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Archiv "Off-label-Gebrauch: Abseits der Versorgungsrealität" (18.10.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 42

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18. Oktober 2013 A 1971

Das Leser-Forum

TELEKON S ULTA TION

Von der telemedizi- nischen Fachkonsul- tation zwischen Hausarzt und Hals- Nasen-Ohren-Arzt profitieren alle Be- teiligten (DÄ 35–36/

2013: „Interdisziplinäre Telekonsultati- on: Erfahrungen in der HNO-Heilkunde“

von Iris Gollnick und Thomas Lipp).

Medizinisch zweifelhaft

Telemedizinische Beratungen, Kon- sultationen und Diagnosestellungen, die gegebenenfalls in Therapien münden, sind haftungsrechtlich kri- tisch, aber vor allen Dingen medizi- nisch zweifelhaft. Der Artikel sug- geriert, die persönliche HNO-fach- ärztliche Untersuchung mittels tele- medizinischer Übermittlung von Untersuchungsbildern des Hausarz- tes an den Facharzt unter gewissen Umständen ergänzen oder ersetzen zu können. Der Facharzt untersucht aus gutem Grund den Gehörgang und das Trommelfell binokular mit dem Mikroskop, also dreidimensio- nal. Veränderungen der Zunge und des Mundbodens bedürfen nicht nur der Betrachtung, sondern auch der Palpation. Das gilt auch für Verän- derungen/Asymmetrien der Tonsil- len. Nicht selten ist eine ultrasono- graphische Beurteilung des Lymph- knotenstatus zusätzlich zur Palpati- on und zur Inspektion gerade bei Mundhöhlenbefunden diagnoselei- tend. Durch bloße Betrachtung von Veränderungen in der Nase lässt sich nicht entscheiden, ob es sich um ei- nen Polypen oder zum Beispiel um eine Meningo-(Encephalo)-Cele handelt, was gänzlich andere diag- nostische und therapeutische Konse- quenzen hätte. Das seien nur einige Beispiele, die die Limitation der Te- lemedizin zur Übermittlung von HNO-Untersuchungsbefunden, wie im Artikel beschrieben, aufzeigen.

Auf die möglichen Risiken, die da- raus entstehen können, wird in kei-

ner Weise eingegangen. Festzustel- len ist, dass sich für solche komple- xen Befundkonstellationen durch Dritte erstellte telemedizinisch über- tragbare Bilder nicht eignen, um zu einer belastbaren Diagnose zu gelan- gen. Der Analogieschluss zur Telera- diologie, die ein schon etabliertes Verfahren ist, ist falsch. Bezüglich der Beurteilung von solchen Bildern ist es durch die allgemeine Fächer- abtrennung der Radiologie auch au- ßerhalb telemedizinischer Verfahren Konsens, dass der Radiologe nur die Bilder befundet, aber eben nicht zu dem Gesamtkrankheitsbild bindend und verantwortlich Stellung nimmt.

Im DÄ-Beitrag gibt es keinen Hin- weis auf Interessenkonflikte. Das IRDC ist aber von namhaften Fir- men, die natürlich ein Interesse ha- ben, zum Beispiel Optiken, Endo- skopie-Einheiten und Telemedizin- technik zu verkaufen, getragen/un- terstützt. Frau Gollnick ist Zentrums- managerin der IRDC GmbH. Die an der Untersuchung beteiligten HNO- Fachärzte sind zum Teil Angestellte eines MVZ (Kopfzentrum Leipzig).

Aussagekräftige Untersuchungen von Ohren, Nasenhaupthöhlen und tieferem Rachen mit Endoskopen bergen eine gewisse Unannehmlich- keit für den Patienten und Verlet- zungsgefahr, wenn man sich dem darzustellenden Objekt hinreichend annähert. Gerade im empfindlichen äußeren Gehörgang und der zu Blu- tungen neigenden Nase ist dieses zu beachten. HNO-Ärztinnen und HNO-Ärzte lernen diese Techniken in ihrer Ausbildung über Monate und Jahre, um sie dann perfekt und für den Patienten schmerzarm und sicher anwenden zu können.

Bleibt zum Schluss nur anzumer- ken, dass in der vorgelegten Studie eben nicht alle 102 Patienten dem HNO-Facharzt zur körperlichen Un- tersuchung vorgestellt wurden. Bei diesen bleibt also der weitere Verlauf der Krankheit im Dunkeln. Dies wä- re aber eine weitere wichtige Kon- trolle zur Verifizierung der Studie

gewesen. Dass die Eindrücke der HNO-Facharztseite in der Studie sehr gut abschneiden, ist aufgrund der oben genannten Zusammenhän- ge nicht weiter verwunderlich. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, ist dieser Artikel als maskiertes Marketing zu bewerten.

Wir distanzieren uns daher entschie- den von Inhalt und Schlussfolgerun- gen aus dieser Studie aufgrund nicht vorhandener Wissenschaftlichkeit.

Dies ist kein generelles Statement gegen die Telemedizin, jedoch ist die HNO-Facharztuntersuchung für die beschriebene Übertragungstech- nik gänzlich ungeeignet.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Roland Laszig, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie, 53113 Bonn

Dr. med. Dirk Heinrich, Präsident des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte,

24539 Neumünster

O S U

V n t H N p t 2013: Interdisziplin

OFF-L A BEL-GEBR A UC H

Zur Behandlung der feuchten altersbe- dingten Makulade- generation werden sowohl Avastin als auch Lucentis ein- gesetzt (DÄ 31–32/

2013: „Off-label-Gebrauch: Instrumen- talisierung für wirtschaftliche Zwecke“

von Maximilian Gaßner).

Abseits der

Versorgungsrealität

Herrn Gaßners eher formaljuristi- scher Ansatz verkennt die Realität der ambulanten augenärztlichen Versorgung völlig. Während der augenärztliche Versorgungsbedarf der Bevölkerung morbiditätsbe- dingt immer größer wird, ist der augenärztliche Leistungskatalog auf dem Niveau der Siebzigerjahre stehen geblieben – dasselbe gilt auch für die entsprechende „Flatra- te-Pauschale“ für die Behandlung

OFF L A BEL

Z f d g s a g 2013: Off-label-Geb

B R I E F E

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A 1972 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 42

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18. Oktober 2013 GKV-Versicherter. Eine Aufnahme

der Behandlung mit Lucentis in den EBM ist bei den bisherigen Vergü- tungsbedingungen obsolet, zumal die Krankenkassen die extremen Kosten für das Medikament bei den Ärzten wieder einsparen wollen;

für 20 Euro im Quartal kann man keine sechs bis acht Kontrollen nach intravitrealer Injektion inklu- sive bildgebender Diagnostik etc.

leisten.

Hier rächt sich, dass man seit Jah- ren versäumt hat, moderne Diag- nostik (OCT etc.) in den Leistungs- katalog aufzunehmen, die jetzt als Standard etabliert ist und benötigt wird. Eine evidenzbasiert gesichert gleichwertige Behandlung mit Avastin im Rahmen von Verträgen zur integrierten Versorgung ist nicht als rechtswidrig zu disqualifizieren!

Im Gegenteil ist dies derzeit die beste Möglichkeit, Patienten zeit- nah und lege artis zu vertretbaren Kosten zu versorgen; der Artikel von Prof. Kirchhof (DÄ 15/2013) hat das klar und eindeutig darge- stellt . . .

Dirk Paulukat, 65520 Bad Camberg

Kritik an

Zulassungs behörde

Der Autor hat durchaus Recht, wenn er den Vertretern der ophthal- mologischen Fachgesellschaften unterstellt, sie unterlägen ökonomi- schen Interessenkonflikten. 13 von 16 Mitgliedern des Redaktionsko- mitees der entscheidenden Stellung- nahme zur Therapie der feuchten AMD erhalten Zuwendungen von Novartis, dem Hersteller von Lu- centis. Sie würden allerdings ihre wissenschaftliche Reputation ge- fährden, leugneten sie schlechter- dings die gute Wirksamkeit von Avastin in der Indikation.

Vielmehr schätzt Gaßner die Arbeit einer neutralen Institution wie einer Zulassungsbehörde. Dabei hat doch gerade die European Medicines Agency (EMA) für den Bereich der EU dafür gesorgt, dass bis heute ge- mäß der Fachinformation für Lu- centis nach einer initialen Therapie mit drei Injektionen erst einmal auf eine Visusverschlechterung gewar- tet werden sollte, bevor es weiter-

geht. Das widerspricht nicht nur dem Schema der Zulassungsstudie (MARINA), sondern führt auch zu einem schlechteren Endresultat (vergleiche PIER- und PrONTO- Studie). Erhalten die Patienten zwölf Injektionen Avastin im Jahr für je 50 Euro, insgesamt 600 Euro Medikamentenkosten/Jahr ist ein besseres Ergebnis zu erwarten als bei einer label-konformen Behand- lung mit durchschnittlich etwa sechs Injektionen Lucentis für je 850 Euro (5 100 Euro in der Sum- me).

Die kritisierten „Avastin-Verträge“

sind in Wirklichkeit „IVOM“-Ver- träge, die eine Behandlung mit allen vier infrage kommenden Medika- menten nach morphologischen Kri- terien (meist OCT) erlauben. No - vartis profitiert im Übrigen von die- sen Strukturverträgen, weil mit ih- nen auch Behandlungen mit Lucen- tis in einer Frequenz, die über die Zulassung der EMA hinausgehen, von der GKV finanziert werden.

Novartis dürfte also kaum Anhän- ger einer strengen Behandlung nach dem Label sein; die „Off-label“-Ar- gumentation wird vielmehr ökono- misch instrumentalisiert, um Mono- polprofite zu realisieren.

Literatur beim Verfasser Dr. med. Ulf Helmut Kretschmann, 32756 Detmold

Was den Profit erhöht

Der Artikel zeigt wieder einmal deutlich, dass in Deutschland Phar- maunternehmen (fast) ungestört tun und lassen können was sie wollen, das heißt, was Profit maximiert. Es sollte doch für die entsprechenden Behörden oder den Gesetzgeber nicht schwierig sein, entweder den (von GKV zu erstattenden) Preis für Lucentis auf den von Avastin zu be- grenzen oder (auch ohne förmlichen Antrag des Herstellers) die Zulas- sung von Avastin gemäß der vorlie- genden Erkenntnis auszuweiten.

Dass ein inhaltlicher Zusammen- hang zwischen dem hohen Preis von Lucentis und dem nicht gestell- ten Zulassungserweiterungsantrag für Avastin besteht, kann ja wohl niemand bestreiten.

Karl Weiß, 32756 Detmold

MDK

Eine Auswertung von Indikationsprü- fungen und deren Folgen (DÄ 33–34/

2013: „MDK-Indika- tionsprüfungen: Auf die Spitze getrie- ben“ von Christine Petersen-Benz, Lia- na Cremaschi und Martin Holder und DÄ 22/2013: „MDK-Prüfungen in den Kran- kenhäusern: Ein bisschen Frieden?“ von Falk Osterloh).

Erschwernisse für die Kranken

Im DÄ sind zwei sehr kundige, zu- gleich sachgerechte Beiträge zum Problem des off-label use und des off-label use/NUB erschienen, die – aus Sicht des Kranken – auf sub- stanzielle Systemlücken hinweisen, die in der Behandlung von seltenen Erkrankungen (SE), seltenen Kom- plikationen auch bei häufigen Er- krankungen oder bei Therapieversa- gen unter einer sogenannten Stan- dardtherapie vorkommen. In unse- rem komplex regulierten Gesund- heitssystem besteht die Gefahr, dass regulatorische und formale Prinzi- pien in der Tat „auf die Spitze“ ge- trieben werden, damit die jeweilige Wagenburg hält. Am Ende wird der Kranke verzweifeln, weil er nicht mehr übersehen kann, was und wa- rum das passieren muss und sein ei- genes Problem vom Bildschirm ver- schwindet. Die entstandenen Ver- fahren zum off-label use sind müh- sam und noch schwerfällig, zu- gleich nicht umfassend und transpa- rent genug. Der Weg über eine Zu- lassungserweiterung wird zugunsten zum Teil regelhaft eingeleiteter Heilversuche ausgelassen, das Feld der orphan drugs entwickelt sich nach komplizierten Verfahren eben- falls langsam. Bei Dissens in den vorgegebenen Antragsverfahren wird der fachliche Ermessensspiel- raum nicht immer genutzt, bei der Gewichtung der Evidenz bleibt die oft langjährige Behandlungsexperti- se („well-established-use“) nur we- nig geschätzt oder wird abgekoppelt – dies wird verständlicherweise zu- nehmend von den Selbsthilfegrup- pen beklagt. Würde man zu den

E v f F 2 t d ben“von Christine P

B R I E F E

Referenzen

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