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Wie der Försterzum Apotheker wurde

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EDITORIAL

ARS MEDICI 19 | 2018

769

Der ehemalige Hausarzt aus B. im Kanton Zürich bemerkt beim Duschen am Samstagmorgen eine kreisrunde Rö- tung am Oberschenkel, acht Tage nachdem er ebenda eine saugende Zecke entfernt hat. «Zwei Wochen Tetra- cyclin», meint er zu seiner Frau. Und: «Du gehst ja heute ohnehin einkaufen.» Er schreibt ein Rezept für Doxycyclin und fügt wie früher ein korrektes «ad usum proprium»

hinzu, wohlwissend, dass das kaum jemand versteht.

Eine gute Stunde später – seine Frau kommt etwas irri- tiert vom Einkauf zurück: «Das Medikament durften sie mir in der Apotheke nicht geben. Du bist auf keiner Liste der Berechtigten! Du sollst dich in der Notfallstation im Spital melden.» Über den Kommentar des ärztlichen Patienten schweigt des Berichtenden Höflichkeit. Wieder beruhigt, ruft er seinen Freund an, seines Zeichens Re- vierförster, und berichtet, er hätte bei der Jungwaldpflege wieder einmal einen bösen «Zeck» erwischt. Früher habe er ihm als Hausarzt doch für eben diesen Fall hie und da als Reserve ein Medikament mit dem Namen Doxycyclin abgegeben. Ob er es noch habe. Der Förster findet das Medikament tatsächlich in seiner Hausapotheke. Das Verfalldatum liegt zwar schon etwas zurück, dennoch, er bringt die Blister gegen Abend vorbei, und gemeinsam lachen sie über den Förster, der unverhofft zum Apothe- ker wurde.

Für emeritierte Ärzte gibt es bei dieser Geschichte eigent- lich nichts zu lachen, denn sie dürften einem Förster ohne nachgewiesene Fortbildungszertifikate und ohne ange-

messene Berufshaftpflichtversicherung kein Doxycyclin abgeben. Das darf nur der Förster.

Hintergrund dieser Satire: Bis Ende 2017 erhielten emeri- tierte Ärzte ab 70 im Kanton Zürich und auch andernorts eine «eingeschränkte Berufsausübungsbewilligung für Ärzte im Ruhestand», die sogenannte Seniorenbewilli- gung, mit der sie sich selbst, nahe Angehörige und Freunde unentgeltlich medizinisch behandeln, also auch Medika- mente bestellen, rezeptieren und abgeben durften. Per Januar 2018 kippte die Zürcher Gesundheitsdirektion diese vernünftige und bewährte Regelung ohne die ge- ringste Not, ohne äusseren Anlass, einfach unter Berufung auf Art. 36 ff. des (unveränderten) Medizinalberufegeset- zes. Seitdem ist es Ärzten nach Praxisaufgabe verboten, ärztlich tätig zu sein. Medikamente beziehen ad usum proprium? Aus die Maus, das war einmal. Ärzte wurden trotz teilweise jahrzehntelanger beruflicher Erfahrung zu ganz gewöhnlichen Bürgern und Patienten «degradiert».

Gegen diese absurde Verfügung wehren sich im Kanton Zürich ein paar pensionierte Kollegen. Ob das Verbot rückgängig gemacht werden kann, ist allerdings längst nicht sicher. Der jüngste «Kompromiss»-Vorschlag:

Ärzte, die ihre Praxisbewilligung zurückgegeben haben, dürfen künftig zwar tun, was sie mit Seniorenbewilligung auch schon durften, aber nur nach entsprechendem schriftlichem Antrag, dem Nachweis geistiger Zurech- nungsfähigkeit (mittels Zeugnis eines Kollegen oder einer Kollegin), der Verpflichtung zu 50 (statt 150) Fortbildungs - credits in drei Jahren und dem Nachweis einer Berufshaft- pflichtversicherung. Es wiehert der Amtsschimmel.

Trauriger als diese politische Unverschämtheit, nämlich himmeltraurig, ist eigentlich nur die müde Reaktion der ärztlichen Berufsorganisationen, die offenbar Wichtige- res zu tun zu haben glauben, als ihren verdienten älteren Mitgliedern mit allen Mitteln und ohne faule Kompro- misse beizustehen. Man kann ihnen nur damit drohen, dass auch sie dereinst mal nicht wissen werden, wie sie am günstigsten und einfachsten zu einer OP Doxycyclin oder Duspatalin oder Valium kommen. Aber möglicher- weise hat der eine oder andere halt auch einen Förster im Bekanntenkreis und hält die Situation deswegen für nicht so dramatisch.

Richard Altorfer,

mit Dank an den Kollegen W. G. für die Anekdote (se non e vero …)

Wie der Förster

zum Apotheker wurde

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