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un sind die Befürchtungen wahr geworden: Der ukrainische Oppo- sitionsführer und Präsidentschafts- kandidat Viktor Juschtschenko leidet tatsächlich an einer Dioxin-Vergiftung.„Wir haben im Blut Dioxin-Werte nach- gewiesen, die mindestens tausendfach über dem Normalwert liegen“, sagte Prof. Dr. med. Michael Zimpfer, Leiter der Wiener Privatklinik Rudolfinerhaus.
Mithilfe von Gewebeproben und Blut- analysen sei der Beweis für eine Vergif- tung erbracht worden. Man gehe davon aus, dass eine hohe Dioxin-Dosis peroral in den Körper gelangt sei. Da Dioxin lös- lich ist, könne es dem Essen einfach bei- gemengt werden.
Was ist Dioxin, wie wirkt es, und wie lässt sich eine Vergiftung behandeln? Un- ter dem Sammelbegriff Dioxin werden insgesamt 75 „Dibenzodioxine“ und 135 ähnlich gebaute „Dibenzofurane“ zusam- mengefasst. Ihre Grundstruktur besteht aus zwei Benzolringen, die über ein oder zwei Sauerstoffatome verbunden sind.Als das gefährlichste gilt das 2,3,7,8-Tetra- chlordibenzo-p-dioxin (2,3,7,8-TCDD).
Im Allgemeinen entstehen Dioxine bei Verbrennungsprozessen: wenn organi- sche Verbindungen in Gegenwart von Halogenverbindungen, speziell Chlor oder Brom, oxidieren. Das ist der Fall bei Metallrecycling und Müllverbren- nung, aber auch bei natürlichen Prozes- sen wie Waldbränden oder Gewitter.
Eine Entstehungsquelle war bis Anfang der 1990er-Jahre der Kfz-Verkehr. Erst eine Verordnung im Jahr 1992 verbot, Kraftstoffen Chlor- oder Bromverbin- dungen beizumischen.
In den meisten Fällen gelangt Dioxin über die Nahrung in den Körper. So sind Dioxine in geringen Konzentrationen in vielen Lebensmitteln nachweisbar. Sie treten, zusammen mit den polychlorier- ten Dibenzofuranen, regelmäßig als Ge- mische von insgesamt 17 toxischen Ver- bindungen auf, die durch einen Summen-
parameter – die so genannten Dioxin- äquivalente (TEQ) – erfasst werden.
Der bedeutendste Aufnahmeweg (> 95 Prozent) des Menschen für poly- chlorierte Dioxine ist der Verzehr von Milch und Milchprodukten, Eiern und Eiprodukten sowie Fleisch- und Fisch- produkten. Daten aus zahlreichen In- dustrieländern belegen eine tägliche Aufnahme im Bereich von 30 bis 50 Pi- kogramm (pg) TEQ (1 pg = 1 Billionstel Gramm) pro Tag für den Menschen.
Diese Aufnahme führt zu Gewebekon- zentrationen zwischen 10 und 30 pg TEQ pro Gramm Fett. Nach massiver Freisetzung von Dioxinen durch Indu- strieunfälle oder bei Dioxinbelastungen
am Arbeitsplatz wurden deutlich höhe- re Werte beobachtet, die bis zu 56 000 pg TEQ pro Gramm Fett reichten.
Ist die Substanz erst einmal in den Körper gelangt, ist es schwierig, sich ihrer zu entledigen. Denn die Halb- wertszeiten betragen beim erwachse- nen Menschen im Fett für das 2,3,7,8- TCDD sieben bis zehn Jahre. Die Höhe der inneren Belastung des Menschen hängt vorwiegend vom Lebensalter, den Ernährungsgewohnheiten und Ge- wichtsveränderungen sowie bei Frauen vom Stillen und bei Säuglingen und Kleinkindern von der Stillzeit ab.
Zur Bestimmung der PCDD/F-Kör- perlast können Fettgewebs-, Frauen- milch- oder Blutuntersuchungen heran- gezogen werden. Die Gehalte in allen drei Matrices sind bezogen auf den Fett- anteil in etwa gleich hoch. Als Nach- weisverfahren dient die hochauflösende Gaschromatographie, gekoppelt an die hochauflösende Massenspektrometrie (HRGC/HRMS).
Wirkungen beim Menschen: Die akute Giftwirkung von Dioxin wird von Toxikologen als nicht sehr effektiv ein- geschätzt. Die Betroffenen leiden an Übelkeit, Erbrechen und intensiven Reizungen der oberen Atemwege. „Da sich die Auswirkungen einer Dioxin- Vergiftung eher schleichend einstellen, eignet sich die Substanz nicht als unmit- telbares Mordgift“, sagte Prof. Dr. med.
Markus A. Rothschild, Direktor des In- stituts für Rechtsmedizin der Universität Köln. Vielmehr beabsichtige man eine nachhaltige Schädigung des Opfers, so- zusagen eine perfide Tötung auf Raten.
Hauterkrankungen: Die Chlorakne ist das Leitsymptom der akuten bezie- hungsweise chronischen PCDD/F-Into- xikation beim Menschen. Sie äußert sich als verstärkte Verhornung mit Bildung von Pusteln im Gesicht und an den Ex- tremitäten, die über Jahre anhalten. Die Chlorakne beobachtet man ab einer ein- maligen Dioxindosis von 1 000 000 pg/kg Körpergewicht für einen erwachsenen Menschen.
Hepatotoxizität: Tierexperimentell verursacht 2,3,7,8-TCDD Leberschä- den. Bei hoch exponierten Menschen werden erhöhte Aktivitäten der Leber- enzyme im Serum festgestellt.
Immuntoxizität: 2,3,7,8-TCDD beein- trächtigt im Versuchstier sowohl die hu- M E D I Z I N R E P O R T
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Dioxin-Vergiftung
Eine tickende Zeitbombe
Die Auswirkungen einer Dioxin-Vergiftung stellen sich eher schleichend als akut ein.
Viktor Juschtschenko Anfang 2004 (oben) und im Dezember
Fotos:dpa
morale als auch auch die zelluläre Immun- antwort. Befunde beim Menschen spre- chen ebenfalls für eine Beeinträchtigung der Immunfunktion bei hoher Belastung.
Kanzerogenität: Sowohl tierexperi- mentelle Daten als auch epidemiologi- sche Beobachtungen beim Menschen sprechen für eine krebserzeugende Wir- kung von 2,3,7,8-TCDD. Die Internation- al Agency for Research on Cancer hat die Substanz 1997 in die Kategorie 1 („carcinogenic to humans“) eingestuft.
Allerdings ist der krebserzeugende Me- chanismus nicht geklärt. Möglicherweise löst Dioxin nicht selbst die Krankheit aus, sondern wirkt als Verstärker und Be- schleuniger bei der Tumorbildung.Aber die Zeitbombe tickt: So sind Karzinome der Leber und der Bauchspeicheldrüse als Berufskrankheit anerkannt, falls Be- troffene über Jahrzehnte mit dioxinhal- tigen Substanzen in Berührung kamen.
Neurologie/Psychiatrie: Weitere mit einer hohen PCDD/F-Belastung in Ver- bindung gebrachte Gesundheitsstörun- gen sind unspezifische Befindlichkeits- störungen, neurologische Symptome (Polyneuropathien, Störungen sensori- scher Funktionen, Schwäche der unte- ren Extremitäten) und psychische Sym- ptome (Neurasthenie, Depressionen).
Reproduktionstoxizität: Reprodukti- onstoxische Wirkungen sind tierexperi- mentell belegt, beim Menschen liegen vereinzelte fragliche Hinweise hierzu vor.
Andere: Eine Nachuntersuchung der beim Seveso-Unfall hoch 2,3,7,8-TCDD- exponierten Personen ergab Hinweise für eine erhöhte Mortalität an kardio- vaskulären und chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen in der Gruppe mit der höchsten Belastung (Blutspiegel von 800 bis 56 000 pg TEQ/g Fett).
Ferner kam es bei exponierten Män- nern zu einer signifikanten Verände- rung des Geschlechterverhältnisses zu- gunsten von Mädchengeburten.
Therapie: Eine spezifische Therapie der Dioxin-Intoxikation ist nicht be- kannt. Symptomatisch kann man Kor- tison verabreichen. Der therapeuti- sche Nutzen von Fasten, Gabe von Paraffinöl, Medizinalkohle oder ande- ren Präparaten zur Steigerung der PCDD/F-Ausscheidung aus dem Kör- per beziehungsweise von Vitaminen und Spurenelementen ist derzeit nicht beurteilbar. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn
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ine psychosoziale Behandlung soll- te heute integraler Bestandteil der Krebsmedizin sein. Dies forderte die Gründerin der Psycho-Onkologie, Dr. Jimmie Holland vom Sloan-Ketter- ing Cancer Center in New York. Denn mindestens ein Drittel der Krebspa- tienten entwickeln im Verlauf ihrer Er- krankung beziehungsweise nach Ope- ration behandlungsbedürftige psycho- somatische Beschwerden wie Nausea, Schlafstörungen, Obstipation, sexuelle Probleme oder Depressionen und Angst.Besonders die Angst kann die Pa- tienten so beherrschen, dass sie Hilfe benötigen.
Nur fünf Prozent dieser Patienten werden jedoch im hektischen klini- schen Alltag erkannt und adäquat be- handelt, obwohl es valide Messinstru- mente gibt, mit denen gefährdete Men- schen identifiziert werden können. Im Rahmen eines Forschungsprojektes set-
zen Psycho-Onkologen im Tumor-The- rapie-Zentrum des Klinikums rechts der Isar in München unter Leitung von Prof. Dr. med. Dr. phil. Almuth Sell- schopp Fragebögen zur Psycho-Onkolo- gischen Basisdokumentation (PO-Bado) ein, mit denen das subjektive körperli- che, soziale und psychische Befinden des Patienten auf einer fünfstufigen Skala erfasst werden kann.
Diese Fragebögen zur Fremdein- schätzung, an deren Entwicklung 140 Ärzte und Psychologen in mehr als 70 therapeutischen Einrichtungen mitge- wirkt haben, hat sich als sehr praxis- tauglich erwiesen. Mit der Kurzversion des PO-Bados, der im Klinikum rechts der Isar entwickelten Psycho-Onkolo- gischen Kurzeinschätzung (PO-K), kann der Arzt anhand von fünf Fragen schon beim Erstkontakt rasch entscheiden, ob ein Psychoonkologe hinzugezogen wer- den sollte.
Patienten mit Lungenkrebs müssen häufig betreut werden
Daneben gibt es eine Reihe von weite- ren Screening-Instrumenten (Kasten).
Nach jahrzehntelangen Erfahrungen in den Niederlanden lässt sich schnell vor- hersagen, welche Krebskranken psy- chosoziale Probleme entwickeln wer- den. Dazu gehören vor allem Jüngere, Betroffene mit niedrigem Einkommen oder geringer sozialer Unterstützung und Patienten, die an einem Tumor mit schlechter Prognose leiden. Nach einer Untersuchung von 5 000 Krebskranken im Johns Hopkins Medical Center (Bal- timore/USA) hatten 43 Prozent der Pa- tienten mit Lungenkrebs am häufig- sten psychosomatische Beschwerden, gefolgt von denen mit Hirntumoren und Pankreaskrebs.
Als Mythos bezeichnete Prof. Dr.
Christoph Hürny vom Bürgerspital in St. Gallen/Schweiz die Vorstellung, dass psychische Faktoren allein wie De- pressionen oder der Verlust eines ge- liebten Menschen bei der Krebskrank- heit ätiologisch eine Rolle spielen. „Wir können aufgrund von sorgfältigen Stu- dien sagen, dass weder die Persön- lichkeit des Patienten noch Stress oder ein Verlusterlebnis Krebs verursachen können.“ Dr. med. Karin Kreutzberg
Psycho-Onkologie
Fünf Fragen reichen aus
Fragebogen zur Psycho-
Onkologischen Kurzeinschätzung
Psycho-Onkologisches Screening Selbsteinschätzungsskalen FBK-R23 Fragebogen zur Belastung von
Krebskranken
SIRO StressIndex RadioOnkologie PA-F Progredienzangst-Fragebogen EORTC Lebensqualität-Fragebogen FANCT Functional Assessment of Cancer
Therapy
CNQ Cancer Needs Questionnaire
Mischkonzept
(teils Fremd-, teils Selbsteinschätzung) Hornheider Fragebogen
Fremdeinschätzungsskalen PO-Bado Psycho-Onkologische Basis-
dokumentation
PO-K Psycho-Onkologische Kurz- einschätzung