DEUTSCHES ARZTEBLATT
Fünf Jahre Station für Palliative Therapie
Mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Krebshilfe e. V. wur- de am 7. April 1983 an der Chirurgi- schen Universitätsklinik Köln eine kleine Betten-Station eröffnet, die sich besonders um Krebspatienten im Finalstadium bemüht. Die Idee der englischen Hospizbewegung wurde hierbei aufgegriffen und von dem Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik, Professor Dr.
Dr. H. Pichlmaier, und dem Klinik- seelsorger H. R. Zielinski, M. Litt.
Cantab., verwirklicht.
Zwischenzeitlich sind auf dieser Station mehr als 270 Aufnahmen zu registrieren. Viele der Patienten sind verstorben, aber man kann da- von ausgehen, daß bis auf etwa 2 Prozent alle Patienten schmerzfrei beziehungsweise schmerzreduziert waren, so daß sie in Würde sterben konnten, ohne Angst haben zu müs- sen, daß die qualvollen Schmerzen wieder auftreten würden.
Ein weiteres Anliegen, das schon von der Gründerin der Deut- schen Krebshilfe, Dr. Mildred Scheel, gefordert worden war, konn- te zwischenzeitlich ebenfalls ver- wirklicht werden: Vielen Patienten, die den Wunsch hegen, zu Hause sterben zu können, wird dieses durch den Hausbetreuungsdienst, der als weitergehendes Projekt der Deutschen Krebshilfe der Station angeschlossen ist, verwirklicht.
Hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemühen sich, diesen letzten Wunsch vieler Patienten zu erfüllen.
Zur Zeit können auf der Station leider nur fünf Patienten betreut werden; vom Hausbetreuungsdienst werden jedoch über 40 Patienten mit einer unheilbaren Tumorerkran- kung zu Hause gepflegt und betreut.
Dies setzt eine Kooperation mit den Hausärzten voraus, die in den mei- sten Fällen auch gewährleistet ist.
Durch die intensive Begleitung der Patienten auf der Station und durch den Hausbetreuungsdienst werden auch die Angehörigen in die Begleitung eingeschlossen. Ihnen wird durch diese Hilfe ermöglicht,
mit der Trauer fertig zu werden, die sie erfahren müssen, wenn ein ge- liebter Mensch gestorben ist. Durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter werden sie in ihrer Not und bei ihren Fragen begleitet und finden so Hilfe, die sie von sich aus nicht er- fragen würden.
Auf der Station arbeiten sechs Schwestern und Pfleger, die eine Ausbildung in der Gesprächsfüh- rung absolvieren mußten, bevor sie dort eingesetzt wurden. Zusätzlich arbeiten dort eine Stationsärztin so- wie ein Anästhesist, der die physi- sche Schmerztherapie vornimmt
Wie in jedem großen Kranken- haus gibt es auch in der Universitäts- klinik das Tablettsystem für die Mahlzeiten. Da viele Krebspatien- ten auch Ernährungsprobleme ha- ben, wurde im Rahmen einer Ar- beitsbeschaffungsmaßnahme der Versuch unternommen, den Patien- ten eine auf sie abgestimmte Ernäh- rung anzubieten. Hierfür wurden drei Oecotrophologen eingestellt, die sich zwei Arbeitsplätze teilen.
Die psycho-soziale Betreuung wird von einem Diplom-Theologen wahrgenommen; die Begleitung der Mitarbeiter einmal wöchentlich durch einen Diplom-Supervisor; die Seelsorge von den hauptamtlichen Mitarbeitern der beiden großen Konfessionen. Zusätzlich sind eh- renamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Betreuung der Pa- tienten auf der Station tätig.
Verbesserung
der Schmerztherapie
Der Hausbetreuungsdienst setzt sich zusammen aus sechs Mitarbei- tern, die von der Krebshilfe finan- ziert werden, und sechs weiteren Mitarbeitern, die im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit- eingesetzt werden.
Durch Spenden wurden fünf Pkw angeschafft, die Tag und Nacht im Einsatz sind. Die Mitarbeiter selbst sind jederzeit über Eurofunk zu erreichen.
Um die Erfahrungen, die auf der Station und im Hausbetreuungs- dienst gesammelt werden, weiterge- ben zu können, wurde ebenfalls von
der Deutschen Krebshilfe ein Aus- bildungszentrum eingerichtet. Hier werden Seminare und Vorträge für Arzte und medizinisches Personal angeboten. Allerdings wird größter Wert darauf gelegt, daß auch ehe- malige Patienten und deren Ange- hörige an den Seminaren teilnehmen können, wobei sie direkten Kontakt mit den hauptamtlichen Mitarbei- tern der verschiedenen Projekte ha- ben, um so ihre Fragen mit den Fachleuten diskutieren zu können.
Von diesen Projekten, so darf man nach fünf Jahren sagen, ist in der gesamten Klinik zwischenzeit- lich eine Verbesserung der Schmerz- therapie festzustellen. Der Anästhe- sist, Oberarzt Dr. Zech, wird nicht nur konsiliarisch zu Patienten ande- rer Kliniken gerufen, sondern be- müht sich auch, in interdisziplinären Fortbildungsveranstaltungen für Studenten und Arzte die medika- mentöse Schmerztherapie so be- kannt zu machen, daß sie von den Hausärzten —, die Patienten der Sta- tion und der Schmerzambulanz übernehmen — sofort weitergeführt werden kann.
Die Schmerzambulanz, die zwar im Institut für Anästhesiologie der Universität angesiedelt ist, wird aber finanziell im Rahmen der Projekte unterstützt. Hier werden jährlich bis zu 250 und mehr Patienten, vorran- gig Tumorpatienten, behandelt und vom Hausbetreuungsdienst zusätz- lich psychosozial und pflegerisch — falls notwendig — begleitet.
So kann — obwohl die Station für Palliative Therapie unter dem Bet- tenmangel ganz erheblich leidet — vielen Patienten, die unter stärksten bis unerträglichen Schmerzen lei- den, zumindest hier geholfen wer- den, obwohl eine Untersuchung zeigt, daß die Schmerzeinstellung auf der Station am ehesten und be- sten vorgenommen werden kann, weil hier die seelische Begleitung ge- währleistet ist, die letztlich auch sehr die Schmerzen beeinträchtigt.
Die gesamten Projekte sind bis zum Ende des Jahres 1990 bewilligt, und wir hoffen, daß bis dahin sowohl die Station auf 15 Betten erweitert worden ist als auch die gesamten Projekte vom Staat übernommen werden. Helmut Reinhold Zielinski Dt. Ärztebl. 85, Heft 14, 7. April 1988 (35) A-931