Keine Therapie nach Bedarf bei chronischen Schmerzen
B
ei chronischen Schmer- zen sollen Analgetika nicht nach Bedarf ver- abreicht werden, sondern vielmehr zu festen Zeitpunk- ten, die sich nach der Wirk- dauer der verwendeten Sub- stanzen richten. Das Dosier- intervall und die Höhe der Einzeldosis sollen so gewählt sein, daß die Schmerzen mög- lichst zu keiner Zeit das sub- jektiv erträgliche Maß über- schreiten. Diese Regeln wer- den nach wie vor nicht immer beachtet — so die Experten Zenz, Köln, Flöter, Frank- furt, und Fischer, Heidelberg, bei einem Fachpresse-Ge- spräch, das die Firma Grü- nenthal während des diesjäh- rigen Internistenkongresses Anfang April in Wiesbaden veranstaltet hat.Dr. med. Martin Fischer, Schmerzzentrum der Univer- sitätsklinik Heidelberg, be- richtete über eine retrospek- tive Erhebung an 62 Tumor- patienten, die wegen starker bis stärkster „therapieresi- stenter" Schmerzen vorge- stellt worden waren, bei de- nen dann aber durch eine konsequente Schmerzthera- pie in allen Fällen eine aus- reichende Analgesie zu erzie- len war. In mehr als der Hälf- te dieser Fälle, so Fischer, waren die Analgetika zuvor jeweils nur nach Bedarf ein- genommen worden!
Die letztlich zum Erfolg führende Schmerztherapie bestand, bis auf zwei Ausnah- men, in der Kombination ei- nes peripher wirkenden und eines zentral wirkenden An- algetikums — während der Vorbehandlung waren dage- gen bei 65 Prozent der Pa- tienten ausschließlich zentral wirksame Substanzen einge- setzt worden. Bei der Presse- konferenz in Wiesbaden wur- de deshalb noch einmal aus- drücklich auf den WHO-Stu- fenplan zur Therapie chroni- scher Schmerzen hingewie- sen: In der ersten Stufe sollte ein Nicht-Opioid verwendet werden; dieses wird bei unzu- reichender Response in der zweiten Stufe mit einem nie- derpotenten Opioid kombi- niert; und wenn sich die Schmerzen auch mit diesem Regime nicht beherrschen lassen, erfolgt in der dritten Stufe die Kombination des Nicht-Opioids mit einem hochpotenten Opiat.
Neben der Schmerzquan- tität ist auch die Schmerzqua- lität bedeutsam. So sprechen beispielsweise Knochenmeta- stasen-Schmerzen oft sehr viel besser auf periphere als auf zentrale Analgetika an.
Zusätzlich zur Basisthera- pie mit einem peripheren An- algetikum (Nicht-Opioid) war bei 58 Prozent der Heidelber- ger Tumorpatienten ein nie- derpotentes — nicht BtM- pflichtiges — Opioid zur Schmerzkontrolle ausrei- chend, berichtete Martin Fi- scher; bei den meisten Pa- tienten sei Tramadol (Tra- mal®) verwendet worden.
Dieses mittelstarke Analgeti- kum steht in verschiedenen Darreichungsformen zur Ver- fügung, wobei die orale Gabe
— wie grundsätzlich in der chronischen Schmerztherapie
— die Applikationsform der ersten Wahl darstellt.
Das Therapieziel ist ein individuell erträglicher Schmerz, der von Patient zu Patient und auch beim einzel- nen Patienten zu verschiede- nen Zeiten sehr unterschied- lich sein kann. Bei den im Heidelberger Schmerzzen- trum analysierten Tumorpa- tienten lag der erträgliche Restschmerz in 52 Prozent der Fälle zwischen 0 und 20 Prozent und in 48 Prozent der Fälle zwischen 20 und 40 Pro- zent. Nicht der via Analog- skala ermittelte Wert der Schmerzintensität, sondern
vielmehr das Patientenurteil stelle das Richtmaß für die Schmerztherapie dar, beton- ten die Experten übereinstim- mend bei der Pressekonfe- renz in Wiesbaden.
Dr. med. Thomas Flöter, Frankfurt, berichtete über die Arbeit des Christophorushau- ses, einer Einrichtung zur Be- treuung von Tumorpatienten mit chronischen Schmerzen, die sich am angloamerikani- schen Vorbild der Hospize orientiert. Der Idealfall, so Thomas Flöter, sei eine am- bulante Betreuung der Pa- tienten, damit sie ihr Leben weitestmöglich selbst gestal- ten und bis zu ihrem Tod zu Hause leben können. Unab- dingbare Voraussetzung hier- für sei eine suffiziente Schmerztherapie. vi
Zum Thema Stufenplan der an- algetischen Behandlung von Tu- morpatienten: „Therapie tumor- bedingter Schmerzen", Verord- nungs- und Dosierungshinwei- se, H. v. Matthiessen, Schmerz- ambulanz im Tumorzentrum der Universitätsklinik Düsseldorf, Deutsches Ärzteblatt Heft 39/1987 — Bericht von Prof. Dr.
M. Mumenthaler über ein Hauptthema des Interdisziplinä- ren Forums der Bundesärzte- kammer in Köln 1989: „Schmerz- therapie als interdisziplinäre Aufgabe", Deutsches Ärzteblatt Heft 13/1989
Kurz informiert
Doroma®, Evipan®, Extra- mycin®, Augen- und Ohren- tropfen mit Leukomycin®
—Wie die Bayer AG, Leverku- sen, mitteilt, werden einige ihrer Präparate künftig nicht mehr verfügbar sein: Nicht mehr ausgeliefert werden die Injektionslösungen des Breit- spektrum-Antibiotikums Si- somicin (Extramycin®), die Augentropfen mit Azidamfe- nicol (Leukomycin®-N) sowie die Ohrentropfen mit Chlor- amphenicol (Leukomycin®), außerdem das 1932 als erstes Injektionsnarkotikum von Bayer eingeführte Hexobarbi-
tal (Evipan®-Natrium). Evi- pan® wird aufgegeben, da mittlerweile modernere Kurz- narkotika angeboten werden.
Bereits nicht mehr erhältlich ist Doroma®, ein aus Carbro- mal (Adalin®) und Prometha- zin (Atosil®) kombiniertes Hypnotikum, da es inzwi- schen neue gut verträgliche Schlafmittel gibt. pe Oxy Fissan® jetzt bei Zy- ma — Vertrieb und wissen- schaftliche Betreuung der vier Dermatika Oxy-5/-10/-D/
-L Fissan® sowie des kosmeti- schen Wasch-Fluids Oxy Fis- san®, bisher Fink GmbH, Herrenberg, wurden von der Zyma GmbH, München, übernommen. Zusammenset- zung, Packungsgrößen, Preise
und äußere Aufmachung blei- ben unverändert. pe Clamoxyl®-Preise wurden gesenkt — Das Pharmaunter- nehmen Beecham-Wülfing, Neuss, das die halbsyntheti- schen Penicilline entwickelt hat, teilte im April gesenkte Preise für das Breitbandpeni- cillin Amoxicillin mit: Clamo- xyl', das in Tabletten, Kap- seln, Saft, Säuglingstropfen und Injektionsflaschen verfüg- bar ist, wird nunmehr im Be- reich von Generika-Preisen angeboten. Die Preise wurden um zwischen vierzig und fünf- zig Prozent gesenkt. Br
Tonoprotect® und Combi- protect® — Die Firma Efeka, Arzneimittelfabrik in Isern- hagen, hat zwei Präparate
neu in ihr Herz-Kreislauf- Programm aufgenommen:
den Betablocker Atenolol als Tonoprotect® Filmtablette mit 50 und 100 mg des Wirk- stoffes sowie die Kombina- tion von 5 mg Amilorid plus 50 mg Hydrochlorothiazid als Antihypertonikum Combi- protect®. To
Thomae hat Preise ge- senkt — Thomae, Biberach/
Riß, hat den Preis für das Langzeitsekretolytikum Mu- cosolvan® Retard um gut 25 Prozent gesenkt. Außerdem hat Thomae bereits Ende 1988 den Preis für das anti- bakteriell wirksame und schleimlösende Atemwegs- präparat Mucotectan um fast dreißig Prozent gesenkt. pe A-1708 (96) Dt. Ärztebl. 86, Heft 22, 1. Juni 1989