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Archiv "Wandel der Medizin - Anpassung von Grundsätzen? 50 Jahre Weltärztebund" (04.07.1997)

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Akzeptanz durch den Vertragsarzt, erhöhten die Unsicherheit über die Berechenbarkeit des Honorars und steigerten die Prozeßbereitschaft.

Die wirtschaftliche Basis der Freiberuflichkeit steht in Frage. Die Selbstverwaltung ist in einem gordi- schen Knoten verstrickt: Ein Geflecht aus unbegrenztem Behandlungsan- spruch des Versicherten, medizinisch verantwortlichem Behandlungsauf- trag des Arztes, wachsenden Möglich- keiten der Medizin, begrenzter Ver- gütung des Arztes und Haftungsdruck der Budgets. Die administrativen Rahmenbedingungen der ärztlichen Berufsausübung tangieren substanti- ell die ärztliche Identität: Kann der Vertragsarzt noch dem beruflich be- gründeten Problem „gewissenhafter“

Berufsausübung verpflichtet sein, oder wird er zum „Verteiler von Ge- sundheitschancen“?

Eine Lösung der Aporie ist von der Politik derzeit nicht zu erwarten.

Die „Elemente“ des sogenannten 1.

und 2. GKV-NOG erlauben nicht den Schluß auf eine zukunftsweisende konsistente Lösung der GKV-Proble- me. Hilflosigkeit breitet sich aus. Wie anders ist die politische Lösung der Bundesregierung zu bewerten, den Sachverständigenrat für die Konzer- tierte Aktion im Gesundheitswesen um folgende Expertise zu bitten:

„Welche Lösungsmöglichkeiten sieht der Sachverständigenrat, den durch demografische Entwicklung, den me- dizinischen Fortschritt sowie den tief- greifenden sozialen und gesellschaftli- chen Wandel bedingten zunehmenden Finanzdruck in der gesetzlichen Kran- kenversicherung in Einklang zu brin- gen mit der wachstums- und beschäfti- gungspolitischen Notwendigkeit, ei- nerseits die Arbeitskosten zu entlasten und andererseits die Chancen für Wachstum und Beschäftigung in den gesundheitsnahen Bereichen zu nut- zen?“

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-1863–1866 [Heft 27]

Anschrift des Verfassers

Rechtsanwalt Horst Dieter Schirmer Herbert-Lewin-Straße 3

50931 Köln

A-1866 (34) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 27, 4. Juli 1997

T H E M E N D E R Z E I T BLICK INS AUSLAND

D

ie in den vergangenen fünf Jahrzehnten eingetretene Entwicklung der Medizin läßt sich beispielhaft mit den Eck- punkten „Beginn der antibiotischen Ära“ zur Zeit der Gründung und „An der Schwelle zur Gentherapie“

im Jubiläumsjahr beschrei- ben. Der Wandel der Me- dizin in dem betrachte- ten Zeitraum kann schlagwortartig mit Beispielen aus zahl- reichen Disziplinen verdeutlicht werden, wie Organtransplan- tation, In-vitro-Fertili- sation, Intensivmedizin, Humangenetik, abbildende Verfahren. An diese Entwick- lungen knüpfen sich berechtigte Hoff- nungen zur Bewältigung bislang un- befriedigend oder kaum gelöster Pro- bleme, zum Beispiel Behandlung der unterschiedlichen Krebsarten oder der verschiedenen Formen der Al- tersdemenz.

Zu den vornehmsten Pflichten des Arztes gehört der verantwor- tungsbewußte Einsatz der ihm zu Ge- bote stehenden Methoden der Dia- gnostik und Therapie zum Wohle des ihm anvertrauten Patienten. Dieser Verpflichtung kann er nur gerecht werden auf der Grundlage einer soli- den wissenschaftlichen Ausbildung in einer Berufsausübung, die sich an ethischen Normen orientiert.

In seinem Grußwort an die World Medical Association (WMA) anläß- lich ihres 50jährigen Bestehens wies Dr. Joseph T. Painter, langjähriger Vorsitzender der „American Medical Association“ und einige Jahre auch Präsident des Council der WMA, dar-

auf hin, daß ebenso wie bei der Grün- dung der AMA im Jahre 1847 hundert Jahre später im Geburtsjahr der World Medical Association die Ein- sicht ausschlaggebend war, auf den Gebieten Ausbildung, ärztliche Be- rufsausübung und ärztliche Ethik seien Standards zu formulie- ren und einzuhalten. Dr.

Painter betonte aus- drücklich, daß im Zu- sammenhang mit dem 2. Weltkrieg bekannt- gewordene Verhal- tensweisen von Ärz- ten sowie die hierzu ergangenen Urteile des Nürnberger Gerichtsho- fes die „American Medical Association“ maßgeblich ver- anlaßt hätten, sich an der Gründung der WMA zu beteiligen und ihren Be- ginn durch beachtliche finanzielle Mittel zu unterstützen.

Instanz der ärztlichen Ethik

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Dr. Karsten Vilmar, hob in seinem Beitrag die Bedeutung der im Genfer Gelöbnis kodifizierten ethi- schen Normen als Grundlage ärztli- cher Tätigkeit hervor. Unter den zahl- reichen Stellungnahmen der WMA erwähnte er mit Vorrang die Deklara- tion von Helsinki, die sich inzwischen weltweit als Richtlinie für ärztliche Forschung am Menschen durchge- setzt hat. Hier sowie auf zahlreichen anderen Gebieten sei ein deutlicher Einfluß der WMA erkennbar. Der Weltärztebund habe sich zu einer überzeugenden Instanz der ärztlichen

Wandel der Medizin – Anpassung von Grundsätzen?

50 Jahre Weltärztebund

Im Rahmen seiner 147. Sitzung (8. bis 10. Mai 1997,

Paris) gedachte der Vorstand des Weltärztebundes in ei-

ner bescheiden gehaltenen Veranstaltung der Gründung

der „World Medical Association“ vor 50 Jahren, am

18. September 1947, in der französischen Hauptstadt.

(2)

Ehtik entwickelt, die er frei von Inter- essen und ohne Ansehen der Person vertrete.

Gesprächspartner für Regierungen

Professor Dr. Erik Holst (Däne- mark) erinnerte daran, daß zahlreiche Staaten, wenn auch in rechtlich kaum zu beanstandender Weise, den Ärzte- organisationen ihrer Länder nur eng gesteckte Tätigkeitsfelder einräumen, wodurch zugleich die Mitwirkungs- möglichkeiten in der WMA einge- schränkt sein können. Die WMA selbst kann Ziele und Grundsätze als Leitlinien vorgeben. Darüber hinaus sei sie der geeignete Gesprächspart- ner für Regierungen und Regierungs- organisationen sowie für übernatio- nale Verbindungen von Staaten, zum Beispiel die Vereinten Nationen, die Europäische Union oder für den Eu- roparat. In den kommenden Jahr- zehnten sollte sich der Weltärztebund gerade hier noch mehr als bisher en- gagieren. Er müsse bestrebt sein, auf wichtigen Gebieten, zum Beispiel Menschenrechte oder Grundfragen des Lebens, einvernehmliche Über- zeugungen und Entscheidungen zu fördern, zu denen die Staaten oft aus unterschiedlicher Interessenlage nicht gelangen könnten. Einen Weltärztebund von solchem Gewicht als Gesprächspartner würde die inter- nationale Staatenwelt kaum nur als

„Non Governmental Organisation“

betrachten, sie würde sich nicht mehr darauf beschränken, seine Deklara- tionen bestenfalls zur Kenntnis zu nehmen.

In den Ausschußsitzungen stellte sich gegenüber der Feierstunde sehr schnell wieder die Wirklichkeit ein.

Die bei internationalen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zu beobachtende Prägung der Dele- gierten durch Religion, Kultur, Ge- schichte, Bildung sowie Sitten und Gebräuche ihrer Heimatländer findet sich selbstverständlich auch im Weltärztebund wieder, der Ärzteor- ganisationen aus allen fünf Kontinen- ten vertritt. Die Beratungen im Aus- schuß „Ethik in der Medizin“ insbe- sondere zeigten sehr eindrücklich, daß noch ein weiter Weg zurückzule-

gen ist bis zu einer Vereinbarung dar- über, ob im Wandel der Medizin ethi- sche Grundnormen konstant bleiben oder ob sie sich, gegebenenfalls unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Bedürfnisse, jenem Wandel anzupas- sen haben.

So scheiterte der Versuch, für den Bereich „Wiederbelebungsmaß- nahmen“ eine Deklaration zu erar- beiten, an der Unvereinbarkeit, ja wi- dersprüchlichen Haltung einzelner Delegationen über Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes lebensret- tender Verfahren auch unter Berück- sichtigung ökonomischer Gesichts- punkte. Man vereinbarte, den vorge- legten Text lediglich zur Kenntnis zu nehmen, ihn jedoch nicht durch eine Abstimmung förmlich als Beschluß anzunehmen. Da sich zu der vorgese- henen Deklaration „Verantwortlich- keit des Patienten“ nicht einmal ein Konsensus abzeichnete, zog die AMA ohne weitere Diskussion ihren Formulierungsvorschlag zurück. Im- merhin konnte man sich auf eine Er- klärung einigen, daß Ärzten, die in ei- nem Lande wegen schwerer Verbre- chen verurteilt wurden, in anderen Ländern keine Berufsausübung er- laubt werden darf. Beim bloßen Ver- dacht sollte ärztliche Tätigkeit erst dann gestattet werden, wenn nach sorgfältiger Prüfung die Beschuldi- gungen sich als gegenstandslos erwie- sen haben.

Pluralität der Auffassungen

Bei den Erörterungen eines Ent- wurfs „Rechte des Ungeborenen“

traten Pluralität der Auffassungen und Unvereinbarkeit der Standpunk- te besonders deutlich zu Tage. So war für einige Delegationen die Formu- lierung, daß der Schwangerschaftsab- bruch auf der Grundlage der jeweili- gen Gesetze respektiert werden müs- se, nicht annehmbar, da hierdurch ei- ne Relativierung ethischer Grundsät- ze eingeführt werde. Demgegenüber fanden andere Delegationen in die- sem und anderen Punkten den Vor- schlag zu restriktiv, da nach der Ge- setzgebung ihrer Länder der Fetus überhaupt keine oder nur sehr gerin- ge Rechte hat. Einige Redner bedau-

erten, daß die Diskussion um den Schutz des Lebens von seinem Be- ginn an nahezu regelmäßig mit der Frage des Schwangerschaftsabbru- ches verknüpft wird. Entgegnet wur- de, eine solche Verbindung sei unver- meidbar, da Regelungen über den Schwangerschaftsabbruch notwendi- gerweise von Grundauffassungen über den Schutz des werdenden Le- bens abhängen.

Schwierig: Deklaration zu

„Rechte des Ungeborenen“

Unter Hinweis auf die von Land zu Land unterschiedlichen Betrach- tungsweisen gerade in diesem Punkte empfahlen einige Delegationen, von der Formulierung einer Deklaration

„Rechte des Ungeborenen“ über- haupt abzusehen. Schließlich über- wog jedoch die Einsicht, daß die WMA wenigstens den Versuch unter- nehmen solle, in dieser zentralen Fra- ge zu einer einvernehmlichen Hal- tung zu gelangen. Es wurde daher vereinbart, zunächst im Rahmen ei- nes wissenschaftlichen Symposiums Grundlagen und diskrepante Auffas- sungen zum Thema „Rechte des Un- geborenen“ zu identifizieren und zu versuchen, auf der Basis dieser Er- kenntnisse eine gemeinsame Dekla- ration zu formulieren. Das Ergebnis wird zeigen, ob der Weltärztebund die von internationalen Staatenverbän- den seit Jahrzehnten in diesem grundsätzlichen Bereich akzeptierte

„Patt-Situation“ überwindet oder ob auch er im Hinblick auf die „Unver- einbarkeit der Standpunkte“ kapitu- liert. Das Resultat dürfte auch als ein wichtiger Maßstab zur Beurteilung der „World Medical Association“ ins- gesamt herangezogen werden.

Zu den weiteren Beratungen des

„Ethik-Ausschusses“ sowie der son- stigen Ausschüsse der WMA, über die hier nicht berichtet wird, sei ledig- lich angemerkt, daß grundlegende Meinungsunterschiede nicht auftra-

ten. E.D.

Erklärungen, Dokumente etc. des Weltärzte- bundes können in Urfasung und/oder deut- scher Übersetzung bei der Bundesärzekam- mer, Auslandsdienst, Herbert-Lewin-Straße 1, 50931 Köln, angefordert werden.

A-1867 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 27, 4. Juli 1997 (35)

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