-

cherungs-Kostendämpfungsgeset- zes (KVKG)".

Als Ursachen der abgeflachten Zu- wachsraten — und der befürchteten Stagnation — diagnostizierten die Referenten des Apothekertages ein gewandeltes Bewußtsein des Arz- neimittelkonsumenten. Zwar stieg der Verbrauch an Arzneimitteln pro Kopf von 117,— DM im Jahre 1970 auf 209,— DM im Jahre 1976, aber die Umsatzrendite sank 1975 von 5,9 auf 5,3 Prozent. Angesichts der Diskus- sionen um die Kostendämpfung im Gesundheitswesen ist der Trend zur Verringerung der Umsatzrendite konstant.

Die Apotheker befinden sich (G. Neumann) „in einem ungewis- sen Stadium, welche Wirkungen die neue Rechtsverordnung auf das be- triebswirtschaftliche Ergebnis der Apotheke zeigen wird und wann wohl endlich eine angemessene Re- zepturpreisliste dafür sorgen wird, daß wenigstens für eine Reihe von Drogen die Abgabe unter dem Ein- kaufspreis unterbleibt."

Nachdem der Bundesrat am 24. Au- gust 1976 dem Gesetz über Rege- lungen auf dem Arzneimittelmarkt zugestimmt hat, ändert dessen § 78

den § 376 RVO, in welchem der Ab- schlag zugunsten der Krankenkas- sen von sieben auf fünf Prozent her- abgesetzt wird. Hinzu kommt die im Rahmen des Marktgesetzes und der Verordnung über Preisspannen für Fertigarzneimittel vorgesehene Sen- kung des Preisniveaus um 3,51 Pro- zent, wodurch die Apothekenspanne um 9,17 Prozent verringert wird. Die Verordnung sieht weiter vor, daß bei der Preisberechnung lediglich noch Bruchteile eines Pfennigs zu einem Pfennig zu runden sind und die Apo- thekenabgabenpreise nicht mehr, wie bisher, auf fünf bzw. zehn Pfen- nig auf- bzw. abgerundet werden dürfen. Apotheker müssen künftig . mit dem Pfennig rechnen; denn selbst „wenn die pharmazeutisChe Industrie Preisdisziplin halten würde und wenn der Staat nicht durch Er- höhung der Mehrwertsteuer — von elf auf zwölf Prozent — jährlich an den Arzneimitteln ab 1. Januar 1978 allein 140 Millionen DM mehr ein- nehmen würde, würden die Arznei- mittelpreise durchschnittlich um 3,5 Prozent sinken. Das bedeutet eine Minderung des steuerpflichtigen Einkommens des Durchschnittsapo- thekers um etwa 15 Prozent"

(G. Neumann). In einer Entschlie- ßung bat deshalb der Apothekertag Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, „die Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimit- tel gemeinsam mit der Änderung der Steuersätze am 1. Januar 1978 in Kraft zu setzen."

Mit der neuen Verordnung entfallen die Vorschriften der Deutschen Arz- neitaxe vom 1. Januar 1936, soweit sie nicht vom Apotheker zur Abgabe zubereitete Arzneimittel betreffen.

Die Notdienstgebühr für Arzneispe-

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Leserdienst

Hinweise-Anregungen

Apothekertag

zialitäten beträgt ab 1. Januar 1978 2,— DM, die Betäubungsgebühr 0,50 DM. Da aber die Arzneitaxe wei- ter für Rezepturen gilt und bei Re- zepturen somit nur eine Notdienst- gebühr von 1,— DM erhoben werden kann, fragte G. Neumann: „Stellen wir uns also jetzt den Gewissens- konflikt eines gesetzestreuen Apo- thekers vor, der nachts eine Ver- schreibung in der Rezeptur anzufer- tigen hat und noch eine Spezialität, die auf dem gleichen Rezept verord- net ist, abgeben muß. Darf er dann 1,— DM für die Rezeptur oder 2,— DM für die Spezialität, beides oder von beidem das arithmetische Mittel verlangen?"

Preise für Apotheken-Rezepturen aktualisieren

Schließlich wird in der Verordnung ausdrücklich festgelegt, daß die Apotheken die kleinste im Verkehr befindliche Packung abzugeben und zu berechnen haben, wenn nicht mit dem Kostenträger eine an- dere Vereinbarung getroffen ist. Be- sonders kritische Anmerkungen fie- len in Berlin zu einer Rechtsverord- nung, die den Apothekern oft ver- sprochen, aber noch immer nicht er- lassen wurde. Seit Jahren fordern die Apotheker, die Preise für die von ihnen zubereiteten Arzneimittel zu aktualisieren. Das System dieser Preisberechnungen ist seit 1936 un- verändert; die Preise liegen seit 1968 fest. Seither sind die Materialkosten für die Zubereitungen um 90 Prozent und die Lebenshaltungskosten um 63 Prozent gestiegen, so daß die Apotheken-Rezepturen — zu einem unveränderten Satz — damit unter Preis verkauft werden. Der Apothe- kertag forderte deshalb in einer Ent- schließung, die „Verordnung über die Preise für Rezepturen und Gale- nika gemäß § 78 des Arzneimittelge- setzes schnellstmöglich zu erlas- sen."

In der kontroversen Diskussion zu dem Referat von G. Neumann

„Rechtsverordnungen zum Gesetz über Regelungen auf dem Arznei- mittelmarkt" wurde deutlich, daß die Apotheker Preisberechnungen nach

einem schon 1922 eingeführten Sy- stem und mit danach errechneten Preisen vornehmen müssen, die seit 1936 substantiell nicht mehr geän- dert wurden — ein in der Wirtschafts- geschichte bisher einmaliges Phä- nomen!

„Kostenfreies Arzneimittel — Nur zur Erprobung"

Der Wuppertaler Ärztemuster-Skan- dal führte in Berlin zu einem Appell an die pharmazeutische Industrie, die an die Ärzte gratis abgegebenen Proben von Fertigarzneimitteln mit dem Verpackungseindruck „Ko- stenfreies Arzneimittel — Nur zur Er- probung" als Muster „eindeutig und nicht veränderbar" zu kennzeich- nen.

Die Befürchtungen für eine unge- wisse Zukunft durchzog alle Refera- te des Apothekertages. Wenn auch ein Antrag auf Einschränkung der Niederlassungsfreiheit keine Mehr- heit fand — obwohl bis 1980 ein Überhang von 1600 bis 2000 Apothe- ken erwartet wird —, so wurde doch der Vorstand beauftragt, „bei den gesetzgebenden Organen für eine Änderung des § 2 des Apothekenge- setzes dahingehend einzutreten, daß der Katalog der persönlichen Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebserlaubnis durch den Nach- weis einer mindestens zweijährigen ununterbrochenen praktischen Voll- zeittätigkeit nach der Approbation in einer Apotheke im Geltungsbereich dieses Gesetzes erweitert wird." Au- ßerdem soll für die personelle Beset- zung der Apotheken „ein angemes- senes Verhältnis zwischen dem pharmazeutischen und dem übrigen Apothekenpersonal" vorgeschrie- ben werden.

Schließlich sah sich der Deutsche Apothekertag 1977 in Berlin veran- laßt, „die Öffentlichkeit auf die spe- zifischen Probleme in der Berufs- ausübung der Apotheker hinzuwei- sen und die Schulabgänger davor zu warnen, weiterhin in einem Pharma- ziestudium besondere Berufserwar- tungen oder Berufschancen zu se- hen." zel

Aus der

pharmazeutischen Industrie

Arzneimittelstudie der Prognos AG veröffentlicht — Die Preise von Medi- kamenten unterliegen in den einzel- nen europäischen Ländern einer solchen Fülle von unterschiedlichen staatlichen Eingriffen und sonstigen Einflüssen, daß sie praktisch nicht miteinander zu vergleichen sind. Zu diesem Ergebnis kommt das Baseler Forschungsinstitut Prognos AG in einer Studie über die Arzneimittel- märkte der größten Pharmazeutika herstellenden Staaten Europas. Da- mit wird den Vorwürfen der Boden entzogen, die deutsche pharmazeu- tische Industrie fordere unangemes- sen hohe Preise, weil einzelne Medi- kamente in Deutschland teurer seien als in europäischen Nachbarstaaten.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, daß ein Vergleich der Preise von Arzneimitteln durch Umrechnung anhand der Devisenkurse ungeeig- net ist, weil die Währungen der an- deren europäischen Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Ita- lien gegenüber der Deutschen Mark innerhalb kurzer Zeit ganz erheblich an Wert verloren haben. Aus der Sicht der Verbraucher sei entschei- dend, in welchem Verhältnis die Hö- he der Arzneimittelpreise zur Höhe seines Einkommens stünden. Bei ei- nem Vergleich des Durchschnitts- preises eines Medikamentes mit ei- nem repräsentativen Stundenlohn errechnete die Prognos AG folgende Verhältnisse: Arbeiter in den schein- bar teueren Ländern Deutschland und Schweiz brauchen erheblich kürzer zu arbeiten als ihre Kollegen in den scheinbar billigen Staaten, um den Gegenwert eines durch- schnittlichen Arzneimittels verdient zu haben. Die Studie weist ferner nach, daß die pharmazeutische In- dustrie in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz die höchsten Kosten bei Herstellung und Vertrieb von Medikamenten ver- kraften muß. KI

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Referenzen

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