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Archiv "Captopril" (20.04.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

Captopril

Karl Heinz Rahn

S

eit einigen Jahren wird Cap- topril (Lopirin 9) in verschie- denen Ländern zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkran- kungen therapeutisch einge- setzt. Die Entwicklung dieser Substanz darf man als beispiel- haft für eine auf pharmakologi- schen Grundlagen und patho- physiologischen Vorstellungen beruhende Synthese eines neu- en Pharmakons ansehen.

Captopril hemmt das Angioten- sin Converting Enzyme, wel- ches das unter dem Einfluß von Renin aus Angiotensinogen ent- standene Angiotensin I in An- giotensin II umsetzt. Infolgedes- sen wird das Oktapeptid Angio- tensin II in geringerem Ausmaß gebildet. Angiotensin II ist ein äußerst effektiver Vasokonstrik- tor. Außerdem stimuliert diese Substanz die Sekretion von Al- dosteron aus der Nebennieren- rinde. Aldosteron verursacht über einen renalen Angriffs- punkt eine Retention von Natri- um und Wasser. Durch die pressorische Wirkung und infol- ge der vermehrten Aldosteron- sekretion führt Angiotensin II zu einer Blutdrucksteigerung. Da dieses Oktapeptid stets in meß- baren Konzentrationen im Blut zirkuliert, konnte man bei Hem- mung des Angiotensin Conver- ting Enzyme einen Blutdruckab- fall erwarten. Captopril war der erste therapeutisch brauchbare Hemmstoff des Converting En- zyme. In Zukunft ist mit der Ein- führung weiterer ähnlicher Sub- stanzen, darunter beispielswei- se das Enalapril, in die Thera- pie zu rechnen

Captopril wird heute in Tages- dosen von 25 — 450 mg gege- ben. Die Eliminationshalbwert- zeit der Substanz beträgt unge- fähr 2 Stunden. Dementspre- chend dauern die hämodynami- schen Wirkungen einer Einzel- dosis Captopril etwa 8-12 Stun- den. Daher sollte die Tagesdo- sis des Pharmakons auf 2-3 Einzeldosen verteilt werden.

Bei oraler Verabreichung wird Captopril zu etwa 70 Prozent aus dem Magen-Darm-Trakt re- sorbiert. Das Arzneimittel wird bei Patienten mit Niereninsuffi- zienz verzögert eliminiert. Auch die Hemmung des Angiotensin Converting Enzyme nach einer Einzeldosis von Captopril hält bei eingeschränkter Nieren- funktion länger an als bei nor- maler Nierentätigkeit.

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ur Zeit sind die beiden wich- L tigsten Indikationen zum Einsatz von Captopril die Hy- pertonie und die therapierefrak- täre Herzinsuffizienz.

Bei unterschiedlichen For- men der Hypertonie senkt Cap- topril den Blutdruck durch eine Abnahme des totalen periphe- ren Widerstandes. In einem sol- chen Fall sollte man reflekto- risch infolge Sympathikusakti- vierung eine Zunahme von Herzfrequenz und Herzminuten- volumen erwarten. Dies tritt je- doch erstaunlicherweise nach Verabreichung von Captopril nicht ein. Die Ursache ist noch ungeklärt. Möglicherweise be- einflußt der Hemmstoff des An- giotensin Converting Enzyme auch das sympathische Nerven- system. Captopril ändert das Glomerulusfiltrat nicht. Die Nie- rendurchblutung nimmt zu. Die Plasmareninaktivität steigt unter dem Einfluß des Pharmakons an, offenbar durch Wegfall der Hemmwirkung von Angiotensin II auf die Reninfreisetzung aus den Nieren.

Aufgrund des Mechanismus der antihypertensiven Wirkung von

Captopril konnte man erwarten, daß die Substanz vor allem stark blutdrucksenkend wirkt bei Hypertonikern mit einer er- höhten Plasmareninaktivität und infolgedessen hohen Konzen- trationen von Angiotensin II im Plasma. Dies ist auch tatsäch- lich der Fall. Andererseits wur- de mit Hilfe von Captopril auch bei Hypertonikern mit einer niedrigen Plasmareninaktivität eine blutdrucksenkende Wir- kung erzielt. Captopril wird heute zur Behandlung der es- sentiellen, der renal-parenchy- matösen und der renovaskulä- ren Hypertonie therapeutisch eingesetzt. Die Substanz kann ohne Zweifel als eine Bereiche- rung der antihypertensiven The- rapie angesehen werden. Cap- topril ist nämlich auch wirksam bei Patienten, bei denen die bislang verfügbaren Antihyper- tensiva nicht ausreichend effek- tiv waren. In vielen Fällen ist es gelungen, mit Hilfe dieses Arz- neimittels lebensbedrohliche Blutdrucksteigerungen, die durch Diät und andere medika- mentöse Maßnahmen nicht be- herrschbar waren, unter Kon- trolle zu bringen. Neuere Stu- dien haben gezeigt, daß die Kombination von Captopril mit Diuretika, Beta-Rezeptorenblok- kern und auch anderen Vasodi- latatoren stärker blutdrucksen- kend wirkt als die Verabrei- chung des Angiotensin Conver- ting Enzyme-Hemmstoffs allein.

Bei therapierefraktärer Herz- insuffizienz führten die akute Verabreichung von und auch die Langzeitbehandlung mit Captopril in vielen Fällen zu ei- ner subjektiven und objektiven Verbesserung der Situation. Es kam bei Abnahme des arteriel- len Mitteldrucks zu einer deut- lichen Zunahme des Herzzeitvo- lumens ohne Anstieg der Herz- frequenz. Der linksventrikuläre Füllungsdruck nahm ab, und die Ejektionsfraktion stieg an.

Zu den Nebenwirkungen des Captoprils gehört eine gele-

1280 (76) Heft 16 vom 20. April 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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gentlich auftretende orthostati- sche Hypotonie. Gelegentlich kommt es bei der Behandlung mit diesem Arzneimittel zu Ex- anthemen. In einigen Studien wurde die Häufigkeit dieser Ne- benwirkung mit etwa 10 Pro- zent angegeben. Bei den heute meist üblichen niedrigeren Do- sierungen bis etwa 150 mg/Tag liegt diese Zahl offenbar niedri- ger. Auch Geschmacksstörun- gen treten gelegentlich auf und sind in der Regel reversibel nach Absetzen des Medika- ments.

eunruhigend waren Berich- te über Proteinurie und Glomerulopathie während der Therapie mit Captopril. Auf- grund der jetzt vorhandenen Daten kann man davon ausge- hen, daß eine Proteinurie bei weniger als 1 Prozent der Pa- tienten auftritt, wenn vor Thera- piebeginn keine Eiweißaus- scheidung im Urin nachweisbar war. In der Regel ist die durch Captopril verursachte Protein- urie reversibel nach Absetzen des Pharmakons, manchmal al- lerdings erst im Verlauf meh- rerer Monate. Nach den bisheri- gen Erfahrungen tritt die Prote- inurie unter Captoprilbehand- lung, wenn überhaupt, in den ersten 8 Monaten der Behand- lung auf. Daher sollte man in diesem Zeitraum den Urin in monatlichen Abständen auf Ei- weiß untersuchen. In sehr selte- nen Fällen entwickelte sich bei mit Captopril behandelten Hy- pertonikern eine Leukopenie bzw. eine Agranulozytose. Die- se Blutbildveränderungen sind reversibel nach Absetzen des Pharmakons. Allerdings sind Todesfälle infolge Sepsis bei Agranulozytose nach Captopril vorgekommen. Aufgrund der bislang vorliegenden Berichte muß man annehmen, daß die Veränderungen des weißen Blutbildes in den ersten 3 Mo- naten der Behandlung auftre- ten. Daher sollte man in diesem Zeitraum im Abstand von 2 Wo-

chen das Blutbild kontrollieren.

In sehr seltenen Fällen kommt es zu Beginn der Verabrei- chung von Captopril zu einer dramatischen Verschlechterung der Nierenfunktion. Hiervon sind vor allem Patienten mit be- stehender Nierenfunktionsstö- rung sowie mit einer doppelsei- tigen Nierenarterienstenose be- troffen. Man sollte daher im er- sten Monat der Therapie mit Captopril im Abstand von je- weils 2 Wochen die Nierenfunk- tion kontrollieren. Um eine ab- rupte Blutdrucksenkung nach der ersten Dosis des Angioten- sin Converting Enzyme-Hemm- stoffs zu vermeiden, sollte die erste Einzeldosis nicht höher als 12,5 und die erste Tagesdo- sis nicht höher als 25 mg sein.

Früher wurden gelegentlich hö- here Anfangsdosen verwendet, was zu unerwünscht starkem Absinken des Blutdrucks und eventuell dadurch bedingter Nierenfunktionseinschränkung führen kann. Außerdem sollte man den Patienten nach Verab- reichung der ersten Captopril- dosis 1 bis 2 Stunden beobach- ten und während dieser Zeit mehrmals den Blutdruck kon- trollieren.

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ur Beurteilung des Stellen- /. wertes von Captopril in der Hochdrucktherapie sind folgen- de Überlegungen bedeutsam.

Die Substanz ist oft wirksam bei Patienten, bei denen alle bis- lang verfügbaren Antihyperten- siva nicht ausreichend effektiv waren. Andererseits führt Cap- topril in seltenen Fällen zu schwerwiegenden Nebenwir- kungen im Bereich der Nieren und des weißen Blutbildes. Die Kombination des Angiotensin Converting Enzyme-Hemmstoffs mit Diuretika, Beta-Rezeptoren- blockern und eventuell anderen Vasodilatatoren führt zu einem additiven Effekt auf den Blut- druck. Bei einer Behandlung mit Captopril sollten eine Reihe von Kontrollmaßnahmen nicht außer acht gelassen werden:

O Beobachtung des Patienten nach Verabreichung der ersten Dosis.

• Kontrolle der Nierenfunktion während des ersten Monats der Behandlung.

• Kontrolle des weißen Blutbil- des im Abstand von jeweils 2 Wochen in den ersten 3 Mona- ten der Therapie.

O Monatliche Untersuchung des Urins auf Eiweiß in den er- sten 8 Monaten der Behand-

lung.

Aufgrund dieser Erwägungen kann man heute Captopril nicht zu den Mitteln der ersten Wahl

bei der Hypertoniebehandlung rechnen. Möglicherweise wird sich die Situation ändern, wenn mehr Erfahrungen mit der Ver- abreichung niedrigerer Capto- prildosen vorliegen. Die Anwen- dung des Angiotensin Conver- ting Enzyme-Hemmstoffs kommt in Betracht bei Hyperto- nikern, die mit Diät und mit Hil- fe länger bekannter Antihyper- • tensiva wie Beta-Rezeptoren- blocker, Diuretika und Vasodila- tatoren nicht ausreichend effek- tiv behandelt werden können.

Auch bei diesen Patienten soll- te Captopril möglichst mit Beta- Rezeptorenblockern, Diuretika und evtl. anderen Vasodilatato- ren kombiniert werden. Auf die- se Weise ist es häufig möglich, mit verhältnismäßig kleinen Captoprildosen in der Größen- ordnung von 25 bis 75 mg/Tag, eventuell auch 150 mg/Tag aus- zukommen. Aufgrund der bis- herigen Erfahrungen darf man annehmen, daß dann erheblich seltener schwerwiegende Ne- benwirkungen des Captoprils zu erwarten sind.

(Literatur beim Verfasser) Professor Dr. med.

Karl Heinz Rahn

Department Innere Medizin Universität Limburg

St. Annadal Krankenhaus Postfach 19 18

NL-6201 BX Maastricht

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 16 vom 20. April 1984 (79) 1281

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