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Archiv "Prof. Dr. med. Detlev Ganten: „Ich erwarte einen erheblichen Aufschwung“" (20.01.2006)

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en Anweisungen des Fotografen während des Gesprächs mit dem Deutschen Ärzteblatt folgt Prof.

Dr. med. Detlev Ganten freundlich und gelassen. Er ist Profi. Anstrengender sei es da schon gewesen, für ein Werbepla- kat der Berlin Partner GmbH zu posie- ren, erzählt er. Als renommierter Hoch- druckforscher sollte er in der Gemälde- galerie des Kulturforums Berlin einer antiken Statue den Blutdruck messen – und zwar ohne störende Kunstfreunde im Hintergrund. Deshalb startete das Fotoshooting bereits morgens um fünf Uhr und endete erst sechs Stunden spä- ter. Das Ergebnis entschädigte für den Aufwand: „Ein viel versprechender Be- fund. In keiner Metropole Europas wird so viel geforscht wie in Berlin . . .“, heißt es in der internationalen Image- kampagne der Stadt, für die sich Ganten zur Verfügung stellte. Schließ- lich entspricht sie seinen Visionen. Und die vertritt Ganten vehement.

Während für viele Highschool-Absol- venten in den USA der Hochschultraum Harvard, Yale oder Princeton heißt, hofft Ganten, dass die fusionierte Chari- té – Universitätsmedizin Berlin als eines der bedeutendsten Universitätsklinika Europas in naher Zukunft eine ver- gleichbare Anziehungskraft auf den eu-

ropäischen Ärztenachwuchs ausübt.

„Spätestens zur 300-Jahr-Feier 2010 er- strahlt das Universitätsklinikum wieder im alten Glanz“, prognostiziert Ganten, der dabei auf Eliteuniversitäten auch in Deutschland setzt: „Maximal drei bis fünf Hochschulen können in der ganzen Breite herausragend sein“, betont der Vorstandsvorsitzende der Charité. Man müsse sich auf wenige Elitehochschulen konzentrieren, „auch wenn es natürlich wünschenswert ist, dass möglichst viele Universitäten sehr gut sind“. Ganten scheut sich nicht, das Tabu-Wort „Elite“

zu benutzen, das der For- schungsinitiative der Re- gierung vor zwei Jahren zum Verhängnis wurde.

Damals hatte die SPD für durch den Bund geförderte Spitzenuniversitäten plä- diert, während die Union Exzellenznetzwerke favo- risierte, bei denen statt ganzer Hochschulen nur einzelne Fakultäten und Fachbereiche gefördert werden sollten. Die For-

schungsinitiative der Bundesregierung scheiterte im Bundesrat, weil die CDU- Mehrheit den Gesetzentwurf ablehnte.

Bald könnte Gantens Vision, zumin- dest ansatzweise, Realität werden.

Denn in diesem Jahr startet die Exzel- lenzinitiative, auf die sich Bund und Länder nach mehr als einem Jahr Still- stand doch noch im vergangenen Som- mer einigten (vermutlich aus der Sorge heraus, nach der vorgezogenen Bundes- tagswahl könne das Geld für die Hoch- schulen noch knapper werden). Für Ganten ist sie ein Schritt in die richtige Richtung: „Ich erwarte einen erhebli-

chen Aufschwung für Wissenschaft und Forschung“, sagt er, wenngleich er den Kompromiss, bei dem zehn Universitä- ten besonders gefördert werden sollen, nur als „erste Etappe“ auf dem Weg zu Eliteuniversitäten in Deutschland sieht.

Die Pläne im Detail: Zunächst fünf Jahre lang wollen Bund und Länder ins- gesamt 1,9 Milliarden Euro zusätzlich für die drei Förderlinien der Exzellenz- initiative bereitstellen. Innerhalb der er- sten Linie sollen 40 Graduiertenschu- len, die Doktoranden auf höchstem wis- senschaftlichen Niveau betreuen, mit je- weils einer Million Euro pro Jahr gefördert werden.

Innerhalb der zweiten Li- nie sollen 30 „Exzellenzclu- ster“ (bestehend aus Hoch- schulen und außeruniver- sitären Einrichtungen) und innerhalb der dritten Linie maximal zehn Eliteuniver- sitäten zusätzliche Mittel erhalten. „Ich bin für einen ausgeprägten Wettbewerb unter den Eliten“, betont Ganten. Dies sei ein Pro- zess, der über zehn bis 15 Jahre wachsen müsse. Die immer wieder geäußerte Sorge, dass eine Zweiklassengesell- schaft innerhalb von Bildung und For- schung entstehen könnte, teilt der Vor- standsvorsitzende der Charité dabei nicht: „Solange der Wettbewerb bleibt, kann das nicht passieren.“

Ihre Antragsskizzen haben die Uni- versitäten im vergangenen Jahr einge- reicht. 27 Hochschulen kämpfen damit nicht nur um die Finanzmittel, sondern auch um das Image einer Eliteuniver- sität. Gemeinsam mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft wählt der Wis- P O L I T I K

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A90 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006

Prof. Dr. med. Detlev Ganten (64) leitet seit Februar 2004 die Charité – Universitätsmedizin Berlin, das mit 15 000 Mit- arbeitern, 3 500 Betten und einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro größte Universitätsklini- kum Europas.

G espräch das

„Wir müssen uns auf wenige Elitehochschulen

konzentrieren – auch wenn es

natürlich wünschenswert ist, dass möglichst

viele sehr gut sind.“

Prof. Dr. med. Detlev Ganten

„Ich erwarte einen

erheblichen Aufschwung“

Optimistisch ins neue Jahr: Der Charité-Vorstandsvorsitzende plädiert für Eliteuniversitäten und mehr Unternehmergeist.

Spätestens 2010 soll die Charité im alten Glanz erstrahlen.

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senschaftsrat gegenwärtig die Besten aus, die nach der Sitzung des Rates Ende Januar bekannt gegeben werden sollen.

Dass die Charité gute Chancen als förderungswürdige Hochschulen hat, steht für ihren Vorstandsvorsitzenden außer Frage. Als Garanten dafür nennt der Wissenschaftler und Manager die vielfältigen Kooperationen mit außer- universitären Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen. Eingereicht habe die Hochschule einen Erfolg verspre- chenden Antrag im Bereich „Lebens- wissenschaft“, der besonders auf Im- munologie und Infektiologie fokussiert sei. Eine positive Evaluation erhofft Ganten aber auch bei der Bewerbung um die Förderung einer Graduierten- schule zum Thema „Regenerative Me- dizin“. „Ein Drittel der geförderten Projekte könnte aus den Bereichen Me- dizin und Biologie kommen“, progno- stiziert er.

Gute Wissenschaft und Forschung setzt motivierte ärztliche Mitarbeiter voraus. Angesprochen auf die Streiks und Proteste Tausender Charité-Ärzte in der letzten Novemberwoche 2005, ver- weist der Vorstandsvorsitzende auf die finanzielle Situation „seines“ Unterneh- mens. Bis zum Jahr 2010 müsse die Cha- rité dauerhaft 98 Millionen Euro jährlich einsparen. Dies hat das Berliner Abge- ordnetenhaus gesetzlich festgelegt. Er- schwerend komme hinzu, dass das Fall- pauschalensystem Maximalversorger sy- stematisch benachteilige. Den jährlichen Verlust durch die Umstellung auf das

DRG-System beziffert der Vorstands- vorsitzende auf mehr als 50 Millionen Euro. Ganten: „Natürlich habe ich Ver- ständnis dafür, dass insbesondere die Ärzte mit ihrer finanziellen Situation nicht zufrieden sind. Aber wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben.“

Einen Haustarifvertrag für Ärzte, wie von der „Ärzteinitiative Charité“

gefordert, gibt es an der Charité vorerst nicht. Man wolle erst abwarten, ob sich der Marburger Bund und die Tarifge- meinschaft deutscher Länder (TdL) auf einen arztspezifischen Tarifvertrag eini- gen können, und diesen dann eventuell übernehmen (das Land Berlin war An- fang 2003 aus der TdL ausgestiegen).

Ganten betont: „Wir haben ein großes Interesse daran, die Charité in besonderer Weise für junge, sehr gute Ärzte attraktiv zu machen und mehr zu bieten als eine reine Fachweiterbil- dung.“ Ziel sei es dabei auch, Unter- nehmergeist in die Charité hineinzu- bringen: „Wir or- ganisieren Grün- derseminare, brin- gen die jungen Ärzte in Kontakt mit Unternehmern und sorgen dafür,

dass sie auch einmal eine Zeit lang im Ausland arbeiten können.“ So sol- len die Nachwuchswissenschaftler auf das „wirkliche Leben“ vorbereitet wer- den: „Was wir wollen, ist eine kreative, unternehmerische Akademikerschaft.“

Finanziert werden sollen diese Projek- te über die neue „Stiftung Charité“.

Deren Gründungskapital stammt vor allem von der Unternehmerfamilie Quandt. Wie viel Geld diese der Charité-Stiftung spendet, darüber schweigt sich Ganten (noch) aus. Es handele sich jedoch um eine „erheb- liche Summe“.

Stichwort: privates Kapital. Es dürfe nicht sein, dass die Kombination von öf- fentlich-rechtlichen Einrichtungen mit privaten Geldgebern primär erst einmal verdächtig sei, meint Ganten mit Blick auf die Privatisierung des Universitäts- klinikums Marburg und Gießen. „Wir haben sehr viel privates Kapital im Land, das derzeit anderweitig investiert wird“, merkt der 64-Jährige an. Wenn dieses Geld künftig in zukunftsorien- tierte Projekte fließe, nämlich in die For- schungs- und Bildungsförderung wie jetzt in Marburg und Gießen, so sei dies sehr, sehr sinnvoll: „Es wird immer ge- fordert, ihr müsst privates Kapital mobi- lisieren, ihr müsst Technologietransfer leisten – Wissen zu Geld und Geld zu Wissen –, aber wenn es dann einmal da- zu kommt, ist der Aufschrei groß.“ An- dererseits sei eine Privatisierung der Universitäten keine generelle Lösung für die Finanzmisere des Staates.

Vorbehalte gibt es auch immer noch gegen die Umstrukturierung der Cha- rité, die Ganten im Frühjahr 2004 auf den Weg gebracht hat. Kernstück des neuen Unternehmenskonzepts ist die Neugliederung der 128 Kliniken und Institute in 17 „CharitéCentren“. „Da knackt und knirscht es noch an vielen Stellen“, weiß auch der Vorstandsvor- sitzende. Es gebe erhebli- che Widerstände, „weil es einfach nicht mehr so wei- tergeht wie früher“. Dies betreffe alle Mitarbeiter und natürlich auch die Ordinarien: „Die Professo- ren erhalten alle akade- mischen Freiheiten.“ Aus wirtschaftlichen und struk- turellen Gründen müssten sie sich aber in die Gesamtstrategie einpassen.

„Wir haben ein Unternehmenskon- zept, das der Charité dient und das zu- kunftsfähig ist“, ist Ganten überzeugt.

Dass es ohne die Zentrenbildung nicht gehe, werde inzwischen überwiegend akzeptiert: „Trotz aller Schwierigkeiten arbeiten die meisten Ärztinnen und Ärzte gerne an der Charité. Denn sie wissen, dass die exzellente Leistung und der gute Name Karrierechancen mit sich bringen, die an anderen Universi- tätskliniken so nicht gegeben sind.“

Jens Flintrop, Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann P O L I T I K

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A92 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 3⏐⏐20. Januar 2006

„Natürlich habe ich Ver- ständnis dafür, dass insbe- sondere die Ärzte mit ihrer finanziellen Situation nicht zufrieden sind. Aber wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben.“

Fotos:Georg J.Lopata

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Ganten: Zunächst einmal halte ich den Ausdruck therapeutisches Klonen für nicht besonders hilfreich, weil er im- pliziert, dass mit dieser Methode thera- peutische Wege

einer Hand wünschen und bei ihrer Kasse auch Zusatzleistungen versi- chern möchten.“ Dabei gehe es nicht darum, Einschnitte im Leistungskata- log der Kassen vorzunehmen,

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