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Archiv "Eigener Weg zum Frieden" (24.06.1983)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen TAGUNGSBERICHT

Die Münchener „Arbeitsgemein- schaft Medizin und öffentliche Verantwortung" und die „Bayeri- schen Ärztinnen und Ärzte gegen Atomenergie" veranstalteten am 23. und 24. Aprii 1983 im Salvator- Keller ihrer Landeshauptstadt den 3. Medizinischen Kongreß zur Ver- hinderung eines Atomkrieges. Bei- de Münchener Ärzteinitiativen ge- hören zur Sektion Bundesrepublik der Vereinigung „Internationale Ärzte zur Verhütung eines Atom- krieges (IPPNW)". Diese Sektion hat im Februar 1982 eine „Resolu- tion" und die „Frankfurter Erklä- rung" verabschiedet. In der „Re- solution" wurden die Ärzte aufge- fordert, zur Verhinderung eines Atomkrieges beizutragen, wäh- rend in der „Frankfurter Erklä- rung" auch die Fortbildung in Kriegs-Medizin abgelehnt wird.

Über 3000 deutsche Ärztinnen und Ärzte haben den Angaben der deutschen IPPNW-Sektion zufolge die „Resolution" und die „Frank- furter Erklärung" unterschrieben.

Die Mitgliederversammlung der

„Sektion BRD" in der IPPNW tagte am 22. April 1983 im Gemeinde- saal der Matthäus-Kirche am Sendlinger Torplatz. Sie verab- schiedete die Satzung der Sek- tion. Der vierköpfige Vorstand (bisher Sprecherrat) mit Professor Dr. Ulrich Gottstein (Frankfurt), Dr.

Helmut Koch (Gaggenau), Profes- sor Dr. Horst-Eberhard Richter (Gießen) und Dr. Kurt Sroka (Ham- burg) wurde einstimmig wiederge- wählt. Die Amtszeit beträgt jetzt ein Jahr. Sroka schlug vor, daß nach einem Jahr zwei Mitglieder ausscheiden sollen, um einen Amtswechsel zu gewährleisten.

Dem Vorstand steht ein achtköpfi- ger Beirat zur Seite, in den Ärzte von Berlin bis Tübingen und von Bremen bis München gewählt wurden. Dr. Barbara Hövener (Ber- lin) wird die Sektion als Conciler

bei der IPPNW vertreten. Der 3.

Internationale Kongreß der IPPNW findet vom 17. bis zum 26. Juni 1983 in Amsterdam statt. Er ist für alle Ärzte zugängig. Für Herbst 1983 plant die bundesdeutsche Sektion eine Demonstration für die Öffentlichkeit. Der 4. Medizini- sche Kongreß wird am 17. und 18.

März 1984 in Stuttgart-Böblingen abgehalten.

Wie auch die Kongresse der IPPNW 1981 in Hamburg und 1982 in Berlin befaßte sich der Münche- ner Kongreß mit Atomkrieg und Gesundheitsgefährdung, Kata- strophenmedizin, Notstandsge- setzgebung im Gesundheitswe- sen, ärztlicher Ethik, psychologi- scher Aufrüstung, der psychi- schen Struktur von Feindbildern und den Aufgaben der Ärzte in der Friedensbewegung. In München kamen neue Themenbereiche hin- zu: alternative Verteidigungskon- zepte, Sozialabbau durch Rü- stungslasten, Rüstungskonver- sion, militärischer und friedlicher Einsatz der Kernenergie.

Professor Dr. Herbert Begemann, Hämatologe und emeritierter Chefarzt am Münchener Kranken- haus Schwabing und Initiator die- ses Kongresses, begrüßte die Teil- nehmer. Das Einführungsreferat über „Ethische, medizinische, ökologische Aspekte eines Atom- krieges" hielt die katholische Theologie-Professorin Dr. Uta Ranke-Heinemann von der Univer- sität Duisburg. Über „Medizin und Atomkrieg" sprach der Psychothe- rapeut und Schriftsteller Dr. med.

Till Bastian aus Heidesheim; über

„Katastrophenmedizin — Flanken- schutz für die Aufrüstung" der Hamburger Allgemeinarzt Dr. Kurt Sroka; Dr. med. Irwin Redlener aus Utica/USA brachte eine „Ge- genüberstellung einer schweren zivilen atomaren Katastrophe und

eines Atombombenabwurfs aus medizinischer Sicht"; über „Um- wandlung von Rüstung in zivile Produktion" sprach Dipl.-Ing. Jörg Fischer, tätig bei den Vereinigten Flugtechnischen Werken in Bre- men; über „Sozialabbau durch Aufrüstung" Professor Dr. rer. pol.

Jörg Huffschmid, der politische Ökonomie an der Universität Bre- men lehrt; über „Atomkrieg und alternative Verteidigung" referier- te Professor Dr. Johann Galtung, Direktor des Osloer Friedensfor- schungsinstituts, über „Recht auf Widerstand gegen die Vorberei- tung eines Atomkrieges" Profes- sor Dr. Erich Küchenhoff, Ordina- rius für Öffentliches Recht und po- litische Wissenschaften an der Universität Münster; über „Ge- schichte der friedlichen und mili- tärischen Nutzung der Kernener- gie" Dipl.-Biol. Dieter Teufel vom Institut für Energie- und Umwelt- forschung in Heidelberg; über „In- ternationale Auswirkungen der Ausbreitung der Kernenergie" Dr.

Peter Weish vom Institut für Um- weltwissenschaften und Natur- schutz der österreichischen Aka- demie der Wissenschaften in Wien; über „Bedeutung und Auf- rüstung für die Entwicklungslän- der" Professor Dr. Dieter Koch- Weser, Medizinsoziologe an der Harvard-Universität in Boston/

USA; über „Erziehung mit Gewalt

— Erziehung zur Gewalt" Privatdo- zent Dr. Horst Petri, Lehrstuhlin- haber für Psychotherapie und Psy- chosomatik an der Freien Univer- sität Berlin, und über „Die Ver- leugnung der Gefahr und die Auf- gabe des Arztes" Dr. Paul Parin, Psychoanalytiker aus Zürich.

Die Referenten auf einer Informa- tionsveranstaltung für die Mün- chener Bevölkerung waren Gene- ralmajor a. D. Gert Bastian aus Würzburg, Professor Dr. med.

John Gleissner aus Manchester, Professor Dr. med. Ulrich Gott- stein, Chefarzt der Medizinischen Klinik des Bürgerhospitals Frank- furt, Dipl.-Ing. E. TH. Konradin Kreutzer, Schweizer Sachverstän- diger für Katastrophenschutz und für Zivilschutz, der Schauspieler

Eigener Weg zum Frieden

3. Medizinischer Kongreß zur Verhinderung eines Atomkrieges

60 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

„Atomkrieg"

P. Lühr, Dr. med. Nils Pörksen, Leitender Arzt der Psychiatrischen Klinik Häcklingen bei Lüneburg, der Allgemeinarzt Dr. med. Dieter Gabany aus Augsburg und schließlich wieder Frau Ranke- Heinemann.

Die Referate der gesamten Veran- staltung oder ihre Kurzfassungen können angefordert werden bei Dr. med. Thomas Schramm, 8000 München 40, Görresstr. 33, Tele- fon 0 89/5 23 47 70. Weitere Infor- mationen bietet das Buch der Münchener Ärzteinitiativen „Krieg ist keine Krankheit/Medizin zwi- schen Hilfe und Beihilfe", 168 Sei- ten, zum Kongreß erschienen und ebenfalls über Dr. Schramm zu er- halten.

Streit um das Rote Kreuz

Gegen Dr. Thomas Schramm, Sprecher des Kongreßbüros, hat das Präsidium des Bayerischen Roten Kreuzes beim Landgericht München 1 eine einstweilige Ver- fügung erzielt. Darin heißt es, daß bei Meidung einer Ordnungsstrafe bis zu 500 000 DM die „Benutzung und Verbreitung des Zeichens des Roten Kreuzes für Zwecke der Werbung oder Information auf Werbematerial wie Broschüren, Plakaten und dergleichen zu un- terlassen sind; bereits ausgehäng- te Plakate und Werbematerialien sind zu entfernen". Das Emblem des Kongresses bestand in einem aufgerissenen Roten Kreuz, aus dem eine weiße Taube herausflog.

Das Kongreßbüro erklärte dazu:

„Es handelt sich bei unserem Emblem nicht um das Zeichen des Roten Kreuzes im Sinne der Gen- fer Konvention, sondern vielmehr um ein Gesamtkunstwerk, das in künstlerischer Form unsere Aus- sage darstellt, daß im Atomkrieg medizinische Hilfe nicht möglich ist. Wir fühlen uns durch die Art des Vorgehens des Bayerischen Roten Kreuzes merkwürdig be- rührt, weil vor dem juristischen Vorgehen keinerlei Kontaktauf- nahme mit uns erfolgt ist." Die Münchener Ärzteinitiativen wer- den sich juristisch gegen die Ent-

scheidung des Landgerichts zur Wehr setzen. Der Vorstand der Sektion Bundesrepublik der IPPNW wird zugleich mit dem In- ternationalen Roten Kreuz in Ge- spräche über die Problematik ein- treten. Die Kongreßleitung hat das Rote Kreuz geschwärzt. In dieser Farbe wirkt es geradezu aufrei- zend und symbolisiert die Gefahr, in der wir uns alle befinden. Eine bessere Werbung für sein Anlie- gen konnte sich dieser Kongreß gar nicht wünschen „als die un- verständlichen juristischen Schrit- te des Bayerischen Roten Kreuzes."

Zum Abschluß des Medizinischen Kongresses, vor Beginn der öf- fentlichen Veranstaltung für die

Bevölkerung, erklärte Professor Begemann: „Wir als Mediziner sind entsprechend unserem ge- sellschaftlichen Auftrag und nach unserer Berufsordnung verant- wortlich für Gesundheit und Le- ben der Menschen ohne Ansehen von Rasse, Religion oder Nationa- lität. Daher wenden wir uns gemäß der Forderung des Weltärztebun- des in einer Situation an die Öf- fentlichkeit, in der wir alle aufs äu- ßerste bedroht sind: In einem mo- dernen Krieg — und speziell in ei- nem Atomkrieg — ist keine medizi- nische Hilfe möglich! Alle Geset- zesregelungen und Übungen in Zi- vilschutz und Katastrophenmedi- zin sind nur geeignet, Illusionen von Schutz und Hilfe zu wecken.

Hierdurch wird die Bereitschaft gefördert, die Risiken einer atoma- ren Kriegsführung einzugehen, die Millionen nicht überleben wür- den. Einübungen für den Kriegs- fall machen diesen wahrscheinli- cher! Anstelle der Abschreckungs- ideologie und der Theorie eines gewinnbaren Atomkriegs müssen wir unsere Friedensfähigkeit glaubwürdig machen, d. h. Vertei- digungskonzepte entwickeln, die Aggressivität weder im eigenen Lande noch bei einem denkbaren Gegner provozieren. Wir Medizi- ner können den Krieg nicht als ei- ne unvermeidliche Krankheit an- sehen, zu deren Heilung wir fähig oder gerufen wären. Er ist ein

menschenverschuldetes Verbre- chen, zu dessen Verhinderung wir beitragen müssen! Für den Fall der Stationierung neuer Raketen rufen wir alle Mediziner zum ge- waltfreien Widerstand auf!"

Auf dem Kongreß wurden rund 3500 Teilnehmer gezählt, darunter etwa drei Viertel Ärzte und eine stattliche Zahl von Medizinstuden- ten und ein Viertel sonstwie im Gesundheitswesen Beschäftigte.

In der Pressekonferenz wurden die Größenangaben akzeptiert, daß derzeit vielleicht zehn Prozent aller Ärzte gegen Nachrüstung und Fortbildung in Kriegsmedizin sind — ohne allerdings schon voll- zählig in der IPPNW engagiert zu sein —, daß 10 Prozent Nachrü- stung und Kriegsmedizin für drin- gend erforderlich halten und be- reit sind, aktiv dafür einzutreten, während 80 Prozent, also die gro- ße Masse der Ärzte, sich indiffe- rent verhalten, sei es in konservati- vem Vertrauen zur Obrigkeit, aus

Informationsmangel oder aus Interessenlosigkeit. Pressespre- cher Dr. Schramm: „Wir behaup- ten nicht, daß wir die einzigen sind, die den Frieden wollen." Zu einer Erklärung der Toleranz ge- genüber Andersdenkenden konn- te er sich allerdings nicht durch- ringen. Professor Gottstein gab bekannt, daß die Sektion über 5000 Mitglieder hat, darunter etwa 500 Professoren. Trotz dieser be- achtlichen Repräsentanz — eine Reihe von Verbänden im Präsi- dium des Deutschen Ärztetages haben wesentlich weniger Mitglie- der — sei es mühsam, eine massen- hafte und aktive Unterstützung der Kollegen zu gewinnen. In unserem gespaltenen Land hätte man Angst vor einer Trennung von dem Westen, die allerdings gar nicht zur Diskussion steht.

Nun zu eigenen Überlegungen.

Wo ist die Grenze zwischen (zivi- ler) Katastrophenmedizin und Kriegs-Medizin? Nach Ansicht von Professor Gottstein ist sie flie- ßend; Dr. Sroka, der nach wie vor die Triage als „Euthanasie" be- zeichnet, hält die bisherige Fort- Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 61

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

"Atomkrieg"

bildung in Katastrophenmedizin

für Kriegs-Medizin, zumal sie mit

erheblicher Beteiligung von Sani- tätsoffizieren und zum Teil in Sani- tätseinrichtungen der Bundes- wehr erfolgte. Der frühere Sani- tätsinspekteur der Bundeswehr, Professor Rebentisch, hat auf ei- ner Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing im Januar d. J. den Vorschlag gemacht, die Fortbildung zu trennen in (zivile) Katastrophen-Medizin und Kriegs- Medizin. Seine Fachkollegen auf diesem Gebiet, der deutsche Sani- tätsoffizier Dr. Kirchhoff und der Schweizer Professor Rosetti, leh- nen dies ab. Ich habe im Januar d. J. die Vermengung von Begrif- fen und Inhalten publizistisch als

"Etiketten-Schwindel" bezeich- net. Heute meine ich, daß erst dann die Fronten sich abklä-

ren, wenn man den schwammigen

Begriff .. Katastrophen-Medizin"

nicht mehr verwendet.

~ Man sollte eine strikte Grenze ziehen zwischen der Notfallmedi- zin (bis hin zum großen Unfall, auch in atomaren Anlagen) und der Kriegs-Medizin, die aller Wahr- scheinlichkeit nach eine Massen- medizin sein wird.

Offenbar war in München noch nicht bekannt, daß die Bundes- wehr die Triage-Bestimmungen überarbeitet, die bisher aus einer US-Vorschrift übernommen wa- ren. Notfall-Medizin ist Individual- Medizin, bei der eine Triage nicht durchgeführt werden sollte. Sie war selbst bei Großunfällen in den letzten Jahren auch nicht not- wendig.

Der Vorstand der "Sektion BRD"

hat keine grundsätzlichen Zweifel am Friedenswillen der ärztlichen Standesführung. Er verlangt aber für die IPPNW eine Anerkennung des Rechts für einen eigenen Weg zum Frieden. Mit Drohgebärden der Körperschaften werde das kol- legiale Vertrauen erschüttert, hieß es. Die (angeblich!) angepeilte

"Zwangsfortbildung" in Kriegs-

Medizin wäre- nach dem bisheri- gen Selbstverständnis der Ärzte-

kammern -eine Sünde wider den Geist der Freiberuflichkeit. Zwei- fellos lehnt eine zunehmende Zahl meist jüngerer Ärzte die Fortbil- dung in "Kriegs-Medizin" ab; sie sieht darin eine "Kriegs-Vorberei-

tung" oder zumindest eine psy-

chologische Einstimmung auf den Krieg. Die schweigende Mehrheit der Ärzte dürfte allerdings nicht so denken. Die "Verweigerer'' wer- den oft schon kritisiert, weil sie den Begriff "Kriegs-Medizin" ver- wenden, während es bisher nur die Begriffe Wehrmedizin und Kriegs-Chirurgie gab (inzwischen verwenden allerdings auch Bun- deswehr-Sanitätsoffiziere eben- falls den Begriff Kriegs-Medizin, siehe Rebentisch oder auch Sani- tätsinspekteur Dr. Linde).

Ich halte es aber mit dem Selbst- verständnis der Ärzteschaft nicht für vereinbar, daß sich Ärzte ge- genseitig eine falsche Berufsauf- fassung unterstellen, wenn sie über Begriffe und Notwendigkeit von Kriegs-Medizin verschiedener Meinung sind. Man sollte die Ver- weigerung von Kriegs-Medizin ge- nauso respektieren, wie wir uns mit der Verweigerung des Waffen- dienstes in Krieg und Frieden ab- finden müssen. Sie ist nach unse- rem Grundgesetz erlaubt, ob uns das nun paßt oder nicht. Wie sich jeder einzelne Arzt auch entschei- det - alle Kolleginnen und Kolle- gen sollten in Einsicht der medizi- nisch schrecklichen Folgen gegen Rüstung und Atomwaffen prote- stieren. Wir sollten innerhalb und außerhalb der Ärzteschaft offen über Situationen diskutieren, die zu Notfällen, Katastrophen oder gar zum Krieg führen können. Als Hilfe dabei bietet sich das von Pro- fessor Dr. Walter Jens im Kindler- Verlag herausgegebene Buch an mit Beiträgen von Heinrich Al- bertz, Gert Bastian, Gerhard Epp- ler, Eugen Kogon, Oskar Lafon- taine, Altred Mechtersheimer und Horst E. Richter.

Anschrift des Verfassers: Dr. med. Hermann Kater Höhenweg 16

3250 Hameln 5

BRIEFE AN DIE REDAKTION

KATASTROPHEN

Zum Artikel "Notfallmedizin und Kata- strophenvorsorge" von Dr. med. Helmut Piechowiak in Heft 5/1983:

Fortbildung in Individualmedizin verstärkt anbieten

... Es ist wohl unbestritten, daß wir Ärzte uns täglich in vieler Hin- sicht entscheiden müssen, daß wir auszuwählen haben - wobei es durchaus auch um Leben oder Tod eines Patienten geht. Das hat jedoch mit dem in der Katastro- phenmedizin zentralen Begriff der Triage überhaupt nichts zu tun.

Dieses durch Bergmann einge- führte Selektionsverfahren unter- scheidet die Dringlichkeitsstufen der Behandlung ausschließlich nach den Notwendigkeiten der Kriegsmedizin und ist bei der Bun- deswehr durch Dienstvorschriften bis ins Detail festgelegt (zum ZDV 49/50). Das Kriterium für dieses Se- lektionsverfahren ist nur die Ein- satzbereitschaft der Truppe, wie folgendes wörtliche Zitat aus der erwähnten ZDV erhellt: "Auch im thermo-nuklearen Zeitalter bleibt das grundlegende Prinzip der Wehrmedizin · weiterhin unverän- dert, nämlich so viele Soldaten wie möglich zur Durchführung der mi- litärischen Aufgaben einsatzbereit zu halten."

ln Deutschland hat es jedoch seit dem letzten Weltkrieg keine Kata- strophe gegeben, bei der das ärzt- liche Prinzip, dem die meiste Hilfe zu gewähren, der sie am dringend- sten benötigt, aufgegeben werden mußte. Dennoch benutzt die der- zeit propagierte Katastrophenme- dizin den aus der Kriegsmedizin unverändert übernommenen Be- griff der Triage, die im Krieg durchaus notwendig sein kann.

Ich meine, wer Kriegsmedizin leh- ren und lernen möchte, sollte dies auch so nennen. Notfallmedizin ist demgegenüber per definitionem (der führenden Katastrophenme- diziner, wie zum Beispiel Reben- 62 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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