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Archiv "FRIEDEN: Erinnerung an die Heimkehrer-Ärzte" (27.01.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

LESERFORUM

COMPLIANCE

Zu einem Beitrag von Dr. med.

Axel Bauer („Was ist ,Com- pliance?' "), in Heft 39/1983:

Nützliche Denkanstöße

Im Gegensatz zum Autor hatte ich nie Schwierig- keiten im Umgang mit dem neuen Begriff. Die Her- kunft aus dem Latein ist klar: com- plicare = zu- sammen einfalten oder einschlagen, — ein schönes Bild für das gemeinsame Bestreben des Arztes zu heilen und des Kranken, geheilt zu werden. Die Obersetzung des Wortes

„compliance" mit „Willfäh- rigkeit, Nachgiebigkeit, Gefälligkeit, Einwilligung"

und von „non-compli- ance" mit „Zuwiderhand- lung, Verstoß" legt gewiß

Freud'sche Fehlhandlung?

... Warum ist denn — trotz der sachlichen Unrichtig- keit — der Begriff „Com- pliance" mittlerweile der- art tief im medizinischen Sprachgebrauch verwur- zelt? Nun, das Problem der

„Compliance" liegt eben nicht nur im „Patienten- verhalten", sondern auch in der Arzt-Patient-Bezie- hung, wie Bauer schreibt.

An welche Art und Weise einer Arzt-Patient-Bezie- hung wendet sich der Terminus „Compliance", wenn wir ihn ins Deutsche übersetzen? Wohl mög- lich, daß der Sprachge- brauch in diesem Fall einer Freud'schen Fehlhandlung unterliegt, indem auf einer zweiten, nicht klar bewuß- ten Ebene, der Begriff

„Compliance" durchaus das Kriterium der sachli- chen Richtigkeit erfüllen möchte! Ärzte, die das blo- ße Patientenverhalten stu- dieren, wenn die verordne- ten Tabletten nicht einge-

eine negativ-moralische Wertung nahe, sie ist je- doch einseitig, wie ein Blick in den Webster kund- tut. Dort wird auch eine an- dere Bedeutung ange- führt: „to use diligently, to do or work steadily, to keep supplying"; oder poetisch „to direct one's course, to steer". Selten hat aber ein einziges Wort zu so vielen nützlichen Denkanstößen geführt. Die Dyade Patient — Arzt ist da- mit gut umrissen. — Ich wünsche mir, es gäbe ei- nen ähnlich plakativen Be- griff für die Triade Patient

—Fachärzte!

Arzneimittelin- teraktionen würden dann sicher leichter beachtet.

Dr. med.

Magdalene Thomas

Rheinaustraße 142 5300 Bonn 3

nommen wurden, setzen gelegentlich etwas zu selbstsicher voraus, ihre Patienten müßten im be- sten Sinne der Rezeptie- rung gegenüber „Willfäh- rigkeit, Nachgiebigkeit, Gefälligkeit und Einwilli- gung" an den Tag legen.

Natürlich meine ich damit nicht die verantwortungs- volle ärztliche Arbeit ein- schließlich medikamentö- ser Hilfe, sondern eine Ge- fahr ärztlicher Gewohn- heit, deren wir uns immer bewußt bleiben sollten. Ei- ne solche Gewohnheit läuft zu Zeiten in der Be- griffsbildung mit, der ärzt- lich-allzuärztliche Wunsch nach willfährigen Patien- ten und nach Verminde- rung jener Arbeitsanforde- rungen, die in der Struktur der Arzt-Patient-Bezie- hung stecken. Praxis und Wissenschaft täten sich leichter im Umgang mit compliant patients, aber weil wir Ärzte auch Men- schen sind, kommen die Prioritäten woanders zu liegen. Der leichtere Um- gang ist hier schwerer zu

bewältigen. Wirkliche Hei- lung findet nicht auf den Wegen der willfährigen Nachgiebigkeit statt. D. W.

Winnicott, ein englischer Kinderarzt, verwendete den Terminus „Complian- ce" jedenfalls sachlich richtig (wenn auch nicht abgegrenzt gegenüber der Physiologie der Lunge). In einem Aufsatz über „Wah- res und falsches Selbst"

(1960) schreibt der Autor:

„Wo die Mutter sich nicht ausreichend einfügen kann, wird der Säugling zu einer Compliance verführt, und ein compliant falsches Selbst reagiert auf Forde- rungen der Umwelt, und der Säugling scheint sie aufzunehmen. Durch die- ses falsche Selbst baut der Säugling ein falsches Ge- füge menschlicher Bezie- hungen auf ... Das fal- sche Selbst hat eine positi- ve und sehr wichtige Auf- gabe: wahres Selbst schüt- zend aus der Beziehung herauszuhalten, und zwar auf dem Weg der Com- pliance mit Umweltforde- rungen." Sicherlich mit gu- ten Gründen dürfen wir in der Patient-Arzt-Bezie- hung unter Umständen auch Anteile früher Mutter- Kind-Beziehungen bele- ben. Der falsche und der wahre Gebrauch liegen da- bei eng beieinander. Ich denke, der Terminus

„Compliance" enthält — neben seinem medizini- schen Gebrauchswert — noch eine zweite, wertvol- le Eigenschaft: unbeab- sichtigt spiegelt er die ural- te Gefahr, in der Ärzte ste- hen, nämlich ihren Beruf zu mißbrauchen, indem der wahre und der falsche Gebrauch der Arzt-Patient- Beziehung miteinander in Vermengung geraten. Die Patienten werden sich dar- aus ihre Verse machen, ei- niges davon taucht in den Untersuchungen über die Compliance auf.

Dr. med. Christoph Biermann

Kirchgasse 9 7400 Tübingen

FRIEDEN

Zu einer, auch von Ärztegrup- pierungen getragenen, öffent- lichen Diskussion:

Erinnerung an die Heimkehrer-Ärzte

Zur Zeit stehen Friedens- initiativen und Atomwaffen an erster Stelle in Diskus- sionen und bei Demonstra- tionen. Daß die ehemals kriegsgefangenen Ärzte al- ler Seiten, die das Glück hatten heimkehren zu dür- fen nach dem Erlebnis ei- nes einmalig grausamen Krieges, schon vor Jahr- zehnten auf diese un- menschliche Gefahren ein- dringlich hingewiesen ha- ben, verschwand damals, von niemandem gehört, in der weltweiten Öffentlich- keit! In einem Manifest des 3. Heimkehrer-Ärztekon- gresses, der vom 14. bis 16. Juni 1957 in Bad Hom- burg v. d. H. stattfand, heißt es zum Beispiel: „Die weitere Fortsetzung der

Atomwaffen-Versuche stellt für die gesamte

Menschheit eine erheb- liche gesundheitliche Ge- fahr dar. Die Heimkehrer- Ärzte im Verband der

Heimkehrer, Kriegsgefan- genen und Vermißtenan- gehörigen Deutschlands e. V. fordern, getragen von der Verantwortung für die Erhaltung der Gesundheit der Menschen und die Er- haltung des Friedens der Welt, die Ärzte in aller Welt auf, dafür einzutreten, alle Atomwaffen-Versuche ein- zustellen und die Atom- energie ausschließlich zum Wohle der Mensch- heit zu nützen." Dieses Manifest wurde übrigens auch bei einer Ärzte-Ta- gung der „Confederation des anciens Prisoniers de Guerre internationale" von Ärzten aus Belgien, Frank- reich und Italien mitunter- zeichnet.

Dr. med. Herbert Gursky Hauptstraße 36

5620 Velbert 11 172 (12) Heft 4 vom 27. Januar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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