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Archiv "HONORARPOLITIK: Trotz scheinbaren Widerspruchs — gemeinsamer Nenner" (22.07.1976)

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Spektrum der Woühe Aufsätze • Notizen Briefe an die Redaktion

leuchtendroten Zweisitzer. Auf Empfehlung der Kassenärztlichen Vereinigung habe ich nach langem Bedenken meine Sprechstunden auf die Bestellpraxis umgestellt.

Die übliche technische Einrichtung einer internen Fachpraxis steht auch mir zur Verfügung. Allerdings ist mir ein Trost geblieben. Den Äs- kulapstab führe ich nicht in der Ecke der Windschutzscheibe, son- dern in der Mitte; von einer überra- genden Intelligenz ist mir nichts bekannt; ich bin leider nicht immer gelassen, sondern häufig sehr im- pulsiv; Anlagen zum Playboy habe ich leider nicht.

Es erhebt sich nun die Frage: bin ich verpflichtet, bei einer Umge- staltung meiner Praxis das als Zu- behör angeführte phantastische Badezimmer für Patientinnen ein- zurichten, um meinem Image ge- recht zu werden?

Dr. med. Klaus Reichel

Facharzt für innere Krankheiten Hindenburgplatz 11

8562 Hersbruck

HONORARPOLITIK

Die im April dieses Jahres zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) und den Bundesverbänden der Pflichtkrankenkassen geschlossene Empfehlungsvereinbarung sieht eine Begrenzung des Zuwachses der kas- senärztlichen Gesamtvergütung für die Jahre 1976 und 1977 jeweils 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr vor. Ein Leser stellt dieser Vereinbarung eine Fest- stellung des Präsidenten der Bundes- ärztekammer, Professor Sewering, ge- genüber, der in einem Interview mit

„Bild am Sonntag" kürzlich betonte,

„daß sich die wissenschaftliche Ent- wicklung der Medizin nicht an der Ent- wicklung der sogenannten Grundlohn- summe und nicht am Bruttosozialpro- dukt orientieren" könne. (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 19/1976, Seite 1274 ff.; 20/1976, Seite 1349 ff.):

Trotz

scheinbaren Widerspruchs — gemeinsamer Nenner

Hier scheinen sich zwei Auffassun- gen diametral gegenüberzustehen.

Die eine unterstellt, daß auch in Zukunft die wissenschaftliche Ent-

wicklung der Medizin weitergehen und entsprechende Aufwendungen erfordern wird. Wolle der Bürger an diesem Fortschritt teilnehmen, müsse er gegebenenfalls steigende Kosten in Kauf nehmen. Die andere Auffassung hält im Prinzip an ei- nem bestimmten Prozentsatz der Grundlohnsumme für den Beitrag zur gesetzlichen Krankenversiche-

rung fest und fordert eine Anpas- sung der Arzthonorare hieran.

Die erstgenannte Ansicht ent- spricht einer hohen ärztlichen Be- rufsauffassung, welche die Früchte des medizinischen Fortschritts nie- mandem vorenthalten möchte. Da- gegen geht die Konzeption der Empfehlungsvereinbarung davon aus, daß die Belastung der der gesetzlichen Krankenversicherung angehörenden Patienten bereits dicht unter einer Höchstgrenze liegt, deren Überschreiten sozial nicht mehr zumutbar ist. Trotz des scheinbaren Widerspruchs lassen sich jedoch beide Einstellungen auf einen gemeinsamen Nenner bringen.

Ließ der Arzt sich bisher vielleicht vom Gesichtspunkt des Wün- schenswerten oder Gewünschten leiten, so soll er nach der Ver- einbarung nur das „Notwendige, Zweckmäßige und Wirtschaftliche"

tun. Mit Blickrichtung auf neuere medizinische Errungenschaften würde das heißen, daß diese dem Patienten im Bedarfsfall zugute kommen, daß jedoch vermeidbare Behandlungen unterbleiben. Es wird sich also eine „selektive Me- dizin" entwickeln. Der Arzt wählt aus, welche diagnostischen und therapeutischen Methoden er im Hinblick auf die medizinische Dringlichkeit und die entstehenden Kosten anwenden will. Dabei wird er im Einzelfall nicht umhin kön- nen, auf entbehrliche Behandlungen zu verzichten. Insbesondere bei Bagatellfällen muß er gelegentlich bereit sein, einen Patienten wieder nach Hause zu schicken. Hier wird mit dürren Worten eine Entwick- lung beschrieben, die zweifellos sehr schwer zu vollziehen sein wird. Sie fordert vom behandeln-

den Arzt im Einzelfall ein hohes Maß an Einsicht und Mut. Er wird sich, wenn nötig, zu einer unpopu- lären Verhaltensweise entschließen müssen. Andererseits muß gefragt werden, welche Alternative sich denn sonst anbietet. Bekannt sind mittelfristige Prognosen, die ein Ansteigen der Krankenkassenbei- träge auf besorgniserregende Hö- hen voraussagen. Es liegen auch langfristige Vorausschätzungen vor, wonach noch innerhalb einer Generation das gesamte Sozialpro- dukt völlig oder doch weitgehend von den Ausgaben für die medizini- sche Versorgung aufgezehrt wer- den wird. Irgendwann wird also auf Biegen und Brechen etwas Ein- schneidendes geschehen müssen.

Der medizinische Fortschritt kann nicht gestoppt werden. Anderer- seits liegen für ein Zurückgehen der Morbidität, insbesondere der Zivilisationskrankheiten, keine An- zeichen vor. Die Lösung kann da- her nur in einer Verlagerung der ärztlichen Tätigkeit auf das wirk- lich Notwendige bestehen. Es ist zu hoffen, daß auch der Patient die nötige Einsicht hierfür aufbringen wird.

Mancher praktizierende Arzt wird diese Aufgabe als unzumutbar empfinden. Er wird unter Hinweis auf sein Berufsethos vielleicht ver- langen, daß ihm andere Stellen das Selektieren abnehmen. Aber wer anders könnte dies tun als wieder- um ein Arzt? Offen kann lediglich sein, ob die Definition des „Not- wendigen" durch die Organisatio- nen bzw. Körperschaften der Ärzte selbst oder aber durch Medizinal- beamte geschehen soll. Es spricht sicher einiges dafür, daß die Über- tragung auf beamtete Ärzte ein deutlicher Schritt in Richtung auf die Staatsmedizin wäre. Deshalb war die Empfehlungsvereinbarung ein Schritt in die richtige Richtung.

Berend Feddersen Vorstandsmitglied der Deutschen

Kranken-Versicherungs-AG Aachener Straße 300 5000 Köln 41

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 30 vom 22. Juli 1976 1995

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