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Archiv "„Stern„, AOK-Verband, Bayern-SPD: Der schmutzigste Coup" (10.03.1977)

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Die Information:

Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

"Stern"!l

AOK- Verband

1

Bayern-S PD:

Der schmutzigste Coup

"Der Bayerische Landesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen hat einen neuen Coup gegen Professor Sewering gelandet" - dieser Satz, mit dem die "Süddeutsche Zeitung"

ihren Kommentar über die neueste Diffamierungskampagne gegen Ärzte in Bayern einleitete, kenn- zeichnet exakt, um was es hier seit langem geht: um eine unermüdliche Attacke gegen Prof. Dr. Sewering, vordergründig als Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Bay- erns, daneben aber auch als "ober- sten Repräsentanten" der deut- schen Ärzteschaft, wie er im Zusam- menhang mit den Angriffen des bayerischen AOK-Verbandes auffäl- ligerweise genannt wird. Der "neue- ste Coup"- er wurde von den insze- nierenden Kreisen mit mehr Raffi- nesse vorbereitet und durchgeführt als ein Baader-Meinhof-Bankraub.

Schon für sein Heft 9 vom 17. Febru- ar hatte der "Stern", so war aus ein- schlägigen Kreisen durchgesickert, eine "neue Geschichte" über Sewe- ring vorbereitet, für die eine auch bereits bei früheren Anti-Sewe- ring-Kampagnen hervorgetretene Münchner Journalistin, Uta König, ein Manuskript geliefert hatte. Darin wurde bereits in der ersten Februar- Hälfte davon "berichtet", daß Hans Sitzmann (der oberste AOK-Funktio- när in Bayern) die Entziehung der Kassenzulassung Prof. Sewerings anvisiere. ln dem "Basisbericht" der Münchner Reporterin war der Coup schon vorgezeichnet, aber es fehlte noch der Clou- und der wurde, wie man sich zusammenreimen kann, als Produkt einer in der Geschichte der Sozialversicherung gewiß ein- zigartigen Zusammenarbeit der AOK Bayern mit dem "Stern"-Magazin gebastelt, das seine Schauermär dann am 24. Februar veröffentlichte:

"Rund zwei Dutzend Hausfrauen in

der bayerischen Kreisstadt Dachau bekamen letzte Woche unangemel- deten Besuch am Vormittag. Die Herren an den Wohnungstüren wie- sen sich als Abgesandte der Orts- krankenkasse München aus und ba- ten um Antwort auf eine indiskrete Frage ... ". Dieser Originaltext des

"Stern" Nr. 10 läßt offen, ob es sich dabei um "Stern"-Reporter handelte oder um "Privatdetektive" oder um

"Jungsozialisten" oder um wen

auch immer, die mit einem AOK- Ausweis "die Dame des Hauses"

persönlich danach befragten, ob und wann und wie sie sich "wegen eines Verdachts auf Brustkrebs kürzlich einer Mammographie un- terzogen" habe.

...,. Beinahe übersieht man bei die- sem Bericht die Ungeheuerlichkeit, daß sich Patientinnen plötzlich Fra- gen irgendwelcher AOK-Abgesand- ter nach Intimstem· ausgesetzt sehen können, so sehr ist man solche Miß- achtung des Persönlichkeitsschut- zes und -rechtes durch den bayeri- schen AOK-Verband (Fall Lindau!) schon gewohnt; da sich aber in Bay- ern außer der Ärzteschaft und dem einen oder anderen Presseorgan niemand darüber aufregt, könnte diese Tatsache auch in der vorlie- genden Geschichte außer Betracht bleiben, wenn sie nicht einen Vorge- schmack auf das gäbe, was die Orts- krankenkassen möglicherweise überall in der Bundesrepublik mit ihren Versicherten erst veranstalten dürften, wenn sie durch die "Lex Ehrenberg" künftig dazu ermächtigt würden!

Die "Überprüfung" in Dachau, die

also das (noch) nicht in Kraft ge- setzte Ehrenberg-Gesetz bereits vorwegnahm, diente dem "Stern"

und dem bayerischen AOK-Landes- verband als "Krönung" einer ausge- sprochen larmoyant vorgetragenen Geschichte, die alles in allem den Vorwurf zum Kern hatte, Prof. Sewe- ring und fünf Dachauer Gynäkolo- gen hätten bei Mammographie-Ab- rechnungen- so wörtlich:-"gemo- gelt". Und nach dieser doch recht schwach formulierten Unterstellung - man denke nur an die deftige

640 Heft 10 vom 10. März 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

"Stern"-Story, in der alle deutschen

Ärzte als "die Beutelschneider"

apostrophiert worden sind! - folgte dann die "Stern"-Aussage, die den AOK-Coup vorwegnahm: "Die finan- ziellen Manipulationen waren so gravierend, daß die sechs Mediziner jetzt damit rechnen müssen, ihre Zu- lassung als Kassenärzte zu ver- lieren."

Prompt "realisierte" der bayerische AOK-Verband seinen Part bei die-

sem "neuen Coup": Am Tag, an dem

der "Stern" erschien, war die AOK-

Story (Ko-Autorin: Uta König) auch in dem bayerischen Boulevardblätt-

chen, dessen Auflage die Reporterin

sonst in erster Linie dient, unter dem Namen Barbara H. Schaefer zu le-

sen, nachdem tatsächlich am 23. Fe-

bruar 1977, nach 18 Uhr, bei der Bezirksstelle Oberbayern der Kas- senärztlichen Vereinigung Bayerns auf Betreiben des Landesverbandes der Ortskrankenkassen (Geschäfts- führer: Hans Sitzmann) gegen Prof.

Dr. Sewering - und zunächst nur gegen diesen - Antrag auf Entzie- hung der Kassenzulassung gestellt

Für den Nachmittag des 4.

März ist der "Zulassungsaus- schuß für Ärzte/Oberbayern"

einberufen worden, um über den Antrag der bayerischen RVO-Kassen-Verbände gegen Prof. Dr. Sewering sowie über die "nachgereichten" Anträge gegen dessen ehemalige Part- nerin in der Gemeinschafts- praxis, Frau Dr. Stattelmann, und gegen die fünf niederge- lassenen Dachauer Frauen- ärzte zu entscheiden. Über das Sitzungsergebnis kann erst in der nächsten Ausgabe berichtet werden.

worden war. Die mitgelieferte "Be- gründung" kann schlechthin als

"abenteuerlich" bezeichnet werden;

aber darüber wird der zuständige Zulassungsausschuß in der gebote- nen Objektivität zu befinden haben. Prof. Sewering unternahm, was in solchen Fällen nur zu unternehmen

ist: er verlangte vom "Stern" den

Abdruck einer Gegendarstellung (die irgendwann einmal abgedruckt

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

werden wird oder auch nicht). Au- ßerdem wurden die entsprechenden Strafanzeigen erstattet bzw. Strafan- träge gegen die Erfinder bzw. Ver- breiter der Lügengeschichte ge- stellt; auch das wird, irgendwann, zu Ergebnissen führen. Fürs erste aber hat die Presse der Version der Ruf- mörder Platz eingeräumt, während der Seweringschen Gegendarstel- lung bis zum Redaktionsschluß die- ser Ausgabe kaum ein Presseorgan den selben Raum schenkte.

Gegendarstellung Prof. Sewerings:

0 Es wird behauptet, daß ich mit 5 Dachauer Gynäkologen bei Mam- mographie-Abrechnungen zum ei- genen Vorteil und zum Nachteil der Kassen „gemogelt" habe. Wir hätten es durch einen „Trick" verstanden, für Mammographien jeweils den vol- len Satz zu „kassieren", obwohl die Kassen bei Apparategemeinschaften nur wesentlich geringere Sätze ver- güten. Das Honorar hätten wir uns

„partnerschaftlich" geteilt. Diese Behauptungen sind unrichtig.

Richtig ist, daß ich in keiner Weise an der Abrechnung von Mammogra- phie-Leistungen gegenüber Kassen beteiligt war oder bin. Das an meine Röntgenanlage angeschlossene Mammographiegerät wird aus- schließlich von Frauenärzten be- nutzt, welche hierzu die Röntgenge- nehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung besitzen. Sie sind auch allein anordnungsberechtigt gegen- über dem zuständigen Assistenzper- sonal und tragen die volle fachliche Verantwortung. Richtig ist weiter, daß die Kassen in Fällen von Appa- rategemeinschaften oder Mitbenut- zung von Geräten keine geringeren Honorare vergüten. So etwas wurde mit den Krankenkassen bisher nur in der Labormedizin für die Berech- nung von sogenannten Autoanaly- zerleistungen vereinbart. Die Gynä- kologen, welche Mammographien mit dem Apparat in meinen Praxis- räumen durchführen, sind also nach den geltenden Bestimmungen be- rechtigt, den vollen Satz abzurech- nen. Sie zahlen für die Benutzung des Gerätes und Personalkosten le- diglich einen Kostenbeitrag, wie er zwischen der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft für derar- tige Fälle vereinbart wurde.

C) Es wird weiter behauptet, in mei- nem Hause befinde sich eine Appa- rategemeinschaft, welche unter kla- rem Gesetzesverstoß nicht angemel- det worden sei. Diese Behauptung ist unrichtig.

Richtig ist, daß mit den Kassen bis- her lediglich vereinbart wurde, daß diese von der Kassenärztlichen Ver- einigung über den Bestand von La- borgemeinschaften unterrichtet werden. Will der Arzt an der kassen- ärztlichen Versorgung für Röntgen- leistungen teilnehmen, so muß er zur Erlangung einer entsprechen- den Genehmigung der Kassenärztli- chen Vereinigung mitteilen, welche Geräte er benutzt. Dies ist hier ge- schehen. Weitergehende Unterrich- tungspflichten bestehen nicht.

Die politische Pointe

Es wird sich erweisen, daß von den

„Stern"-Anwürfen nichts, aber auch gar nichts an Sewering hängen blei- ben wird! Nur, um es ganz deutlich zu sagen: der Gestank dieser schmutzigsten Geschichte in der an Auseinandersetzungen gewiß nicht armen Geschichte der Beziehungen gerade zwischen Ortskrankenkas- sen und Ärzten wird leider noch ei- nige Zeit in der Luft hängen.

Die AOK-„Stern"-Story hat übri- gens, und das stempelt den „Coup"

geradezu zum Amoklauf, auch eine politische Pointe: Wie bereits einmal vor Monaten folgte dem öffentlichen und nichtöffentlichen Vorgehen des Geschäftsführers des Landesver- bandes der Ortskrankenkassen in Bayern, Hans Sitzmann, und seiner Helfer gegen den Präsidenten der Bundesärztekammer die Rücktritts- forderung der bayerischen SPD auf dem Fuße. Der bayerischen SPD ge- nügten allein die veröffentlichten Diffamierungen für ihre Forderung nach dem Rücktritt des ihr gewiß sehr unbequemen Kritikers von sy- stemverändernden Gesetzesvorha- ben der Bonner Koalition...

Betrachtet man dieses Zusammen- spiel „Stern"/AOK-Verband/Bay- ern-SPD, dann fällt die Abstufung schwer, wer hier wohl Täter, Helfer oder Helfershelfer ist. DÄ

Die Ärzte und Ehrenberg

„. . Arbeitsminister Ehrenberg. ..

meint, mit Stimmungsmache gegen die Ärzte, einschließlich des bewuß- ten oder unbewußten Zieles, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zu zerstören, davon ab- lenken zu können, daß die Regie- rung ohne Rezept am Rande des Renten-Loches steht. So paßt es nur in die sozialistische Methode, den Ärzten zu deren Lasten eine Kür- zung der GesaMtausgaben für Arz-

BAYERNKURIER

neimittel in Milliardenhöhe anzudro- hen und dabei gleichzeitig gegen- über den Bürgern so zu tun, als ob diese von ihrem Arzt selbstverständ- lich die Verschreibung aller, auch der teuersten Medikamente verlan- gen könnten... Die Diffamierung der gesamten Ärzteschaft als einer Horde geldgieriger Krankenschein- Jäger, denen das Wohl der Patienten nichts, das eigene Einkommen aber alles bedeutet, wird von den politi- schen Hilfstruppen der Bundesre- gierung als flankierende Maßnahme zu den Bonner Plänen konsequent durchgeführt. Einzelfälle werden aufgebauscht und dargestellt, als ob sie die Regel wären; geflissentlich wird übersehen, daß ,schwarze Schafe' in jeder Berufsgruppe anzu- treffen sind ..." Wilfried Scharnagl

Krach um

des Krachs willen?

Es ist nicht nur Koketterie, wenn Bonns neuer Arbeitsminister von sich behauptet, daß Krach ihm Spaß mache. Herbert Ehrenberg, der sich Ende der vierziger Jahre als Po- lizist in Bremen eine Zeitlang im Boxring tummelte, geht freiwillig so schnell keiner Auseinandersetzung aus dem Weg... Wenn Deutsch- lands Ärzte geglaubt hatten, Herbert Ehrenberg mit Streiks und Schmäh- worten zum Nachgeben bewegen zu können, so sind sie inzwischen ei-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10 vom 10. März 1977 641

Referenzen

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