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Archiv "Unzureichender Schutz für Patienten in klinischen Prüfungen: 2 Schutz des Studienteilnehmers" (09.04.1993)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Unzureichender Schutz für Patienten in klinischen Prüfungen

1 Unrealistische Spekulationen

In seinem Artikel entwirft Kun- ze ein Szenarium schwerster körper- licher Verletzungen bei klinischen Prüfungen, die eine große Anzahl von Patienten betrifft. Der Autor stellt in seinen Schlußfolgerungen ei- ne Reihe von Fragen, die er für un- beantwortet hält, die aber tatsächlich schon längst beantwortet sind. Insbe- sondere gibt es sorgfältige Untersu- chungen zur Häufigkeit und Schwere von unerwünschten Wirkungen bei klinischen Prüfungen. Das US-Ge- sundheitsministerium hat zur Frage der Risikoabschätzung bei Human- untersuchungen eine große Studie veranlaßt (1), die über Erfahrungen von 331 Ärzten an insgesamt 133 000 Patienten und Normalprobanden be- richtet. Bei 3,7 Prozent der 133 000 Studienteilnehmer wurden uner- wünschte Ereignisse registriert, von denen jedoch 80 Prozent als trivial einzustufen waren (zum Beispiel blauer Fleck nach Blutentnahme).

Bei nicht-therapeutischer Forschung trat kein Todesfall auf. Im Zusam- menhang mit Behandlungsversu- chungen bei terminal krebskranken Patienten kam es zu 37 Todesfällen.

Insgesamt kam die Kommission, die diese Untersuchungen durchführte, zu dem Schluß, daß das Risiko, an nicht-therapeutischer Forschung teilzunehmen, nicht größer ist als das Risiko des täglichen Lebens, und das Risiko der Teilnahme an therapeu- tischer Forschung nicht größer ist als die Befolgung der Standardtherapie.

Wer hier unrealistische Progno- sen und Spekulationen in Anbe- tracht dieser Tatsachen abgibt, und damit das Klima der klinischen For- schung vergiftet, macht sich zum To- tengräber verantwortlicher klini- scher Forschung — zum Schaden der Forschung in Deutschland und, was noch schwerer wiegt, zum Schaden unserer Patienten.

Zu dem Beitrag von Professor

Dr. med. Heinrich Kunze in Heft 18/1992

Literatur

Fröhlich, J. C.: Ethik der Humanuntersuchung, Niedersächsisches Ärzteblatt 61 (1988) 5-6

Professor Dr. med.

J. C. Frölich

Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie Zentrum Pharmakologie und Toxikologie MHH Postfach 61 01 80

Konstanty-Gutschow-Straße 8 W-3000 Hannover 61

Es ist dankenswert, daß Herr Kunze auf das Problem des Patien- tenschutzes bei klinischen Prüfungen aufmerksam macht. Für den Studi- enteilnehmer ist es gegebenenfalls schwierig, einen erlittenen Schaden zu beweisen. Daher wird im europäi- schen Rahmen hierfür eine Beweis- umkehr erwogen, wie auf einer der letzten Jahresversammlungen des Arbeitskreises medizinischer Ethik- kommissionen zu erfahren war.

Nicht der Patient muß dann die Schädigung beweisen, sondern der Arzt muß sie widerlegen beziehungs- weise für Klärung sorgen. Unter Um- ständen kann dies zu unerfreulichen Auseinandersetzungen führen, be- sonders wenn als Anfangsverdacht bereits der zeitliche Zusammenhang genügt und die Haftung für unbe- grenzte Zeit gelten soll. In der Sache

besteht aber ohnehin kein Zweifel, daß Schäden durch wissenschaftliche Untersuchungen verhütet werden müssen und für unvorhersehbare Folgen Rechtsschutz bestehen muß.

Und die Forschung muß sich den Forderungen der Allgemeinheit stel- len, die heute Partnerschaft und Fortschritt zugleich erwartet. Eine ausgewogene Regelung ist zu wün- schen, welche sorgfältig geplante Un- tersuchungen nicht erschwert, aber dafür sorgt, daß sich der Patient oder Proband im — glücklicherweise selte- nen — Konfliktfall nicht in einer von vornherein ungünstigen Position be- findet. Dies mahnt Herr Kunz zu Recht an.

In diesem Zusammenhang sei noch auf ein Mißverständnis hinge- wiesen, nämlich daß viele Kollegen glauben, mit der Arzthaftpflicht- versicherung sei alles getan. Einmal gilt diese nicht ohne weiteres auch für Forschung, vor allem aber ent- schädigt sie (von Kulanzlösungen ab- gesehen) den Patienten nur dann, wenn ein Verschulden des Arztes nachgewiesen ist. Es kommt aber ja gerade darauf an, daß der Studien- teilnehmer auch dann geschützt ist, wenn kein Verschulden vorliegt (bei der Probandenversicherung nach dem Arzneimittelgesetz ist dies der Fall).

Prof. Dr. H. Jahrmärker Karl-Valentin-Straße 9 W-8022 Grünwald

Schlußwort

Für die Zustimmung von Prof.

Jahrmärker bin ich dankbar. — In der Zuschrift von Prof. Frölich sind lei- der die zusammenfassenden Wieder- gaben zu meinem Artikel („Szenari- um") falsch und damit auch seine daraus abgeleiteten Schlußfolgerun- gen. Denn ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß im Bereich

I 2 Schutz des

Studienteilnehmers

A1-1054 (66) Dt. Ärztebl. 90, Heft 14, 9. April 1993

(2)

der Psychiatrie erhebliche und an- dauernde Schäden bei klinischen Prüfungen mit Psychopharmaka ins- gesamt selten sind, und daß bei sorg- fältig geplanten und durchgeführten klinischen Prüfungen ein hoher Si- cherheitsgrad für Patienten realisiert wird.

Es geht darum, die Rechtspositi- on von Patienten, die einen Schaden erleiden können, zu verbessern, da- mit ihnen die informierte Entschei- dung für die Teilnahme an einer kli- nischen Prüfung erleichtert wird.

Wer das Anliegen und die kon- kreten Ausführungen meines Arti- kels so dramatisierend und tendenzi- ös verfälscht, der setzt sich dem Ver- dacht aus, die Interessen (wissen-

Unnötig, gefährlich, teuer

Mit Bestürzung muß ich zur Kenntnis nehmen, mit welch prophe- tischer Überzeugungskraft eine der- art unnötige, teure und gefährliche Chemoprophylaxe zur allgemeinver- bindlichen Lehrmeinung erhoben werden soll.

Sie ist unnötig, denn selbst in dem zitierten Handbuch von Feigin wird sie zwar empfohlen, aber doch ihre Wirksamkeit in Frage gestellt.

Auch haben es die Autoren unterlas- sen, das Ergebnis einer darauf aus- gerichteten großen epidemiologi- schen Studie aus Schweden zur Kenntnis zu nehmen (B. Trollfors:

Acta Paediatr. Scand 80: 795-797, 1991). Dort wird anhand von 1341 Fällen nachgewiesen, daß durch eine entsprechende Rifampicin-Umge- bungsprophylaxe bei invasiven H.- influenzae-B-Infektionen nur weni- ger als ein Prozent der Erkrankun- gen verhindert werden könnte. Soll- ten die jetzt propagierten Richtlinien gerechtfertigt sein, dann hätten ei-

schaftliche, finanzielle . . .?) klini- scher Forschung verabsolutieren zu wollen. Die klinische Forschung be- hindert, wer Patienten wie einen ver- fügbaren Besitzstand („unsere Pa- tienten") ansieht, es folglich nicht für notwendig hält, die Rechtspositi- on von Patienten in klinischen Prü- fungen zu verbessern — und damit für Patienten die informierte Zustim- mung nicht erleichtert.

Professor Dr. med.

Heinrich Kunze Ärztlicher Direktor

Psychiatrisches Krankenhaus Merxhausen

W-3501 Emstal/Kreis Kassel

Zu dem Beitrag von Dr. med. Jörg E. Hoppe, Prof. Dr. med. Helmut Helwig und Mitarbeitern

in Heft 24/1992

gentlich entgegen jeglicher Erfah- rung in den Kinderkrippen mit Kleinkindern in der ehemaligen DDR häufig derartige Endemien auftreten müssen.

Sie ist gefährlich: Wir alle wissen doch, daß Rifampicin als hochwirk- sames Antibiotikum ganz unange- nehme Nebenwirkungen haben kann.

Sie ist teuer. Und wer trägt die Kosten für eine solche übertriebene seuchenhygienische Maßnahme?

Weder Privatkassen noch die gesetz- lichen Krankenkassen lassen sich da-

zu verpflichten, handelt es sich doch um eine Behandlung Gesunder mit einem teuren Medikament, das ge- fährliche Nebenwirkungen haben kann, nur unter dem Verdacht, es könnte sich vielleicht (5 bis 25 Pro- zent) um Keimträger handeln.

Wer übernimmt die Verantwor- tung für die Medikamentenneben- wirkungen?

Ich kann mich nur wundern, daß derartige Richtlinien, die weit über die Bestimmungen unseres Bundes- seuchengesetzes hinausgehen, über- haupt veröffentlicht werden, zumal sie durch die allgemein akzeptierte Hib-Impfung im frühen Säuglingsal- ter ja auch gegenstandslos werden.

Dr. med. Volker Schöck Chefarzt an der Kinderklinik der Krankenanstalten Gilead W-4800 Bielefeld 13

Schlußwort

Die engagierte Kritik von Herrn Schöck beschäftigt sich einmal mit der Frage, ob diese Prophylaxe er- forderlich ist. Da es in der Bundesre- publik keine verläßlichen epidemio- logischen Daten gibt, sind wir, wie so oft, auf die Erhebungen in den USA, die natürlich auch unvollständig sind, angewiesen. Ebenso wie in den USA hat sich das Alter der an Hae- mophilus-Meningitis erkrankten Kinder in den letzten zehn Jahren immer weiter vermindert, so daß die Mehrzahl der Erkrankten inzwi- schen jünger als zwei Jahre alt war.

Wir haben 1985 in einer ersten Stel- lungnahme zur Meningitis-Prophyla- xe (ZAC 3 (1985) 87-92) die damals schon aufgestellten Empfehlungen zur Umgebungsprophylaxe in den USA noch nicht übernommen. Zwi- schenzeitlich hat sich durch die oben angeführte Verjüngung der Kinder und den zunehmenden Kontakt jun- ger Kinder in Gemeinschaftseinrich- tungen die Situation gewandelt, und wir haben die derzeit gültigen Emp- fehlungen der USA, wie sie an vielen Stellen publiziert sind (Report of the Commitee of Infectious Diseases 1991 der American Academy of Ped- iatrics, P. D. Hoeprich und N. C.

Jordan (Herausgeber): Infectious Diseases 4. Auflage 1989, J. P. Lip-

Chemoprophylaxe bei Meningitis durch

Haemophilus influenzae Typ B

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