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Archiv "Geschichte der Medizin: Erfinder des Stethoskops" (26.05.2006)

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T H E M E N D E R Z E I T

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A1436 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 21⏐⏐26. Mai 2006

W

as im Mittelalter das Uringlas war, ist heute das Stethoskop: Sinn- bild des Arztes und ärztlicher Tätigkeit. Erfunden und be- schrieben hat es vor knapp zweihundert Jahren der franzö- sische Arzt René Théophile Hyacinthe Laënnec.

Am 12. Februar 1781 wird Laënnec als Ältester von vier Geschwistern in Quimper in der Bretagne geboren. Als er fünf Jahre alt ist, stirbt seine Mutter, wahrscheinlich an Tu- berkulose.

Während der Revolutions- kriege erlebt der Zwölfjährige die Belagerung von Nantes, wo er mit seinem Bruder bei einem Onkel aufwächst. Zwei Jahre später, 1795, beginnt Laënnec, sich mit Medizin zu beschäftigen. Im Hotel-Dieu lernt er, wie man Wunden ver- bindet, und belegt die ersten Anatomiekurse. Sein Vater und die junge Stiefmutter versu- chen, ihm den Arztberuf auszu- reden, „ein Beruf für Narren, verglichen mit dem Geld, das man als anständiger Geschäfts- mann verdienen kann“. Doch Laënnec lässt sich nicht beir- ren. Ab 1801 setzt er seine Stu- dien in Paris fort.

Nicht mehr direkt mit dem Ohr am Brustkorb

Zu Beginn des 19. Jahrhun- derts entsprechen praktische Ärzte weitgehend noch dem Bild, das Molière von ihnen gezeichnet hat: begeisterte Anhän- ger von Vermutungen und dunklen Lehrsätzen über die Ursachen von Krankheiten anstelle von exakter Be- obachtung und Empirie. So sonderbar wie die Diagnosen sind auch die Be- handlungen: Aderlass, Blutegel, Kli- stiere, Abführmittel. In Paris hat die Revolution jedoch gute Bedingungen für neue Formen von Forschung und Lehre geschaffen. Die alten Institutio- nen werden durch die École de Santé ersetzt, in der die klinische Forschung

einen bedeutenden Aufschwung er- lebt. Konsequent setzt man hier die Ideen von Giovanni Battista Morga- gni in die Tat um und zieht den Befund an der Leiche zur Aufklärung und Abgrenzung von Krankheiten heran.

Xavier Bichat beschreibt die in allen Organen wiederkehrenden Gewebe- arten und bringt damit die patholo- gische Anatomie ein gutes Stück vor- an. Laënnec hat die Wahl zwischen der Salpêtrière unter Philippe Pinel und der Charité unter Jean Nicolas

Corvisart. Er wählt die Charité.

Corvisart, Leibarzt Napoleons, erkennt den Wert der 1761 von Leopold Auenbrugger beschrie- benen Perkussion und macht sie zur Grundlage der allgemeinen Diagnostik.

Seit Hippokrates haben Ärz- te immer wieder über die Aus- kultation nachgedacht. Im Mit- telalter halten manche von ihnen ihr Ohr direkt an den Thorax. Gaspard-Laurent Bayle, langjähriger Freund und Weg- gefährte Laënnecs, auskultiert auf diese Weise mit Bezug auf einen Text von Hippokrates den Herzschlag. Der Erfindung der indirekten Auskultation und des Stethoskops liegt nach Laënnecs eigenen Worten fol- gende Geschichte zugrunde:

„Ich wurde 1816 von einer jungen Frau konsultiert, welche die Zeichen einer allgemeinen Herzerkrankung aufwies (. . .) Das Alter und das Geschlecht der Erkrankten untersagten mir, mein Ohr direkt auf den Brustkorb zu legen. Ich erin- nerte mich an ein allgemein bekanntes akustisches Phäno- men, dass nämlich das Kratz- geräusch am Ende eines Baum- stammes über viele Meter hin- weg am anderen Ende sehr ge- nau, ja sogar verstärkt zu hören ist. (. . .) Ich nahm daher ein Pa- pierheft, rollte es fest zusam- men, legte das eine Ende auf das Präcordium und das andere Ende an mein Ohr. Ich war er- staunt, wie deutlich ich die Schläge des Herzens hören konnte, deutlicher und genau- er, als wenn ich mein Ohr direkt auf den Brustkorb gelegt hätte.“

Im August 1819 erscheint Laënnecs Hauptwerk in zwei Bänden, die „Ab- handlung über die indirekte Auskul- tation“. Der Preis beträgt dreizehn Francs, und dank dem geschäftstüchti- gen Verleger kann man für drei Francs auch gleich ein Stethoskop erwerben.

Laënnec beschreibt nicht nur Phäno- men und Gerät, sondern auch normale Atmung, Bronchialatmen, Rasselgeräu- sche sowie Herztöne, systolische, dia-

Geschichte der Medizin

Erfinder des Stethoskops

Vor 225 Jahren wurde René Théophile Hyacinthe

Laënnec geboren.

Laënnec (1781 – 1826) am Bett eines Kranken im Necker Hospi- tal, Paris. In der Hand hält er eine röhrenförmige Frühform des Stethoskops. Stich nach einem Gemälde in der Sorbonne

Foto:

picture-alliance/KP

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B

ei der Versorgungsforschung gehe es ihm derzeit so wie bei einem Adventskalender: Jeden Tag öffne man ein neues Türchen und richte ge- spannt den Blick auf das, was dahinter liegt. Prof. Dr. med. Martin Gottwik vom Klinikum Nürnberg-Süd, einer der wissenschaftlichen Organisatoren des 5. Deutschen Kongresses für Ver- sorgungsforschung in Ludwigshafen (12. – 13. Mai), kann sich auch nach mehr als 20 Jahren klinischer Tätigkeit immer noch nicht des Eindrucks erwehren, zu wenig über das wirkliche Geschehen bei der Krankheitsversorgung zu wissen.

Die Versorgungsforschung leiste einen wichtigen Beitrag dazu,Versorgungsde- fizite aufzudecken.

Ein Beispiel dafür schilderte Prof.

Dr. med. Jochen Senges vom Herzzen- trum Ludwigshafen auf der Grundlage der im Herzinfarktregister des Ludwig- hafener Instituts für Herzinfarktfor- schung in den Jahren 1992 bis 2006 er- hobenen Daten. Die Auswertung zeige in Bezug auf die Versorgung von In- farktpatienten,

> dass im Klinikalltag in der Regel viel mehr Hochrisikopatienten anzutref- fen sind als in randomisierten Studien,

> dass der Nutzen von therapeuti- schen Maßnahmen bei Hochrisikopati- enten höher ist als bei Niedrigrisikopa- tienten (wobei der Nutzen an der NNT

= number needed to treat, also an der Zahl der Patienten, die behandelt wer- den müssen, um ein Leben zu retten, ge- messen wird),

> dass gleichwohl die jüngeren Nied- rigrisikopatienten eher in den Genuss einer besseren Therapie kommen als die älteren Hochrisikopatienten.

Auf die Frage, wie es zu dieser Selek- tion kommt, könne man derzeit nur

spekulativ antworten, sagte Gottwik.

Wahrscheinlich verleite die im Durch- schnitt immer noch schlechtere Erfolgs- prognose bei Hochrisikopatienten die Ärzte dazu, sich bevorzugt den nied- rigeren Risiken zuzuwenden. Möglich sei, dass die hochkomplexen Vorgänge zu Beginn einer Therapie eines Hoch- risikopatienten eine ärztliche Zurück- haltung bewirken, obwohl rein stati- stisch der Nutzen erwiesen ist.

Die konkrete Kranken- und Ge- sundheitsversorgung in den Kranken- häusern, Arztpraxen und anderen Ein- richtungen des Gesundheitssystems –

„die letzte Meile“ – ist Gegenstand der Versorgungsforschung. Sie will der Gesundheitspolitik und den Akteu- ren des Gesundheitswesens bei einer wissenschaftlich fundierten Lösung aktueller Probleme helfen. Um die- se Vernetzung von Wissenschaft und Praxis in der medizinischen Versor- gung weiter zu fördern, wurde am 2. Mai in Berlin das „Deutsche Netz- werk Versorgungsforschung (DNVF)“

gegründet.

Verbindung von Forschung und Praxis

Das Netzwerk geht aus der „Ständigen Kongresskommission des Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung“

hervor, an der 33 sowohl medizinische als auch gesundheitswissenschaftliche Fachgesellschaften beteiligt sind. Das DNVF will als interdisziplinäres Netz- werk allen Institutionen und Arbeits- gruppen offen stehen, die mit der Siche- rung der medizinischen Versorgung unter wissenschaftlichen, praktischen oder gesundheitspolitischen Gesichts- punkten befasst sind. Betont wird die neue Qualität in der Versorgungsfor- schung. Mit dem Ziel, gemeinsam wis- senschaftlichen Fragestellungen von hoher praktischer Bedeutung nach- zugehen, werde ein Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis voll- zogen.Wichtig sei – so der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Prof.

Dr. med. Jan Schulze, dass die De- finitionskompetenz der Ärzte für die Qualität und Professionalität ärztli- cher Versorgung auch in Zukunft er- halten bleibe. Thomas Gerst T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 21⏐⏐26. Mai 2006 AA1437

stolische Geräusche und den Galopp- rhythmus bei Mitralstenose. Die neue Methode wird auch unkonventionell angewandt: unterstützend bei Taub- stummen sowie zur Lokalisation von Frakturen, Leberabszessen und Bla- sensteinen. Zudem findet sich eine ausführliche Beschreibung von Lun- gen- und Brustfellerkrankungen: Bron- chiektasen, Pneumonie, Lungeninfarkt, Emphysem und Tuberkulose. Laënnec leidet selbst an ihr. Die damals gängige Fülle von Heilmitteln ergänzt er um Fe- rien am Meer in warmem oder mildem Klima: Nizza, Hyères, Madeira, die Ka- narischen Inseln und die Küste der Bre- tagne. Wenn Laënnec als erster sein Au- genmerk auf die Rolle richtet, die psy- chische Faktoren wie Kummer und Ent- täuschung für Entstehung und Verlauf der Erkrankung spielen, spricht er auch aus eigener leidvoller Erfahrung.

Laënnecs Entdeckung fand rasch Anerkennung

Laënnec ist nicht denkbar ohne die Bretagne, seine geliebte Heimat, der er zeitlebens verbunden bleibt. Deutlich und rasch verbessert sich seine ange- schlagene Gesundheit, wenn er hier nur ein paar Tage frische Luft atmet und lange Spaziergänge unternimmt. Mit der ihm eigenen Selbstironie notiert er 1813: „Es ist in der Tat merkwürdig, be- sonders vor dem Hintergrund meiner schwachen Konstitution, dass ich über eine so außergewöhnliche Ausdauer im Gehen verfüge. (. . .) Doch unglückli- cherweise nützt dieses Talent (. . .) ei- nem Pariser Arzt wenig, der seine Tage im Sprechzimmer oder in der Droschke verbringt.“

Auenbruggers Perkussion brauchte über vierzig Jahre bis zu ihrer breiten klinischen Anwendung. Auch wenn sich sein Hauptwerk vorübergehend nicht so gut verkaufte – Laënnecs Entdeckung fand nahezu sofort große Zustimmung und Anerkennung. In der Medizinge- schichte hat er zudem seinen Platz als Begründer einer modernen Wissen- schaft der Atmungsorgane und ihrer Er- krankungen. Am 13. August 1826 starb René Théophile Hyacinthe Laënnec in seinem Haus in Kerlouarnec in der Bretagne. Dr. med. Christof Goddemeier

Versorgungsforschung

„Die letzte Meile“

im Blick

„Gesundheitswesen im Umbruch

– stimmt der Kurs?“ lautete

das Motto des 5. Kongresses

für Versorgungsforschung.

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