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Archiv "Geldanlage am Rentenmarkt" (18.01.1990)

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Geldanlage

am Rentenmarkt

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

W

er bei der Geldanla- ge der Sicherheit den Vorzug gibt, braucht nicht auf einen at- traktiven Ertrag zu verzich- ten. Festverzinsliche Wertpa- piere bieten dem Anleger zur Zeit Renditen von weit über 71/2 Prozent. Sie werden zwar in der Regel ebenfalls an der Börse notiert, doch hat die Rentenbörse mit Spekula- tion, wie sie bei Aktien im Mittelpunkt steht, nicht viel zu tun. Der wesentliche Un- terschied liegt darin, daß Festverzinsliche am Ende ih- rer Laufzeit stets zum vollen Nennwert eingelöst werden.

So halten sich die möglichen Kursschwankungen in Gren- zen, sie werden immer gerin- ger, je näher der Tilgungster- min heranrückt. Zwischen- zeitliche Kursgewinne oder -verluste berühren nur denje- nigen, der seine Wertpapiere vorzeitig verkaufen muß. Wer bis zur Tilgung abwarten kann, kommt mit der Börse überhaupt nicht in Berüh- rung.

Bei der Geldanlage am Rentenmarkt gilt deshalb die Grundregel, mit der Laufzeit nicht über den Zeitpunkt hin- auszugehen, an dem man das Kapital voraussichtlich wie- der benötigt. Um flexibel zu bleiben, empfiehlt es sich dar- über hinaus, bei größeren Be- trägen nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern Ti- tel mit unterschiedlichen Bin- dungsfristen zu wählen. Auf diese Weise kann der Anleger bei einem unerwarteten Geldbedarf in vielen Fällen auf Wertpapiere zurückgrei- fen, die gerade zur Rückzah- lung anstehen. Zudem bietet diese Strategie den Vorteil, daß in einer vorübergehen- den Niedrigzinsphase nicht das gesamte Kapital gleich- zeitig fällig wird und zu schlechteren Konditionen wieder angelegt werden muß.

Für die Staffelung eines Wertpapierdepots nach Lauf- zeiten bietet sich die derzeiti- ge Zinsstruktur ohnehin an.

Während normalerweise mit Rentenwerten um so höhere Zinsen zu erzielen sind, je länger das Geld festgelegt

wird, liegen die Renditen heute bei kürzerfristigen Wertpapieren etwas höher als am „langen Ende" des Ren- tenmarktes.

Diese in Fachkreisen auch als „invers" bezeichnete Zins- struktur spiegelt bis zu einem gewissen Grade die Erwar- tungen der Wertpapieremit- tenten und der Anleger hin- sichtlich der zukünftigen Zinsentwicklung wider. Wenn die Wertpapieremittenten den Sparern für kürzerfristi- ges Geld höhere Zinsen bie- ten als für ein längerfristiges Engagement, so rechnen sie offensichtlich damit, daß die

Zinsen später wieder sinken und sie sich dann billiger refi- nanzieren können.

Ähnlich geht es vielen An- legern. Sie sind nur dann be- reit, bei längerlaufenden Wertpapieren niedrigere Renditen zu akzeptieren, wenn sie auf absehbare Zeit ebenfalls mit einem Zinsrück- gang rechnen und sich die heutigen Renditen auf Dauer sichern wollen. Andernfalls würden sie ausschließlich Kurzläufer kaufen.

Die aktuelle Zinsstruktur ist vor allem der Geld- und Kreditpolitik der Deutschen Bundesbank zuzuschreiben.

In ihrem Bemühen, den mit dem konjunkturellen Auf- schwung verbundenen Gefah- ren für die Preisstabilität ent- gegenzutreten, hat sie in den letzten Monaten mehrmals ihre Leitzinsen erhöht und damit die kürzerfristigen Gel- der stark verteuert.

Ob die bisherigen Maß- nahmen bereits ausreichen oder weitere Schritte folgen, bleibt freilich abzuwarten.

Anlaß zu Optimismus gibt die Beobachtung, daß die Bun-

desbank relativ früh gegen- steuert. Mit rund 3 Prozent ist der Preisanstieg gegenwär- tig noch als moderat zu be- zeichnen.

Ob eine Verschärfung des Preisauftriebs vermieden werden kann, hängt noch von einer Vielzahl anderer Fakto- ren ab. Zu den Risiken zäh- len insbesondere die bevor- stehenden Tarifverhandlun- gen, die allen Beteiligten ein hohes Maß an Realitätssinn abverlangen, sowie die ange- spannte Lage am Wohnungs- markt. Programme zur För- derung des Wohnungsbaus können erst auf mittlere Sicht

Entlastung bringen. Gegen den Preisdruck, der hier eventuell über mehrere Jahre hinweg zu erwarten ist, kann freilich auch die Bundesbank nicht viel ausrichten.

Entscheidend für Preise und Zinsen ist insbesondere, wie sich das konjunkturelle Wachstum entwickelt. Die Dynamik des Aufschwungs ist in den vergangenen Jahren wiederholt unterschätzt wor- den. Sie ist zu einem großen Teil den Vorbereitungen auf den gemeinsamen europä- ischen Binnenmarkt ab 1993 und dem Anstieg unserer Ex- porte zuzuschreiben. Zusätz- liche Impulse könnten in den kommenden Jahren neben der Bauwirtschaft auch die Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa bringen.

Für die weitere Zinsent- wicklung spielt neben den fundamentalen ökonomi- schen Daten das Verhalten der einzelnen Anlegergrup- pen eine wichtige Rolle. Hier hat sich seit dem letzten Frühjahr ein grundlegender Wandel vollzogen. Die priva- ten Sparer in der Bundesre-

publik hatten zuvor auf die angekündigte Quellensteuer auf inländische Zinserträge mit einem massiven Rückzug aus heimischen Rentenwer- ten geantwortet, und so sahen sich die Politiker gezwungen, die Änderung der Erhebungs- methode zum ersten Juli 1989 wieder rückgängig zu ma- chen. Die Sparer haben auf diese Nachricht prompt rea- giert und zogen in den Mona- ten Mai und Juni bei Neuan- lagen wieder deutsche Ren- tenwerte vor. Allerdings ha- ben sie noch immer erheb- liche Beträge an ausländi- schen Wertpapieren in ihren Depots. Wenn diese Mittel in größerem Umfang an den deutschen Rentenmarkt zu- rückfließen, dürfte das nicht ohne Auswirkungen auf das Zinsniveau in der Bundesre- publik bleiben.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Dispositionen ausländischer Anleger. Die DM zählt zu den stabilsten Währungen der Welt und gilt als unterbewertet. Entspre- chend groß ist die Nachfrage nach deutschen Rentenwer- ten im Ausland. Für den Fall, daß sich Aufwertungserwar- tungen für unsere Währung verfestigen, ist ein starkes Anschwellen der hereinströ- menden Gelder zu erwarten, was ebenfalls das Zinsniveau drücken dürfte.

Eine zuverlässige Progno- se zur weiteren Zinsentwick- lung ist angesichts dieser recht widersprüchlichen Ein- flußfaktoren schwierig. Das derzeitige Niveau der Rendi- ten wird von vielen Beobach- tern als recht hoch eingestuft.

Für den Sparer heißt das, daß er Anlageentscheidungen nicht hinauszögern sollte. Ge- gen Überraschungen kann er sich weitgehend schützen, in- dem er die eingangs erwähnte Staffelung seines Depots nach Laufzeiten verfolgt. Ge- rade auch Pfandbriefe und Kommunalobligationen bie- ten eine breite Palette von Bindungsfristen und rentie- ren zudem zur Zeit höher als beispielsweise öffentliche An- leihen.

Dr. Hermann Rischow Dt. Ärztebi. 87, Heft 3, 18. Januar 1990 (73) A-157

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