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Archiv "STRAHLENTHERAPIE: Hinterfragen" (04.05.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

STRAHLENTHERAPIE Zu dem Beitrag „Auftrag des Arztes angesichts der Unausweich- lichkeit des Todes" von Prof. Dr.

med. Kurt Lennert in Heft 8/1989:

Hinterfragen

Es ist erfreulich, daß das Deutsche Ärzteblatt einen Chirurgen zu Wort kommen läßt, der sich mit der Proble- matik der Unausweichlichkeit des Todes seitens eines Arz- tes befaßt.

Es ist aber sehr traurig, daß Herr Lennert in seinem Artikel, in dem er sicherlich viele gute Gedanken an- spricht — zum Beispiel wenn er auf die Angst des Men- schen vor dem Tod verweist, wenn er auf die Begleitung des Patienten durch den Arzt eingeht —, augenscheinlich von der Hospiz-Bewegung und der Palliativen Therapie noch nichts gehört hat.

Viele Punkte, die er an- schneidet, deuten auf diese Annahme hin:

Wie kann ein Arzt zum Beispiel eine palliative Strah- lentherapie in Frage stellen, die in der Schmerztherapie

Differenzieren

. . . Das Pauschalurteil, ei- ne palliative Strahlentherapie sei sinnlos, ist nicht nur grundlegend falsch, sondern führt obendrein zu katastro- phalen Fehlkonsequenzen bei einem in der Strahlenthera- pie nicht bewanderten Leser.

Eine sinnvoll eingesetzte palliative Strahlentherapie führt bei den oft schmerzhaf- ten Knochenmetastasen zum Beispiel eines Mammakarzi- noms zu einer vollständigen oder weitgehenden Schmerz- beseitigung in mehr als 80 Prozent der Fälle, sie ist in der Regel bei einem Tumor- befall des Mediastinum mit oberer Einflußstauung die einzig sinnvolle Behandlung zur Vermeidung des quälen- den Erstickungstodes, und sie erweist sich bei drohender oder akut eingetretener Querschnittssymptomatik in- folge einer Tumorinfiltration

häufig herausragende Ergeb- nisse bringt?

Wie kann er weiter sagen, daß die Schmerzen, die Schlaflosigkeit oder das Angstgefühl Symptome sind, die von Medikamenten oft schwer zu beeinflussen sind?

Voraussetzung für eine gute Begleitung sowohl des Patienten als auch der Ange- hörigen ist gerade eine gute Symptomkontrolle. Erst dann kann derjenige, der den Pa- tienten begleitet, sich all der anderen notwendigen Dinge annehmen, die es dem Pa- tienten ermöglichen, in Wür- de zu sterben.

Ob man letztendlich auch verallgemeinern kann, daß die meisten Menschen heute einen schnellen Tod wün- schen, möchten wir auch hin- terfragen.

Ein schmerzfreier Tod da- gegen ist, begleitet von Ange- hörigen und Freunden, si- cherlich das, was ein jeder Mensch sich wünschen darf.

Dr. D. Zech, H. R. Zie- linski, M. Litt. Cantab., Bil- dungsforum Chirurgie, Jo- seph-Stelzmann-Straße 20, 5000 Köln 41

des Rückenmarkes als wirksa- me Maßnahme, um nur drei Beispiele aufzuführen.

Bei schmerzhaften Kno- chenmetastasen zieht eine Analgetika-Gabe als rein symptomatische Maßnahme einen immer höheren Dosis- bedarf nach sich, im Gegen- satz dazu ist eine Strahlen- therapie kausaler Natur, und die erforderlichen Strahlen- dosen sind nebenwirkungs- arm, ja sie stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen durch die Therapie. Diese Erfolge sind das Ergebnis eines im- mensen Fortschritts in den letzten Jahren auf dem Ge- biet der Apparatetechnik, sie sind viel zu wenig bekannt, was Herr Professor Lennert mit seinem Artikel noch ein- mal unterstreicht .. .

Sinnlos, so wie Herr Pro- fessor Lennert pauschal be- schreibt, ist nicht die Strah- lentherapie, sondern ihr be- denkenloser Einsatz bei un-

geeigneten Fällen. Unterläßt man diese Differenzierung, wird unsere Aufklärungsar- beit bei den die Tumorpatien- ten betreuenden Kollegen zu- nichte gemacht. Eine am Ein- zelfall orientierte palliative Strahlentherapie schafft — wie schon der Name sagt — Linde- rung der Beschwerden, ihre Unterlassung würde so man- chem Patienten die Lebens- qualität vernichten. . . .

Dr. med. Michael Her- bolsheimer, Universitäts- Frauenklinik, Josef-Schnei- der-Straße 4, 8700 Würzburg

Nützlich

Die palliative Strahlen- therapie besitzt einen hohen Stellenwert; Aufgabe und Ziel sind, quälende Symptome zu nehmen, zu bessern oder zu verhindern: Schmerzen, Be- wegungseinschränkung, dro- hende Frakturen, Hirndruck- zeichen oder drohender Vi- susverlust durch Tumor- wachstum, Kompression von Gefäß- und Nervenstrukturen sowie Hohlorganen mit Ab- flußbehinderung, Luftnot, Husten, poststenotischer Pneumonie, Tumorblutun- gen, vermehrte Sekretion und Exulceration. Richtige Indi- kation vorausgesetzt — liegt die Besserungsquote insge- samt bei ca. 60-80 Prozent.

Cui bono? — dem Patienten nützt es! Im Vordergrund steht die Verbesserung der Lebensqualität bei einem Mi- ninum an Nebenwirkungen, nicht die Lebensverlängerung beziehungsweise das Hinaus- schieben des Todeszeitpunk- tes um jeden Preis.

Bei weit fortgeschritte- ner Tumorerkrankung und schlechtem Zustand des Pa- tienten sollte die Therapie möglichst rasch und wenig be- lastend erfolgen, soweit wie möglich ambulant, um dem Patienten ein Verbleiben in seiner gewohnten Umgebung zu ermöglichen. Bei fehlen- der Symptomatik, fraglichem.

Erfolg der vorgesehenen Be- strahlung oder moribundem Zustand des Patienten ist im Einzelfall das Unterlassen

oder Abbrechen der Bestrah- lung sinnvoller und mensch- licher; Scheinbestrahlungen sollten auf keinen Fall durch- geführt werden — hier ist ge- eigneteren Therapieverfah- ren der Vorzug zu geben.

Dr. med. K. Schüle-Hein, Prof. Dr. med. H. Sack, West- deutsches Tumorzentrum Es- sen, Hufelandstraße 55, 4300 Essen 1

Erfahrung

. . . Die entscheidende und schon vor Behandlungsbeginn zu beantwortende Frage bei Patienten mit fortgeschritte- nen bösartigen Erkrankungen ist, ob ein potentiell kurativer oder nur palliativer Therapie- ansatz möglich ist. Nur im er- sten Fall sind nebenwirkungs- reichere Behandlungsmaß- nahmen vertretbar. Bei ent- sprechender Aufklärung, Führung und Unterstützung sind die Betroffenen meistens bereit, die oft gravierenden Nebenwirkungen zu ertragen und schließlich zu überwin- den. Anders bei der zweiten und ungleich häufigeren Vor- aussetzung. Hier gilt es vor- zugsweise, die iatrogen indu- zierte Toxizität auf ein Mini- mum zu reduzieren. Aber auch unter diesen Vorausset- zungen ist es häufig noch möglich, dem Patienten bela- stende Symptome seiner Er- krankung zu nehmen oder sie zumindest so weit zu lindern, daß erträgliche Lebensquali- tät noch lange gewahrt bleibt.

Zur Beurteilung und Ein- leitung der richtigen Behand- lungsmaßnahmen gehört al- lerdings Erfahrung und gro- ßes Können — Erfahrung, von der der Patient profitieren soll und kann. Dies geht weit über den rein physischen Aspekt hinaus, wie der von fast allen Erkrankten zum Ausdruck kommende Be- handlungswunsch und das Su- chen nach neuen Therapiean- sätzen zeigt.

Prof. Dr. med. N. Nieder- le, Prof. Dr. med. C. G.

Schmidt, Innere Universitäts- klinik und Poliklinik, Hufe- landstraße 55, 4300 Essen 1 A-1258 (6) Dt. Ärztebl. 86, Heft 18, 4. Mai 1989

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