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Archiv "Lebens- und Berufserfahrung durch ärztliche Entwicklungshilfe (XI): Wege zu einer ganzheitlichen Medizin - Mitarbeit an einem Projekt der primären Gesundheitsversorgung in Benin" (12.12.1990)

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Benin

NIGER

Malan- ville -„Kandi

, B f o r go u

Natitingou Pe'hongo

OBERVOLTA

Eisenbahnen

-I Asphaltstraßen -- - 1 sonst Straßen

150 km

Diougod■

TOGO

NIGERIA

AFRIKA

1

, Abomey

IBenini

Lokossa Porto

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4,,NOVO

Golf von Guinea ouidah Cötonou

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520

BLICK INS AUSLAND

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Lebens- und Berufserfahrung durch ärztliche Entwicklungshilfe (XI)

/

n dem Bestreben zur kontinu- ierlichen Weiterentwicklung des Gesundheitswesens setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, daß gesundheitliche Proble- me allein durch individualmedizini- sche Maßnahmen nicht zu lösen sind.

In einem Entwicklungsland mit seinen eingeschränkten Ressourcen drängt sich die Erkenntnis viel un- mittelbarer auf, daß das Entstehen von Krankheiten durch Umwelt, Ge- sellschaft und Lebensweise mitbe- stimmt wird.

Das deutsch-beninische Projekt des Aufbaus der primären Gesund- heitsversorgung trägt dieser Er- kenntnis Rechnung und bietet Mit- arbeitsmöglichkeiten für deutsches medizinisches Personal, Kranken- schwestern und Ärzte.

Das Land

Das westafrikanische Küsten- land Benin wird von den Ländern Togo und Nigeria eingefaßt. Es ist etwa halb so groß wie die Bundesre- publik Deutschland. Die vier Millio- nen Bewohner sind in einem deutli- chen Süd-Nord-Gefälle über das Land verteilt. Entsprechend der agrarischen Struktur leben 80 Pro- zent der Einwohner von der Land- wirtschaft. Klimatisch gehört Benin zur feuchtheißen inneren Tropen- zone.

Die demographischen Daten sind typisch für ein Entwicklungs- land. Die Bevölkerung wächst jähr- lich um 3,5 Prozent. 50 Prozent der Einwohner sind jünger als 15 Jahre.

Die durchschnittliche Lebenserwar- tung wird auf 49 Jahre geschätzt. Der

derzeitige Stand der medizinischen Versorgung wird durch eine Säug- lingssterblichkeit von 155 auf je 1000 Lebendgeborene charakterisiert.

Nach der 1960 erlangten Unab- hängigkeit von der französischen Ko- lonialherrschaft wurden in Benin fortschrittliche politische Ansätze zur Lösung der Strukturprobleme in- itiiert. Unter anderem verfügt das Land entsprechend den Empfehlun- gen der Weltgesundheitsorganisati- on (WHO) seit 1973 über ein Pro- gramm zum Aufbau der primären Gesundheitsversorgung.

Der Mangel an Bodenschätzen, das Fehlen industrieller Produktion und der Bedeutungsverlust der Nutz- pflanzenproduktion auf dem Welt- markt haben das Land aber in eine schwere Strukturkrise gestürzt. Das Bruttosozialprodukt ist 1988 auf 150 US-Dollar pro Kopf gesunken und die Auslandsverschuldung auf 1,1 Milliarden US-Dollar angewachsen.

Damit gehört Benin zu den fünf ärm- sten Ländern der Welt.

Das Projekt

Entsprechend den völkerrechtli- chen Rahmenbedingungen überneh- men die Projektträger — beninisches

Wege zu einer

ganzheitlichen Medizin

Mitarbeit an einem

Projekt der primären Gesundheitsversorgung in Benin Klemens Ochel

In Kooperation zwischen dem beninischen Ministerium für öffentliche Gesundheit, dem Deutschen Entwicklungsdienst

(DED) und der Deutschen Gesellschaft für Technische Zu- sammenarbeit (GTZ) wird seit dem Jahr 1980 in dem west- afrikanischen Land Benin ein Netz der primären Gesund- heitsversorgung aufgebaut. Projektschwerpunkte liegen in der Prävention und in der flächendeckenden Verteilung der medizinischen Infrastrukturen unter Nutzung angepaßter Technologien und lokaler Ressourcen. Für die nähere Zu- kunft werden eine Konsolidierung durch Einbeziehung und Partizipation der Gemeinwesen und eine multisektorielle Vernetzung angestrebt. Die Mitarbeit als Arzt an diesem Pro- jekt bietet eine gute Möglichkeit, Erfahrungen im gesell-

schafts- und sozialmedizinischen Bereich (Public Health) zu sammeln und Möglichkeiten einer bedürfnisorientierten und gesellschaftlich integrierten Medizin zu erleben.

A-4008 (28) Dt. Ärztebl. 87, Heft 50, 13. Dezember 1990

(2)

Tabelle: Die acht Elemente von Primary Health Care 1. Erziehung zur Erkennung, Vorbeu- Primäre Prävention

gung und Bekämpfung der örtlich Intersektoraler Bereich vorherrschenden Gesundheitsproble-

me

2. Nahrungsmittelversorgung und Siche- rung der Ernährung

3. Trinkwasserversorgung und sanitäre Maßnahmen

4. Mutter-Kind-Gesundheitsversorgung Präventivmedizin und Familienplanung

5. Impfungen gegen vorherrschende In- fektionskrankheiten

6. Verhütung und Bekämpfung der ört- lichen endemischen Erkrankungen

7. Behandlung gewöhnlicher Erkran- Kurative Medizin kungen und Verletzungen Referenzsystem 8. Versorgung mit essentiellen Medika-

menten Gesundheitsministerium, DED und

GTZ — seit 1980 den Aufbau und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in zehn ländlichen In- landsdistrikten. Die Prinzipien, die dem Projekt zugrundeliegen, ent- sprechen dem „Primary Health Care"-Konzept der WHO. Dazu ge- hören:

> Orientierung an den Bedürf- nissen der Gemeinschaft;

> Integration in andere, für die Entwicklung bedeutende Sektoren (zum Beispiel Landwirtschaft, Erzie- hung);

> Bevölkerungsintegration und Partizipation;

> Nutzung vorhandener Res- sourcen;

> gleichgewichtiger Aufbau präventiver und kurativer Maßnah- men sowie der Rehabilitation und der Gesundheitsförderung;

> Absicherung eines effektiven Referenzsystems.

Die Arbeit des medizinischen Personals wird im kurativen und prä- ventivmedizinischen Bereich sowie bei der intersektoriellen Zusammen- arbeit von den Elementen der primä- ren Gesundheitsversorgung be- stimmt.

Erfahrungen

Der Reiz der medizinischen Ar- beit in dem Projekt ergibt sich aus den mannigfaltigen Anforderungen an den Arzt. Ausgehend von der ku- rativen Versorgung ist er zusammen mit den beninischen Partnern ver- antwortlich für Gesundheitsplanung, Management, Ressourcenverteilung und Gesundheitsökonomie.

Dies setzt Informationsbeschaf- fung, Biostatistik und Epidemiologie voraus. Der Arzt wird somit auch ge- fordert bei Stellungnahmen zur Um- welthygiene, zur Arbeits- und Sozial- medizin. Ebenso fallen in seinen Verantwortungsbereich Gesund- heitsberatung und Erziehung.

Dies führt zu einer ganzheitlich orientierten und sektoral integrier- ten Anschauung von Medizin. Die kulturelle Verschiedenheit erleich- tert das Gewinnen der Erkenntnis, daß der afrikanische Patient auf vie- len Ebenen existiert und ernst ge-

nommen werden muß: einer bioche- mischen, einer physiologischen, ei- ner psychologischen, einer sozialen, ja sogar einer spirituellen Ebene.

Mangelernährung beispielsweise ist nur zu beheben, wenn neben der ku- rativen Versorgung die sozialen Le- bensumstände hinterfragt und Er- nährungstabus aufgedeckt werden.

Aufgrund der Einzigartigkeit des Patienten bedarf jede Krank- heitsentität einer individuellen Form der Behandlung. Dies gilt eben für Afrika ebenso wie für Europa. Dabei spielt die Beratung zur Förderung der Selbstheilungskräfte eine große Rolle. So bekommt der Patient in der Arzt-Patient-Beziehung eine ge- wichtige Stimme und wird in die La- ge versetzt, Mitverantwortung für seine Gesundheit zu tragen.

Folgerungen

Die Notwendigkeit, diesen ge- sellschaftsmedizinischen Ansatz auch in der Bundesrepublik

Deutschland zu fördern, wird durch die Empfehlung des Vorstandes und des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer zum Aufbau ei- nes Postgraduierten-Studiengangs

„Öffentliche Gesundheit (Public Health)" (vom April vergangenen Jahres) unterstrichen. Entwicklungs- hilfe bietet die Möglichkeit, positive Erfahrungen zu sammeln und nicht zuletzt von Afrika zu lernen.

Literatur

Bichmann, W.: Voraussetzungen, Proble- me und Möglichkeiten der personellen Ent- wicklungszusammenarbeit im Gesundheits- sektor. Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung Baden-Württem- berg; Workshop 24. 6. 1986

Diesfeld, H. J.; S. Wolter: Medizin in Ent- wicklungsländern; Peter Lang Verlag 5. Aufl.;

ISBN 3-631-41691-1

Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer: Öffentliche Ge- sundheit (Publik Health), Dt. Ärzteblatt 86, Heft 14, 6. April 1989 (39)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Klemens Ochel Buchrainstraße 62 6000 Frankfurt/Main

Dt. Ärztebl. 87, Heft 50, 13. Dezember 1990 (31) A-4011

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