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Archiv "Off-label-Gebrauch: Instrumentalisierung für wirtschaftliche Zwecke" (05.08.2013)

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5. August 2013

OFF-LABEL-GEBRAUCH

Instrumentalisierung für wirtschaftliche Zwecke

Zur Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration werden sowohl Avastin als auch Lucentis eingesetzt. Obwohl nur Lucentis für die Indikation zugelassen ist, wird das deutlich billigere Avastin weiterhin off-label verordnet – sehr oft zu Unrecht.

Maximilian Gaßner

W

ann dürfen Ärzte Arznei- mittel außerhalb ihrer zugelassenen Anwendungsge- biete (off-label) verordnen? In welchen Fällen dürfen Kranken- kassen die Kosten für diese Arz- neimittel erstatten? Am Beispiel der Medikamente Avastin (Be- vacizumab) und Lucentis (Rani- bizumab) zeigt sich, wie weit hier die Ansichten auseinander- gehen. Beide Wirkstoffe werden zur Behandlung der altersbe- dingten feuchten Makuladege- neration eingesetzt, doch nur Lucentis verfügt über eine arz- neimittelrechtliche Zulassung in diesem Anwendungsgebiet. Das wesentlich billigere Avastin da- gegen wird seit 2005 off-label eingesetzt. Die Befürworter be- rufen sich dabei auf die Recht - sprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum off-label use und auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Es er- scheine „ethisch gerechtfertigt und wirtschaftlich gut begründet“, Avas- tin Lucentis vorzuziehen (siehe auch DÄ, Heft 15/2013). Diese Argumen- tation steht jedoch im Widerspruch zum Sinn und Zweck des off-label use und verkennt den Umfang des Wirtschaftlichkeitsgebots.

Off-label nur im Ausnahmefall Wie ist die rechtliche Situation?

Nach § 31 Sozialgesetzbuch (SGB) V hat ein Versicherter grundsätz- lich Anspruch auf die Versorgung mit medizinisch notwendigen Arz- neimitteln. Das SGB V sieht al - lerdings Einschränkungen vor. So sind die meisten nicht verschrei-

bungspflichtigen Arzneimittel von der Erstat tungsfähigkeit ausgeschlos- sen. Durch Richterrecht hat sich der Grundsatz herausgebildet, dass Arz- neimittel nur dann von der gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) erstattet werden dürfen, wenn sie in dem Anwendungsgebiet verordnet werden, für das sie arzneimittel- rechtlich zugelassen sind. Das Feh- len einer Zulassung deuten die Ge- richte als eine Art „formalisiertes In- diz“ für die Unzweckmäßigkeit oder Unwirtschaftlichkeit eines Arznei- mittels. Im SGB V fehlt ein aus- drücklicher Rechtssatz, dass Arznei- mittel nicht off-label zulasten der GKV verordnet werden dürfen. Der Gesetzgeber hat jedoch in § 35 c SGB V (Zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln) und in § 2 Absatz 1 a SGB V (Erstat- tungsfähigkeit von Verordnungen

für Versicherte mit einer le - bensbedrohlichen Krankheit) die Off-label-Verordnung in Aus- nahmefällen vorgesehen.

Auch die Gerichte haben Aus- nahmen vom Grundsatz einge- räumt, dass Arzneimittel nur dann von den Krankenkassen er- stattet werden dürfen, wenn sie im zugelassenen Anwendungs- gebiet angewendet werden. Zu- nächst hatte das Bundessozial - gericht (BSG) eine Erstattungs- pflicht für den off-label use be- jaht, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, anderwei - tige Behandlungsmöglichkeiten fehlen und nach wissenschaft - lichem Stand eine begründete Aussicht auf einen Behandlungs- erfolg besteht.

Im sogenannten Nikolausbe- schluss hat das Bundesverfassungs- gericht (BVerfG) am 6. Dezember 2005 die Anforderungen des BSG an den Wirksamkeitsnachweis für Fälle schwerster (also mehr als schwer- wiegender) Erkrankungen gelockert.

Danach darf bei einer weit voran - geschrittenen unmittelbar lebensbe- drohlichen Erkrankung (erste Voraus - setzung) der Versicherte bei Fehlen anderweitiger Behandlungsmöglich- keiten (zweite Voraussetzung) nicht dar auf verwiesen werden, die Kosten für eine nicht zugelassene Behand- lungsmethode selbst zu überneh- men, sofern es ernsthafte Hinweise dafür gibt, dass die nicht zugelassene Behandlungsmethode wirksam sein kann (dritte Voraussetzung).

Unter dem Eindruck des Niko- lausbeschlusses hat das BSG seine bisherige Rechtsprechung erweitert Blinder Fleck: Um

ein Fortschreiten der Makuladegene- ration zu verhindern oder die Sehfähig- keit zu verbessern, werden die VEGF- Inhibitoren Lucentis und Avastin ins Au- ge injiziert.

Foto: Cordelia Molloy/SPL/Agentur Focus

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und festgestellt, dass die GKV die Kosten für eine Behandlung mit ei- nem nicht zugelassenen Arzneimit- tel übernehmen muss, wenn Pa - tienten an schwersten, das heißt lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen leiden, es keine alternative Behand- lungsmöglichkeit gibt und eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwir- kung auf den Krankheitsverlauf be- steht („grundrechtsorientierte Leis- tungsausweitung“).

Preis darf kein Kriterium sein Im Fall von Avastin hat das BSG im Juli 2012 entschieden, dass das Prä- parat weder in Anwendung der von ihm begründeten Rechtsprechung zum off-label use noch unter Be- rücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur grundrechtsorien- tierten Leistungsausweitung von der Leistungspflicht der GKV erfasst ist.

Die medizinische Datenlage lasse keine Aussicht auf einen Behand- lungserfolg erkennen. Auch für ei- ne grundrechtsorientierte Leistungs- pflicht nach den Maßstäben des BVerfG fehle die Voraussetzung, ur- teilte das BSG. Denn bei einem Makulaödem handle es sich nicht um eine Krankheit, die wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Er- krankung vergleichbar sei. Hierzu zähle zwar der Fall einer drohenden Erblindung, nicht aber eine Krank- heit unterhalb dieser Schwelle, wie beispielsweise eine hochgradige Be- einträchtigung der Sehfähigkeit.

Allerdings wurde in mehreren instanzgerichtlichen Entscheidun- gen der Off-label-Einsatz von Avas- tin zur Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegenerati- on nicht beanstandet, obwohl zu diesem Zeitpunkt mit Lucentis eine zugelassene Therapiemöglichkeit vor handen war. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit der Gene- rierung von Einsparpotenzialen und der Erschließung von Wirtschaft- lichkeitsreserven durch den Einsatz des deutlich billigeren Avastin (sie- he auch DÄ, Heft 15/2013, „Beva - cizumab versus Ranibizumab – Ist off-label use geboten?“). So hatte das Sozialgericht Düsseldorf be-

reits im Juli 2008 entschieden, dass vor dem Hintergrund beschränkter finanzieller Ressourcen der GKV unverändert ein Bedürfnis nach dem Einsatz von Avastin bestehe.

Diese Argumentation lässt sich weder aus dem Wirtschaftlichkeits- gebot (§ 12 SGB V) noch aus sonsti- gen Vorschriften des SGB V ableiten und steht dem Sinn und Zweck des sozialrechtlichen off-label use entge- gen: Das Bundesverfassungsgericht hat den off-label use aus den Grund- rechten des Artikels 2 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprin- zip abgeleitet, sowie im Einzelfall darüber hinaus auch aus den Grund- rechten auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das BSG hat in sei- ner Rechtsprechung zum off-label use von Anfang an ausschließlich mit der medizinischen Notwendig- keit argumentiert, zu der es aufgrund von Defiziten im Arzneimittelrecht kommen kann. Dementsprechend dient der sozialversicherungsrechtli- che off-label use allein dem Interesse und dem Schutz der Versicherten und nicht dem Schutz seiner Kran- kenversicherung vor finanzieller Überforderung oder der finanziellen Stabilität des Versicherungssystems.

Die sozialrechtlichen Vorschrif- ten des SGB V sind ihrem Wesen nach öffentlich-rechtliche Kosten- tragungsregeln. Sie regeln überwie- gend nur die Frage, unter welchen Bedingungen die GKV die Kosten einer Krankenbehandlung überneh-

men darf. Sind die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme, wie sie

§ 31 SGB V, § 35 c, § 2 Absatz 1 a SGB V sowie die Rechtsprechung von BSG und BVerfG vorsehen, nicht erfüllt, hat der Versicherte we- der einen Anspruch auf Sachleis- tung noch auf Kostenerstattung für die Behandlung mit einem off-label verordneten Medikament.

Das bedeutet allerdings nicht, dass auch das Haftungsrecht den Arzt daran hindert, das jeweilige Medikament off-label zu verord- nen. Grundlage hierfür sind die schuldrechtlichen und deliktsrecht- lichen Sorgfaltspflichten des Arztes bei der Heilbehandlung. Es ist ohne weiteres möglich, dass die Vorga- ben des Haftungsrechts vom Arzt mehr verlangen als der sozialrecht- liche Standard vorsieht.

Unterschied im Haftungsrecht Nach den Vorgaben des Haf - tungsrechts muss eine Behandlung dem medizinischen beziehungs- weise Fach arztstandard entspre- chen. Maßstab sind unter anderem die Grundsätze der evidenzbasierten Medizin. Das heißt, dass medizini- sche Maßnahmen, deren Wirksam- keit nach den Kriterien der evidenz- basierten Medizin als gesichert gilt, bei der Bestimmung des medizini- schen Standards berücksichtigt wer- den müssen. Hierzu kann durchaus auch die Behandlung mit einem nicht oder nicht für diese Indikation zugelassenen Arzneimittel gehören.

Der medizinische Standard orientiert sich – sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht – am Leitbild eines erfah- renen Facharztes im besonderen Ver- kehrskreis des betroffenen Arztes.

Dagegen spielt es haftungsrecht- lich keine Rolle, ob alle Vorausset- zungen des sozialrechtlichen off- label use erfüllt sind. Haftungs- rechtlich ist zum Beispiel ein off-label use auch dann zulässig, wenn der Versicherte nicht an einer schwerwiegenden Krank- heit leidet. Der off-label use muss lediglich dem medizini- schen Standard beziehungswei- se den Grundsätzen der evidenz- basierten Medizin entsprechen.

Nach den Umständen des Ein- zelfalls kann auch die Anwen- Blocken den

Wachstumsfaktor VEGF: Mittlerweile belegen Studien, dass Avastin Lucen- tis bei der Therapie der altersbedingten feuchten Makulade- generation nicht unterlegen ist.

Fotos: Novartis, Roche

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5. August 2013 dung einer Methode, für deren Wirk-

samkeit es nur vage Vermutungen gibt, mit dem medizinischen Stan- dard und sogar mit den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin ver- einbar sein, etwa wenn keine Be- handlungsalternative mit höherem Evidenzgrad bekannt oder verfügbar ist und das Risiko von Nebenwirkun- gen entweder beherrschbar erscheint oder nach einer Folgenabwägung be- wusst in Kauf genommen wird.

Fragwürdige Avastin-Verträge Eine solche Situation bestand für den Arzt, der Avastin zur Behand- lung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration einsetzte, al- lenfalls bis zur Zulassung des Medi- kaments Lucentis. Danach hat sich die Situation jedoch grundlegend ge- ändert. Mit der Zulassung von Lu- centis ist eine Behandlungsmethode verfügbar, deren Wirksamkeit noch dazu mit einem hohen Evidenzgrad, das heißt mittels randomisierter kon- trollierter Studien belegt ist.

Genau genommen hätte sich eine Off-label-Behandlung mit Avastin ab diesem Zeitpunkt zunächst nicht mehr am herkömmlichen Schema der Evidenzhierarchie orientiert und wäre daher unter haftungsrechtli- chen Gesichtspunkten wohl allenfalls nach einer sehr umfassenden Aufklä- rung des Patienten über diesen Um- stand und einer dennoch erteilten Einwilligung zulässig gewesen. Für die Wirksamkeit von Avastin lagen nämlich zunächst keine gesicherten Studien vor, sondern lediglich Nach- weise geringerer Evidenz. Das be- deutet, dass der Arzt – ungeachtet der nach wie vor bestehenden Notwen- digkeit einer Aufklärung über mögli- che schwere systemische Nebenwir- kungen und den nach wie vor fehlen- den Zulassungsstatus von Avastin – auch über den minderwertigeren Wirksamkeitsnachweis gegenüber Lucentis hätte aufklären müssen.

Diese Situation könnte sich inzwi- schen durch Wirksamkeitsstudien in den USA und Großbritannien geän- dert haben. Trotz der vielverspre- chenden Ergebnisse dieser Studien bleibt jedoch festzuhalten, dass diese nicht wie Zulassungsstudien von ei- ner neutralen Institution, sprich einer Zulassungsbehörde, geprüft wurden.

Letztlich wurden die Studien von ophthalmologischen Fachgesellschaf- ten bewertet, die weder institutionell unabhängig sind noch Neutralität ge- währleisten können. Erschwerend kommen ökonomische Interessen- konflikte hinzu, denn die Funktio- näre, Mitarbeiter und Mitglieder der Fachgesellschaften sind in vie- len Fällen gleichzeitig Profiteure von rechtswidrigen Avastin-Verträ- gen mit den Krankenkassen.

Bis zum heutigen Tag fehlt eine Regelung des Bewertungsausschus- ses, dem Vertreter der Krankenkas- sen und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung angehören, zur ärzt- lichen Vergütung der Injektion von Avastin. Sowohl das Bundesge- sundheitsministerium als zuständi- ge Aufsichtsbehörde als auch das Bundesversicherungsamt haben den Ausschuss mehrfach ermahnt, eine entsprechende Gebührenordnungs- position im Einheitlichen Bewer- tungsmaßstab zu schaffen. Gesche- hen ist nichts, obwohl zwischen- zeitlich Jahre vergangen sind. Honi soit qui mal y pense . . .

Das Gesundheitswesen ist ge- prägt von ökonomischen Interessen.

Die Krankenkassen haben ein Inter - esse daran, dass das billige Avastin verordnet wird. Die Ärzte haben ein Interesse daran, dass sie ordentlich bezahlt werden. In diesem Fall lau- fen beide Interessen in die gleiche Richtung. Doch der Deal zwischen Krankenkassen und Ärzten geht zu- lasten der Patienten. Denn sie erhal- ten nicht das Medikament, auf das sie einen gesetzlichen Anspruch ha- ben. Geprellt wird auch der Herstel- ler von Lucentis, der ein zugelasse- nes Medikament vermarktet. Da Pharma-Bashing sich aktuell großer politischer Beliebtheit erfreut, wun- dert es nicht, wenn die Aktion als

„ethisch gerechtfertigt und wirt- schaftlich gut begründet“ von den Profiteuren des off-label use ver- marktet wird.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2013; 110(31–32): A 1474–6

Anschrift des Verfassers Dr. iur. Maximilian Gaßner

Präsident des Bundesversicherungsamtes Friedrich-Ebert-Allee 38

53113 Bonn

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit3113

Avastin (Bevacizumab), entwickelt von Genentech, einem Tochterunternehmen des Pharmakonzerns Roche, ist seit 2005 zur Therapie verschiedener Krebserkrankungen zugelassen. Der VEGF-Blocker wird auch zur Therapie der altersbedingten feuch- ten Makuladegeneration eingesetzt, allerdings au- ßerhalb seiner zugelassenen Anwendungsgebiete (off-label). 2007 kam mit Lucentis (Ranibizumab) das bislang einzige zugelassene Präparat zur Be- handlung der altersbedingten feuchten Makulade- generation auf den Markt. Es wurde ebenfalls von Genentech in Zusammenarbeit mit dem Pharma- konzern Novartis entwickelt, der knapp ein Drittel des stimmberechtigten Kapitals von Roche hält.

Seit der Markteinführung von Lucentis gibt es Streit darüber, ob das wesentlich billigere Avastin weiterhin off-label verordnet werden darf und wenn ja, ob die gesetzlichen Krankenkassen die Behandlungskosten übernehmen dürfen. Denn obwohl mittlerweile Studien belegen, dass Avastin Lucentis nicht unterlegen ist, hat Roche bisher darauf verzichtet, für das Medikament eine erwei- terte Zulassung zu beantragen. Augenärzte und

Krankenkassen agieren seither in einer Grauzone.

Nach wie vor fehlt auch eine Gebührenordnungs- position im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für die Injektion von Avastin. Statt dessen schließen Augenärzte und Krankenkassen indivi- duelle Verträge. Kritiker behaupten, dass davon beide Seiten profitieren und deshalb kein Interes- se an einer formalen Lösung haben.

In DÄ, Heft 15/2013, forderten die Autoren des Beitrags „Bevacizumab versus Ranibizumab – Ist off-label use geboten?“, Avastin auch weiterhin zu- lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in der Augenheilkunde einzusetzen. Wolle man die Finan- zierbarkeit des Gesundheitswesens langfristig si- chern, müsse der Gesetzgeber Regelungen treffen, die eine Erstattung von Medikamenten nicht an de- ren formaljuristischen Zulassungsstatus knüpfen.

Der Präsident des Bundesversicherungsamtes, Maximilian Gaßner, sieht das anders. Der off-label use diene ausschließlich dem Schutz der Patien- ten bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegen- den Erkrankungen, nicht aber den finanziellen Interessen der Krankenkassen. HK

DER STREIT UM AVASTIN

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5. August 2013 A 4 LITERATURVERZEICHNIS HEFT 31−32/2013, ZU:

OFF-LABEL GEBRAUCH

Instrumentalisierung

für wirtschaftliche Zwecke

Zur Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration werden sowohl Avastin als auch Lucentis eingesetzt. Obwohl nur Lucentis für die Indikation zugelassen ist, wird das deutlich billigere Avastin weiterhin off-label verordnet – sehr oft zu Unrecht.

Maximilian Gaßner

LITERATUR

1. Gaßner M, Strömer JM: SGb 2011; 421, 425 ff. m. w. N.

2. Gaßner M, Strömer JM: SGb 2011; 421, 426.

3. Schramm F, Witte M: In: Sodan H: Hand- buch des Krankenversicherungsrechts 2010; § 10 Rdnr. 88. Flint T: In: Hauck K, Noftz W: SGB V, K § 31 Rdnr. 40.

4. Reese U, Stallberg CG: In: Dieners P, Ree- se U: Handbuch des Pharmarechts 2010;

§ 17 Rdnr. 123. Schramm F, Witte M: In:

Sodan H: Handbuch des Krankenversiche- rungsrechts 2010; § 10 Rdnr. 88. Flint T:

In: Hauck K, Noftz W: SGB V, K § 31 Rdnr.

40. Schmidt R: In Peters H: KV (SGB V);

§ 31 Rdnr. 115.

5. Gaßner M, Strömer JM: SGb 2011; 421, 425.

6. Ständige Rechtsprechung seit Bundes - sozialgericht, Urteil vom 19. März 2002, Az.: B 1 KR 37/00 R.

7. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Dezember 2005, Az.: 1 BvR 347/98.

8. In der Folge: Bundessozialgericht, Urteil vom 4. April 2006, Az.: B 1 KR 7/05 R;

zuletzt Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2012, Az.: B 1 KR 25/11 R.

9. Gaßner M: NZS 2013; 262 ff.

10. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2012, Az.: B 1 KR 25/11 R.

11. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2012, Az.: B 1 KR 25/11 R.

12. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2012, Az.: B 1 KR 25/11 R.

13. Sozialgericht Düsseldorf, Beschluss vom 23. August 2007, Az.: S 2 KA 104/07 ER;

bestätigt durch Landessozialgericht Nord- rhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Feb- ruar 2008, Az.: L 11 (10) B 17/07 KA ER;

Sozialgericht Köln, Beschluss vom 11.

Februar 2008, Az.: S 26 KN 24/09 KR ER;

Sozialgericht Köln, Beschluss vom 9. Au- gust 2010, Az.: S 26 KN 108/10 KR ER.

14. Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 2. Juli 2008, Az.: S 2 KA 181/07; Landessozial- gericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Feburar 2008, Az.: L 11 (10) B 17/07 KA ER.

15. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2002, Az.: B 1 KR 37/00 R.

16. Gaßner M, Strömer JM: MedR 2012; 159, 163.

17. Gaßner M, Strömer JM: MedR 2012; 159, 163.

18. Oberlandesgericht Düsseldorf, VersR 1987; 414 f.; Greiner H-P: In: Spickhoff A (Hrsg.): Medizinrecht 2011; §§ 823 ff.

BGB Rdnr. 21; Gaßner M, Strömer JM:

MedR 2012; 159, 164.

19. Gaßner M, Strömer JM: MedR 2012; 159 ff. m. w. N.

20. Oberlandesgericht Köln, VersR 1991; 186 ff.; Deutsch E, Spickhoff A: Medizinrecht.

6. Aufl. 2008; Rdnr. 1289.

21. Bundesgerichtshof, MedR 2000; 529, 532; Bundesgerichtshof in Zivilsachen 88, 248, 254; Bundesgerichtshof in Strafsa- chen 43, 306, 311.

22. Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Jonitz G, Donner-Banzhoff N: Lehrbuch Evidenz- basierte Medizin. 2. Auflage 2007; 393 ff.

23. Gaßner M, Strömer JM: MedR 2012;

159 f.

24. Gaßner M, Strömer JM: MedR 2012;

159 f.

25. Vgl. das Schema der „Levels of Evidence“

des Centre for Evidence-based Medicine der Universität Oxford, das seit 1998 kon- tinuierlich fortentwickelt wird.

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Referenzen

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