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Archiv "KOSTENDÄMPFUNG: Selbstbehalt und Leistungsausschluß" (15.05.1992)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT LESERBRIEFE

ORGANSPENDE

Zu dem Leserbrief „Banalität des Bösen?" von Dr. Kolb in Heft 13/1992:

Anstand bewahren

Über Stil mag man, wie über Geschmack, trefflich streiten können. Aber die Art, mit der Dr. Kolb jene Kollegen, die sich um Trans- plantationen bei den Extrem- fällen der uns anvertrauten Patienten bemühen, zu per- versen Lobbyisten im florie- renden Geschäft der Organ- quellenerschließung tituliert und auch die leidigen Stasi- und Nazi-Vergleiche nicht fehlen läßt, entbehrt des An- standes, den man sich in der Diskussion über kontroverse Themen bewahren sollte.

Vielleicht sollte Dr. Kolb einmal die Haltung zum Bei- spiel der Kirchen zu diesem Thema studieren, bevor er von ethisch verwerflich spricht und unseren Auf- schrei fordert. Aber wahr- scheinlich wähnt er auch dort das Böse, das die Würde des Menschen mit Füßen tritt?

Hoffentlich wird das, sicher auch von vielen Patienten, stark beachtete Thema mit weniger Ignoranz weiterbear- beitet.

Dr. med. Dag-Daniel Dit- tert, Ludwig-Beck-Straße 17, W-3400 Göttingen

Protest

Herr Dr. Kolb beschäftigt sich mit dem Problem der Or- ganspende, ohne auf die wirk- lichen Vor- und Nachteile der Zustimmungs- beziehungs- weise Widerspruchslösung einzugehen.

Vielmehr polemisiert er ganz allgemein gegen die Or- gantransplantation in einer unwürdigen Weise. Er unter- stellt den Kranken nicht den Wunsch nach guter und men- schenwürdiger Behandlung, sondern magische Vorstellun- gen vom ewigen Leben. Of- fensichtlich hat er nie einen Dialysepatienten oder einen Nierentransplantierten be- treut.

Ob er wohl je ein Ge- spräch mit Angehörigen eines verstorbenen möglichen Or- ganspenders geführt hat?

Seine Wortwahl und seine Assoziationen sprechen für sich: Zynischer und perverser geht es nicht mehr. Ich lege Protest ein!

Dr. Rupert Habersetzer, Am Ährenfeld 6 e, W-8080 Fürstenfeldbruck

Pauschalverteufelung

Die Zuschrift endet mit:

„ich lege Protest ein".

Ich tue dies auch.

„Die Transplantationslobby berufe sich bei ihrem Engage- ment auf die alte DDR-Stasi- Gesetzgebung."

Auch wenn wir eine Stasi hatten und durch diese über- wiegend psychisch gelitten haben, gab es dennoch auch Gesetze, die mit der Stasi überhaupt nichts zu tun hat- ten. Und diese Pauschalver- teufelung geht mir nun aller- dings zu weit.

Aber wahrscheinlich ist es für manche einfacher, mit sol- chen Formulierungen wie oben oder auch „ein Volk von Stasiknechten" (solche Sätze habe ich auch schon gehört) zu leben, weil dann nämlich keine moralische Verpflich- tung besteht, sich mit eventu- ell doch positiv Vorhande- nem des anderen Volksteils zu befassen, sondern alles un- geprüft abzulegen.

Der Herr Kollege möge zur Kenntnis nehmen, daß wir trotz allem manches Ver- nünftige und auch Humane hatten.

Im übrigen stimme ich mit den anderen Formulierungen auch nicht überein. Die Auf- gabe der Ärzte ist doch wohl in erster Linie die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und nicht die Kosmetik des Toten. Wenn mit der Transplantation Ge- schäfte gemacht werden, wie der Autor meint, müssen wir nicht die Transplantation ab- schaffen, sondern das Ge- schäftemachen. Es ist müßig, auf die weitere Polemik ein- zugehen. Für mich hat sich

der Autor mit seinen Ausfüh- rungen selbst ins Abseits ge- stellt.

Dr. Jürgen Wirth, Hohen- binder Steig 38/74-26, 0-1166 Berlin

Polemik ersten Grades

Welche Würde meint der Kollege, wenn er von der zu schützenden Würde spricht?

Ist hiermit vielleicht die Wür- de eines Dialysepatienten ge- meint, der sich dreimal pro Woche an der künstlichen Niere quält, ist es die Würde eines herzinsuffizienten Pa- tienten, der keine Luft mehr bekommt, oder ist es die Würde eines Leberkranken, der ohne Organspende nur noch wenige Tage zu leben hätte? Weit gefehlt, es ist die Würde der Toten, die seines Erachtens diese verlieren, KOSTENDÄMPFUNG

Zu dem Beitrag „Und seit Jah- ren dreht sich alles im Kreis" in Heft 12/1992:

Selbstbehalt und Leistungsausschluß

Es ist ja nun schon reich- lich oft und von den verschie- densten Seiten an die „Ver- nunft aller Beteiligten" und das „Bewußtsein" im Zusam- menhang mit der Kosten- dämpfung im Gesundheitswe- sen „appelliert" worden. Oh- ne Erfolg, wie man weiß. Wie soll man denn, wie der Vorsit- zende des AOK-Bundesver- bandes Willi Heitzer, ein Um- denken erwarten können, wenn die strukturellen Vor- aussetzungen hierfür völlig fehlen? Unser gegenwärtiges Gesundheitssystem ist auf, zumeist symptomorientierte, Krankheitsbehandlung und Rehabilitation, um nicht zu sagen Reparatur ausgerich- tet. Zwar hört man in der letzten Zeit vieles zum The- ma „Vorsorge", doch fragt man sich, welchen Sinn derar- tige Vorsorgeuntersuchungen haben sollen, wenn — etwa beim erhöhten Cholesterin- spiegel — keine Änderung

wenn sie ihre Organe spen- den. Ich betone bewußt spen- den, denn jeder hat nach der neuen Gesetzesvorlage die Möglichkeit, zu Lebzeiten nein zur Organspende zu sa- gen (Widerspruchslösung!).

In diesem Zusammenhang von „ausschlachten" zu spre- chen, ist Polemik ersten Gra- des. Sogar die Kirchen setzen sich in zunehmendem Maße für die • Organspende als letz- tem Akte der Nächstenliebe ein.

Es ist ein Faustschlag in das Gesicht eines jeden be- troffenen Patienten, hier von einer „ethisch verwerflichen Regelung" zu sprechen. Jeder Bürger hat das Recht auf kör- perliche Unversehrtheit, nicht nur die Toten, Herr „Kol- lege".

Dr. med. Karl Votz-Siege- mund, Adolf-Mathes-Weg 7, W-8000 München 50

der Lebensweise erfolgt, son- dern statt dessen Medika- mente verordnet werden.

Gleiches könnte man bei der Arthrose, beim hohen Blut- druck, bei der Gicht, bei den Allergien und, und, und, be- schreiben. Gut 40 Prozent der heutigen Krankenhauspatien- ten sind Wohlstandskranke.

Vor allem falsche Ernährung, Alkohol und Nikotin und mangelhafte körperliche Be- tätigung haben sie dazu ge- macht.

Der preiswerteste Weg zur Gesundheit ist zweifellos die Erhaltung der Gesundheit.

Von daher müßte der Ver- mittlung einer gesunden, das heißt naturgemäßen Heil- und Lebensweise viel größe- rer Raum eingeräumt wer- den. Um das Interesse bei den Menschen hierfür zu wecken, greift Aufklärung al- lein in vielen Fällen zu kurz.

Es muß ein finanzieller An- reiz geschaffen werden. Wir haben derzeit folgende skan- dalöse Situation: Ein Ketten- raucher, der seinen dritten Herzinfarkt erlitten hat, be- kommt selbstverständlich auf Kosten der Solidargemein- schaft alle notwendigen in- tensivmedizinischen Maßnah- A1-1806 (6) Dt. Ärztebl. 89, Heft 20, 15. Mai 1992

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men und anschließende Re- habilitationsmaßnahmen bzw. Kuren bzw. Nachkuren bzw. Nachkuren der Nachku- ren. . . Auf der anderen Seite wird einer Krebspatientin, welche beispielsweise ein bio- logisch wirkendes Enzymprä- parat verordnet haben möch- te, klargelegt, das Präparat könne nicht zu Lasten der So- lidargemeinschaft verordnet werden, da es nicht „dem Stand der Wissenschaft" ent- spräche. Ein unhaltbarer Zu- stand.

Beizukommen ist dem aus unserer Sicht nur durch die Einführung von Selbstbehal- ten und Leistungsausschlüs- sen. Ein zukünftiger Basista- rif der Krankenversicherun- gen würde somit notfallmedi- zinische Maßnahmen, seien sie ambulant oder stationär, komplett abdecken.

Für zusätzliche Leistun- gen könnte der Patient in ei- nem gestaffelten Tarifsystem mit Selbstbeteiligung — ähn- lich wie bei der Autoversiche- rung — wählen. Gesundheits- bewußtes Verhalten würde auf diese Weise auch finan- ziell belohnt, der bewußte Verstoß gegen die eigene Ge- sundheit mit Messer und Ga- bel, Alkohol und Nikotin, mangelhafter Bewegung und dergleichen würde somit fi- nanziell bestraft. Der Patient würde erkennen, daß es vor allem an ihm selbst liegt, Ge- sundheit zu erhalten. Der Arzt und die Medizin können dabei nur Partner und Helfer sein.

Wir wissen schon: Von Selbstbeteiligung hält man nicht viel in Bonn. Warum ei- gentlich nicht? Weil man Angst hat. Um Wählerstim- men. Bald wird man jedoch um grundlegende strukturelle Veränderungen des Gesund- heitssystems nicht mehr her- umkommen. Spätestens dann, wenn eine unkontrol- lierbare Kostenexplosion das Gesundheitssystem selbst mattgesetzt hat. Wetten, daß?

Dr. med. Rainer Matejka, Deutscher Naturheilbund e. V., Rupprechtstraße 20, W-8788 Bad Brückenau

ALLGEMEINMEDIZIN

Zu dem Beitrag „Das Besonde- re am Allgemeinen — Neue Kon- zepte für die Weiterbildung kön- nen auf eine Fülle von Material zu- rückgreifen" von Prof. Dr. Goß- mann in Heft 9/1992:

Problematik

sehr schön beschrieben

Goßmann beschreibt sehr schön die eigentliche Proble- matik der Allgemeinmedizin.

Ich bin nun 10 Jahre in der allgemeinmedizinischen Pra- xis tätig und kann seine Aus- führungen nur unterstützen.

Robert N. Braun hat die All- gemeinmedizin revolutioniert und auf einen hohen wissen- schaftlichen Standard ge- bracht.

Besonders betroffen hat mich der Satz: Die Anwen- dung der allgemeinmedizini- schen Berufstheorie „hat den Vorteil der Redlichkeit — man behauptet nicht mehr als man weiß . . .". Tatsächlich empfinde ich die Situation ebenso. Wenn ich mir das überlege, so impliziert dieser Satz einen Gedanken von großer Tragweite: Er bedeu- tet doch nichts anderes, als daß ein Arzt in der Allge- meinpraxis sehr oft unredlich mit sich selber sein muß, wenn er nur irgendwelche Diagnosen produziert anstatt korrekt zu klassifizieren (in etwa 90 Prozent der Fälle

„Bilder von Krankheiten",

„Symptomgruppen" und

„Symptome").

Ohne den weitgehenden Ausschluß abwendbar gefähr- licher Verläufe bei uncharak- teristischen Symptomen und Symptomgruppen sowie das abwartende Offenlassen in geteilter Verantwortung mit dem Patienten ist eine Allge- meinmedizin auf hohem Ni- veau nicht vorstellbar.

Dr. med. P. Landolt- Theus, Kilchbergstraße 34, CH-8134 Adliswil

Wozu Allgemeinmedizin?

Leisten nicht Spezialisten- Teams eine effiziente diffe- renzierte Bewältigung kom-

plexer gestörter organisch- struktureller, funktionell-re- gulativer, kognitiv-kommuni- kativer Wechselwirkungen?

Ist nicht der omnipotente all- gegenwärtige „Hausarzt" blo- ße Legende? Bedarf der selbstbestimmte mündige Bürger denn mehr als der fachlichen Indoktrination?

Wozu also noch Allgemein- medizin? Eine Allgemeinme- dizin, deren Eigenständigkeit vielen verborgen bleibt. Eine Allgemeinmedizin, die inhalt- liche Bestimmungskriterien durch funktionale Aspekte ersetzt. Eine Allgemeinmedi- zin, die wissenschaftlichen Anspruch mehr deklariert als realisiert. Eine Allgemeinme- dizin, die sich im Vollzug der pragmatischen Hilfeleistung nahezu erschöpft.

Das sinkende, vielleicht ehemals stolze Flaggschiff Allgemeinmedizin braucht kraftvolle Entscheidungen, um wieder voll funktionstüch- tig zu werden. Aus der ange- messenen Entsprechung der menschlichen Dimension be-

STRESS-CARTOON Zu dem Titelcartoon von Heft 12/1992:

Der Anästhesist — eine Schlafmütze?

Otto Normalverbraucher ist aufgeklärt. Regelmäßig bekommt er in Fernsehserien gezeigt, wie es an deutschen Kliniken zugeht: der über- mächtige Klinikchef (natür- lich Chirurg) weiß alles, kann alles und macht alles, die Nachgeordneten kuschen, und der Verwaltungsdirektor verkümmert zu einem hilflo- sen Wesen.

Natürlich darf in einer sol- chen Bilderbuchldinik der Anästhesist nicht fehlen, ge- nauer die Anästhesistin, die selbstredend ohne eigene Kompetenz nur das tut, was der Klinikchef anordnet. Sie ist der mitleiderregende Teil des Geschehens mit famili- ären Problemen und unfähig, den Anforderungen des Be- rufes ebenso wie des Lebens gerecht zu werden.

zieht die Allgemeinmedizin ihre Unverwechselbarkeit. Ih- re Spezifik gewinnt sie im Kontext ihres personalen Ge- genstandsbezugs in Verbin- dung mit einer problemrele- vanten und prognostischen Zielorientierung. Der Maß- stab des allgemeinärztlichen Tuns und Unterlassens er- wächst aus den konstellati- ven, korrelativen und kenn- zeichnenden Beziehungsver- hältnissen von Beschwerden, Befunden und Befinden. Die Bewältigung komplexer Sach- verhalte bedarf einer allge- meinen Medizin komplexer Zuständigkeit, die umfassen- de individuelle Beratung und Hilfe im biosozialen Kontext leistet.

Ihre tatsächliche Wirk- samkeit bestimmen Rahmen- bedingungen, und die weitere Entwicklung wird zeigen, wel- ches Konzept der europäi- schen Industriegesellschaft konform erscheint.

Dr. med. Paul Kokott, Neißestraße 66/68, W-3320 Salzgitter 1

Auf der Titelseite wieder- holt sich die TV-Story. In ei- ner Comic-Szenerie wird der nächtliche Streß eines Chir- urgen dargestellt, der letztlich in dem Einfall gipfelt, einen neuen Anästhesisten zu su- chen, weil der alte eine — na- türlich streßfreie — Schlaf- mütze sei.

Die deutschen Anästhesi- sten bemühen sich seit Jahren um eine ernsthafte Darstel- lung ihres Berufsbildes in der Bevölkerung. Wenn dennoch im fachübergreifenden Mit- teilungsblatt der deutschen Ärzteschaft auf der Titelseite die klischeehaften Vorstel- lungen eines Seifenopernmi- lieus kritiklos übernommen werden, macht dies betroffen.

Auch in der Karikatur hätte ich mir von der Redaktion des Deutschen Ärzteblattes mehr Durchblick und Sensibi- lität gewünscht.

Prof. Dr. med. R. Dölp, (seit 19 Jahren Facharzt für Anästhesiologie), Städt. Kli- nikum Fulda, Pacelliallee 4, W-6400 Fulda

A1-1808 (8) Dt. Ärztebl. 89, Heft 20, 15. Mai 1992

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