• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ärzte und Apotheker: Pharmaceutical Care - was ist das?" (07.07.1995)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ärzte und Apotheker: Pharmaceutical Care - was ist das?" (07.07.1995)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

gehe weit über die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts hinaus, stellten die Delegierten des Ärzte- tags fest (dazu Heft 23/1995). Nach dem Kompromißentwurf soll der Arzt der Frau „Gelegenheit" geben, ihm die Gründe für den Abbruch dar- zulegen. Auf weitergehende Formu- lierungen soll verzichtet werden.

Im Hinblick auf die Finanzie- rung haben sich die Sozialdemokra- ten und die Koalition auf einen Kom- promiß einigen können. Danach be- zahlen die Krankenkassen nur die rechtmäßigen Schwangerschaftsab- brüche. Bei bedürftigen Schwange- ren „sollen Leistungen auch für einen nicht rechtmäßig festgestellten Ab- bruch nach der Beratungsregelung

POLITIK LEITARTIKEL/AKTUELL

übernommen werden; die entspre- chenden Kosten tragen die Länder".

Das Verfahren der Kostenerstattung sollen die Länder selbst regeln. Sie können die Landessozialämter mit der Abwicklung beauftragen, sind aber darauf nicht festgelegt. Als Ein- kommensgrenze wurden monatlich 1 700 DM (in den neuen Bundeslän- dern 1 500 DM) festgesetzt.

Mit diesem Kompromiß dürfte das jahrelange Gerangel um die Re- form des Paragraphen 218 beendet sein. Alle Fraktionen haben gewisse Zugeständnisse gemacht, ohne ihre grundsätzlichen Positionen aufgeben zu müssen. Und so wird der Entwurf auch vorwiegend positiv beurteilt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bi-

schofskonferenz, Karl Lehmann, be- tont beispielweise, daß die Kirche zwar kein Gesetz gutheißen könne, das die Tötung eines ungeborenen Kindes zulasse. Sie sei sich aber be- wußt, daß Kompromisse in der Poli- tik unausweichlich seien, und der Entwurf übernehme wichtige Passa- gen aus dem Urteil des Bundesver- fassungsgerichts. Bundestagspräsi- dentin Rita Süssmuth (CDU) räumt

„neuerlichen Klagen wenig Chancen ein". Die nordrhein-westfälische Gleichstellungsministerin Ilse Rid- der-Melchers (SPD) vertrat dagegen die Ansicht, daß der verfassungs- rechtliche Spielraum nicht genügend ausgeschöpft worden sei.

Gisela Klinkhammer

Ärzte und Apotheker

Pharmaceutical Care -

Rainer Braun

was ist das?

Seit etwa zwei Jahren sorgt der neue Begriff Pharmaceutical Care (Pharmazeutische Betreuung) für eine kontroverse Dis- kussion zwischen Apothekern und Ärzten. Während die Apo- theker unter Pharmaceutical Care eine Verbesserung des Errei- chens ärztlich vorgegebener Ziele der Arzneitherapie durch verstärkten Einsatz apothekerlicher Kompetenz verstehen, wird von ärztlicher Seite nicht selten von Pharmaceutical Care

als Eindringen der Apotheker in die ärztliche Therapie oder gar als eine Übernahme der therapeutischen Grundversorgung durch die Apotheker gesprochen. Bei gemeinsamen Diskussio- nen haben sich jedoch viele Interpretationen von Pharmaceu- tical Care als Mißverständnis erwiesen. Nachfolgend soll daher versucht werden, Konsens über die Aufgaben und Ziele von Pharmaceutical Care zu erreichen.

■■

A

rzte und Apotheker verfolgen dasselbe Ziel, wenn sie Arznei- mittel verordnen oder abgeben.

Es sollen bestimmte therapeutische Ergebnisse erlangt werden, mit denen die Lebensqualität des Patienten ver- bessert werden kann. Es lassen sich allgemein vier therapeutische Ziele formulieren (4):

0 die Heilung der Krankheit 2 die Beseitigung oder Verringe-

rung der Symptome

© eine Verzögerung im Verlauf chronisch progredienter Er- krankungen

0 die Vorbeugung einer Erkran- kung.

Die Lebensqualität des Patienten bezieht sich auf die Bereiche:

• köperliche Beschwerden

• psychische Beeinträchtigun- gen

• soziale Beziehungen

• Funktionseinschränkungen im Alltag (in der Familie und im Beruf).

Um eine optimale Arzneimittel- therapie gewährleisten zu können, müssen formal mindestens drei Vor- aussetzungen erfüllt sein: Arzneimit- tel müssen vorhanden sein, verfügbar sein und vor allem müssen sie richtig angewendet werden (3).

Für die Industrienationen stellt die korrekte Anwendung der Arznei- mittel das größte Problem dar. Bei richtiger Diagnostik und optimalem Therapieplan kann der Therapieer-

folg drastisch reduziert sein, wenn der Patient das Arzneimittel nicht richtig anwendet. Da qualitativ hochwertige Arzneimittel und eine ausgefeilte ärztliche Diagnose zur Verfügung ste- hen, muß sich das gemeinsame Bemühen von Arzt und Apotheker auf die optimale Arzneimittelanwen- dung konzentrieren.

Eine nicht sachgerechte Arznei- mittelanwendung kann zu einer arz- neimittelbezogenen Erkrankung führen, die sich entweder als neues medizinisches Problem, etwa als Ne- benwirkung, oder als Therapieversa- gen äußert. Zahlreiche Studien, zum Beispiel (2), untersuchten die Anzahl der Krankenhauseinweisungen und die dadurch entstehenden Kosten, die A-1896 (14) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 27, 7. Juli 1995

(2)

POLITIK

auf einen Arzneimittelfehlgebrauch zurückzuführen sind. Zur Analyse der Gründe für Medikationsfehler sind in der Literatur acht arzneimit- telbezogene Probleme beschrieben worden (6). Es ist für Apotheker eine ethische Verantwortung, vorherseh- bare Folgen arzneimittelbezogener Probleme zu vermeiden und nicht vorhersehbare frühzeitig erkennen zu helfen.

Vorschlag für eine Begriffsbestimmung Pharmaceutical Care (Pharma- zeutische Betreuung) ist der Name ei- nes Konzepts, das Wissen und Fähig- keiten der Apotheker in die Arznei- mitteltherapie des Arztes einbezieht.

Nach einer Definition von Hepler und Strand (4) schlagen wir folgende For- mulierung vor:

• „Pharmazeutische Betreuung ist die konsequente Wahrnehmung der Mitverantwortung des Apothe- kers bei der Arzneimitteltherapie mit dem Ziel, bestimmte therapeutische Ergebnisse zu erreichen, die geeignet sind, die gesundheitsbezogene Le- bensqualität des Patienten zu verbes- sern."

Man könnte daraus folgern, mit Pharmazeutischer Betreuung sei die Betreuung des Patienten durch den Apotheker gemeint. Das ist jedoch nur eingeschränkt zutreffend. Phar- mazeutische Betreuung beinhaltet die Anleitung des Patienten zum vorsich- tigen, sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln und kann nur in Ko- operation zwischen dem Apotheker, dem Patienten und dem behandeln- den Arzt sowie eventuell Angehöri- gen anderer medizinischer Berufe oder auch Familienangehörigen des Patienten erfolgen.

Entscheidend ist, daß nicht, wie bisher, hauptsächlich das Arzneimit- tel im Mittelpunkt des apothekerli- chen Interesses steht. Zukünftig wer- den vielmehr die Bedürfnisse des Pa- tienten zur Verbesserung seiner Le- bensqualität stärker zu berücksichti- gen sein.

Wenn ein Patient mit einem Sym- ptom oder einer Krankheit einen Arzt aufsucht, erstellt dieser einen Thera- pieplan. In der Apotheke erhält der

AKTUELL

Patient das verordnete Medikament, um es ohne weitere fachliche Betreu- ung anzuwenden. Hier setzt die Phar- mazeutische Betreuung an: „Die Ab- gabe des Arzneimittels ist der Anfang und nicht das Ende der Medikation"

(Hepler). Lobas und Mitarbeiter (1992) belegten beispielhaft in einer Studie, daß durch die Mithilfe der Apotheker eine Verbesserung des Therapieergebnisses erzielt werden kann (5).

Der Apotheker möchte die Arz- neimittelanwendung zwischen den Arztbesuchen begleiten und dazu beitragen, frühzeitig arzneimittelbe- zogene Probleme zu erkennen und die Compliance zu verbessern. Eine Grundvoraussetzung für die Umset- zung der Pharmazeutischen Betreu- ung ist die kollegiale Zusammenar- beit zwischen Arzt und Apotheker.

Diese kann zum Beispiel durch re- gionale Arbeitskreise gefördert wer- den. Verschiedene Formen der The- rapiebegleitung durch Apotheker sind denkbar, zum Beispiel Compli- ance-Messung (1). Die Pharmazeuti- sche Betreuung kann sowohl indika- tionsbezogen, beispielsweise für Asthma-Patienten oder Diabetiker, als auch für Patientengruppen, wie zum Beispiel ältere Menschen, Schwangere oder Kinder, angeboten werden.

Das Konzept der Pharmazeuti- schen Betreuung kann nur behutsam, schrittweise und im ständigen Dialog zwischen Ärzten und Apothekern aufgebaut werden. Es geht darum, Probleme zu erkennen sowie Lö- sungsansätze gemeinsam zu erarbei- ten und abzustimmen.

Zusammenfassung

Pharmaceutical Care, zu deutsch Pharmazeutische Betreuung,

• ist ein Konzept, mit dem durch stärkere Einbeziehung des Apothekers die vom Arzt angestreb- ten therapeutischen Ziele besser und sicherer erreicht werden sollen;

• bedingt unverzichtbar die Ko- operation von Arzt, Apotheker und Patient;

• greift nicht in die diagnosti- sche oder therapeutische Hoheit des Arztes ein;

• kann indikationsbezogen, et- wa durch gezielte Projekte, aber auch patientengruppenspezifisch durch Entwicklung systematischer Maßnah- men umgesetzt werden;

• hat einzig zum Ziel, durch bes- sere Kooperation von Apotheker und Arzt in der Arzneimitteltherapie die Lebensqualität des Patienten zu ver- bessern.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. rer. nat. Rainer Braun ABDA-Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Ginnheimer Straße 26

65760 Eschborn

Literatur

1. Cramer JA: Microelectronic systems for monitoring and enhacing patient compli- ance with medication regiments, Drugs 1995, 49: 321-327

2. Einarson TR: Drug-related hospital admis- sions, Ann Pharmacother 1993, 27: 832-840 3. Hepler CD et al.: Der Apotheker und die

Arzneimittelversorgung — Zukunftschancen und Verantwortung, Pharm Ztg 1990, 135:

3087-3092

4. Hepler CD, Strand LM: Opportunities and responsibilities in pharmaceutical care, Am J Hosp Pharm: 1990, 47: 533-543

5. Lobas NH et al.: Effects of pharmaceutical care an medication coast and quality of pati- ent care in an ambulatory-care clinic, Am J Hosp Pharm 1992, 49:1681-1688

6. Strand LM et al.: Drug-related problems:

their structure and function, DICP, Ann Pharmacother 1990, 24:1093-1097

Im Rahmen des „Ideenwett- bewerbs" zur 3. Stufe der Gesund- heitsreform hat die Apotheker- schaft in ihrem Eckpunktepapier eine Mitverantwortung für den therapeutischen Erfolg reklamiert.

Diese Forderung wurde unter an- derem auch in einem Arbeitspa- pier „Pharmaceutical Care" der ABDA (Bundesvereinigung Deut- scher Apothekerverbände) kon- kretisiert und ist vielfach als Ein- mischung in die ärztliche Therapie verstanden worden.

Aufgrund von Diskussionen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der ABDA entstand der folgende Aufsatz der ABDA mit dem Ziel, die Kompetenzabgrenzungen zwi- schen den beiden Heilberufen zu bestätigen und aufgetretene Irrita- tionen auszuräumen. Der Artikel erscheint zeitgleich im Deutschen Ärzteblatt und in der Pharmazeuti- schen Zeitung. M. Reiblich/KBV

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 27, 7. Juli 1995 (15) A-1897

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Diplom-Volkswir- tin Andrea Fischer, Bundes- tagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, soll in der Re- gierung Schröder Bundesge- sundheitsministerin werden.. Die

Wenige Monate, nach- dem die britische Militär- regierung der niedersächsi- schen Ärzteschaft „grünes Licht“ für den Wiederaufbau einer Berufsorganisation ge- geben hatte, trat

Bundesarbeitsministerium und Bundesländer vertreten die Auf- fassung, daß die Richtlinien des Bundesausschusses für die Großge- räte-Ausschüsse unverbindlich sind, und

Es ist ein kostentreibender Miß- stand, daß das Krankenhaus inzwi- schen zum „Durchlauferhitzer“ und zum zeitlich begrenzten Zwischen- lager für den beruflichen Werde- gang

Eine Managerin, Single und beruflich erfolgreich, spürt, daß andere Werte in ihrem Leben wich- tig werden. Eine Mutter von zwei Kindern hat Probleme mit ihrem jüngeren Partner:

Luftreiniger (DM 798,-) auch über eine elektronische Nase zu steuern. Deren Sensoren messen ständig den Verschmutzungsgrad

In dem Vertrag sind neben den fünf von der Bundesärzte- kammer genannten Indikatio- nen für eine Substitutionsbe- handlung Drogenabhängiger außerdem schwere physische

Es erscheint mir wichtig, daß wir seitens der Ärzteschaft für die schwierige Situation, in die ein Apotheker hier, insbesondere nach dem derzeit gel- tenden Haftungsrecht, kommen