Die Ketoazidose ist eine ge- fürchtete Komplikation des Diabetes mellitus. Die jährli- che Inzidenz beträgt bei insu- lin-behandelten Diabetikern fünf bis acht Prozent, bei Neu- manifestation weisen sogar 20 bis 40 Prozent der Diabetiker eine solche Stoffwechselent- gleisung auf. Nach wie vor liegt die Mortalität bei der Ketoazidose bei drei bis vier Prozent – das Risiko steigt, je später die Entgleisung er- kannt wird.
Ein neuer Bluttest, der erstmals bei der Jahrestagung der Deutschen Diabetesgesell- schaft in Aachen präsentiert wurde, ermöglicht es Patien- ten, selbst ihr Blut auf Ke- tonkörper zu testen. Die Mes- sung erfolgt mit speziellen Teststreifen in einem Blut- zuckermessgerät (Precision Xtra, Abbott MediSense).
Getestet wird auf -Hydroxy- butyrat (OHB).
Dieser Metabolit entsteht neben Aceton und Acetoace- tat, wenn der Organismus sei- nen Energiebedarf aufgrund eines absoluten oder relativen Insulinmangels nicht mehr über Glukose decken kann, sondern auf den Triglyzerid- Stoffwechsel zurückgreifen muss. OHB ist der Parameter, der am sensitivsten auf Ver- änderungen reagiert und da- her seit Jahren zum Ketose- Monitoring etwa auf Intensiv- stationen genutzt wird, erläu- terte Dr. Andreas Pfützner (Mainz).
Im Vergleich zu den her- kömmlichen Urin-Teststrei- fen auf Aceton oder Aceto- acetat hat der Test aus der Fingerbeere verschiedene Vor- teile, so Pfützner: Man er- hält einen aktuellen quanti- tativen Wert, während der Urinketontest nur einen um mehrere Stunden verzöger- ten semiquantitativen Wert liefert. Der OHB-Test ist spe-
zifischer und sensitiver: Beim Urintest können eine Reihe häufig verordneter Medika- mente mit Sulfhydrilgruppen, etwa Captopril oder Acetyl- Cysteinsäure, zu falsch positi- ven Resultaten oder aber ho- he Dosierungen von Vitamin C zu falsch negativen Tester- gebnissen führen. Der OHB- Test ist zudem besonders ein-
fach durchzuführen. Zu den Diabetikern, die mit den neu- en -Hydroxybutyrat-Test- streifen versorgt werden soll- ten, gehören zum Beispiel In- sulinpumpen-Patienten, emp- fahl Dr. Andreas Reichel (Dresden).
Denn es bestehe immer die Gefahr, dass es zu einer – vom Patienten unbemerkten – Un- terbrechung der Insulinzufuhr kommt. Katheter- oder Nadel- verstopfungen, Leckagen im Bereich des Reservoirs und des Katheters, Diskonnektio- nen von Verbindungen oder das Herausrutschen der Nadel seien mögliche Ursachen. Da die Wirkdauer des in den Pum-
pen verwendeten Insulins sehr kurz ist, beginnt bereits nach wenigen Stunden die Ketoge- nese.
Weitere Kandidaten für die Selbsttestung sind Diabe- tiker, die bereits einmal eine Ketoazidose hatten; das Wie- derholungsrisiko liegt nach Angaben von Prof. Helmut Henrichs (Quakenbrück) bei über 40 Prozent. Auch akuter Stress, Infektionen etwa von diabetischen Fußulzera oder auch Operationen sind ein häufiger Grund für schwere Stoffwechselentgleisungen. In solchen Situationen sei die Selbsttestung daher auch sinn- voll, so Henrichs. Sonja Böhm V A R I A
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A1842 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 27½½½½6. Juli 2001
Ketoazidose
Neuer Bluttest für die Selbstkontrolle
Unternehmen
Die Mortalität des kolorekta- len Karzinoms kann deutlich verringert werden, sofern die potenziellen Patienten jährlich an der Vorsorgeuntersuchung auf okkultes Blut im Stuhl teil- nehmen und jeder positive Be- fund mithilfe der Koloskopie abgeklärt wird, konstatierte Prof. Andreas Sieg (Heidel- berg). In Deutschland ist die Darmkrebssterblichkeit seit 1990 gleichbleibend hoch und eine Trend- wende nicht in Sicht, obwohl mit den ge- nannten Maßnahmen eine Prävention prak- tikabel wäre.
Doch Vorsorgeun- tersuchungen werden lediglich von zehn Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen wahrgenom- men. Deshalb haben die niedergelassenen Gastroenterologen
und Internisten in Deutsch- land kürzlich eine Aktion ge- startet, die die Bevölkerung ansprechen soll. Sie steht un- ter dem Motto: „Verhindern Sie Ihren Darmkrebs durch
eine Darmspiegelung. Darm- krebs ist heute heilbar bei frühzeitiger Diagnose.“
Übereinstimmend mit den Empfehlungen deutscher und amerikanischer Fachgesell- schaften fordern die Exper- ten, bei Personen mit erhöh- tem Risiko (spätestens ab dem 50. Lebensjahr) direkt ei- ne Koloskopie als Vorsorge- maßnahme einzusetzen. Ge-
steigertes Risiko ist zu befürch- ten, wenn
❃schon einmal Blut im oder auf dem Stuhl beobachtet wurde;
❃ein Stuhlbluttest bei der Vor- sorge positiv ausgefallen ist;
❃Verwandte ersten Grades Darmkrebs oder Darmpoly- pen haben oder hatten;
❃bereits früher Darmpoly- pen entfernt wurden;
❃familiäre Polyposis, familiä- res Krebssyndrom oder chro- nisch entzündliche Darmer- krankungen vorliegen.
Die Darmspiegelung habe bei der Frühdiagnose des ko- lorektalen Karzinoms nach wie vor den höchsten Stel- lenwert, betonte Sieg bei der Pressekonferenz im Rah- men eines Symposiums, das das Unternehmen Merckle in Zusammenarbeit mit der Sek- tion Gastroenterologie im BDI in Leipzig veranstaltet hatte.
Die Koloskopie deckt die Polyposis auf, die in mehr als 80 Prozent der Fälle als Vor- stufe des Darmkrebses anzu- sehen ist. In den folgenden fünf bis zehn Jahren nach der Darmspiegelung bildet sich das Darmkrebsrisiko um rund 90 Prozent zurück.
Eine ähnlich hohe Erfolgs- rate weist die Polypektomie auf. Die Koloskopie ist auch in den Händen des erfah- renen niedergelassenen Ga- stroenterologen ein risikoar- mer Eingriff. Eine prospek- tive Studie ergab, dass die ambulante Koloskopie bei den deutschen Gastroentero- logen weltweit die geringste Komplikationsrate nach sich zieht. Karl B. Filip
Darmkrebs-Früherkennung
Die Koloskopie besitzt hohen Stellenwert
Endoskopischer Befund: Familiäre Adeno- matöse Polyposis Foto: Prof. W. H. Schmiegel