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Archiv "Privatkliniken: Subsidiarität und Pluralität – Richtpunkte für die Krankenhausrefonn" (12.06.1992)

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DEUTSCHES

ARZTEBLATT

TAGUNGSBERICHTE

Privatkliniken

Subsidiarität und Pluralität

Richtpunkte für die Krankenhausrefonn

Die rund 980 Akutkrankenan- stalten und Rehabilitationskliniken in privater Trägerschaft in Deutsch- land-West und -Ost bekennen sich uneingeschränkt zum Prinzip der Gliederung und Pluralität und zur Schaffung und Stärkung gleichge- wichtiger Wettbewerbsbedingungen im Rahmen des gegliederten Kran- kenhauswesens. Die Privatkliniken, so der Tenor des Bundeskongresses des Bundesverbandes Deutscher Pri- vatkrankenanstalten e.V. (BDPK) am 22. Mai in Berlin, plädieren für eine weitgehende Entstaatlichung des Krankenhauswesens, insbeson- dere eine Rückdrängung staatlicher Angebotssteuerung über Bedarfsplä- ne. Statt dessen sollen im Zuge der Weiterentwicklung des Kranken- hausrechtes Rahmenbedingungen geschaffen werden, um leistungsbe- reiten und -geeigneten Klinikträgem den Zugang zum Krankenhausmarkt zu öffnen und damit einen "offenen Wettbewerb" zu erreichen.

Für den Privatkrankenanstalten- Bundesverband gelten die bereits in ihrer "Stuttgarter Erklärung" (vom Februar 1991) ausgewiesenen Grundpositionen, die unter die De- vise "mehr Markt, weniger Plan" und unter das Vorzeichen von Subsidiari- tät und Pluralität gestellt sind.

Der Präsident des Bundesver- bandes der Privatkrankenanstalten, Dipl.-Kfm. Raimund Freund, Klinik- träger aus Bad Orb, umriß beim Ber- liner Bundeskongreß die Grundsatz- positionen seines Verbandes, die bei der vom neu amtierenden Bundesge- sundheitsminister Horst Seehafer (CSU) angekündigten Finanzie- rungsreform und der zweiten (ab- schließenden?) Etappe der Gesund- heitsreformbeachtet werden sollten:

Die Privatkliniken plädieren für

~ einen völligen Abbau her- kömmlicher Subventionen insbeson- dere bei öffentlich-rechtlichen (kom- munalen) Krankenhausträgern im Bereich der Betriebskostenfinanzie-

rung (dort werden in Höhe von mehr als zwei Milliarden DM jährlich qua- si contra legem Kostendefizite aus öffentlichen Etats zugefüttert);

~ Ablösung des geltenden Sy- stems tagesgleicher pauschalierter Pflegesätze durch ein System lei- stungsbezogener Entgelte und fest vereinbarter Preise;

~ allmählicher Rückzug des Staates (Länder) aus der Kranken- hausangebotsplanung;

~ Mehr Maßnahmen zur Quali- tätssicherung im stationären Be- reich, ohne die Krankenhausverwal- tungen und Klinikträger im Hinblick auf Richtlinien und bürokratischen Aufwand zu überfrachten;

~ Förderung der Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung auch durch Einrichtun- gen des modernen, kooperativen Be- legarztsystems, durch praxisklinische Einrichtungen und andere Maßnah- men einer integrierenden ambulant- stationären Versorgung;

~ Mehr Markt, Startchancen- gleichheit und Wettbewerb auch im stationären Sektor.

Die Privatkrankenanstalten wol- len sich auch der Herausforderung neuer Leistungs- und Entgeltstruktu- ren in der stationären Versorgung stellen. Gerade die Privatkliniken seien es gewesen, die als "Pilotkran- kenhäuser" diagnosebezogene Fall- pauschalen und andere alternative Abrechnungssysteme gemäß §§ 5 und 21 der Bundespflegesatzverord- nung (BPflV) erprobt hätten.

Dualistik: Ursache

von Unwirtschaftlichkeit Die duale Finanzierung ist aus der Sicht der Privatkrankenanstalten Ursache unwirtschaftlicher Verhal- tensweisen und kontraproduktiver Kostensteuerungen an der Schnitt- stelle zwischen Vorhalte- und Be- triebskosten. Der Privatkrankenan-

stalten-Bundesverband spricht sich für eine stufenweise Umstellung des monistischen Finanzierungssystems auf Teilmonistik oder lupenreine Monistik aus. Die Länder sollten in einer angemessenen Übergangsfrist (10 Jahre) in einen Übergangsfonds jene Fördermittel einbringen, die bisher zur herkömmlichen Investiti- onsförderung für Kliniken ausgege- ben wurden (in den alten Bundeslän- dern rund fünf Milliarden DM p. a.).

Die Privatkrankenanstalten plä- dieren uneingeschränkt für die Auf- hebung des herkömmlichen Prinzips der vollen Kostenerstattung im Be- triebskostenbereich.

Im Gegensatz etwa zur Deut- schen Krankenhausgesellschaft (DKG) bekennen sich die Privat- krankenanstalten zu kostenorientier- ten marktgerechten Klinikpreisen, statt vollpauschalierter selbstkosten- deckender Pflegesätze. Die Privatkli- niken plädieren allerdings für Be- handlungspreise, in denen auch die Kapitalkosten voll einkalkuliert und berechnet werden können. Die Ver- antwortung für die Investitions- und Betriebskostenfinanzierung müßte wieder "in eine Hand", in die der Klinikträger (und damit auch der Fi- nanziers), gelegt werden. Ein "ein- heitlich patientenzentriertes Kran- kenhausmanagement" müsse die Ge- samtverantwortung für das Lei- stungs- und Kostengeschehen im Krankenhaus übernehmen, so das Petitum von BDPK-Chef Raimund Freund.

Für Aufhebung

der Kostenerstattung Bundesgenossen fand der Pri- vatkrankenanstalten-Bundesverband in Berlin durch den Verband der An- gestellten-Krankenkassen (VdAK) und den sozial-und gesundheitspoli- tischen Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Rudolf Dreßler, MdB aus Wuppertal. Dr. rer. pol. Werner Gerdelmann, beim V dAK zuständig für das Vertragswesen und die Kran- kenhauspolitik, nannte vier Eck- punkte für die Reform der Kranken- hausreform:

~ Abschaffung des geltenden Selbstkostendeckungsprinzips;

Dt. Ärztebl. 89, Heft 24, 12. Juni 1992 (23) A1-2179

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~ Einführung leistungsbezoge- ner Entgelte;

~ Ubergang zu einer monisti- schen Krankenhausfinanzierung (bei Einführung e.~ner Länderfondsrege- lung in einer Obergangszeit von zehn Jahren);

~ Reform der Krankenhausbe- darfsplanung.

Für die Ersatzkassen ist die Ab- kehr vom Selbstkostendeckungsprin- zip in dem von Seehafer angekündig-

ten "Vorschaltgesetz" der entschei-

dende "Einstieg zum Ausstieg aus dem System". Ein wie immer gearte- tes Preissystem sei die Vorausset- zung für mehr Wirtschaftlichkeit und Zielrationalität und positive Steue- rungsimpulse im Krankenhaus, so Gerdeimann vor dem Berliner Kon- greß. Und Rudolf Dreßler sekun- dierte: "Das Selbstkostendeckungs- prinzip muß fallen; es ist ein Relikt aus der Zeit kameralistischer Wirt- schaftsführung und paßt in die Zeit der modernen Betriebswirtschaft wie die Postkutsche ins Jet-Zeitalter."

Die Aufhebung des Anspruchs auf Deckung der Selbstkosten müsse zu Beginn der Reform stehen und nicht erst an deren Ende, so Dreßler.

Ersatzkassen und SPD-Opposi- tion wollen Bundesgesundheitsmini- ster Seehafer beim Wort nehmen, der ebenfalls die Aufhebung des Selbstkostendeckungsprinzips als Dreh- und Angelpunkt der Krankeu- hausreform bezeichnet hat. In Berlin wurde betont, es sei ein Fehler gewe- sen, den Krankenhaussektor weitge- hend aus der ersten Stufe zur Struk- turreform auszuklammern.

Nach Auffassung der Ersatzkas- sen und der SPD genügt es nicht, bei der Klinikfinanzierungsreform nur punktuell zu intervenieren. So könne

der "Dauerausreißer" Krankenhäu-

ser nicht in den gesamtwirtschaftli- chen Kostendämpfungspakt einge- bunden werden. Die Ersatzkassen registrierten im Jahr 1991 eine durchschnittliche Steigerungsrate bei den Ausgaben für Krankenhaus- pflege in Höhe von 7,75 Prozent je Mitglied (weitgehend verursacht durch die Strukturkomponente und die Mengenausweitung). Im ersten Quartal 1992 stiegen die Ausgaben im Krankenhausbereich je Mitglied bei den Ersatzkassen um 10,83 Pro-

zent (

+

13,7 Prozent gegenüber 1991). Mehr als 14 Milliarden DM Gesamtdefizit werden für 1992 in der gesetzlichen Krankenversiche- rung prognostiziert. Hauptverur- sacher: der stationäre Sektor, der fast 33 Prozent des GKV-Budgets beansprucht. Statt, wie im Blüm- schen Gesundheits-Reformgesetz beabsichtigt, den Krankenhausbe- reich um jährlich 1,5 Milliarden DM zurückzustutzen, seien von den 3450 Krankenhäusern im vergangeneu Jahr rund fünf Milliarden DM "ver-

frühstückt" worden (beziehungsweise

das GKV-Defizit dadurch vergrößert worden), die eigentlich zur teilweisen Finanzierung der Pflegeversicherung bereitgestellt werden sollten.

Für die Ersatzkassen ist die Ver- weildauer von rund 12 Tagen im Akutbereich immer noch überhöht - zieht man Kennzahlen aus dem eu- ropäischen Ausland und aus USA heran. Allein die Reduktion um ei- nen Pflegetag würde nach Berech- nungen der Ersatzkassen 10,73 Mil- lionen Pflegetage ersparen. Rein rechnerisch würde dies bedeuten, daß 4375 Ärztinnen und Ärzte sowie 17 500 Pflegekräfte dadurch weniger eingesetzt werden müßten. Volumen der rein theoretischen Kostenredu- zierung: 4,2 Milliarden DM p. a.

Die Einführung eines erweiter- ten und obligatorischen Katalogs von Sonderentgelten ist nach Ansicht der Krankenkassen zwar ein "kleiner Schritt in die richtige Richtung", nachhaltige kostendämpfende und steuernde Wirkungen erwarten die Ersatzkassen ebensowenig wie von Abteilungspflegesätzen. Unter der Devise von "mehr Transparenz und mehr Leistungsgerechtigkeit" be- wirkten Sonderentgelte lediglich ei- ne optische Neuverteilung der Kran- kenhauskosten. Mit Quersubventio- nen und Kostenverschiebungen kön- ne der Kostenauftrieb im Klinikbe- reich nicht abgebaut werden. Zudem liefe man Gefahr, eine durchgreifen- de Krankenhausreform erneut zu verzögern (was vor allem der Deut- schen Krankenhausgesellschaft nachgesagt wird).

Abteilungspflegesätze brächten für die Kostenträger und Beitrags- zahler keinerlei Vorteile, so der VdAK. Die tagesgleichen Vergü- A1-2180 (24) Dt. Ärztebl. 89, Heft 24, 12. Juni 1992

tungssätze und das Gesamtbudget des Krankenhauses würden lediglich auf die einzelnen Abteilungen "her- untergebrochen". Für die Vertrags- partner hätte dies den Nachteil, daß sie künftig für jede Abteilung geson- dert verhandeln und Abteilungspfle- gesätze festlegen müßten. Dies wür- de den Verhandlungsaufwand ver- fünffachen (dieser Ansicht hat aller- dings Gesundheitsökonom Prof. Dr.

Günter Neubauer widersprochen, der lediglich über das Gesamtbudget der Kliniken verhandelt wissen möchte).

Die Devise der Ersatzkassenver- bände: allmähliche Umstellung der dualistischen auf monistische Finan- zierung. Die Länder müßten sich aus der starren Krankenhausplanung weitgehend zurückziehen. Ein Preis-. systemsei die Alternative zur Selbst- kostendeckung. Fallbezogene Ver- gütungsformen seien ebenso indi- ziert wie andere alternative Möglich- keiten einer leistungsbezogenen Vergütung (so Gerdelmann).

Freies Spiel der Kräfte

Und hier schließt sich der Kreis mit der SPD: Wie deren gesund- heitspolitischer Sprecher Dreßler in Berlin betonte, soll der Krankeu- hausmarkt weitgehend dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden, obwohl dieser Dienstleistungssektor nach Meinung Dreßlers ein typischer

"Nicht-Markt" ist. So ganz wollen

die Sozialdemokraten der Gewinn- Verlust-Mechanik bei der Klinikfi- nanzierung doch nicht trauen. Sie plädieren für ein angemessenes Mix aus staatlich kontrollierten, öffent- lich-rechtlichen Regultiven und pri- vaten, marktwirtschaftliehen Ele- menten. Aber: Der öffentliche Ver- sorgungsauftrag und der im Grund- gesetz verankerte Auftrag zur sozial- staatlichen Daseins- und Gesund- heitsfürsarge verpflichten die Kran- kenhäuser, darauf zu achten, daß in jedem Fall ein korrektes und ange- messenes Preis-Leistungs-Verhältnis angestrebt wird. Dies beinhalte auch die Verpflichtung, Wirtschaftlich- keitsreservenvoll auszuschöpfen und die Kosten in Schach und Proportion zu halten. Dr. Harald Clade

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